Normen
12010E260 AEUV Art260;
31989L0665 Rechtsmittel-RL Art2e Abs2;
32007L0066 Nov-31989L0665/31992L0013 Art2d;
32007L0066 Nov-31989L0665/31992L0013 Art2e;
62004CJ0503 Kommission / Deutschland;
62008CJ0271 Kommission / Deutschland;
62008CJ0568 Combinatie Spijker Infrabouw-De Jonge Konstruktie VORAB;
62009CJ0314 Strabag VORAB;
62013CJ0378 Kommission / Griechenland;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
BVergG 2006 §312 Abs3 Z3;
BVergG 2006 §312 Abs3 Z4;
BVergG 2006 §312 Abs3 Z5;
BVergG 2006 §312 Abs3;
BVergG 2006 §334 Abs2;
BVergG 2006 §334 Abs4;
BVergG 2006 §334 Abs7;
BVergG 2006 §334 Abs8;
EURallg;
KartG 2005 §29;
VwGVG 2014 §17;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
Angefochtenes Erkenntnis
Mit Spruchpunkt A. III. des angefochtenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes (Verwaltungsgericht) wurden die revisionswerbenden Auftraggeberinnen - nach Feststellung gemäß § 312 Abs. 3 Z 3 Bundesvergabegesetz 2006 (BVergG 2006), dass seitens der revisionswerbenden Auftraggeberinnen das Vergabeverfahren "Lieferung von Hygienepapier 2011; GZ X/Y" in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde (Spruchpunkt A. I.) - verpflichtet, eine Geldbuße von EUR 367.000,-- zu entrichten. Diese sei dem Forschungsförderungsfonds binnen vier Wochen ab Zustellung des Erkenntnisses zu bezahlen.
Mit Spruchpunkt C des angefochtenen Erkenntnisses wurde die Revision für nicht zulässig erklärt.
Spruchpunkt A. III. begründete das Verwaltungsgericht im Wesentlichen damit, dass gemäß § 334 Abs. 7 BVergG 2006 eine Geldbuße im Ausmaß bis zu 20% der Auftragssumme zu verhängen gewesen sei, weil wegen der Erfüllung und Beendigung des Vertrages sowie der fehlenden Möglichkeit einer Rückstellung der Leistungen von der Nichtigerklärung des Vertrages abgesehen habe werden müssen.
Dabei sei vom Wert des vergebenen Auftrags auszugehen, welcher EUR 12,240.000,-- betrage (Auftragssumme). Bei der Bemessung der Geldbuße seien Erschwerungs- und Milderungsgründe gemäß § 334 Abs. 8 BVergG 2006 zu berücksichtigen. Erschwerend gemäß § 5 Abs. 2 Z 2 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) sei, dass der Vertrag zur Gänze abgewickelt worden sei. Mildernd im Sinne des § 5 Abs. 3 Z 3 VbVG seien der Beitrag der Auftraggeberinnen zur Wahrheitsfindung, die Erstmaligkeit dieses Verhaltens und der zumindest bis 2013 berechtigte Glaube an die Rechtmäßigkeit des Verhaltens zu berücksichtigen gewesen. Zu letzterem Milderungsgrund führte das Verwaltungsgericht näher aus, zumindest bis 2013 seien die Entscheidungen der Auftraggeberinnen nicht beanstandet worden. Insofern könne den Auftraggeberinnen zumindest bis zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. März 2013, 2011/04/0115, 0130 und 0139, keine besondere Sorglosigkeit beim Abschluss des Vertrages und Bezug von Leistungen aus dem Vertrag vorgeworfen werden.
Das Verwaltungsgericht erachte daher eine Geldbuße in der Höhe von 3% der Auftragssumme als angemessen, die geeignet erscheine, die Auftraggeberinnen in Zukunft von gleichartigen Übertretungen des BVergG 2006 abzuhalten.
Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof
Gegen diesen Spruchpunkt des Erkenntnisses (A. III.) erhoben die revisionswerbenden Auftraggeberinnen zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH).
Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 11. Juni 2015, E 254/2015-8, ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Diesen Beschluss begründete der VfGH im Wesentlichen damit, dass spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen zur Beantwortung der von den revisionswerbenden Auftraggeberinnen aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen gewesen seien. Dies gelte insbesondere für die Frage der Bemessung der Höhe der bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 334 Abs. 4 BVergG 2006 zu verhängenden Geldbuße gemäß § 334 Abs. 7 und 8 BVergG 2006. Dabei verwies der VfGH auf die Erläuterungen zu dieser Bestimmung in RV 327 BlgNR 24. GP , 38 f, sowie auf Art. 2e Abs. 2 der Richtlinie 89/665/EWG in der Fassung der Richtlinie 2007/66/EG . Auch die Beurteilung, ob Fragen der Intensität der mit dem Vergaberechtsverstoß bewirkten Wettbewerbsverzerrung bei dieser Bemessung zu berücksichtigen seien und ob der Umstand, dass die Auftraggeberinnen ihr Verhalten an Entscheidungen der zuständigen Vergabenachprüfungsinstanz ausgerichtet hätten, angemessen in die Bemessung eingeflossen sei, erfordere keine spezifisch verfassungsrechtlichen Überlegungen.
Revision
Gegen diesen Spruchpunkt (A. III.) richtet sich die an den Verwaltungsgerichtshof erhobene (außerordentliche) Revision, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Grundsätzlich
Die (außerordentliche) Revision wirft die grundsätzlichen Rechtsfragen auf, ob § 334 BVergG 2006 ein Verschulden des öffentlichen Auftraggebers bzw. die Möglichkeit, den Vertrag für nichtig zu erklären, als Voraussetzung für die Verhängung einer (vergaberechtlichen) Geldbuße normiert.
Die Revision ist zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt. Rechtslage
§ 334 BVergG 2006, BGBl. I Nr 17 in der Fassung BGBl. I Nr. 128/2013, lautet (bezogen auf den hier maßgeblichen Oberschwellenbereich) auszugsweise:
"Feststellung von Rechtsverstößen, Nichtigerklärung und Verhängung von Sanktionen
§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Feststellung gemäß § 312 Abs. 3 Z 1 und 5 und Abs. 4 Z 1 und 3 nur dann zu treffen, wenn die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss war.
(2) Soweit in diesem Absatz und in den Abs. 4 und 5 nicht anderes bestimmt ist, hat das Bundesverwaltungsgericht im Oberschwellenbereich den Vertrag im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5 für absolut nichtig zu erklären. Das Bundesverwaltungsgericht hat von einer Nichtigerklärung des Vertrages oder einer Aufhebung des Vertrages gemäß den Abs. 4 oder 5 abzusehen, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat und zwingende Gründe eines Allgemeininteresses es rechtfertigen, den Vertrag aufrechtzuerhalten. Wirtschaftliche Interessen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag stehen, können die Aufrechterhaltung des Vertrages nicht rechtfertigen, andere wirtschaftliche Interessen nur dann, wenn die Nichtigkeit in Ausnahmefällen unverhältnismäßige Folgen hätte.
...
(4) Kann die erbrachte Leistung oder ein erbrachter Leistungsteil nicht mehr oder nur wertvermindert rückgestellt werden, so hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern Abs. 5 nicht zur Anwendung kommt, im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5 auszusprechen, dass der Vertrag nur soweit aufgehoben wird, als Leistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertverminderung rückstellbar sind.
(5) Das Bundesverwaltungsgericht kann im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5 aussprechen, dass der Vertrag mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes oder einem späteren Zeitpunkt aufgehoben wird, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat dafür das Interesse des Auftraggebers an der Aufrechterhaltung bestimmter vertraglicher Rechte und Pflichten, das Interesse des Antragstellers an der Aufhebung des Vertrages sowie allfällige betroffene öffentliche Interessen gegeneinander abzuwägen.
...
(7) Wenn das Bundesverwaltungsgericht von der Nichtigerklärung des Vertrages gemäß den Abs. 2 erster Satz oder 3 abgesehen hat, dann ist eine Geldbuße über den Auftraggeber zu verhängen, die wirksam, angemessen und abschreckend sein muss. Die Höchstgrenze für eine Geldbuße beträgt 20 vH, im Unterschwellenbereich 10 vH, der Auftragssumme. Geldbußen fließen dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (§ 2 des Bundesgesetzes zur Förderung der Forschung und Technologieentwicklung, BGBl. Nr. 434/1982) zu.
(8) Das Bundesverwaltungsgericht hat bei der Verhängung der Geldbuße die Schwere des Verstoßes, die Vorgangsweise des Auftraggebers sowie sinngemäß die Erschwerungs- und Milderungsgründe gemäß § 5 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes - VbVG, BGBl. I Nr. 151/2005, heranzuziehen und zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß der Vertrag aufrecht erhalten wird."
Die Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge, ABl. L 335 vom 20.12.2007, S. 31-46 (Richtlinie 2007/66 ), lautet auszugsweise:
"in Erwägung nachstehender Gründe:
...
(13) Um gegen die rechtswidrige freihändige Vergabe von Aufträgen vorzugehen, die der Gerichtshof als die schwerwiegendste Verletzung des Gemeinschaftsrechts im Bereich des öffentlichen Auftragswesens durch öffentliche Auftraggeber oder Auftraggeber bezeichnet hat, sollten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen vorgesehen werden. Ein Vertrag, der aufgrund einer rechtswidrigen freihändigen Vergabe zustande gekommen ist, sollte daher grundsätzlich als unwirksam gelten. Die Unwirksamkeit sollte nicht automatisch gelten, sondern durch eine unabhängige Nachprüfungsstelle festgestellt werden oder auf der Entscheidung einer unabhängigen Nachprüfungsstelle beruhen.
(14) Die Unwirksamkeit ist das beste Mittel, um den Wettbewerb wiederherzustellen und neue Geschäftsmöglichkeiten für die Wirtschaftsteilnehmer zu schaffen, denen rechtswidrig Wettbewerbsmöglichkeiten vorenthalten wurden. Eine freihändige Vergabe im Sinne dieser Richtlinie sollte alle Auftragsvergaben ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union im Sinne der Richtlinie 2004/18/EG umfassen. ...
...
(19) Bei anderen Verstößen gegen förmliche Anforderungen können die Mitgliedstaaten den Grundsatz der Unwirksamkeit als ungeeignet betrachten. In diesen Fällen sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, alternative Sanktionen vorzusehen. Alternative Sanktionen sollten auf die Verhängung von Geldbußen bzw. -strafen, die an eine von dem öffentlichen Auftraggeber oder dem Auftraggeber unabhängige Stelle zu zahlen sind, oder auf die Verkürzung der Laufzeit des Vertrags beschränkt sein. Es obliegt den Mitgliedstaaten, die Einzelheiten der alternativen Sanktionen und die Bestimmungen für ihre Anwendung festzulegen.
...
(22) Um zu gewährleisten, dass die Verhältnismäßigkeit der Sanktionen gewahrt bleibt, können die Mitgliedstaaten der für die Nachprüfungsverfahren zuständigen Stelle die Möglichkeit geben, den Vertrag nicht für unwirksam zu erklären oder einige oder alle zeitlichen Wirkungen des Vertrags anzuerkennen, wenn zwingende Gründe eines Allgemeininteresses dies in Ausnahmesituationen rechtfertigen. In diesen Fällen sollten stattdessen alternative Sanktionen zur Anwendung gelangen. Die von dem öffentlichen Auftraggeber oder dem Auftraggeber unabhängige Nachprüfungsstelle sollte alle relevanten Aspekte prüfen, um festzustellen, ob zwingende Gründe eines Allgemeininteresses es erfordern, dass die Wirkungen des Vertrags bestehen bleiben.
...
Artikel 2d
Unwirksamkeit
(1) Die Mitgliedstaaten tragen in folgenden Fällen dafür Sorge, dass ein Vertrag durch eine von dem öffentlichen Auftraggeber unabhängige Nachprüfungsstelle für unwirksam erklärt wird oder dass sich seine Unwirksamkeit aus der Entscheidung einer solchen Stelle ergibt,
a) falls der öffentliche Auftraggeber einen Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union vergeben hat, ohne dass dies nach der Richtlinie 2004/18/EG zulässig ist,
...
(2) Die Folgen der Unwirksamkeit eines Vertrags richten sich nach einzelstaatlichem Recht.
Die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften können somit vorsehen, dass alle vertraglichen Verpflichtungen rückwirkend aufgehoben werden oder dass die Wirkung der Aufhebung auf die Verpflichtungen beschränkt ist, die noch zu erfüllen sind. Im letzteren Fall tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass auch alternative Sanktionen im Sinne des Artikels 2e Absatz 2 Anwendung finden.
(3) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die von dem öffentlichen Auftraggeber unabhängige Nachprüfungsstelle einen Vertrag nicht als unwirksam erachten kann, selbst wenn der Auftrag aus den in Absatz 1 genannten Gründen rechtswidrig vergeben wurde, wenn die Nachprüfungsstelle nach Prüfung aller einschlägigen Aspekte zu dem Schluss kommt, dass zwingende Gründe eines Allgemeininteresses es rechtfertigen, die Wirkung des Vertrags zu erhalten. In diesem Fall sehen die Mitgliedstaaten alternative Sanktionen im Sinne des Artikels 2e Absatz 2 vor, die stattdessen angewandt werden.
...
(4) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass Absatz 1 Buchstabe a nicht zur Anwendung kommt, wenn
- der öffentliche Auftraggeber der Ansicht ist, dass die Auftragsvergabe ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union gemäß der Richtlinie 2004/18/EG zulässig ist,
- der öffentliche Auftraggeber im Amtsblatt der Europäischen Union eine Bekanntmachung veröffentlicht hat, wie sie in Artikel 3a der vorliegenden Richtlinie beschrieben ist und mit der er seine Absicht bekundet, den Vertrag abzuschließen, und
- der Vertrag nicht vor Ablauf einer Frist von mindestens zehn Kalendertagen, gerechnet ab dem Tag nach der Veröffentlichung dieser Bekanntmachung, abgeschlossen wurde.
...
Artikel 2e
Verstöße gegen diese Richtlinie und alternative
Sanktionen
...
(2) Die alternativen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Sie umfassen Folgendes:
- die Verhängung von Geldbußen bzw. -strafen gegen den öffentlichen Auftraggeber oder
- die Verkürzung der Laufzeit des Vertrags.
Die Mitgliedstaaten können der Nachprüfungsstelle einen weiten Ermessensspielraum einräumen, damit sie alle relevanten Faktoren berücksichtigen kann, einschließlich der Schwere des Verstoßes, des Verhaltens des öffentlichen Auftraggebers und - in den in Artikel 2d Absatz 2 genannten Fällen - des Umfangs, in dem der Vertrag seine Gültigkeit behält.
Die Zuerkennung von Schadensersatz stellt keine angemessene Sanktion im Sinne dieses Absatzes dar."
Zum Verschulden (als Voraussetzung für eine Geldbuße)
Die revisionswerbenden Auftraggeberinnen bringen in den Zulässigkeitsgründen der Revision vor, zur Rechtsfrage, "ob über den Auftraggeber, welcher auf Feststellungen der Vergabekontrollbehörde und des VwGH zum konkreten Fall, nach deren Tenor die Aufrechterhaltung der Rahmenvereinbarung rechtskonform war" vertraue, eine Geldbuße gemäß § 334 Abs. 7 BVergG 2006 verhängt werden könne, liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. In den Revisionsgründen bringen die revisionswerbenden Auftraggeberinnen weiter vor, § 334 Abs. 7 BVergG 2006 verfüge über Sanktionscharakter. Sanktionen setzten jedoch stets ein schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten des Sanktionierten voraus. Beide Voraussetzungen seien in der vorliegenden Konstellation nicht gegeben. Vielmehr hätten die revisionswerbenden Auftraggeberinnen aufgrund der vorangegangenen Entscheidungen der Vergabekontrollbehörden und Höchstgerichte berechtigt davon ausgehen dürfen, dass das zu Grunde liegende Vergabeverfahren und somit die Aufrechterhaltung des Vertrages rechtskonform gewesen sei. So hätten insbesondere die Vergabekontrollbehörden bis zum hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 2014, 2013/04/0104, die Rechtskonformität des Handelns der revisionswerbenden Auftraggeberinnen fortwährend bestätigt. Erstmals mit dem Erkenntnis vom 27. Oktober 2014 habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Auftraggeber in diesem Fall verpflichtet sei, die Ausschreibung zu widerrufen. Die alternative Sanktion der Geldbuße sei daher nicht zulässig, wenn nach Ablauf einer mehrjährigen Vertragsdauer auf Grund einer Einzelfallentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ex post ein vergaberechtlicher Verstoß erkannt werde, welcher jedoch bis dahin von den Vergabekontrollbehörden in keiner Weise aufgegriffen und beanstandet worden sei. Eine andere Vorgehensweise würde dem strafverfahrensrechtlichen Grundsatz nulla poena sine lege zuwiderlaufen. So komme das Verhalten der belangten Behörde (gemeint: des Verwaltungsgerichtes) einer rückwirkenden Strafauferlegung gleich.
Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten:
Nach dem klaren Wortlaut des § 334 Abs. 7 erster Satz BVergG 2006 ist über den Auftraggeber eine Geldbuße zu verhängen, wenn das Bundesverwaltungsgericht im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5 BVergG 2006 von der Nichtigerklärung des Vertrages gemäß § 334 Abs. 2 erster Satz oder 3 BVergG 2006 abgesehen hat (arg.: "Wenn das Bundesverwaltungsgericht von der Nichtigerklärung des Vertrages gemäß den Abs. 2 erster Satz oder 3 abgesehen hat, dann ist eine Geldbuße über den Auftraggeber zu verhängen").
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits festgehalten, dass gemäß § 334 Abs. 7 BVergG 2006 dann eine Geldbuße zu verhängen ist, wenn von einer Nichtigerklärung (ex tunc) gemäß § 334 Abs. 2 erster Satz BVergG 2006 abgesehen wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 2015, Ro 2015/04/0013 und 0014, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 18. März 2015, 2012/04/0070, sowie das zur entsprechenden Rechtslage des § 22 Steiermärkisches Vergaberechtsschutzgesetz 2012 ergangene hg. Erkenntnis vom 9. September 2015, 2013/04/0046).
Ein Verschulden des Auftraggebers ist in § 334 Abs. 7 erster Satz BVergG 2006 nicht als Voraussetzung für die Verhängung einer Geldbuße normiert.
Ein solches kann nicht aus dem von der Revision behaupteten strafrechtlichen Sanktionscharakter der Geldbuße nach § 334 Abs. 7 BVergG 2006 abgeleitet werden.
Wie die Erläuterungen zu dieser Bestimmung (RV 327 BlgNR 24. GP , 39), ausführen, handelt es sich bei der Geldbuße nach § 334 Abs. 7 BVergG 2006 nicht um eine Verwaltungsstrafe sondern wird damit ein neues Sanktionssystem normiert. Dabei spricht auch die in den Erläuterungen angesprochene Wahlmöglichkeit des Auftraggebers (§ 334 Abs. 2 zweiter Satz BVergG 2006) gegen den strafrechtlichen Charakter der Geldbuße. Zudem wird klargestellt, dass es zu keiner Prüfung kommt, ob die Verhängung der Geldbuße auf Grund fehlenden Verschuldens überhaupt unterbleiben kann. So heißt es in den Erläuterungen:
"Der vorgeschlagene § 334 Abs. 7 enthält die Grundlage für die Verhängung von Geldbußen. Hinzuweisen ist darauf, dass es sich bei der Verhängung einer Geldbuße ("alternative Sanktion") gemäß dem vorgeschlagenen § 334 Abs. 7 nicht um eine Verwaltungsstrafe handelt und dass das diesbezügliche Verfahren somit kein Verfahren wegen einer Verwaltungsübertretung darstellt. Die darin vorgeschlagene neuartige Sanktion stellt vielmehr - vergleichbar etwa mit den Geldbußen gemäß § 29 Kartellgesetz 2005, BGBl. I Nr. 61 - ein neues Sanktionssystem dar, das zu bestehenden Strafrechtssystemen hinzutritt (vgl. zum kartellrechtlichen Geldbußensystem etwa Zeder, Die österreichischen Kartellbußen am Maßstab des Kriminalrechts, JBl 2007, 477 (491), Petsche/Tautscher in Petsche/Urlesberger/Vartian (Hrsg), KartG 2005 (2007) § 29 KartG Rz 6 f; vgl. auch die Entscheidung des OGH vom 12.9.2007, 16 Ok 4/07, wonach kartellrechtliche Geldbußen Mittel des staatlichen Zwangs sind, um die kartellrechtlich vorgesehene Wirtschaftsordnung durchzusetzen, und somit nicht Kriminalunrecht, sondern die Verletzung von Wettbewerbsvorschriften pönalisiert wird).
Zu bedenken ist dafür insbesondere, dass die Geldbuße gegenüber der primären Sanktion der Unwirksamkeit des Vertrages subsidiär ist und dass das Ziel dieser primären Sanktion nicht in einem Strafcharakter zu sehen ist, sondern in der Wiederherstellung des - durch einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht gestörten - Wettbewerbs. Es handelt sich somit primär um eine Maßnahme zum Schutz des lauteren Wettbewerbs. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass zwar für die Frage der Höhe der Geldbuße Aspekte wie die Schwere des Verstoßes, die Vorgangsweise des Auftraggebers oder bestimmte Erschwerungs- und Milderungsgründe einzubeziehen sind (siehe zu diesen gleich unten), dass es aber zu keiner dahingehenden Verschuldensprüfung kommt, ob die Verhängung der Geldbuße auf Grund fehlenden Verschuldens überhaupt unterbleiben kann (auch das Gemeinschaftsrecht sieht zwingend die Verhängung einer alternativen Sanktion vor, unabhängig davon, ob im konkreten Fall ein Verschulden eines Beteiligten vorliegt oder nicht). Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass in bestimmten Fällen die Verhängung der Geldbuße antragsbedürftig ist; das Bundesvergabeamt kann gemäß Abs. 2 zweiter Satz, 5 und 6 überhaupt nur dann eine solche Sanktion verhängen, wenn der Auftraggeber beantragt, von der Nichtigerklärung des Vertrages zur Gänze (oder zumindest teilweise) abzusehen. Die Regelung weist somit Züge einer Wahlmöglichkeit desjenigen auf, über den die Sanktion verhängt werden soll, was ebenfalls der Annahme des Vorliegens einer Verwaltungsstrafe entgegensteht (siehe dazu auch Köhler, Art 129a B-VG, in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht,
1. Lfg. (1999) Rz 32). Die Verstöße gegen die genannten vergaberechtlichen Vorschriften werden somit durch die Normierung der Verhängung einer Geldbuße nicht zu Verwaltungsübertretungen."
Auf diese Erläuterungen hat der VfGH im zitierten Beschluss vom 11. Juni 2015, E 254/2015-8, verwiesen und die Behandlung der Beschwerde der revisionswerbenden Auftraggeberinnen abgelehnt.
Für die Irrelevanz eines Verschuldens als Voraussetzung für die Geldbuße spricht neben den Erwägungsgründen zu den Art. 2d und 2e der Richtlinie 2007/66 auch die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) im Urteil vom 30. September 2010 in der Rechtssache C-314/09 , Strabag AG. In dieser Rechtssache wurde durch den öffentlichen Auftraggeber (im Hinblick auf Schadenersatz) ein entschuldbarer Rechtsirrtum geltend gemacht, dem er auf Grund einer Entscheidung der Vergabekontrollbehörde erlegen sei (Rn. 41). Dem entgegnete der EuGH, "selbst wenn man unterstellte, dass in der vorliegenden Rechtssache die Stadt Graz im Juni 1999 davon hätte ausgehen dürfen, dass sie aufgrund des aus dem Wesen der Durchführung von Vergabeverfahren folgenden Ziels der Effektivität solcher Verfahren dazu verpflichtet war, den Bescheid des Vergabekontrollsenats des Landes Steiermark vom 10. Juni 1999 sofort umzusetzen, ohne den Ablauf der Frist für die Einlegung von
Rechtsmitteln gegen diesen Bescheid abzuwarten, können ... die
Erfolgsaussichten eines Schadensersatzantrags, den der übergangene Bieter nach Aufhebung dieses Bescheids durch ein Verwaltungsgericht stellt, nicht entgegen dem Wortlaut, dem Regelungszusammenhang und dem Zweck der Bestimmungen der Richtlinie 89/665 , die einen Anspruch auf einen solchen Schadensersatz vorsehen, vom Verschulden des betroffenen öffentlichen Auftraggebers abhängen." (Rn. 44).
Letztlich wird das Verhalten der öffentlichen Auftraggeber unionsrechtlich dem Mitgliedstaat zugerechnet. Dies zeigt sich neben diversen Vertragsverletzungsverfahren (vgl. etwa das Urteil des EuGH vom 15. Juli 2010 in der Rechtssache C-271/08 , Kommission/Deutschland, betreffend die Direktvergabe von Verträgen durch kommunale Behörden oder Betriebe) etwa in der Rechtsprechung des EuGH im Urteil vom 9. Dezember 2010 in der Rechtssache C- 568/08 , Combinatie Spijker, Rn. 87, in der der EuGH die Unionsregelung über die Zuerkennung von Schadenersatz bei Vergaberechtsverstößen als eine Konkretisierung des Grundsatzes der Staatshaftung ansieht.
Auch die Verhängung einer finanziellen Sanktion gegen einen Mitgliedstaat nach Art. 260 AEUV ist nicht von einem Verschulden abhängig (vgl. Posch/Riedl in Mayer/Stöger, Kommentar zu EUV und AEUV, 161. Lieferung 2013, Rz. 59 zu Art. 260 AEUV). So hat der EuGH darauf hingewiesen, dass die wirksame Vorbeugung gegen eine zukünftige Wiederholung entsprechender Verstöße gegen das Unionsrecht den Erlass einer abschreckenden Maßnahme, wie etwa die Verurteilung zur Zahlung eines Pauschalbetrags, erfordert (vgl. das Urteil des EuGH vom 2. Dezember 2014 in der Rechtssache C-378/13 , Kommission gegen Griechenland, Rn. 74; vgl. idS im Zusammenhang mit dem vergaberechtswidrigen Abschluss von Verträgen die Schlussanträge von Generalanwältin Trstenjak vom 28. März 2007 in der Rechtssache C-503/04 , Kommission gegen Deutschland, Rn. 89).
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass ein Verschulden des Auftraggebers in § 334 Abs. 7 erster Satz BVergG 2006 nicht als Voraussetzung für die Verhängung einer Geldbuße normiert ist.
Das von den revisionswerbenden Auftraggeberinnen angesprochene Vertrauen im Sinne eines mangelnden Verschuldens kann alleine bei der Bemessung der (Höhe der) Geldbuße nach § 334 Abs. 8 BVergG 2006 berücksichtigt werden (vgl. dazu weiter unten).
Zur Rechtswidrigkeit (als Voraussetzung für eine Geldbuße)
Insoweit die revisionswerbenden Auftraggeberinnen das angesprochene Vertrauen als Grund für fehlende Rechtswidrigkeit anführen, genügt es darauf hinzuweisen, dass eine Geldbuße - wie oben dargestellt - im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5 BVergG 2006 zu verhängen ist. Die Rechtswidrigkeit des Handelns des öffentlichen Auftraggebers ist bereits Gegenstand dieser Feststellung und kann bei der Verhängung der Geldbuße nicht mehr geltend gemacht werden.
Zur Möglichkeit der Nichtigerklärung (als Voraussetzung für eine Geldbuße)
Die revisionswerbenden Auftraggeberinnen bringen in der Revision vor, zur Rechtsfrage, ob die Sanktion der Geldbuße gemäß § 334 Abs. 7 BVergG 2006 ausschließlich in jenen Fällen zur Anwendung gelangen könne, in welchen ein Vertrag entweder noch zur Gänze oder zumindest teilweise oder zu einem späteren Zeitpunkt für nichtig erklärt werden könne (was gegenständlich nicht mehr möglich gewesen sei, da die Rahmenvereinbarung bereits am 31. Dezember 2013 und sohin lange vor dem Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes geendet habe), liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. § 334 BVergG 2006 gehe eindeutig von noch bestehenden, also in Geltung befindlichen Verträgen aus. Eine teleologische Reduktion des § 334 Abs. 7 BVergG 2006 nach der erkennbaren Absicht des Gesetzgebers führe zum Ergebnis, dass die Sanktion der Geldbuße nur in jenen Fällen zur Anwendung kommen könne, in denen ein Vertrag entweder noch zur Gänze oder zumindest teilweise oder zu einem späteren Zeitpunkt für nichtig erklärt werden könne.
Zunächst ist zu diesem Vorbringen festzuhalten, dass die "Nichtigerklärung", an deren Unterbleiben § 334 Abs. 7 erster Satz BVergG 2006 die Verhängung einer Geldbuße knüpft, eine Nichtigerklärung des gesamten Vertrages ist. Dies zeigt bereits der Wortlaut des § 334 Abs. 2 erster Satz BVergG 2006, der davon spricht, dass das Bundesverwaltungsgericht den Vertrag "für absolut nichtig zu erklären" hat. Eine "teilweise Nichtigerklärung" oder Nichtigerklärung zu einem späteren Zeitpunkt kennt § 334 BVergG 2006 nicht (vgl. so die Abs. 4 und 5 dieser Bestimmung, die jeweils von einer Aufhebung des Vertrages sprechen).
Weiters ist dazu auf den klaren Wortlaut des § 334 Abs. 7 erster Satz BVergG 2006 zu verweisen, wonach eine Geldbuße zu verhängen ist, wenn das Bundesverwaltungsgericht im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5 BVergG 2006 von der Nichtigerklärung des Vertrages gemäß § 334 Abs. 2 erster Satz oder 3 BVergG 2006 abgesehen hat.
Aus welchem Grund es zu keiner Nichtigerklärung gekommen ist bzw. ob eine Nichtigerklärung im Hinblick auf die Regelung des § 334 Abs. 4 BVergG 2006 überhaupt noch möglich gewesen wäre, ist danach irrelevant. In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 9. September 2015, 2013/04/0046, zur entsprechenden Rechtslage des § 22 Steiermärkisches Vergaberechtsschutzgesetz 2012 festgehalten, dass die Tatsache, dass der rechtswidrig vergebene Auftrag vorzeitig aufgelöst und damit der gebotenen Aufhebung des Vertrages hinsichtlich noch ausständiger Leistungen vorgebeugt worden sei, für die vorzunehmende Beurteilung irrelevant sei (vgl. 4.4.2. dieses Erkenntnisses).
Vielmehr ist - wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis 2012/04/0070 (mit Verweis auf Art. 2e Abs. 1 der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG idF 2007/66/EG und die Erläuterungen zu § 334 Abs. 7 BVergG 2006 in RV 327 BglNR 24. GP, 38) näher erläutert hat - in dem keiner Rückabwicklung zugänglichen Umfang des missbilligten Vertrages die gemäß § 334 Abs. 7 BVergG 2006 vorgesehene Verhängung einer Geldbuße die einzige Sanktionsmöglichkeit des rechtswidrigen Verhaltens des Auftraggebers (4.5.1.).
Zur Bemessung der Geldbuße
Hiezu rügt die Revision, das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, die im angefochtenen Erkenntnis angeführten Milderungsgründe sachgemäß anzuwenden. Richtigerweise hätte das Verwaltungsgericht ausgehend vom berechtigten Vertrauen der revisionswerbenden Auftraggeberinnen in die Rechtskonformität ihrer Vorgangsweise zur Entscheidung gelangen müssen, eine Geldbuße zu verhängen, welche sich "gegen Null bewegt". Auch habe das Verwaltungsgericht dem Umstand nicht ausreichend Rechnung getragen, dass die revisionswerbenden Auftraggeberinnen keine Kenntnis von einer allfälligen Rechtswidrigkeit haben konnten, was bei einer sachgemäßen Auslegung dieses Milderungsgrundes das Absehen von der Sanktion zur Folge gehabt haben müsse. Selbst wenn man dem Verwaltungsgericht folge, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 6. März 2013 ausgesprochen habe, dass das Vergabeverfahren zu widerrufen gewesen wäre, wäre in diesem Fall die zu verhängende Geldbuße an der restlichen Vertragslaufzeit (ab diesem Zeitpunkt) zu messen gewesen.
Wie ausgeführt, kann das von den revisionswerbenden Auftraggeberinnen angesprochene Vertrauen alleine bei der Bemessung der Geldbuße nach § 334 Abs. 8 BVergG 2006 berücksichtigt werden.
Die Festsetzung einer Geldbuße (nach § 334 Abs. 7 BVergG 2006) ist eine Ermessensentscheidung, bei der neben den gesetzlichen Bemessungsfaktoren die Umstände des Einzelfalls und der Kontext der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen sind. Es handelt sich um eine rechtliche und wirtschaftliche Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände, nicht um das Ergebnis einer schlichten Rechenoperation. Voraussetzung für die rechtmäßige Ausübung des Ermessens ist, dass der Sachverhalt in den für die Ermessensübung maßgebenden Punkten ordnungsgemäß und hinreichend vollständig ermittelt wurde. Um die Überprüfbarkeit des bei der Ausmessung der Geldbuße geübten Ermessens zu gewährleisten, hat die Behörde ausgehend von konkreten Feststellungen zu den Sachverhaltsgrundlagen, die in die Ermessensentscheidung erschwerend oder mildernd einfließen, darzulegen, weshalb die Höhe der im Einzelfall verhängten Geldbuße den in § 334 Abs. 7 BVergG 2006 festgelegten gesetzlichen Anforderungen der Wirksamkeit, Angemessenheit und Eignung zur Abschreckung entspricht (vgl. zu allem das zitierte hg. Erkenntnis 2012/04/0070, 4.5.2.1.)
Diesen Anforderungen hat das Verwaltungsgericht einzelfallbezogen entsprochen. Dabei hat das Verwaltungsgericht in vertretbarer Weise den zumindest bis 2013 (bis zum hg. Erkenntnis vom 6. März 2013, 2011/04/0115, 0130 und 0139) "berechtigten Glauben" der Revisionswerber an die Rechtmäßigkeit ihres Verhaltens mildernd berücksichtigt.
Dass die revisionswerbenden Auftraggeberinnen - wie von ihnen vorgebracht - bis zum hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 2014, 2013/04/0104, auf Grund der vorangegangenen Entscheidungen der Vergabekontrollbehörden und Höchstgerichte berechtigt davon ausgehen durften, dass das zu Grunde liegende Vergabeverfahren und somit die Aufrechterhaltung des Vertrages rechtskonform gewesen sei, trifft nicht zu.
Die revisionswerbenden Auftraggeberinnen durften fallbezogen schon deshalb nicht (wie von ihnen vorgebracht) auf "Feststellungen des VwGH" vertrauen, da in der in dieser Vergabeangelegenheit ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zur Vorgeschichte die hg. Erkenntnisse vom 6. März 2013, 2011/04/0115, 0130 und 0139, sowie vom 27. Oktober 2014, 2013/04/0104) die Aufrechterhaltung der Rahmenvereinbarung nicht als rechtskonform angesehen wurde.
Vielmehr wurden die angefochtenen Bescheide des Bundesvergabeamtes (vgl. den Bescheid vom 11. April 2011, mit dem der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Feststellung, dass der Zuschlag nicht dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde, zurückgewiesen wurde (2011/04/0115), vgl. weiter den Bescheid vom 24. Mai 2011, mit dem der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Feststellung, dass ein Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt worden sei, abgewiesen wurde (2011/04/0130) vom Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass mit dem hg. Erkenntnis 2011/04/0115, 0130 und 0139 der Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 3. Dezember 2010 aufgehoben wurde, weil mit der Streichung einzelner Spezifikationen in der Ausschreibung der revisionswerbenden Auftraggeberinnen ein anderer Bieterkreis angesprochen wurde. Daher kann keine Rede davon sein, dass die revisionswerbenden Auftraggeberinnen keine Kenntnis von einer allfälligen Rechtswidrigkeit haben konnten (vgl. in diesem Zusammenhang auch die ex tunc Wirkung von aufhebenden Erkenntnissen des Verwaltungsgerichthofes: etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2014, 2013/04/0148, mwN).
Jedoch durfte das Verwaltungsgericht ausgehend von den negativen Entscheidungen der Vergabekontrollbehörde in den genannten Bescheiden auf ein - zumindest in gewissem Ausmaß - berechtigtes Vertrauen der revisionswerbenden Auftraggeberinnen schließen (vgl. hiezu auch das Urteil des EuGH vom 18. Juni 2013 in der Rechtssache C-681/11 , Schenker & Co AG und andere, Rn. 41 f) und diese mildernd berücksichtigen. Die danach erfolgte Bemessung der Geldbuße mit 3 % der Auftragssumme ist als vertretbar anzusehen.
Dass das Verwaltungsgericht dabei von der Auftragssumme und nicht von der restlichen Vertragslaufzeit ausgegangen ist, entspricht dem Gesetz (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 2015, 2013/04/0046, 4.4.3.; im Übrigen sprechen auch die obzitierten Erläuterungen davon, dass es sachgerecht sei "die Höhe der Geldbuße an der Auftragssumme zu orientieren", da "das System der Geldbuße der Wiederherstellung des - durch einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht gestörten - Wettbewerbs dient").
Zu den gerügten Verfahrensfehlern
Die revisionswerbenden Auftraggeberinnen rügen, sie seien in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht zu den im angefochtenen Erkenntnis angeführten Erschwernisgründen gehört worden. Die revisionswerbenden Auftraggeberinnen seien davon ausgegangen, dass überhaupt keine Erschwernisgründe vorlägen, sie hätten ansonsten entsprechendes Vorbringen erstattet, was zu einer Bemessung der Geldbuße mit Null bzw. nahe der absoluten Untergrenze von Null geführt hätte.
Das sogenannte "Überraschungsverbot" verbietet es, in die rechtliche Würdigung Sachverhaltselemente einzubeziehen, die der Partei nicht bekannt waren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 2015, Ra 2014/21/0058, mwN). Davon kann fallbezogen keine Rede sein, war den revisionswerbenden Auftraggeberinnen doch bekannt, dass der Vertrag zur Gänze abgewickelt worden ist. Das Verwaltungsgericht ist aber nicht gehalten, die Partei zu der von ihr vertretenen Rechtsansicht anzuhören (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2012, 2010/05/0212, mwN).
Ergebnis
Der Inhalt der vorliegenden Revision lässt somit erkennen, dass die von der Revisionswerberin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Die Revision war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 11. November 2015
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)