VwGH 97/19/1402

VwGH97/19/140218.12.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der 1946 geborenen DG in Wien, vertreten durch Dr. M und Dr. C, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. Mai 1997, Zl. 305.701/4-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §17;
FrG 1993 §18;
EMRK Art6;
AufG 1992 §5 Abs1;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §17;
FrG 1993 §18;
EMRK Art6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin verfügte über einen gewöhnlichen Sichtvermerk mit Geltungsdauer vom 2. Juli 1990 bis 30. Dezember 1990. In der Folge wurde ihr am 7. Jänner 1993 ein gewöhnlicher Sichtvermerk mit Geltungsdauer bis 31. Dezember 1994 ausgestellt.

Sodann verfügte die Beschwerdeführerin im Zeitraum vom 1. Jänner 1995 bis 1. Jänner 1996 über eine Aufenthaltsbewilligung.

Am 29. November 1995 beantragte sie die Verlängerung dieser Bewilligung. Dieser Antrag wurde mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. April 1996 gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) wegen Eingehens einer "Scheinehe" abgewiesen.

Am 14. Juni 1996 beantragte die Beschwerdeführerin neuerlich die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. Mai 1997 wurde dieser Antrag - unter anderem - gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, bei dem gegenständlichen Antrag handle es sich im Hinblick auf die in Rechtskraft erwachsene Abweisung eines rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrages nunmehr um einen Erstantrag.

Die Beschwerdeführerin lebe nach der Aktenlage seit 1992 in Österreich. Aufgrund einer mit einem österreichischen Staatsangehörigen am 3. August 1992 eingegangenen Ehe sei der Beschwerdeführerin am 19. August 1992 ein Befreiungsschein ausgestellt worden. Aufgrund einer Aussage ihres Ehegatten stehe fest, daß die Beschwerdeführerin diesen lediglich geheiratet habe, um fremdenrechtlich und ausländerbeschäftigungsrechtlich bedeutsame Bewilligungen zu erlangen. Demgegenüber sollte dem österreichischen Ehegatten der Beschwerdeführerin für das Eingehen der Ehe mit ihr ein bestimmter Geldbetrag zufließen. Im übrigen halte sich die Beschwerdeführerin trotz der durch den Bescheid der belangten Behörde vom 5. April 1996 erfolgten Abweisung ihres rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrages vom 29. November 1995 weiterhin unberechtigt im Bundesgebiet auf.

Das Eingehen einer "Scheinehe" im Zusammenhang mit ihrem unrechtmäßigen Aufenthalt rechtfertige die Annahme, ihr weiterer Aufenthalt aufgrund der zu erteilenden Bewilligung werde die öffentliche Ordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gefährden, zumal von einem derartigen Verhalten auch Beispielswirkungen auf andere Fremde ausgehen könnten. Die Erteilung einer Bewilligung sei gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen. Gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK sei die Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung, sofern damit in das Privat- und Familienleben des Antragstellers eingegriffen werde, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele notwendig ist. Bei dieser Abwägung sei auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Antragstellers Bedacht zu nehmen. Die Beschwerdeführerin lebe seit 1992 in Österreich. Seit 28. Februar 1996 (dem Tag der Zustellung des erstinstanzlichen, den Verlängerungsantrag vom 29. November 1995 abweisenden Bescheides) halte sie sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Auch der vorangegangene Aufenthalt sei auf die eingegangene "Scheinehe" zurückzuführen. Aus diesen Erwägungen überwögen die öffentlichen Interessen die privaten Interessen der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 5 Abs. 1 AufG lautete:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautete:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

Der gegenständliche Antrag wurde gestellt, nachdem ein rechtzeitig gestellter Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen worden war. Ein Fall des § 113 Abs. 6 oder 7 FrG 1997 liegt daher nicht vor.

Die Beschwerdeführerin tritt der auf die Aussage ihres Ehegatten gestützten Annahme der belangten Behörde, sie sei ihre Ehe ausschließlich zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlich und ausländerbeschäftigungsrechtlich bedeutsamer Berechtigungen eingegangen, nicht mit einem konkreten Vorbringen entgegen. Selbst wenn die Ausführung in der Beschwerde, sie sei "angeblich" eine Scheinehe eingegangen, insofern als Bestreitung zu werten wäre, vermag die Beschwerdeführerin mit diesem Hinweis allein keine Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes an den diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid zu erwecken.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Eingehen einer Ehe nur zum Schein, um sich eine fremdenrechtlich bedeutsame Bewilligung zu verschaffen, ein Verhalten, das eine gravierende Mißachtung der den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Vorschriften bildet. Ein solches Verhalten rechtfertigt die in § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG umschriebene Prognose, der weitere Aufenthalt des Fremden werde die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1998, Zl. 96/19/2766).

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (Bescheidzustellung am 17. Juni 1997) lag der Eheabschluß etwas weniger als fünf Jahre zurück. Der Verwaltungsgerichtshof erachtete die auf § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gestützte Gefährdungsprognose in seiner Rechtsprechung auch in einem Fall für gerechtfertigt, in dem der Eheabschluß länger als sieben Jahre zurückreichte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. November 1996, Zl. 96/19/3068). Schon von dem seit Eingehen der Ehe verstrichenen Zeitraum her liegt vorliegendenfalls auch kein dem hg. Erkenntnis vom 4. Dezember 1997, Zl. 97/18/0097, vergleichbarer Sachverhalt vor. Im übrigen ist mit der Feststellung (im Zusammenhang mit der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, wo es um die "ausdrückliche" Einräumung einer "Bewilligung" zum Aufenthalt geht), die Gefährdungsprognose im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG sei gerechtfertigt, keine Aussage über die Zulässigkeit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung getroffen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1998).

Wenn die Beschwerdeführerin weiters die Auffassung vertritt, die belangte Behörde handle infolge Verstoßes gegen § 27 des Ehegesetzes rechtswidrig, wenn sie sich im Zusammenhang mit einer auf § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gestützten Entscheidung auf die Nichtigkeit der von der Beschwerdeführerin eingegangenen Ehe stütze, ist ihr die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten. Demnach übersieht die Beschwerdeführerin, daß die belangte Behörde im bekämpften Bescheid nicht etwa davon ausging, die Ehe der Beschwerdeführerin sei nichtig, sondern ihre Entscheidung vielmehr auf die Annahme stützte, das Eingehen der Ehe sei aus Motiven erfolgt, die deren Nichtigkeitserklärung begründen können, wobei (schon) dieses Verhalten die Annahme rechtfertige, der weitere Aufenthalt eines solchen Fremden werde die öffentliche Ordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG. gefährden. Dem stand auch die Bestimmung des § 27 des Ehegesetzes nicht entgegen, weil die belangte Behörde ungeachtet dieser Bestimmung berechtigt war, die Frage des Vorliegens eines Sichtvermerksversagungsgrundes selbständig zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 96/19/0192).

Die Beschwerdeführerin vertritt weiters die Auffassung, die gegenständliche Versagung einer Aufenthaltsbewilligung infolge einer eingegangenen "Scheinehe" sei einer Entscheidung über eine "strafrechtliche Anklage" im Sinne des Art. 6 MRK gleichzuhalten. Zur Begründung dieser Auffassung führt die Beschwerdeführerin nachstehendes aus:

"Gemäß ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist unter einer strafrechtlichen Anklage nicht nur ein Strafverfahren bzw. ein Verwaltungsstrafverfahren im ursprünglichen Sinne zu verstehen, sondern sind vom Schutzbereich des Artikel 6 MRK auch solche Verfahren erfaßt, aufgrund deren Sanktionen verhängt werden können, welche in ihrer Schwere der Verhängung einer strafrechtlichen Verurteilung gleichkommen.

So gelten als strafrechtliche Anklagen in diesem Sinne z.B. auch Verfahren vor Disziplinarkommissionen, welchen die Befugnis zukommt, über die ihrer Disziplinargewalt Unterworfenen, z.B. ein Berufsausübungsverbot zu verhängen.

Dies, da der Gerichtshof auf dem Standpunkt steht, daß die Verhängung eines Berufsausübungsverbotes von der Auswirkung her, welche eine derartige Sanktion auf das Leben des Betroffenen hat, der Verhängung einer strafrechtlichen Sanktion gleichkommt.

Gemäß der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sind, wenn der die Zuwiderhandlung umschreibende Gesetzestext nach dem jeweiligen staatlichen Recht systematisch nicht dem Strafrecht zugehört, folgende Kriterien der Beurteilung maßgeblich:

* Die Schwere der verhängten Sanktion, wobei es einer Strafe

im Sinne des Artikel 6 auch gleichkommt, wenn Strafsanktionen vorgesehen sind, die einer Freiheitsstrafe in der Schwere des Übels gleichkommen, wie z.B. eben auch Berufsausübungsverbote.

* Darüber hinaus spricht auch der Charakter der Sanktion als

Abschreckung und Ahndung für eine strafrechtliche Anklage (beides VfSlg. 11.506/87).

* Die spätere Judikatur stellt nunmehr auch darauf ab, ob

die Sanktion 'präventive Zwecke' verfolgt und eben einen 'Unrechtsgehalt' ahndet (VfSlg. 11.917/1988).

Die Nichterteilung der Aufenthaltsbewilligung erfüllt diese 'Strafkriterien' in mehrfacher Hinsicht. Einerseits wird dem Antragsteller die Verlängerung einer Aufenthaltsberechtigung sozusagen als Sanktion für das angebliche Eingehen einer Scheinehe verwehrt, die Fortführung des bisherigen Lebens im Bundesgebiet und damit auch die weitere Berufsausübung im Bundesgebiet werden nicht mehr ermöglicht, sodaß in dieser Hinsicht bereits die Nichterteilung der Aufenthaltsberechtigung zumindest einem Berufsverbot gleichzuhalten ist. Andererseits besteht auch kein Zweifel daran, daß durch diese Vorgangsweise der Behörden beabsichtigt ist, das Eingehen von sogenannten 'Scheinehen' unter eben eine so schwere Sanktion zu stellen, daß in Hinkunft Fremde von einem solchen Schritt abgehalten werden sollen.

Es besteht wohl auch zweifellos ein entsprechender präventiver Charakter, was sich aus der Begründung des Bescheides 'die rechtsmißbräuchliche Eingehung einer Ehe durch einen Fremden zwecks Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen stellt ein Verhalten dar, welches dazu führt, daß die öffentliche Ordnung durch den weiteren Aufenthalt des Fremden in Österreich gefährdet wäre' ergibt."

Da es sich bei den im Zusammenhang mit der gegenständlichen Entscheidung tätig gewordenen Aufenthaltsbehörden unzweifelhaft um keine "Tribunale" im Sinne des Art. 6 MRK handle, verletze die vorliegende Entscheidung die Beschwerdeführerin in ihren Rechten gemäß Art. 6 Abs. 1 MRK.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin vertrat der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 20. Juli 1995, Zl. 95/18/0438, die Auffassung, daß die Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz infolge einer eingegangenen "Scheinehe" nicht als eine Sanktion im Sinne einer Strafe angesehen werden könne.

Diese Auffassung widerspricht aus folgenden Erwägungen nicht dem Art. 6 MRK:

Der Begriff des Strafrechts im Sinne des Art. 6 MRK ist "autonom" anhand der Konvention entsprechend deren "Sinn und Zweck" zu verstehen. Danach kommt es zwar zunächst darauf an, ob der Text, der die fragliche Zuwiderhandlung umschreibt, nach dem jeweiligen staatlichen Rechtssystem dem Strafrecht angehört. Ist das nicht der Fall, so ist die Art des Vergehens ebenso wie die Art und Schwere der angedrohten Sanktion zu beurteilen, und zwar unter Berücksichtigung von Ziel und Zweck des Art. 6 MRK, des Sinnes, der dieser Bestimmung gewöhnlich zukommt, sowie des Rechts der Vertragsstaaten. Dabei ist die Natur der Zuwiderhandlung, gesehen auch im Zusammenhang mit der Natur der entsprechenden Sanktion nach Meinung des EGMR ein Beurteilungsfaktor von erheblich größerem Gewicht als die Zuordnung zum Strafrecht durch das innerstaatliche Recht. Die Garantien (insbesondere die Organisationsgarantien) des Art. 6 MRK kommen ferner immer dann zum Tragen, wenn Strafen von bestimmter Schwere vorgesehen sind (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1987, Slg. Nr. 11.506, mit weiteren Hinweisen auf die Judikatur des EGMR, sowie auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1988, Slg. Nr. 11.917; ähnlich auch Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar2, 176 f).

Die Sanktion der Versagung einer Aufenthaltsbewilligung infolge Eingehens einer Ehe ausschließlich zum Zwecke der Erlangung fremdenrechtlich oder ausländerbeschäftigungsrechtlich bedeutsamer Berechtigungen ist in der österreichischen Rechtsordnung nicht dem Bereich des Strafrechtes zugeordnet. Auch in den Rechtsordnungen der anderen Vertragsstaaten der Konvention scheint der Versagung einer Berechtigung zum Aufenthalt nicht die Natur einer Strafe zuzukommen. So wurde die Versagung einer (nach britischem Recht vorgesehenen) Aufenthaltserlaubnis von der EKMR in E 9285/81, DR 29, 205, als "discretionary act by a public authority" (Ermessensentscheidung einer Behörde) angesehen. Weiters wurde ausgeführt, daß die Frage, ob einem Fremden gestattet werden soll, in einem Land zu bleiben, innerhalb der Entscheidungsbefugnis der "immigration authority" (Einwanderungsbehörde) gelegen sei (a.a.O. S. 211).

Für den Charakter einer Bestrafung fordert das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1987 ausdrücklich, daß die Sanktion "sowohl ahnden als auch abschrecken" soll. Es mag nun zutreffen, daß der hier erfolgten Versagung einer Aufenthaltsbewilligung (auch) spezial- und generalpräventive Erwägungen zugrundelagen. Demgegenüber ist der für eine Strafsanktion nach diesem Erkenntnis maßgebende Charakter der Ahndung eines bestimmten Verhaltens und des Deutlichmachens des einer strafrechtlichen Sanktion notwendig innewohnenden Tadels nicht Zweck und Inhalt der hier ergangenen Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung.

Dementsprechend entschied die EKMR zu E 7289/75 und 7349/76, DR 9, 57, daß es sich bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes infolge Verstoßes gegen fremdenpolizeiliche Vorschriften nicht um eine Entscheidung über eine strafrechtliche Anklage handle (vgl. insbesondere S. 75, 76). Gleiches wurde von ihr zu E Nr. 7729/76, DR 7, 165, in Ansehung der Deportation eines Fremden infolge staatsgefährdender Aktivitäten ausgesprochen (vgl. insbesondere a. a.O. S. 175).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt daher die Auffassung, daß die Garantien des Art. 6 MRK vorliegendenfalls nicht zum Tragen kommen.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich schließlich in ihrem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 MRK verletzt. Sie bringt vor, sie halte sich nunmehr seit 1992 in Österreich auf und habe von Jänner 1993 bis 1. Jänner 1996 über Berechtigungen zum Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt. Ihre erwachsene Tochter sei mit einem Österreicher verheiratet und lebe mit den gemeinsamen Kindern im Bundesgebiet. Bei Durchführung eines mängelfreien Verwaltungsverfahrens hätte die belangte Behörde diese Umstände festzustellen gehabt.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Eingehen einer Ehe zum Schein zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen einen Rechtsmißbrauch darstellt, welcher als Gefährdung der Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK zu qualifizieren ist, sodaß diesfalls ein durch Versagung der Aufenthaltsbewilligung allenfalls bewirkter Eingriff in die durch Art. 8 MRK geschützten Rechte des Fremden gerechtfertigt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/0330).

Deshalb geht die Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin ins Leere, weil sie, mit Ausnahme des oben wiedergegebenen, zu keiner anderen materiellen Beurteilung des Sachverhaltes führenden Vorbringens, nicht darlegt, zu welchen anderen Sachverhaltsfeststellungen die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensmängel gelangt wäre.

Ebenso kann es dahingestellt bleiben, ob die Aufenthaltsbehörden in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen eine Bewilligung erteilt hatten, weil die Beschwerdeführerin auch zutreffendenfalls keinen Anspruch auf die Erteilung einer Bewilligung trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes hätte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1994, Zl. 94/02/0220, sowie die bei Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts8, Rz 1357, wiedergegebene Judikatur des Verfassungsgerichtshofes).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Dezember 1998

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