VwGH 94/12/0186

VwGH94/12/018619.10.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Unterer, über die Beschwerde der G in X, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. Juli 1994, Zl. VIII/1-L-1071/5, betreffend Wiederaufnahme und Verleihung einer schulfesten Leiterstelle (mitbeteiligte Partei: I in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in X), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §46;
AVG §52 Abs1;
AVG §56;
AVG §69 Abs3;
AVG §8;
B-VG Art14 Abs3 lita;
B-VG Art14 Abs4 lita;
EGVG Art2 Abs2 A;
LDG 1984 §24 Abs1;
LDG 1984 §26 Abs1;
LDG 1984 §26 Abs6;
LDG 1984 §26 Abs7;
LDG 1984 §26 Abs8;
LDG 1984 §8 Abs2;
LDHG NÖ 1976 §3;
Richtlinien schulfeste Leiterstelle LSR NÖ 1993;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §46;
AVG §52 Abs1;
AVG §56;
AVG §69 Abs3;
AVG §8;
B-VG Art14 Abs3 lita;
B-VG Art14 Abs4 lita;
EGVG Art2 Abs2 A;
LDG 1984 §24 Abs1;
LDG 1984 §26 Abs1;
LDG 1984 §26 Abs6;
LDG 1984 §26 Abs7;
LDG 1984 §26 Abs8;
LDG 1984 §8 Abs2;
LDHG NÖ 1976 §3;
Richtlinien schulfeste Leiterstelle LSR NÖ 1993;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Volksschullehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich. Ihre Dienststelle ist die D-Volksschule I.

Aufgrund der Ausschreibung der Leiterstelle dieser Schule (Verordnungsblatt des Landesschulrates für Niederösterreich - im folgenden LSR - vom 21. März 1993) bewarben sich unter anderem die Beschwerdeführerin und die mitbeteiligte Partei, die zu diesem Zeitpunkt mit der Leitung der Schule (nach § 27 LDG 1984) betraut war, um diese Funktion.

In seiner (an den Bezirksschulrat - im folgenden BSR - zu Handen des Bezirksschulinspektors gerichteten) Stellungnahme vom 28. April 1993 sprach sich das Schulforum der D-Volksschule I einstimmig dafür aus, die mP als definitiven Schulleiter vorzuschlagen. In der Zeit ihrer provisorischen Leitertätigkeit habe die mP die an sie gestellten Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit (des Schulforums) erfüllt. Besonders hervorzuheben seien ihr persönliches Engagement über den normalen Aufgabenbereich eines Leiters hinaus, ihre Führungsqualifikation, ihre Kooperationsbereitschaft und ihre Entscheidungsstärke.

Nach der Aktenlage wurde diese Stellungnahme nicht mit den Vorschlägen des BSR und LSR an die NÖ Landeslehrerkommission für allgemeinbildende Pflichtschulen (Behörde erster Instanz - im folgenden LLK -), sondern erst mit Schreiben des BSR vom 9. Juli 1993 dieser Behörde vorgelegt.

Mit Dekret vom 1. Juli 1993, Zl. VIII/1-LK-23/52, ernannte die LLK die Beschwerdeführerin mit Wirkung vom 1. Juli 1993 zum Leiter der Verwendungsgruppe L2a2 und verlieh ihr gleichzeitig die schulfeste Leiterstelle an der D-Volksschule I.

Mit einem weiteren, an die mitbeteiligte Partei gerichteten Bescheid vom 1. Juli 1993, Zl. VIII/1-LK-23/53, sprach die LLK aus, die schulfeste Leiterstelle an der D-Volksschule I sei an die Beschwerdeführerin verliehen (Spruchabschnitt I) und die Bewerbung der mitbeteiligten Partei abgewiesen (Spruchabschnitt II) worden. Die Behörde erster Instanz begründete ihre Entscheidung unter Hinweis auf § 26 LDG 1984 und die Richtlinie des Kollegiums des LSR über das Verfahren bei der Bewerbung um eine schulfeste Leiterstelle (verlautbart im Verordnungsblatt des LSR vom 22. März 1993, Stück III, Erlaß Nr. 15 - im folgenden Erlaß Nr. 15/1993) im wesentlichen damit, die Beschwerdeführerin habe ein Konzept zur Errichtung von aufbauenden Volks- und Hauptschulklassen mit musikalischem Schwerpunkt für die Region entwickelt. Aus den vorgelegten Unterlagen und dem durchgeführten Anhörungsverfahren ergebe sich, daß beide Bewerberinnen das Anforderungsprofil erfüllten, wobei das Geschick im Umgang mit Menschen bei der mP etwas stärker ausgeprägt erscheine. Bei Abwägung aller in Betracht kommenden Faktoren sei letztlich der um ca. 5,5 Jahre weiter zurückliegende Vorrückungsstichtag der Beschwerdeführerin entscheidend gewesen.

Auf Grund der Berufung der mP, in der sie u.a. auf die Nichtweiterleitung der für sie positiven Äußerung des Schulforums im Verleihungsverfahren hinwies, hob die belangte Behörde mit Bescheid vom 19. Oktober 1993 den (zweitgenannten) Bescheid der LLK vom 1. Juli 1993 auf und verwies die Verleihung der schulfesten Leiterstelle an der D-Volksschule I zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz.

Diesen Bescheid der belangten Behörde hob der Verwaltungsgerichtshof auf Grund der Beschwerde der Beschwerdeführerin mit Erkenntnis vom 13. April 1994, Zl. 93/12/0321, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Er begründete dies im wesentlichen damit, Mitbewerbern komme im Ernennungsverfahren um eine Leiterplanstelle, die kraft Gesetzes mit der Verleihung einer schulfesten Stelle nach dem LDG 1984 verbunden sei, nach seiner ständigen Rechtsprechung keine Parteistellung und daher auch keine Rechtsmittellegitimation zu. Es sei daher rechtswidrig gewesen, daß die belangte Behörde auf Grund einer unzulässigen Berufung der mP den Bescheid der LLK vom 1. Juli 1993 aufgehoben habe. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ausführliche Begründung dieses Erkenntnisses verwiesen.

Noch während der Anhängigkeit dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hatte die LLK mit Bescheid (Dekret) vom 19. November 1993, Zl. VIII/1-LK-23/60, die mitbeteiligte Partei mit Wirkung vom 1. Dezember 1993 zur Leiterin ernannt und ihr gleichzeitig die schulfeste Leiterstelle der D-Volksschule I verliehen. Mit einem weiteren an die Beschwerdeführerin gerichteten Bescheid vom 19. November 1993, Zl. VIII/1-LK-23/61, sprach die Behörde erster Instanz aus, die schulfeste Leiterstelle an der obgenannten Schule sei an die mP verliehen (Spruchabschnitt I) und die Bewerbung der Beschwerdeführerin abgewiesen (Spruchabschnitt II) worden. Gegen diesen Bescheid hatte die Beschwerdeführerin Berufung erhoben, die zum Zeitpunkt der Fällung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. April 1994 noch anhängig war.

Da dem Verwaltungsgerichtshof diese weitere Entwicklung bekanntgegeben worden war, wies er in seinem obzitierten Erkenntnis zur Klarstellung darauf hin, die Folge der rückwirkenden Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde vom 19. Oktober 1993 äußere sich dahin, daß die Beschwerdeführerin zur Verteidigung ihrer aus dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid (Dekret) der LLK vom 1. Juli 1993 erwachsenen Rechte in allen Verfahren als Partei auftreten könne, die nach Erlassung dieses Dekretes in ihre Rechte eingriffen. Die Beschwerdeführerin sei daher auf Grund der besonderen Fallkonstellation im (zu diesem Zeitpunkt anhängigen) Berufungsverfahren betreffend Verleihung der schulfesten Leiterstelle an der D-Volksschule I an die mitbeteiligte Partei partei- und berufungslegitimiert, da ein- und dieselbe schulfeste Stelle nicht gleichzeitig an zwei Personen verliehen werden könne, der Beschwerdeführerin diese schulfeste Stelle bereits früher rechtskräftig verliehen worden sei und die Beseitigung oder Abänderung dieses Rechtes nur in der vom Gesetz vorgesehenen Weise stattfinden könne (Hinweis auf die §§ 68 und 69 AVG in Verbindung mit §§ 13 und 14 DVG; §§ 25 und 84 LDG 1984).

In der Folge wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 17. Mai 1994 die Berufung der mP gegen den Bescheid der LLK vom 1. Juli 1993, Zl. VIII/1-LK-23/53 (Verleihung der schulfesten Leiterstelle an die Beschwerdeführerin) unter Hinweis auf die Bindungswirkung an das hg. Erkenntnis vom 13. April 1994 zurück. Gegen diesen Bescheid erhob die mP die unter B 1231/94 protokollierte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Gleichfalls mit Bescheid vom 17. Mai 1994 hob die belangte Behörde auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin den Bescheid der LLK vom 19. November 1993, Zl. VIII/1-LK 23/61, (Verleihung der schulfesten Leiterstelle an die mP) auf und sprach aus, daß damit gleichzeitig das Dekret der LLK vom 19. November 1993, Zl. VIII/1-LK-23/60, beseitigt werde.

Mit Dekret (Bescheid) vom 31. Mai 1994 ernannte die LLK mit Wirkung vom 1. Juni 1994 neuerlich die mP zum Leiter in der Verwendungsgruppe L 2a2 und verlieh ihr gleichzeitig die schulfeste Leiterstelle an der D-Volksschule.

Mit (weiterem) an die Beschwerdeführerin gerichteten Bescheid vom 31. Mai 1994 sprach die LLK aus, daß das Verfahren hinsichtlich der Verleihung der schulfesten Leiterstelle an der D-Volksschule I wieder aufgenommen werde (Spruchabschnitt I) die obgenannte schulfeste Stelle an die mP verliehen (Spruchabschnitt II) und die Bewerbung der Beschwerdeführerin abgewiesen werde (Spruchabschnitt III). Begründend führte sie zur Wiederaufnahme betreffend das mit Bescheid vom 1. Juli 1993 abgeschlossene Verfahren im wesentlichen aus, die Stellungnahme des Schulforums sei ein Beweismittel, das ohne Verschulden einer Partei oder der Behörde zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung auf Grund eines Versehens des BSR nicht vorgelegen sei und das derartig gewichtig sei, daß eine andere Entscheidung zu erwarten sei. In der Folge begründete die Behörde erster Instanz näher die von ihr getroffene Personalentscheidung (Spruchabschnitt II und III).

In ihrer dagegen erhobenen Berufung bestritt die Beschwerdeführerin (mit eingehender Begründung), daß der Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG gegeben sei:

Weder komme der Stellungnahme des Schulforums der Charakter eines Beweismittels zu, ergebe sich doch aus ihrem Inhalt nicht, weshalb ihre Mitbewerberin besser als sie zu beurteilen sei und käme ihr als bloße Meinungsäußerung nicht diese Eigenschaft zu, noch läge kein behördliches Verschulden vor. Zur neuerlichen Betrauung der mP mit der Leiterstelle verwies die Beschwerdeführerin auf ihre Ausführungen in der Berufung gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz vom 19. November 1993.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4. Juli 1994 wies die belangte Behörde diese Berufung ab, faßte jedoch die Spruchabschnitte I und III wie folgt neu:

"I. Das mit Dekret der NÖ Landeslehrerkommission für allgemeinbildende Pflichtschulen vom 1. Juli 1993, VIII/1-LK-23/52, abgeschlossene Verfahren, mit dem Frau VOL G zum Leiter in der Verwendungsgruppe L2A2 ernannt und ihr gleichzeitig die schulfeste Leiterstelle an der Volksschule D-I verliehen wurde, wird wiederaufgenommen.

III. Der Bewerbung von Frau VOL G um die Leiterstelle wird keine Folge gegeben."

Sie begründete die Wiederaufnahme des Verfahrens (Spruchabschnitt I) im wesentlichen damit, auf Grund der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 13. April 1994, Zl. 93/12/0321, sei der Bescheid der LLK vom 1. Juli 1993 (Verleihung der schulfesten Leiterstelle an die Beschwerdeführerin) mit seiner Zustellung formell rechtskräftig, womit eine Voraussetzung für die Wiederaufnahme nach § 69 Abs. 1 AVG gegeben sei.

Im Verordnungsblatt des LSR für NÖ, Stück III vom 22. März 1993, seien im Erlaß Nr. 15 die vom Kollegium des LSR für NÖ in der Sitzung vom 17. Februar 1993 beschlossenen Richtlinien des Landesschulrates für NÖ über das Verfahren bei der Bewerbung um eine schulfeste Leiterstelle an allgemeinbildenden und berufsbildenden Pflichtschulen in NÖ kundgemacht worden. Darin werde als Verfahrensschritt bei der Besetzung von Leiterstellen die Äußerung des Schulforums besonders hervorgehoben. Innerhalb von 14 Tagen nach Ablauf der Ausschreibungsfrist bestehe für das Schulforum die Möglichkeit, seine Meinung zu äußern. Dieser Beschluß stelle eine Selbstbindung des Kollegiums des LSR für NÖ beim Verfahren zur Erstattung des Vorschlages zur Besetzung schulfester Leiterstellen an den genannten Schulen in Niederösterreich dar. Dem Schulforum erwachse dadurch keine Parteistellung im Sinne des § 8 AVG. Jedoch bringe das Kollegium des LSR zum Ausdruck, daß die Meinung des Schulforums im Verfahren Berücksichtigung finden solle. Auf Grund der Aktenlage ergebe sich, daß das Schulforum seine Äußerung vom 28. April 1993 an den BSR übermittelt habe, diese Äußerung jedoch auf Grund eines Versehens dort verblieben sei und somit nicht in der Sitzung der LLK vom 1. Juli 1993 vorgelegen sei. Da es sich um eine Äußerungsmöglichkeit und keine Äußerungspflicht des Schulforums handle, habe die LLK davon ausgehen müssen, daß eine Äußerung des Schulforums zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vorgelegen sei. Eine diesbezügliche amtswegige Ermittlungspflicht seitens der entscheidenden Behörde habe nicht bestanden, sodaß diesbezüglich nicht einmal leichte Fahrlässigkeit der Behörde vorliegen könne. Dies deshalb, weil die LLK davon habe ausgehen können, daß der BSR eine allfällige Stellungnahme weisungsgemäß weiterleiten würde. Da BSR (Bundesbehörde) und LLK (Landesbehörde) organisatorisch und funktional verschiedene Behörden darstellten und dem BSR keine behördliche Entscheidungsgewalt im vorliegenden Verfahren zukomme, könne die LLK kein Verschulden für die verspätete Vorlage des Beweismittels durch den BSR treffen, sodaß ihr eine fehlerhafte Sachverhaltsermittlung nicht zur Last falle. Die Äußerung des Schulforums sei ein Beweismittel für die Bewertung der Bewerber um die schulfeste Leiterstelle durch das Schulpartnerschaftsgremium. Deren grundsätzliche Bedeutung im Verfahren zur Leiterbestellung sei auch auf Grund der oben genannten Richtlinien gegeben. Gemeinsam mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens bedeutet die Äußerung des Schulforums aber ein Beweismittel, das den Kreis der für die mP sprechenden Argumente vermehrt habe, sodaß die Äußerung des Schulforums zum Zeitpunkt der Entscheidung am 1. Juli 1993 zu einer anderen Entscheidung geführt hätte.

Im übrigen wurde auch die Personalentscheidung unter Spruchabschnitt II und III näher begründet, warum trotz des um 5,5 Jahre früheren Vorrückungsstichtages der Beschwerdeführerin der Ernennung der mP der Vorzug zu geben gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und so wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet, in der jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 B-VG in der Fassung BGBl. Nr. 444/1974, ist Bundessache die Gesetzgebung, Landessache die Vollziehung in den Angelegenheiten des Dienstrechtes und des Personalvertretungsrechtes der Lehrer für öffentliche Pflichtschulen, soweit im Abs. 4 lit. a nicht anderes bestimmt ist.

Nach Art. 14 Abs. 4 lit. a B-VG ist Landessache die Gesetzgebung und die Vollziehung in folgenden Angelegenheiten:

a) Behördenzuständigkeit zur Ausübung der Diensthoheit über die Lehrer für öffentliche Pflichtschulen aufgrund der gemäß Abs. 2 ergehenden Gesetze; in den Landesgesetzen ist hiebei zu bestimmen, daß die Schulbehörden des Bundes in den Ländern und politischen Bezirken bei Ernennungen, sonstigen Besetzungen von Dienstposten, bei Auszeichnungen sowie im Qualifikations- und Disziplinarverfahren mitzuwirken haben. Die Mitwirkung hat bei Ernennungen, sonstigen Besetzungen von Dienstposten und bei Auszeichnungen jedenfalls ein Vorschlagsrecht der Schulbehörde erster Instanz des Bundes zu umfassen.

Die DIENSTRECHTLICHEN Regelungen im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Satz 1 B-VG sind im Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (LDG 1984), BGBl. Nr. 302, getroffen.

Nach § 8 Abs. 2 LDG 1984 ist, soweit die Ernennung auf eine andere Planstelle mit der Verleihung einer schulfesten Stelle (§ 24) verbunden wird, auf § 26 Bedacht zu nehmen.

Gemäß § 24 Abs. 1 LDG 1984 sind schulfeste Stellen die Leiterstellen der Volksschulen, der Hauptschulen und der als selbständige Schulen geführten Sonderschulen und Polytechnischen Lehrgänge sowie der Berufsschulen.

§ 26 LDG 1984 lautet:

"(1) Schulfeste Stellen dürfen nur Landeslehrern im definitiven Dienstverhältnis verliehen werden, die die Ernennungserfordernisse für die betreffende Stelle erfüllen.

(2) Schulfeste Stellen sind - ausgenommen im Falle des Diensttausches (§ 20) von Inhabern solcher Stellen - im Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren zu besetzen.

(3) Die freigewordenen schulfesten Stellen sind ehestens, längstens jedoch innerhalb von sechs Monaten nach Freiwerden, in den zur Veröffentlichung amtlicher Mitteilungen der ausschreibenden Behörde bestimmten Verlautbarungsblättern auszuschreiben. Unter freigewordenen Stellen sind auch solche zu verstehen, deren Inhaber die aus der Innehabung einer schulfesten Stelle fließenden Rechte auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses verloren haben.

(4) Schulfeste Stellen, die durch Übertritt ihres Inhabers in den Ruhestand (§ 11) oder wegen Versetzung in den Ruhestand (§§ 12 und 13) frei werden, sind so zeitgerecht auszuschreiben, daß sie nach Möglichkeit im Zeitpunkt des Freiwerdens besetzt werden können.

(5) Die Bewerbungsgesuche sind innerhalb eines Monates nach dem in der Ausschreibung festzusetzenden Stichtag im Dienstweg einzureichen. Die Zeit der Hauptferien ist in diese Frist nicht einzurechnen. Nicht rechtzeitig eingereichte Bewerbungsgesuche gelten als nicht eingebracht.

(6) Für jede einzelne ausgeschriebene Stelle sind von den landesgesetzlich hiezu berufenen Organen aus den Bewerbungsgesuchen Besetzungsvorschläge zu erstatten, in die nur jene Bewerber gültig aufgenommen werden können, die nach Abs. 1 für die Verleihung der Stelle in Betracht kommen.

(7) In jeden Besetzungsvorschlag sind bei mehr als drei nach Abs. 1 in Betracht kommenden Bewerbern drei, bei drei oder weniger solchen Bewerbern alle diese Bewerber aufzunehmen und zu reihen. Bei der Auswahl und Reihung ist zunächst auf die Leistungsfeststellung, ferner auf den Vorrückungsstichtag, überdies auf die in dieser Schulart zurückgelegte Verwendungszeit, sodann auf die Rücksichtswürdigkeit der Bewerber im Hinblick auf ihre sozialen Verhältnisse Bedacht zu nehmen; Landeslehrer, die ihre schulfeste Stelle durch Auflassung der Planstelle verloren haben beziehungsweise nach Aufhebung der schulfesten Stelle versetzt worden sind (§ 25), sind bevorzugt zu reihen. Bei weniger als drei geeigneten Bewerbern kann die neuerliche Ausschreibung der Stelle vorgeschlagen werden.

(8) Die Stelle kann von der zur Verleihung zuständigen Behörde nur einem in den Besetzungsvorschlag, sofern jedoch mehrere Besetzungsvorschläge landesgesetzlich vorgesehen sind, in alle Besetzungsvorschläge aufgenommenen Bewerber, der die im Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt, verliehen werden.

(9) Die Verleihung hat erforderlichenfalls unter gleichzeitger Ernennung oder unter gleichzeitger Zuweisung an die betreffende Schule oder unter gleichzeitiger Ernennung und Zuweisung zu erfolgen.

(10) Unterbleibt die Verleihung der ausgeschriebenen Stelle, so ist diese bis zur ordnungsgemäßen Besetzung im Bewerbungsverfahren weiterhin auszuschreiben.

(11) Das Besetzungsverfahren ist unverzüglich durchzuführen."

Die ZUSTÄNDIGKEITSBESTIMMUNGEN im Sinne des Art. 14 Abs. 4 lit. a B-VG sind im NÖ Landeslehrer-Diensthoheitsgesetz 1976 (Nö LDHG), LGBl. 2600-2, geregelt.

§ 3 Abs. 1 Nö LDHG lautet:

"(1) Der Landeslehrerkommission (§§ 8 bis 12) obliegt

  1. a) die Ernennung im Dienstverhältnis (§ 8 LDG 1984) und
  2. b) die Verleihung von schulfesten Stellen (§ 26 LDG 1984), erforderlichenfalls unter gleichzeitiger Ernennung oder unter gleichzeitiger Zuweisung an die betreffende Schule oder unter gleichzeitiger Ernennung und Zuweisung."

Vor Maßnahmen nach Abs. 1 für Landeslehrer für allgemeinbildende Pflichtschulen ist ein Vorschlag des Bezirksschulrates (Kollegium) und des Landesschulrates (Kollegium) einzuholen (Abs. 2).

Nach Absatz 3 dieser Bestimmung kann die Landeslehrerkommission die Ernennung im Dienstverhältnis oder die Verleihung einer schulfesten Stelle nur an einen Bewerber vornehmen, der sowohl im Vorschlag des Bezirksschulrates als auch im Vorschlag des Landesschulrates enthalten ist.

Nach § 7 Abs. 1 Nö LDHG geht bei Ausübung der Diensthoheit über die Landeslehrer der Instanzenzug unter anderem von der LLK an die Landesregierung.

Der im Verordnungsblatt des Landesschulrates für Niederösterreich im Stück III (ausgegeben am 22. März 1993) unter Nr. 15 auf Seite 33 ff kundgemachte Erlaß (im folgenden kurz Erlaß Nr. 15/1993) enthält unter Punkt II. die vom Kollegium des LSR für NÖ in seiner Sitzung vom 17. Februar 1993 beschlossenen "Richtlinien über das Verfahren bei der Bewerbung um eine schulfeste Leiterstelle an allgemeinbildenden und berufsbildenden Pflichtschulen in NÖ".

Nach den "Vorbemerkungen" (Satz 1) stellen diese Richtlinien "eine Entscheidungshilfe und eine Selbstbindung des Kollegiums des Landesschulrates für NÖ beim Verfahren zur

Besetzung schulfester Leiterstellen ... dar." Unter anderem

werden die Vorsitzenden der Bezirksschulräte ersucht, diese Entscheidungshilfen den Kollegien der Bezirksschulräte zur Kenntnis zu bringen und bei der Vorbereitung der Kollegiumsbeschlüsse zu beachten.

Punkt 4. Verfahrensschritte (Allgemeinbildende Pflichtschulen) lautet (im Original Fettgedrucktes ist durch Unterstreichung hervorgehoben):

  1. "a) Ausschreibung der zu besetzenden Direktorenstelle durch den Landesschulrat für NÖ im Verordnungsblatt des Landesschulrates NÖ

  1. b) Bewerbung mit Bewerbungsformular innerhalb eines Monats (zweifach, 1 Exemplar kommt zum Bezirksschulrat, 1 Exemplar kommt zum Landesschulrat für NÖ)

  1. c) Äußerung des Schulforums (Volksschule, Hauptschule, Sonderschule) oder des Schulgemeinschaftsausschusses (Schule des Polytechnischen Lehrganges) innerhalb von 2 Wochen nach dem Ende der Ausschreibungsfrist an den Bezirksschulrat, der diese Äußerung dem Kollegium des Bezirksschulrates und dem Kollegium des Landesschulrates für NÖ zumittelt.

  1. d) Reihungsvorschlag (Dreiervorschlag) gemäß § 26 LDG 1984 durch das Kollegium des Bezirksschulrats an die NÖ Landeslehrerkommission für allgemeinbildende Pflichtschulen (mit Begründung)
  2. e) Reihungsvorschlag (Dreiervorschlag) gemäß § 26 LDG 1984 durch das Kollegium des Landesschulrates für NÖ an die NÖ Landeslehrerkommission für allgemeinbildende Pflichtschulen (mit Begründung)
  3. f) Entscheidungsfindung durch die NÖ Landeslehrerkommission für allgemeinbildende Pflichtschulen (allfällige Anhörung und allfällige Gutachten z.B. durch Personalberater)
  4. g) Verleihungsbeschluß durch die NÖ Landeslehrerkommission für allgemeinbildende Pflichtschulen
  5. h) Bescheid der NÖ Landeslehrerkommission für allgemeinbildende Pflichtschulen mit Entscheidungsbegründung"

Auf Grund des § 1 Abs. 1 DVG findet das AVG mit den Abweichungen des DVG im Beschwerdefall Anwendung.

Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Nach Abs. 3 leg. cit. kann unter den Voraussetzungen des Abs. 1 die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z. 1 stattfinden.

§ 14 DVG enthält zu den §§ 69 und 70 AVG folgende Abweichungen:

Durch die Verfügung der Wiederaufnahme des Dienstrechtsverfahrens wird der frühere Bescheid nicht aufgehoben (§ 14 Abs. 1 DVG).

Erst mit Beendigung des wieder aufgenommenen Verfahrens tritt der neue Bescheid an die Stelle des früheren Bescheides (§ 14 Abs. 2 leg. cit.).

Nach Abs. 4 des § 14 DVG betragen die in § 69 Abs. 2 und 3 AVG mit drei Jahren festgesetzten Fristen im Dienstrechtsverfahren zehn Jahre.

Die Beschwerdeführerin, die den Bescheid seinem ganzen Inhalt nach anficht, erachtet sich in ihrem Recht, daß nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 69 AVG die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligt werde, indem ihr rechtskräftig eine schulfeste Leiterstelle nach § 26 LDG 1984 übertragen worden sei, sowie in ihrem Recht auf diese schulfeste Leiterstelle durch unrichtige Anwendung der genannten Normen sowie der Verfahrensbestimmungen über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG; §§ 37, 39 und 60 AVG) verletzt.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, die Anwendungsvoraussetzungen des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG seien im Beschwerdefall nicht gegeben. In den im strittigen Verwaltungsverfahren ergangenen Bescheiden sei nicht einmal die Behauptung aufgestellt worden, es wäre durch die Stellungnahme des Schulforums irgendeine neue, die tatsächliche Eignung betreffende Erkenntnis gewonnen worden. Allein der Umstand, daß sich das Schulforum gegen die Beschwerdeführerin und für die mP ausgesprochen habe, sei als neues Beweismittel bezeichnet worden. Diese Stellungnahme sei jedoch kein Beweismittel: Durch sie würde keinerlei Tatsache bewiesen, sondern lediglich eine Meinungsäußerung abgegeben. Eine derartige Meinungsäußerung sei aber - sofern ihr nicht von Gesetzes wegen eine Bedeutung beigemessen werde, was hier nicht der Fall sei - nach "jeder rechtsstaatlichen Betrachtungsweise" völlig unerheblich. Bei dem Erlaß Nr. 15/1993 des LSR handle es sich mangels eines entsprechenden normativen Willens ("Selbstbindung") um keine (Rechts)Verordnung. Er habe daher kein für das Außenverhältnis verbindliches generelles Recht geschaffen. Aus ihm könne auch niemand ein Recht auf Einhaltung der Selbstbindungsvorschrift ableiten. Sollte aber dennoch eine (Rechts)Verordnung vorliegen, werde angeregt, einen Anfechtungsantrag nach Art. 139 B-VG beim Verfassungsgerichtshof zu stellen, weil der Erlaß evident gesetzwidrig sei (wird näher ausgeführt). Aber selbst in diesem Fall müsse die Nichteinhaltung der (dann zwingenden) Einschaltung des Schulforums nicht zum Ergebnis des angefochtenen Bescheides führen, sei doch die belangte Behörde nur ganz abstrakt von der Verfahrenserheblichkeit dieses Mangels ausgegangen, ohne den konkreten Aussagegehalt der Äußerung des Schulforums (in bezug auf die zu treffende Personalentscheidung) zu prüfen. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde treffe die LLK ein Verschulden, das die amtswegige Wiederaufnahme im Sinne der ständigen Rechtsprechung ausschließe. Selbst wenn dem Erlaß Nr. 15/1993 irgendeine relevante Rechtsqualität zukomme, sei das Unterlassen des BSR der Verleihungsbehörde zuzurechnen. Das Argument der belangten Behörde, es lägen unterschiedliche Behörden (Bundes- und Landesbehörden) vor, greife im Beschwerdefall nicht, weil es sich um EIN Verfahren handle, für das das "Ineinandergreifen von Bundes- und Landesbehörden" verfassungsrechtlich vorgesehen sei. Die Argumentation der belangten Behörde würde die Rechtskraft eines Bescheides weitgehend illusorisch machen:

Jedes (echte) Beweismittel, das beim BSR liegen bleibe, berechtige dann nämlich zur amtswegigen Verfügung der Wiederaufnahme.

Das Vorbringen ist berechtigt.

Die Beschwerdeführerin behauptet in ihrer Beschwerde, daß die Anwendungsvoraussetzungen der von Amts wegen verfügten Wiederaufnahme nach § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG deshalb nicht gegeben seien, weil

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