Normen
ASVG §111 Abs2
B-VG Art133 Abs3
VStG §19
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018080031.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG mit einer Geldstrafe von EUR 730,-- bestraft, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der T GmBH, die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der T GmBH & Co KG sei, zu verantworten habe, dass die T GmBH & Co KG es als Dienstgeberin unterlassen habe, den im Zeitraum von 5. November 2014 bis 26. Jänner 2015 als pflichtversicherten Dienstnehmer (Zeitungszusteller) beschäftigten LB vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung macht der Revisionswerber zunächst geltend, das angefochtene Erkenntnis werde den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 20.5.2015, Ra 2015/20/0067) dargestellten Anforderungen an die Begründung der Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte nicht gerecht.
6 Ihm ist dazu einzuräumen, dass das angefochtene Erkenntnis insofern Schwächen in der Gliederung aufweist, als eine durchgehende Trennung der Tatsachenfeststellungen von der Beweiswürdigung nicht vorgenommen worden ist und die Schilderung der Tätigkeit des LB als Zeitungszusteller systematischer hätte erfolgen können. Dennoch vermag die Revision mit diesem Vorbringen keine grundsätzliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Es ist nämlich klar zu erkennen, von welchen entscheidungswesentlichen Tatsachen das Verwaltungsgericht auf Grund welcher Erwägungen ausgegangen ist und wie es diesen Sachverhalt rechtlich beurteilt hat, sodass weder die Rechtsverfolgung durch die Parteien noch die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird (vgl. VwGH 23.6.2017, Ra 2016/08/0136; 13.2.2018, Ra 2017/02/0237).
7 In der Revision wird - ebenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung - weiters vorgebracht, der Rechtsvertreter des Revisionswerbers habe in der Verhandlung vom 16. Oktober 2017 die Übermittlung einer Ausfertigung der Übertragung der unter Verwendung eines Schallträgers aufgenommen Niederschrift beantragt. Eine Ausfertigung sei jedoch nicht übermittelt worden, sodass auch nicht die Möglichkeit bestanden habe, Einwendungen im Sinn des § 14 Abs. 7 AVG wegen Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Übertragung zu erheben.
8 Entgegen diesem Vorbringen ist nach der im Akt des Verwaltungsgerichtes befindlichen Niederschrift in der Verhandlung vom 16. Oktober 2017 ein Antrag im Sinn des § 14 Abs. 7 AVG auf Zustellung einer Ausfertigung der Übertragung nicht gestellt worden. Selbst wenn man davon ausginge, dass - wie allerdings in der Revision ohnehin nicht konkret behauptet wird - die Übertragung der Niederschrift insoweit unvollständig geblieben wäre, so ist darauf zu verweisen, dass wohl auch Fragen des Verfahrensrechts Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sein können, es aber im Allgemeinen nicht ausreicht, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen (vgl. etwa VwGH 22.11.2018, Ra 2018/15/0022). Eine solche Relevanzdarstellung enthält die Revision hinsichtlich des behaupteten Verfahrensmangels nicht.
9 Hinsichtlich des im Zulässigkeitsvorbringen der Revision erstatteten Vorbringens, dem Verwaltungsgericht liege ein Verstoß gegen den Grundsatz "in dubio pro reo" zu Last, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Grundsatz nur für jene Fälle gilt, in denen im Beweisverfahren bzw. der anschließenden freien Würdigung der Beweise beim entscheidenden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfs erzeugt werden konnte. Nur wenn nach Durchführung aller Beweise und eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, könnte nach dem genannten Grundsatz kein Schuldspruch erfolgen (vgl. VwGH 24.1.2019, Ra 2018/16/0173, 0174, mwN). Dass im vorliegenden Fall beim Richter des Verwaltungsgerichtes Zweifel am festgestellten Sachverhalt verblieben wären, die die Anwendung dieses Grundsatzes erfordert hätten, ist aber nicht ersichtlich. 10 Die Revision wendet sich im Übrigen auch gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes und bringt vor, im Sinn der Ausführungen des Revisionswerbers in der Verhandlung sei LB bei seiner Tätigkeit als Zeitungszusteller hinsichtlich der Erfüllung der Tätigkeit nicht kontrolliert worden und habe ein "generelles freies Vertretungsrecht" bestanden. Dazu ist festzuhalten, dass die Beweiswürdigung nur dann revisibel ist, wenn sie in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt ist (vgl. etwa 23.4.2018, VwGH Ra 2018/08/0024, mwN). Einen solchen Fall vermag die Revision nicht aufzuzeigen.
11 Soweit zur Zulässigkeit der Revision schließlich noch die durch das Verwaltungsgericht vorgenommene Strafbemessung bekämpft wird, ist festzuhalten, dass es sich bei der Strafbemessung um eine Ermessensentscheidung handelt, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint (vgl. etwa VwGH 21.2.2019, Ra 2018/09/0161, mwN). Das Verwaltungsgericht hat im vorliegenden Fall die nach dem ersten Satz des § 111 Abs. 2 ASVG vorgesehene Mindeststrafe verhängt. Mit dem Hinweis auf eine nicht ausdrückliche Berücksichtigung der langen Verfahrensdauer wird vor diesem Hintergrund fallbezogen eine Unvertretbarkeit des Ergebnisses der Ermessensentscheidung nicht aufgezeigt (vgl. in diesem Sinn VwGH 17.4.2018, Ra 2018/08/0041).
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 20. Mai 2019
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