VwGH Ra 2016/07/0105

VwGHRa 2016/07/010522.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des R R in N, vertreten durch Mag.rer.soc.oec. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 25. Jänner 2016, Zl. LVwG-550411/8/Wim, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag gemäß § 138 WRG 1959 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Rohrbach), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8 impl;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §41;
AVG §8 impl;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §41;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (LVwG) vom 25. Jänner 2016 wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen Spruchabschnitt I. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 10. November 2014, mit dem dem Revisionswerber gemäß § 138 Abs. 1 iVm § 41 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) ein wasserpolizeilicher Auftrag erteilt worden war, als unbegründet abgewiesen und der Spruchabschnitt I. konkretisiert. Dem Revisionswerber wurde betreffend eine konsenslos errichtete Uferverbauung in Form einer Grobsteinschlichtung am linken Ufer des P.-baches samt Geländeveränderungen (Aufschüttungen) beim Anwesen des Revisionswerbers in N. die Durchführung näher genannter Maßnahmen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes aufgetragen.

2 Nach den im angefochtenen Erkenntnis u.a. unter Verweis auf die im Zuge des Verfahrens erstatteten Ausführungen eines Amtssachverständigen für Wasserbautechnik getroffenen Feststellungen bestehe im Uferbereich des P.-baches eine Ufermauer mit einer Länge von ca. 30 m und einer Höhe von bis zu 3 m; der bachaufwärtige Bereich der Steinmauer befinde sich zumindest teilweise auf öffentlichem Wassergut. Im Zuge von Sanierungsmaßnahmen aufgrund von Hochwasserschäden aus dem Jahr 2002 seien im Jahr 2013 ungefähr ab einem Meter ab dem Mauerfuß durch den Revisionswerber ohne wasserrechtliche Bewilligung zum Schutz seiner Liegenschaft Granitsteine der Ufermauer steil (fast senkrecht) geschlichtet und das dahinter liegende Gelände verfüllt worden. Diese Maßnahmen seien im oberen Bereich der Ufermauer und zu einem kleineren Ausmaß auch im unteren Bereich gegen Ende der Ufermauer gesetzt worden. Die bestehende Ufermauer sei als nicht stabil anzusehen. Zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes seien die aufgetragenen Maßnahmen erforderlich.

3 Die gegenständliche Uferverbauung in Form einer Grobsteinschlichtung - so führte das LVwG in seinen Erwägungen u. a. aus - stelle eine Vorrichtung gegen die schädlichen Einwirkungen des Wassers dar und hätte somit als Schutz- und Regulierungsmaßnahme nach § 41 WRG 1959 einer wasserrechtlichen Bewilligung bedurft. Eine Bewilligung liege jedoch nicht vor, die derzeitige Steinmauer sei auch nicht bewilligungsfähig. Entsprechend den Feststellungen des Amtssachverständigen sei die vorhandene Steinmauer nicht stabil. Besonders im massiven Hochwasserfall sei davon auszugehen, dass wiederum Teile der Mauer und des dahinter liegenden Geländes herausgelöst würden und somit der Hochwasserabfluss durch die Steinmauer eingeschränkt werde. Bereits deshalb sei jedenfalls das öffentliche Interesse des Hochwasserschutzes derart berührt, dass eine Beseitigung erforderlich sei (Hinweis auf § 105 Abs. 1 lit. b WRG 1959: "erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer").

4 Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis vom Revisionswerber zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde von diesem mit Beschluss vom 10. Juni 2016, E 869/2016-10, abgelehnt. Über nachträglichen Antrag wurde die Beschwerde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 10. August 2016 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

5 In weiterer Folge wurde die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit ausgeführt, der Revisionswerber habe erst am 14. Jänner 2016, dem Tag der mündlichen Verhandlung, Kenntnis vom Verhandlungstermin erlangt. Der Revisionswerber sei daher am 14. Jänner 2016 völlig unvorbereitet gewesen. Er habe den Verhandlungsleiter auf diesen Umstand hingewiesen. Ferner sei er zu diesem Zeitpunkt anwaltlich nicht vertreten gewesen. Der Verhandlungsleiter hätte ihn anleiten müssen, einen Vertagungsantrag zu stellen, und dann die Verhandlung auf einen späteren Zeitpunkt vertagen müssen. Der Revisionswerber sei durch diese gesetzwidrige Vorgangsweise in seinem Recht auf wirksame Wahrung seiner Rechte "im gegenständlichen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren" verletzt worden. Eine Ladung zu einer Verhandlung sei nur dann ordnungsgemäß, wenn sie rechtzeitig erfolge. Der Verwaltungsgerichtshof gehe dabei von einer Vorbereitungszeit von etwa zwei Wochen aus. Eine Ladung werde als verspätet angesehen, wenn zwischen ihrer Zustellung und dem Verhandlungstermin weniger als zwei Wochen lägen. Dazu verweist der Revisionswerber auf das (Anmerkung: zu der mit 31. Dezember 2013 außer Kraft getretenen Bestimmung des § 51f Abs. 2 VStG ergangene) hg. Erkenntnis vom 25. April 2005, 2005/17/0017. Im Erkenntnis vom 22. November 1988, 87/04/0129, sei klargestellt worden, dass es einen Verstoß gegen die Manuduktionspflicht der Behörde (§ 13a AVG) darstelle, wenn der Verhandlungsleiter die rechtsfreundlich nicht vertretenen Beteiligten nicht entsprechend manuduziere. Das angefochtene Erkenntnis widerspreche damit den Vorgaben der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und es bedürfe schon aus diesem Grund einer grundsätzlichen Klarstellung der Parteienrechte einer verspätet geladenen Partei.

10 Dazu ist zunächst festzuhalten, dass entsprechend den Angaben des Revisionswerbers in der Einleitung zur Revision die Ladung zur mündlichen Verhandlung "zu Handen meiner Exgattin (erging), die mir aufgrund des anhängigen Scheidungsverfahrens die Ladung nicht ausfolgte".

11 Nach dem Akteninhalt sollte - entsprechend der Zustellverfügung - eine persönliche Ladung des Revisionswerbers zur mündlichen Verhandlung erfolgen. Nach Ausweis des im Akt aufliegenden Zustellnachweises wurde die Ladung am 18. Dezember 2015 offensichtlich von einem "Mitbewohner" übernommen. Dem Inhalt der Verhandlungsschrift vom 14. Jänner 2016 ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass der Revisionswerber in dieser mündlichen Verhandlung, an der er teilgenommen hat, seine nun behauptete verspätete Ladung moniert hätte.

12 Der Revisionswerber bekämpft in der vorliegenden Revision nicht die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit der - ihm vom LVwG übermittelten - Verhandlungsschrift vom 14. Jänner 2016. Die in Rede stehende Zulässigkeitsbegründung erweist sich somit bereits wegen des im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbotes als unbeachtlich.

13 Darüber hinaus setzt nach der hg. Rechtsprechung die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn in der Revision auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 31. März 2016, Ro 2015/07/0038, mwN; zu einem behaupteten Verfahrensmangel im Zusammenhang mit der Manuduktionspflicht vgl. ferner den hg. Beschluss vom 29. Juni 2016, Ra 2016/05/0052, 0053, mwN).

14 Der Revisionswerber unterlässt es allerdings, die Relevanz des monierten Verfahrensmangels darzutun, weil er nicht aufzeigt, aus welchen Gründen das LVwG im Falle eines von ihm gestellten Vertagungsantrages und einer Vertagung der Verhandlung zu einer anderen Entscheidung kommen hätte können.

15 Abgesehen davon, dass die Gründe für die Revisionszulässigkeit gesondert anzuführen sind (hinsichtlich der Darstellung der Relevanz im Falle eines behaupteten Verfahrensmangels vgl. den hg. Beschluss vom 4. Juli 2016, Ra 2016/04/0047, mwN), würde im Übrigen auch mit den Ausführungen in der Revisionsbegründung, wonach der Revisionswerber im Falle der Vertagung der Verhandlung "dann Gelegenheit gehabt (hätte), mich sowohl fachlich als auch rechtsfreundlich beraten und unterstützen zu lassen und damit bewirken können, dass meine Beschwerde zum Erfolg führt", die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt.

16 Weiters wird zur Begründung der Zulässigkeit der Revision vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis weiche im Hinblick auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Insbesondere könne von einer "Neuerung" nicht gesprochen werden, wenn bei einer seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten bestehenden Steinmauer, die von Hochwasser beschädigt werde, lediglich der frühere Zustand wiederhergestellt werde.

17 Die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages setzt eine Übertretung des WRG 1959 voraus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. August 2000, 2000/07/0031). Der Revisionswerber bestreitet konkret weder die grundsätzliche wasserrechtliche Bewilligungspflicht der Errichtung der gegenständlichen Steinmauer gemäß § 41 WRG 1959 noch bekämpft er die Feststellungen des LVwG, wonach die Steinmauer bzw. zumindest relevante, mit der gesamten Anlage verbundene Teile derselben im Jahr 2013 nicht fachgerecht errichtet worden seien und die Steinmauer das öffentliche Interesse des Hochwasserschutzes beeinträchtige. Das LVwG hat in Übereinstimmung mit der hg. Judikatur das Vorliegen einer "Neuerung" im Sinne des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 angenommen. Dass eine früher bestandene Steinmauer nach dem Vorbringen des Revisionswerbers niemals behördlich beanstandet worden sei, ändert daran nichts. Es ist mangels konkreten Vorbringens auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen sich der Revisionswerber bei der Errichtung der Steinmauer auf einen bestehenden wasserrechtlichen Konsens berufen könnte und das LVwG aus diesem Grund gegebenenfalls von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.

18 Entgegen den Ausführungen des Revisionswerbers in seiner Zulässigkeitsbegründung ist Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 in erster Linie derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat (vgl. dazu und zur subsidiären Haftung des (die Neuerung nicht selbst verursacht habenden) Grundeigentümers die hg. Erkenntnisse vom 28. Mai 2014, 2011/07/0267, und vom 25. Juni 2015, Ro 2015/07/0007, mwN).

19 Soweit der Revisionswerber ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung schließlich mit dem Vorbringen darzulegen versucht, die Steinmauer sei zum Teil auf dem Nachbargrundstück (öffentliches Wassergut) errichtet worden, sodass ihm nicht die gänzliche Entfernung aufgetragen werden könne, lässt er erneut außer Acht, dass er im gegenständlichen Fall als Verursacher der eigenmächtigen Neuerung primär zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes verpflichtet ist. Für eine Parteistellung Dritter im Verfahren schon zur Erlassung eines gewässerpolizeilichen Auftrages aus Rechtsschutzgründen besteht - wie im gegenständlichen Fall - kein Bedarf, sofern in einem gewässerpolizeilichen Auftrag nicht auch schon eine konkrete Duldungspflicht des betroffenen Dritten unmissverständlich ausgesprochen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. November 2011, 2011/07/0135, mwN).

20 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen, ohne dass auf das - eingangs der Zulässigkeitsbegründung zur Frage der Rechtzeitigkeit der Revision erstattete - Vorbringen betreffend den Zeitpunkt der rechtswirksamen Zustellung des Abtretungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes einzugehen war.

Wien, am 22. Dezember 2016

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