VwGH 96/05/0263

VwGH96/05/026325.3.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des Harald S und 2. der Renee S, beide in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 29. August 1996, Zl. MD-VfR - B XII - 5/95, betreffend Bauauftrag, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs1;
BauO Wr §129 Abs10;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §5;
VwGG §26 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs1;
BauO Wr §129 Abs10;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §5;
VwGG §26 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. August 1996 wurde den Beschwerdeführern als Eigentümern der Liegenschaften Wien 12, B-Gasse 29-31, EZ 132, KG X, und EZ 231, KG Y, gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien folgender Auftrag erteilt:

"1. Das ohne Baubewilligung entsprechend den beiliegenden zum Bestandteil des Berufungsbescheides erklärten Planskizzen geschaffene Lagergebäude an der linken Grundgrenze hinter dem Wohn- und Bürohaus im Ausmaß von ca. 8 x 10 m und 4 m Höhe und das daran anschließende Flugdach im Ausmaß von 25 m2 und mit einer Höhe von 2,70 bis 3 m sind abtragen zu lassen.

2. Die entsprechend den beiliegenden zum Bestandteil des Berufungsbescheides erklärten Planskizzen hergestellte Aufstockung im hinteren Teil des Gebäudes Nr. 31 anschließend an die Betriebswohneinheiten im Ausmaß von ca. 20 x 20 m ist abtragen und das konsensgemäße Dach über dem Erdgeschoß wieder herstellen zu lassen.

3. Die entsprechend den beiliegenden zum Bestandteil des Berufungsbescheides erklärten Planskizzen im daran anschließenden 1. Stock des früheren Lagers hergestellten Innenwände, durch die Wohn- und Sanitärräume geschaffen wurden, sind abtragen zu lassen."

In der dagegen erhobenen Beschwerde bringen die Beschwerdeführer u.a. vor, dem Berufungsbescheid sei die im Spruch als Bestandteil desselben erklärten Planskizzen nicht beigelegt worden, weshalb die Entscheidung bereits aus diesem Grunde mit Rechtswidrigkeit behaftet sei.

In ihrer Gegenschrift bestätigte die belangte Behörde, daß den Beschwerdeführern zwar der Berufungsbescheid vom 29. August 1996, "jedoch aufgrund eines Versehens die im Spruch des Berufungsbescheides als Bestandteil dieses Bescheides erklärten Planskizzen dem zugestellten Berufungsbescheid nicht angeschlossen waren". Die Zustellung des Berufungsbescheides samt den zum Bestandteil desselben erklärten Planskizzen an die Beschwerdeführer sei am 31. Jänner 1997 veranlaßt worden.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Verhandlung eignen oder denen offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Ist in einem Einparteienverfahren die behördliche Erledigung nicht zugestellt worden - und daher in der Rechtswelt nicht in Erscheinung getreten - dann liegt kein mit Beschwerde anfechtbarer Bescheid vor (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 14. April 1982, Zlen. 82/01/0087, 0088).

Der Verwaltungsgerichtshof hat es wiederholt als zulässig angesehen, im Spruch eines Bescheides auf außerhalb des Bescheides gelegene Schriftstücke oder Pläne Bezug zu nehmen, deren Aussagen und Darstellungen rechtlich in den normativen Bescheidinhalt zu integrieren und solcherart zum Inhalt des rechtserzeugenden oder rechtsfeststellenden Bescheides zu machen, sofern der Bescheidspruch den Integrationsakt unzweifelhaft klargestellt hat und die im Spruch genannten Unterlagen, Beilagen, Pläne, Befundausführungen oder Erklärungen in Verhandlungsschriften ihrerseits das für den jeweiligen Abspruch nötige Bestimmtheitserfordernis erfüllen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 17. September 1996, Zl. 95/05/0228, und vom 12. Dezember 1996, Zlen. 96/07/0086, 0087, u.v.a.). Wenn im Spruch eines Bescheides ausgesprochen wird, daß Schriftstücke oder Pläne einen wesentlichen Teil des Bescheides bilden, so bewirkt das Unterbleiben der Zustellung derselben, daß von einer rechtswirksamen Zustellung des Bescheides nicht ausgegangen werden kann (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 13. September 1983, Zl. 83/05/0052, und vom 30. September 1986, Zl. 86/05/0078).

Dies bedeutet im vorliegenden Fall, daß im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung kein anfechtbarer Bescheid im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG vorlag. Liegt aber kein Bescheid vor, fehlt es an dem die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG begründenden Anfechtungsgegenstand. Entfaltet ein Verwaltungsakt gegenüber dem Beschwerdeführer keine Rechtswirksamkeit, so scheidet die Möglichkeit der Rechtsverletzung und damit die Beschwerdelegitimation in einem Bescheidbeschwerdeverfahren von vornherein aus (vgl. hiezu Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 88). Die in der Beschwerde geltend gemachte Rechtsverletzung gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG muß im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung möglich sein (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 3. Juli 1991, Zl. 91/03/0158, und vom 8. Oktober 1992, Zl. 92/18/0162). Ein nicht als Bescheid erlassener Verwaltungsakt ist einer Anfechtung vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht zugänglich (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Juli 1994, Zl. 93/07/0019). Daran ändert auch § 26 Abs. 2 VwGG nichts. Nach dieser Bestimmung kann Verwaltungsgerichtshofbeschwerde auch erhoben werden, bevor der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt oder verkündet worden ist. Voraussetzung für die Erhebung einer Beschwerde nach dieser Gesetzesstelle ist allerdings, daß der angefochtene Bescheid überhaupt erlassen, also einer Partei zugestellt oder verkündet worden ist (vgl. hiezu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 187, referierte hg. Rechtsprechung). Da der als angefochten bezeichnete Bescheid zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung nicht erlassen war, erweist sich die gegenständliche Beschwerde als unzulässig; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zur Beschwerdeführung zurückzuweisen (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 8. November 1995, Zlen. 95/12/0175, 0192). Die Unzulässigkeit der Beschwerde infolge Fehlens des Anfechtungsgegenstandes wird auch durch die spätere Zustellung des als angefochten bezeichneten Bescheides nicht beseitigt (vgl. hiezu für das Verwaltungsverfahren die hg. Erkenntnisse vom 4. Juni 1987, Zlen. 86/02/0198, 0199, und vom 4. Juli 1989, Zl. 88/05/0225, sowie vom 22. Juni 1988, Zl. 87/03/0263, 0264), da nach § 26 Abs. 2 VwGG eine Beschwerdeerhebung vor Zustellung an oder Verkündung gegenüber dem Beschwerdeführer nur zulässig ist, wenn der Bescheid schon erlassen, also existent ist.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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