Normen
AsylG 1997 §1 Z4;
AsylG 1997 §44 Abs2;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8;
AsylG 2005 §75 Abs1;
VwGVG 2014 §28;
VwRallg;
AsylG 1997 §1 Z4;
AsylG 1997 §44 Abs2;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8;
AsylG 2005 §75 Abs1;
VwGVG 2014 §28;
VwRallg;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Revisionswerbern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die revisionswerbenden Parteien sind Mitglieder einer Familie; der Zweitrevisionswerber ist das minderjährige Kind der Erstrevisionswerberin.
Die erstrevisionswerbende Partei beantragte am 4. Dezember 2004 Asyl. Für ihren am 19. Jänner 2005 in Österreich geborenen Sohn stellte sie als gesetzliche Vertreterin am 11. Februar 2005 ebenfalls einen Asylantrag.
Die Erstrevisionswerberin gab im Verfahren vor dem Bundesasylamt (nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) zu ihrer Herkunft an, sie sei der serbischen Volksgruppe zugehörig, in Belgrad geboren und schon als Kind in den Kosovo übersiedelt, wo sie bis zu ihrer Ausreise gelebt habe. Als Fluchtgrund gab sie vorerst Verfolgung durch Albaner aufgrund ihrer serbischen Ethnie an, in einer weiteren Einvernahme machte sie geltend, serbische Männer, mit denen der Vater ihres Kindes, ein serbischer Rechtsanwalt, "zu tun gehabt" habe, hätten von ihr Geld verlangt und sie geschlagen. Aufgrund des Stresses habe sie ihr erstes (ungeborenes) Kind verloren.
Hinsichtlich des Zweitrevisionswerbers gab die Erstrevisionswerberin an, dieser sei in Österreich geboren und halte sich bei ihr auf. Für ihn gelte die gleiche Antragsbegründung wie für sie; ihr Sohn habe darüber hinaus keine eigenen Fluchtgründe.
Mit Bescheiden des Bundesasylamtes jeweils vom 29. November 2006 wurden die Asylanträge der revisionswerbenden Parteien gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.), die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Revisionswerber nach "Serbien Provinz Kosovo" gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 für zulässig erachtet (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 2 Asylgesetz 1997 die Ausweisung der Revisionswerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach "Serbien Provinz Kosovo" ausgesprochen (Spruchpunkt III.).
Im Wesentlichen ging das Bundesasylamt in seiner Entscheidung die Erstrevisionswerberin betreffend aufgrund einer Sprachanalyse und näher genannter, vor Ort vorgenommener Erhebungen davon aus, dass sie - entgegen ihren Behauptungen - nicht aus dem Kosovo stamme. Dem antragsbegründenden Vorbringen hinsichtlich des Bestehens der Gefahr einer Verfolgung in "Serbien Provinz Kosovo" sei daher die Grundlage entzogen.
Hinsichtlich des Zweitrevisionswerbers ging das Bundesasylamt aufgrund der Angaben der Erstrevisionswerberin davon aus, der Asylantrag sei nur gestellt worden, um die Familiengemeinschaft aufrecht zu erhalten, eine asylrelevante Verfolgung sei nicht glaubhaft gemacht worden und eine Asylgewährung an die Mutter des Zweitrevisionswerbers nicht erfolgt. Auch hinsichtlich des Zweitrevisionswerbers sei die Herkunft ungeklärt.
Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gehe davon aus, dass der vom Antragsteller behauptete Staat zu prüfen sei, wenn der Herkunftsstaat nicht feststellbar sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2001, Zl. 2000/01/0004). § 8 Asylgesetz 1997 beschränke den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Vom Zweck des Asylgesetzes sei der Begriff des "Herkunftsstaates" iSd § 8 Asylgesetz 1997 dahingehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat bezeichnet werde, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers aufgrund seines Antrages zu prüfen sei (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 22. April 1999, Zl. 98/20/0561, und vom 20. Mai 1999, Zl. 98/20/0300).
Wenn auch nach wie vor eine wirtschaftlich schwierige Situation im Kosovo bestehe und vor allem die Arbeitsplatzchancen nicht als befriedigend bezeichnet werden könnten, so sei in einer Gesamtbetrachtung, unter Berücksichtigung der individuellen Situation der Revisionswerber, festzuhalten, dass von einer allgemeinen lebensbedrohenden Notlage im Kosovo, welche die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bei einer allfälligen Rückkehr indizieren würde, nicht ausgegangen werden könne. Die Erstrevisionswerberin könne bei ihrer Rückkehr wieder mit Gelegenheitsarbeiten ihr Auskommen finden. Es sei der Zusammenhalt innerhalb der Familie bekannt und die Revisionswerber könnten allenfalls auch bei humanitären Organisationen Unterstützung finden.
Es lägen keine Hinweise vor, dass durch die Ausweisung auf unzulässige Weise in das Privatleben der Revisionswerber eingegriffen würde.
Gegen die Entscheidungen des Bundesasylamtes erhoben die Revisionswerber Berufungen an den unabhängigen Bundesasylsenat. Die auf den Asylgerichtshof übergegangenen Verfahren wurden mit 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht weitergeführt.
Mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. der verwaltungsbehördlichen Bescheide gemäß §§ 7 und 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 als unbegründet ab, wies das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 an das nunmehr zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück und sprach des Weiteren aus, dass eine Revision gegen diese Entscheidung gemäß Art. 133 Abs. 3 (richtig: Abs. 4) B-VG nicht zulässig sei.
Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die Revisionswerber seien Staatsangehörige der "Republik Kosovo" und gehörten der serbischen Ethnie an. Die Muttersprache der Erstrevisionswerberin sei Serbisch. Die Erstrevisionswerberin sei in ihrem Herkunftsstaat weder vorbestraft, noch hätte sie Probleme mit den staatlichen Behörden oder den Gerichten ihres Heimatstaates, noch wegen ihrer Zugehörigkeit zur serbischen Ethnie bzw. zur serbisch-orthodoxen Glaubensgemeinschaft gehabt.
Als Grund für das Verlassen des Heimatstaates könne lediglich festgestellt werden, dass die Erstrevisionswerberin wegen ihres damals noch ungeborenen Sohnes ausgereist sei. Es könne hingegen nicht festgestellt werden, dass andere Gründe, wie etwa eine Bedrohung oder eine Verfolgung der Erstrevisionswerberin, für das Verlassen des Herkunftsstaates ausschlaggebend gewesen wären.
In seinen beweiswürdigenden Überlegungen führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die Feststellungen zur Identität der Revisionswerber, zu deren Staatsangehörigkeit, deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe und deren Familienstand beruhten auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, die sich wiederum auf die Angaben der Erstrevisionswerberin gestützt hätten.
Zum antragsbegründenden Vorbringen der Erstrevisionswerberin sei auszuführen, dass sie keine Gründe anzuführen vermocht habe, weshalb das Leben ihres Kindes im Heimatstaat in Gefahr gewesen sei. Die Aussagen der Erstrevisionswerberin zu ihren Fluchtgründen widersprächen sich eklatant. Einmal habe sie etwa angegeben, während ihrer ersten Schwangerschaft von Albanern gegen den Bauch geschlagen worden zu sein, wodurch sie ihr erstes Kind verloren hätte, ein anderes Mal hätte sie für einen Rechtsanwalt, von dem sie zweimal schwanger gewesen wäre, Telefonate entgegengenommen und wegen des damit verbundenen Stresses ihr erstes Kind verloren. Ein weiteres Mal habe die Erstrevisionswerberin angegeben, während der zweiten Schwangerschaft von maskierten Serben geschlagen worden zu sein. Diese Widersprüche legten nachvollziehbar den auch vom Bundesasylamt im bekämpften Bescheid gezogenen Schluss nahe, dass das Vorbringen der Erstrevisionswerberin zu ihren Fluchtgründen ein tatsachenwidriges Sachverhaltskonstrukt darstelle.
Bezüglich des Herkunftsstaates habe die Erstrevisionswerberin einmal angegeben, in Belgrad geboren und im Alter von drei Jahren mit ihren Eltern nach Prishtina gezogen zu sein. In einer späteren Einvernahme habe sie ausgesagt, dass sie im Alter von viereinhalb Jahren wieder mit ihrer Mutter nach Belgrad gezogen sei und erst nach Ende der Schulzeit wieder in Prishtina gelebt habe. Klar ersichtlich würden sich hier Widersprüche in Bezug auf die Wanderbewegungen der Erstrevisionswerberin ergeben.
Weitere Widersprüche hätten zudem Erhebungen vor Ort ergeben:
In der zentralen Standesdatei der Stadt Prishtina sei kein Eintrag zur Erstrevisionswerberin gefunden worden, auch die Überprüfung der angeblichen Sterbefälle betreffend ihrer Eltern sei negativ verlaufen und auch die Nachfrage beim ärztlichen Leiter des von der Erstrevisionswerberin angegebenen Krankenhauses habe nicht belegt, dass sie sich dort in dem von ihr angegebenen Zeitraum aufgehalten habe. Der Polizei in Prishtina sei eine Anzeige der Erstrevisionswerberin nicht bekannt, auch sei die Wohnung der Erstrevisionswerberin nicht auffindbar gewesen. Schließlich habe die Erstrevisionswerberin auch die auf Lichtbildern abgebildeten öffentlichen Objekte von Prishtina nicht erkannt und auch deren Umgebung nicht bezeichnen können.
Die getroffenen Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat würden auf den Länderfeststellungen zur "Republik Kosovo" beruhen, die bereits von der Verwaltungsbehörde dem Bescheid zugrunde gelegt worden seien (Anmerkung: Tatsächlich beruhen die genannten Feststellungen auf neu in das Berufungsverfahren eingeführte Quellen, die überwiegend aus den Jahren 2012 bis 2014 datieren).
In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesverwaltungsgericht, es gebe keinen objektivierbaren Anhaltspunkt, wonach die Erstrevisionswerberin jemals Ziel einer Verfolgung gewesen sei. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, komme einer Verfolgung nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage sei, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates könne aber nicht gesprochen werden, wenn das Opfer eines angeblichen Übergriffes dies den Sicherheitskräften nicht anzeige. Aufgrund der amtswegig durchgeführten Erhebungen stehe im konkreten Fall fest, dass die Erstrevisionswerberin keinen Vorfall zur Anzeige gebracht habe. Im Anlassfall könnten daher die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl nicht erfüllt werden.
Nach ausführlicher Darstellung der Rechtslage zu § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 folgerte das Bundesverwaltungsgericht, dass sich aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren und dem festgestellten Sachverhalt ergebe, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Revisionswerber in ihren Herkunftsstaat zulässig sei.
Hinsichtlich der Zurückverweisung des Verfahrens an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung stützte sich das Bundesverwaltungsgericht auf § 75 Abs. 20 AsylG 2005.
Zum Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG merkte das Bundesverwaltungsgericht an, seine Entscheidung weiche von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - diese sei nicht als uneinheitlich zu beurteilen - nicht ab und es fehle auch nicht an einer solchen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen lägen nicht vor. Die angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei zwar "zu früheren Rechtslagen" ergangen, diese sei jedoch auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der "nunmehr geltenden Rechtslage" unverändert anwendbar.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revision nach Vorlage derselben sowie der Verfahrensakten durch das Bundesverwaltungsgericht und nach Einleitung des Vorverfahrens - Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet - erwogen:
Die Revisionswerber machen zur Zulässigkeit der Revision (ua.) geltend, es stelle sich die Frage, in welchen Staat Asylwerber zurückzuschieben seien, wenn sich das ursprüngliche Staatsgebiet verändert habe. Dies insbesondere auch im Hinblick darauf, dass der ursprüngliche Wohnsitz unter ein anderes Staatsgebiet falle, die Staatszugehörigkeit zum Ursprungsstaat aber aufrecht bleibe. In diesem Zusammenhang weiche die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wesentlich von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die Zurückschiebung der Revisionswerber nach "Serbien Provinz Kosovo" sei unzulässig, da die "Provinz Kosovo" im Staatsgebiet von Serbien nicht existiere. Die Revisionswerber seien serbische Staatsbürger, die die kosovarische Staatsbürgerschaft nie angenommen hätten.
Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist auch begründet.
Gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 44 Abs. 2 Asylgesetz 1997 anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 101/2003, hatte die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft war, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) drohte und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorlag.
Nach § 8 leg. cit. hatte die Behörde im Fall der Abweisung eines Asylantrags von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig war; diese Entscheidung war mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden (Abs. 1). Ergab die Prüfung die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat, so hatte die Behörde diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden (Abs. 2).
Nach § 1 Z 4 Asylgesetz 1997 war der Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit Fremde besaßen, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat ihres früheren gewöhnlichen Aufenthaltes. Herkunftsstaat im Sinne dieser Bestimmung ist somit primär jener Staat, zu dem ein formelles Band der Staatsbürgerschaft besteht; nur wenn ein solcher Staat nicht existiert, wird subsidiär auf sonstige feste Bindungen zu einem Staat in Form eines dauernden (gewöhnlichen) Aufenthaltes zurückgegriffen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. November 2010, Zl. 2006/19/0502, und vom 20. Februar 2009, Zl. 2007/19/0535, mwN).
Auf welchen Staat diese Voraussetzungen im Einzelfall zutreffen, ist von den Asylbehörden zu ermitteln und festzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 2004, Zl. 2001/20/0410, mwN).
Bei Asylwerbern, die ihren wahren Herkunftsstaat verheimlichen, kann dessen Feststellung - in Ermangelung eines Hinweises auf eine asylrelevante Gefährdung in einem anderen als dem wahrheitswidrig vorgetäuschten Herkunftsstaat - für die Entscheidung über die Asylgewährung entbehrlich sein (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. Juli 1999, Zlen. 98/20/0464). Die Feststellung gemäß § 8 Asylgesetz 1997 hat sich in solchen Fällen auf den (bloß) behaupteten Herkunftsstaat zu beziehen (vgl. etwa das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 30. September 2004, Zl. 2001/20/0410).
Der Herkunftsstaat eines Asylwerbers ist somit nicht nur in Bezug auf das Vorliegen einer Verfolgung Prüfgegenstand, sondern es hat sich auch die Feststellung nach § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 auf den Herkunftsstaat im Sinne des § 1 Z 4 Asylgesetz 1997 zu beziehen, weshalb die Behörde (nun auch: das Bundesverwaltungsgericht) den Herkunftsstaat auch bei der (inhaltlichen) Prüfung der Voraussetzungen für einen allfälligen Refoulementschutz heranziehen muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 2005, Zl. 2003/20/0228).
In seiner Judikatur hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass es sich beim Kosovo seit Institutionalisierung der UN-Verwaltung um einen eigenen Herkunftsstaat im Sinne des § 1 Z 4 Asylgesetz 1997 handelt, der neben den Staat Serbien und Montenegro (früher: Bundesrepublik Jugoslawien, nunmehr Republik Serbien) tritt. Davon wurde insbesondere auch im Zusammenhang mit der Non-Refoulement-Prüfung nach § 8 Asylgesetz 1997 ausgegangen. Das zog als Konsequenz u.a. nach sich, dass Aussprüche nach § 8 Asylgesetz 1997, die sich auf die "Bundesrepublik Jugoslawien" (nunmehr: Republik Serbien) bezogen, sich jedoch inhaltlich auf die Beurteilung der Situation im Kosovo beschränkten, mit Rechtswidrigkeit behaftet waren. Diese Überlegungen galten umso mehr nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo und der Anerkennung durch Österreich im Februar 2008 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 2008, Zl. 2008/21/0423, mwN).
Die Erstrevisionswerberin gab in ihren Einvernahmen stets an, sie sei in Belgrad geboren, aber schon als Kind in den Kosovo übersiedelt, wo sie bis zu ihrer Ausreise gelebt habe. Aus einer Sprachanalyse und näher genannten, vor Ort vorgenommenen Erhebungen folgerte das Bundesasylamt, dass sie weder aus dem Kosovo noch aus Serbien stamme. Das Bundesasylamt ging in weiterer Folge unter Bezugnahme auf hg. Judikatur, wonach der vom Asylwerber behauptete Staat zu prüfen sei, wenn der Herkunftsstaat nicht feststellbar sei, hinsichtlich beider Revisionswerber vom Herkunftsstaat Kosovo aus. In Spruchpunkt II. der Bescheide des Bundesasylamtes wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Revisionswerber nach "Serbien Provinz Kosovo" gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 für zulässig erklärt.
Das Bundesverwaltungsgericht stellte im angefochtenen Erkenntnis - obwohl es in dessen Kopf die Revisionswerber als serbische Staatsangehörige bezeichnete - fest, dass die Revisionswerber Staatsangehörige der "Republik Kosovo" seien und führte dazu beweiswürdigend aus, dass diese Feststellungen auf jenen des Bundesasylamtes beruhten und diese wiederum aufgrund der Angaben der Erstrevisionswerberin getroffen worden seien.
Diese Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der Revisionswerber erweisen sich als aktenwidrig, haben diese doch, ungeachtet dessen, dass die Erstrevisionswerberin vorgebracht hat, lange Zeit im Kosovo gelebt zu haben, zu keiner Zeit - auch nicht im Rahmen der vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Verhandlung - eine kosovarische Staatsangehörigkeit, sondern vielmehr die serbische, behauptet. Auch das Bundesasylamt traf keine solche Feststellung, sondern zog die damalige Provinz Kosovo als Prüfobjekt nur deshalb heran, weil es die tatsächliche Herkunft der Erstrevisionswerberin als nicht feststehend erachtete. Die entsprechende Annahme des Bundesverwaltungsgerichtes findet daher im Akteninhalt keine Deckung.
Da der Sachverhalt vom Bundesverwaltungsgericht in einem wesentlichen Punkt - der Herkunftsstaat eines Asylwerbers ist Prüfgegenstand hinsichtlich des Vorliegens von Verfolgung - aktenwidrig angenommen wurde, erweist sich das angefochtene Erkenntnis bereits hinsichtlich der Abweisung des Asylantrages als infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a VwGG - weil die darauf aufbauenden Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 und § 75 Abs. 20 AsylG 2005 ihre Grundlage verlieren zur Gänze - aufzuheben.
Für das fortgesetzte Verfahren sei darauf hingewiesen, dass der vom Bundesverwaltungsgericht ermittelte bzw. (im Fall der Unmöglichkeit der Ermittlung) der behauptete Herkunftsstaat in eindeutiger Weise aus dem Spruch der Entscheidung zu § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 hervorzugehen hat und dass das Bundesverwaltungsgericht bei seiner die Rückkehrentscheidung betreffenden Beurteilung entgegen der im angefochtenen Erkenntnis vertretenen Rechtsauffassung - soweit keine anderslautende Übergangsbestimmung besteht - die Sach- und Rechtslage zu seinem Entscheidungszeitpunkt anzuwenden hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2014, Ro 2014/03/0076).
Bei diesem Ergebnis konnte auch von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 10. Dezember 2014
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)