VwGH 97/03/0090

VwGH97/03/009024.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des H in K, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Maria Th. Unterlercher, Rechtsanwalt in Reutte, Schmiedgasse 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 29. Jänner 1997, Zl. 18/131-7/1996, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs1;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §20 Abs1;
StVO 1960 §20 Abs2;
VStG §44a Z1;
AVG §37;
AVG §45 Abs1;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §20 Abs1;
StVO 1960 §20 Abs2;
VStG §44a Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 18. Juni 1996 wurde der Beschwerdeführer - unter anderem - wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 mit einer Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) bestraft, weil er am 18. Jänner 1996 um 15.01 Uhr als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Pkws "in Pflach, B 314, Km 56, 1. und die auf Freilandstraßen gesetzlich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 46 km/h überschritten" habe.

Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben. Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wurde "zu Punkt 1) mit der Maßgabe bestätigt, daß "km 56" auf "km 56,502" berichtigt wird und das Wort "und" zu entfallen hat".

Über die gegen diesen Bescheid (lediglich in Ansehung des Spruchpunktes 1) erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer macht Verfolgungsverjährung geltend, weil hinsichtlich des Tatortes "km 56,502" innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden sei. Er ist zwar im Recht, wenn er vorbringt, daß die innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgenommene bloße Akteneinsicht durch seinen Vertreter (Einsicht in die Anzeige, in der der Tatort in der im angefochtenen Bescheid umschriebenen Form aufscheint) entgegen der Ansicht der belangten Behörde keine taugliche Verfolgungshandlung darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. September 1990, Zl. 85/18/0186); dies vermag der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen. In der Strafverfügung vom 31. Jänner 1996 wurde der Tatort mit "in Pflach auf der B 314, Km 56" umschrieben. Bei einer Übertretung, welche nur im Fahren begangen werden kann, kommt als Tatort nicht ein bestimmter Punkt, sondern nur eine bestimmte (Fahr-)Strecke in Betracht. Die Angabe "Km 56" in der Tatortumschreibung der genannten Strafverfügung ist daher nicht auf einen Punkt, sondern auf eine in diesem Straßenkilometerbereich gelegene Strecke zu beziehen. Eine derartige Tatortumschreibung entspricht dem Gebot des § 44a Z. 1 VStG und damit auch den an eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG zu stellenden Anforderungen, weil der Beschwerdeführer dadurch weder in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt noch der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1992, Zl. 91/03/0152). Auch die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene "Präzisierung" der Tatortumschreibung ("Km 56.502") betrifft keinen Punkt, sondern eine Strecke. Da diese Strecke jedenfalls auch im Bereich des Straßenkilometers 56 liegt, ging die "Präzisierung" der Tatortumschreibung nicht über die durch die als rechtzeitige Verfolgungshandlung anzusehende Strafverfügung vom 31. Jänner 1996 gezogenen Grenzen hinaus. Es stand ihr daher kein rechtliches Hindernis entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. März 1996, Zl. 96/03/0040).

Mit dem weiteren Vorbringen in der Beschwerde bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Diese ging davon aus, daß die Geschwindigkeit des vom Beschwerdeführer gelenkten Fahrzeuges von einem Gendarmeriebeamten auf eine Entfernung von 298 m mittels eines geeichten Laserverkehrsgeschwindigkeitsmeßgerätes gemessen worden sei, wobei sich eine Geschwindigkeit von 151 km ergeben habe. Dabei stützte sie sich auf die in sich widerspruchsfreien Aussagen der als Zeugen vernommenen Meldungsleger im Zusammenhang mit den Angaben im Meßprotokoll.

Demgegenüber weist der Beschwerdeführer darauf hin, daß das Meßprotokoll hinsichtlich der Eintragung des Standortes des Gendarmeriefahrzeuges, von dem aus die Messung erfolgt sei, unrichtig sei. Wenn aber bei der Eintragung des Standortes ein Fehler habe unterlaufen können, so sei auch ein Fehler bei der Eintragung der gemessenen Geschwindigkeit nicht auszuschließen. Die belangte Behörde hätte daher die durch eine Zeugenaussage bestätigte Rechtfertigung des Beschwerdeführers, er habe im Zuge eines Überholmanövers kurzfristig höchstens eine Geschwindigkeit von 120 km/h erreicht, nicht als Schutzbehauptung abtun dürfen. Weiters hätte er bei Einhaltung einer Geschwindigkeit von 146 km/h sein Fahrzeug nicht oder höchstens noch durch Vornahme einer "Vollbremsung" vor dem anhaltenden Gendarmeriebeamten zum Stillstand bringen können.

Dem ist entgegenzuhalten, daß es für die Tatbestandsmäßigkeit einer Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO 1960 nicht auf das Ausmaß der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ankommt. Das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung stellt demnach kein Tatbestandsmerkmal des § 20 Abs. 2 StVO 1960 dar. Das Tatbild einer Übertretung dieser Bestimmung ist vielmehr schon dann erfüllt, wenn die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten - gegebenenfalls auch nur geringfügig - überschritten werden. Die belangte Behörde durfte daher schon auf dem Boden der Rechtfertigung des Beschwerdeführers davon ausgehen, daß er zur Tatzeit am Tatort mit seinem Fahrzeug schneller als 100 km/h gefahren ist, weshalb in der Subsumtion seines Verhaltens unter den Tatbestand des § 20 Abs. 2 StVO 1960 keine Rechtswidrigkeit zu erblicken ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1991, Zl. 90/03/0133).

Im übrigen bestehen gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde keine im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Prüfung wahrzunehmenden Bedenken. Daß die im Meßprotokoll aufscheinende Standortangabe unrichtig ist, wurde von den Meldungslegern selbst aufgeklärt. Diese Unrichtigkeit läßt entgegen der Meinung des Beschwerdeführers keineswegs den Schluß zu, daß auch die im Meßprotokoll eingetragene Geschwindigkeitsangabe unrichtig sei. Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 2. März 1994, Zl. 93/03/0238) ist einem mit der Geschwindigkeitsmessung mittels eines Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessers betrauten Beamten aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten. Da keine konkreten Behauptungen über Fehler des Gerätes oder seiner Handhabung vorgebracht wurden, durfte die belangte Behörde auch von der Richtigkeit des erzielten Meßergebnisses ausgehen. Was das vom Beschwerdeführer vorgebrachte Argument anlangt, er hätte sein Fahrzeug bei Einhaltung einer Geschwindigkeit von 146 km/h mangels eines ausreichenden Anhalteweges nicht rechtzeitig oder nur im Wege einer "Vollbremsung" zum Stillstand bringen können, so hat die belangte Behörde bereits in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer dabei seinen Berechnungen zwei nicht gesicherte Prämissen zugrundelege. Einerseits sei nämlich entgegen der Annahme des Beschwerdeführers nicht erwiesen, daß die Anhaltung tatsächlich exakt auf der Höhe des Funkstreifenfahrzeuges erfolgt sei, andererseits wäre die Anhaltung unter der Annahme einer Reaktionszeit von einer halben Sekunde statt einer ganzen Sekunde "nahezu exakt auf Höhe des Funktstreifenfahrzeuges technisch möglich gewesen". Dem vermag der Beschwerdeführer nichts Stichhältiges entgegenzusetzen. In diesem Zusammenhang sei bemerkt, daß die Reaktionszeit nach Grundtner-Hellar-Schachter, Die österreichische Straßenverkehrsordnung nach der 19. Novelle, 196, bei sehr geübten Fahrern - um einen solchen dürfte es sich beim Beschwerdeführer, der nach seinen Angaben in der Verhandlung vor der belangten Behörde am 24. September 1996 im Jahr etwa 70.000 km fährt, handeln - 0,3 bis 0,7 Sekunden betragen kann.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in der Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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