VwGH 94/08/0269

VwGH94/08/026917.10.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der W-Aktiengesellschaft, vertreten durch den Rechtsanwalt H, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 13. Oktober 1994, Zl. 14-SV-3028/3/94, betreffend Beitragsnachentrichtung (mitbeteiligte Partei: Kärntner Gebietskrankenkasse, Klagenfurt), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs2;
ASVG §49 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs1 impl;
AVG §45 Abs1;
AVG §45 Abs3;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §49 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs1 impl;
AVG §45 Abs1;
AVG §45 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Begehren auf Ersatz von Stempelgebühren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 11. August 1993 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, daß die Beschwerdeführerin verpflichtet sei, für die in näher angeführten Nachtragsvorschreibungen angeführten Dienstnehmer S 391.951,34 an Sozialversicherungsbeiträgen, Fondsbeiträgen und Umlagen sowie S 58.900,86 an Nachtragszinsen zu bezahlen.

Nach der Bescheidbegründung setze sich der vorgeschriebene Betrag einerseits aus Beiträgen und Umlagen, die für Provisionszahlungen, die von der Beschwerdeführerin an Dienstnehmer geleistet worden seien, zu entrichten seien, und andererseits aus Beiträgen und Umlagen zusammen, die für Ansprüche von Dienstnehmern auf Sonderzahlungen zu entrichten seien.

Die Provisionszahlungen unterlägen nach Auffassung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse aus folgenden Gründen der Beitragspflicht: Die Beschwerdeführerin habe mit den in der Nachtragsvorschreibung vom 17. Juni 1993 angeführten Angestellten des Innendienstes Vereinbarungen über den Anspruch auf Provisionszahlungen aus von ihnen vermittelten, dem Leistungsangebot der Beschwerdeführerin entstammenden Versicherungsverträgen ("Provisionsbrief") abgeschlossen. Die Beschwerdeführerin vertrete zwar die Auffassung, daß es sich hierbei nicht um ein einheitliches Dienstverhältnis, sondern um zwei getrennte Tätigkeiten handle. Die Tätigkeit des Innendienstangestellten (administrative Tätigkeiten im Prämien- und Leistungsbereich der Beschwerdeführerin) sei eine unselbständige Erwerbstätigkeit, jene des Vermittlers von Versicherungsverträgen aus dem Leistungsangebot der Beschwerdeführerin hingegen eine versicherungs- und beitragsfreie Erwerbstätigkeit. Nach Auffassung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse handle es sich jedoch - unter Bedachtnahme auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0004, vom 20. Oktober 1992, Zlen. 91/08/0198, 0199, und vom 15. Dezember 1992, Zl. 91/08/0077 - wegen des engen Zusammenhanges der beiden Tätigkeiten um ein einheitliches Dienstverhältnis: Nach Punkt 2 des Provisionsbriefes behalte sich die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Versicherungstätigkeit vertraglich das Inkasso der Prämien für abgeschlossene Versicherungsverträge und das Eigentum an den dem Innendienstangestellten zur Verfügung gestellten Geschäftsunterlagen und deren zweckmäßige Verwendung vor. Nach Punkt 4 und 5 des Provisionsbriefes werde dem Vermittler ausdrücklich die Provisionsweitergabe an Versicherungsnehmer untersagt und die Möglichkeit der Selbstbestimmung im Wettbewerb genommen. Im Punkt 6 des Provisionsbriefes werde über den Provisionsanspruch im Fall des Todes des Vermittlers verfügt. Der Vertragspartner habe nach der Einleitung zum Provisionsbrief ausschließlich Versicherungen "der von uns betriebenen Sparten" zu vermitteln. Die Einheitlichkeit beider Tätigkeiten und der daraus entstehenden Bezüge lasse sich schon daran erkennen, daß einerseits eine Identität jener Rechtsperson vorliege, in deren ausschließlichem Interesse beide Tätigkeiten lägen, und andererseits eine Identität jener Person (Innendienstangestellte), die die Leistungen erbringen sollten. Beide Tätigkeiten griffen auch sachlich ineinander. Der Innendienstangestellte verwerte das bei dieser Tätigkeit gewonnene Wissen bei der Vermittlung von Versicherungsverträgen und sei ohne besondere Einschulungsmaßnahmen dazu in der Lage, die aus der Vermittlung anfallenden, administrativen Tätigkeiten selbst zu erledigen. Der Innendienstangestellte handle auch bei der Vermittlung von Versicherungsgeschäften nicht weisungsfrei und ohne Einbindung in den Betriebsorganismus, da sich die Beschwerdeführerin ein Kontrollrecht durch Eigentums- und Inkassovorbehalte einräume und den Angestellten verpflichte, Werbematerial zweckmäßig zu verwenden, und die Provisionsweitergabe untersage. Die Beschwerdeführerin betone schließlich, daß die Vermittlungstätigkeit außerhalb der Dienstzeit ausgeübt werde, knüpfe jedoch an das Zuwiderhandeln keinerlei dienstrechtliche Sanktionen. Tatsächlich nehme der Innendienstangestellte für die Vermittlung von Versicherungsverträgen der betriebseigenen Sparten die gesamte Infrastruktur des Betriebes der Beschwerdeführerin, wie Telefon, Schreibgeräte, Formulare und EDV, in Anspruch, sodaß tatsächlich eine zeitliche Trennung beider Tätigkeiten nicht stattfinden könne.

Die aus angeblichen Sonderzahlungsansprüchen von Dienstnehmern resultierende Verpflichtung zur Nachentrichtung von Beiträgen und Umlagen begründete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin mit Einspruch bekämpften Teiles (Beitragsnachverrechnung für angebliche Sonderzahlungsansprüche von fünf Außendienstangestellten, mit denen nach dem 30. Juni 1992 befristete Dienstverhältnisse begründet wurden) damit, daß der auf sie anwendbare § 3 Abs. 7 des Kollektivvertrages für Angestellte der Versicherungsunternehmen, Außendienst, rechtsunwirksam sei und ihnen daher nach § 3 Abs. 5 und 6 des Kollektivvertrages Sonderzahlungen auch für die Zeit ihrer Befristungen zugestanden seien.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Einspruch. Darin wandte sie gegen die Beitragsverpflichtung aufgrund von Provisionszahlungen an Innendienstangestellte ein, daß den von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes andere Sachverhalte zugrundegelegen seien. Insbesondere bestünden folgende gravierende Unterschiede: Die betroffenen Innendienstangestellten hätten neben ihrer Tätigkeit im Innendienst selbständig, völlig weisungsfrei und ausschließlich aufgrund eigener Initiative Versicherungsverträge aller Sparten vermittelt. Bei den Bestimmungen des Provisionsbriefes, aus denen die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse ein Weisungsrecht der Beschwerdeführerin (betreffend das arbeitsbezogene Verhalten) ableite, handle es sich lediglich um eine Absteckung des Rahmens und um sachlich gerechtfertigte Schutzmaßnahmen. Derartige Vereinbarungen könnten mit Sicherheit auch in einem Werkvertrag getroffen werden, ohne daß eine Weisungsgebundenheit im arbeitsrechtlichen Sinn bewirkt würde. In den Ausführungen der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zur Vermittlungstätigkeit außerhalb der Dienstzeit klinge erstens die Unterstellung an, daß die Tätigkeit entgegen den getroffenen Vereinbarungen doch während der Dienstzeit ausgeübt werde; zweitens sei es nicht erforderlich, spezielle Sanktionen für ein solches Zuwiderhandeln anzukünden, weil das Angestelltengesetz im § 27 eine derartige Sanktion enthalte. Zum behaupteten kausalen Zusammenhang zwischen den beiden Tätigkeiten sei zu bemerken, daß zwischen der Innendiensttätigkeit (beispielsweise eines Mitarbeiters der Lohnverrechnung) und der nebenberuflichen Vermittlungstätigkeit allenfalls Berührungspunkte bestünden; keinesfalls gebe es jedoch einen kausalen Zusammenhang. Die aufgrund der Vermittlung durch das Innendienstpersonal zustande gekommenen Verträge würden wie alle übrigen Verträge von nebenberuflichen Vertretern bearbeitet; es gebe keine "Sonderbehandlung". Es lägen zwei voneinander getrennt zu beurteilende Tätigkeiten vor. Jenes Interesse, das die Beschwerdeführerin an der Vermittlung von Versicherungsverträgen aus der nebenberuflichen Tätigkeit habe, sei völlig getrennt vom Leistungsinteresse aufgrund der Beschäftigung der Vermittler als Innendienstmitarbeiter zu betrachten. Dies lasse sich auch dadurch belegen, daß dieselben "Provisionsbriefe" auch mit Personen abgeschlossen würden, die nicht im Innendienst der Versicherung beschäftigt seien. Andererseits gebe es viele Innendienstmitarbeiter, die keine Tätigkeit als nebenberufliche Versicherungsvermittler ausübten. Es gebe also zwischen den beiden Tätigkeiten keinerlei notwendige Verknüpfung. Eine Beendigung der Tätigkeit als nebenberuflicher Versicherungsvermittler sei jederzeit möglich und habe keine Konsequenzen auf das Dienstverhältnis als Mitarbeiter des Innendienstes. Die Entscheidung, ob und in welchem Ausmaß ein Mitarbeiter des Innendienstes als nebenberuflicher Vermittler tätig werde, liege einzig und allein beim Dienstnehmer. Auch aus der völlig üblichen und aus Konkurrenzgründen wohl allgemein verständlichen Auflage, nur für die Beschwerdeführerin Verträge zu vermitteln, sei kein betriebliches Leistungsinteresse im Sinne der zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes abzuleiten. Unter Zugrundelegung des Parteiwillens und der dargelegten objektiven Kriterien für die Trennbarkeit der beiden Tätigkeiten ergebe sich somit kein kausaler Zusammenhang zwischen den beiden Tätigkeiten. Hätte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die Grundsätze des Erkenntnisses vom 15. Dezember 1992, Zl. 91/08/0077, angewendet, so wäre sie nicht zum Ergebnis gekommen, daß einheitliche Dienstverhältnisse vorgelegen seien. Die Rechtsauffassung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zu § 3 Abs. 7 des genannten Kollektivvertrages sei aus näher angeführten Gründen unrichtig.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hielt dem Einspruchsvorbringen zu den Provisionszahlungen im Vorlagebericht unter anderem folgendes entgegen: Gehe man davon aus, daß die betroffenen Angestellten des Innendienstes, wie allgemein bekannt sei, beispielsweise die Abwicklung des Kundenverkehrs, die mündliche und fernmündliche Erteilung von Auskünften, die zugehende Post, die Ausfertigung von KFZ-An- und Abmeldungen, die Entgegennahme von Schadensmeldungen bzw. sämtlicher Anträge aufgrund von eingetretenen Versicherungsfällen erledigten, so greife die Betreuung der vom Innendienstangestellten selbst geworbenen Kunden in seine innerbetriebliche Tätigkeit ein und sei der Gebrauch der Einrichtungen der Beschwerdeführerin (z.B. des Telefones) für diese Kunden unvermeidbar. Um nicht auf allgemein bekannte Tatsachen zurückgreifen zu müssen, sondern um bei jedem betroffenen Innendienstangestellten die tatsächlichen Verhältnisse feststellen zu können, wäre die detaillierte Beschreibung der zugewiesenen Aufgabengebiete durch die Personalabteilung der Beschwerdeführerin "statthaft".

Darauf erwiderte die Beschwerdeführerin in ihrer Gegenäußerung vom 24. Jänner 1994 Nachstehendes: Diese angeblich "allgemein bekannten" Tatsachen seien unzutreffend. Vielmehr erhalte jeder nebenberufliche Versicherungsvermittler einen hauptberuflichen Vermittler zugeteilt, der genau die von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse angeführten Tätigkeiten für den nebenberuflichen Vertreter übernehme. Dieser fungiere - wenn überhaupt - in den von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse angeführten Fällen als weiterleitende Stelle. Dieses Ergebnis sei bei Durchführung entsprechender Ermittlungen anstelle der Zugrundelegung angeblich "allgemein bekannter Umstände" leicht nachvollziehbar. Deshalb könne auch nicht der Schlußfolgerung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse gefolgt werden, wonach die Betreuung der vom Innendienstangestellten selbst geworbenen Kunden in seine innerbetriebliche Tätigkeit eingreife und der Gebrauch der Einrichtungen der Beschwerdeführerin für diese Kunden unvermeidbar sei. Festzuhalten bleibe, daß sich die Aktivität der betroffenen Innendienstmitarbeiter nahezu ausschließlich auf die Namhaftmachung potentieller Kunden beschränke und die Betreuung und Erledigung von Kundengeschäften, wie sie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse unterstelle, nicht vorliege. Zur Untermauerung der Tatsache, daß eine scharfe - und auch rechtlich relevante - Trennung zwischen der Tätigkeit als Innendienstmitarbeiter und als nebenberuflicher Vermittler nachvollziehbar sei, würden mit der Gegenäußerung Stellenbeschreibungen der betroffenen Innendienstmitarbeiter vorgelegt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid.

In der Bescheidbegründung wird zur Beitragspflicht von Provisionszahlungen ausgeführt: Selbstverständlich sei es richtig, daß die nebenberufliche Vermittlung von Versicherungsverträgen auch von Personen vorgenommen werden könne, die nicht in einem Innen- bzw. Außendienstverhältnis zur Beschwerdeführerin stünden. Der im Akt erliegende Provisionsbrief für Angestellte des Innendienstes weise aber allein schon durch seine Bezeichnung darauf hin, daß es Sinn und Zweck der Beschwerdeführerin sei, auch gerade Angestellte des Innendienstes zur Vermittlung von Versicherungsverträgen anzuhalten. Dem Innendienstmitarbeiter stünden auch natürlich sämtliche Instrumente des Dienstgebers, wie Telefon, Kundenkarteien u.ä., zur Verfügung. Auch die einschränkenden Bedingungen im Provisionsbrief (wie Verbot der Provisionsweitergabe, Vermittlung lediglich eigener Produkte udgl.) ließen erkennen, daß die Einheitlichkeit beider Tätigkeiten und jene der daraus entstehenden Bezüge gegeben sei. Auch sei der sachliche Konnex (zwischen den beiden Tätigkeiten) insofern gegeben, als der Innendienstangestellte das bei seiner Tätigkeit gewonnene Wissen bei der Vermittlung von Versicherungsverträgen verwerte und im Gegensatz zu den nicht im direkten Dienstverhältnis stehenden nebenberuflichen Mitarbeitern meistens auch ohne besondere Einschulungsmaßnahme in der Lage sei, die aus der Vermittlung anfallenden administrativen Tätigkeiten selbst zu erledigen. Hiezu habe die Rechtsprechung zum Beispiel festgehalten, daß auch die Tätigkeit einer Aufräumefrau als nebenberufliche Versicherungsvermittlerin "als ein einheitliches Dienstverhältnis zu werten" sei.

Die Beitragspflicht für angebliche Sonderzahlungsansprüche der im Beschwerdefall betroffenen Dienstnehmer begründete die belangte Behörde ebenso wie in dem dem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 94/08/0236, zugrundeliegenden Beschwerdefall.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Soweit die Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid zur Beitragsnachentrichtung für Sonderzahlungen, auf die fünf Dienstnehmer, mit denen nach dem 30. Juni 1992 befristete Dienstverhältnisse begründet wurden, für die Zeiten dieser befristeten Dienstverhältnisse (in den ersten sechs Monaten) nach dem Kollektivvertrag für Angestellte der Versicherungsunternehmen, Außendienst, Anspruch hätten, verpflichtet wurde, ist der angefochtene Bescheid aus den Gründen des Erkenntnisses vom heutigen Tag, Zl. 94/08/0236, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

2. Aus nachstehenden Gründen ist der angefochtene Bescheid aber auch insoweit, als die Beschwerdeführerin zur Beitragsnachentrichtung für Provisionszahlungen an Innendienstangestellte verpflichtet wurde, inhaltlich rechtswidrig:

Die belangte Behörde hatte diesbezüglich zu klären, ob diese Angestellten die strittigen Provisionen von der Beschwerdeführerin im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG "aus dem Dienstverhältnis" als Innendienstangestellte oder "aufgrund des Dienstverhältnisses" erhalten haben und die Provisionen deshalb dem ihnen aus den unstrittigen Beschäftigungsverhältnissen als Innendienstangestellte zufließenden Entgelt hinzuzurechnen waren.

Die Bejahung dieser Frage durch die belangte Behörde wäre unter folgenden Voraussetzungen zutreffend:

Erstens - nach den Grundsätzen des von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse in der Gegenschrift zitierten Erkenntnisses vom 28. April 1988, Zl. 87/08/0032, auf das offensichtlich auch die belangte Behörde in der Bescheidbegründung anspielt - dann, wenn die Tätigkeit dieser Angstellten als "nebenberufliche Versicherungsvermittler" der Beschwerdeführerin ebenfalls in einer solchen Weise ausgeübt worden sein sollte, daß - unter Bedachtnahme auf die gleichzeitige Angestelltentätigkeit (vgl. das Erkenntnis vom 15. Dezember 1992, Zl. 91/08/0077) - ein Überwiegen der Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG auch bei dieser Tätigkeit zu bejahen gewesen wäre. Dieser Auffassung ist - nach dem oben wiedergegebenen letzten Satz der diesbezüglichen Bescheidbegründung ("auch ... als ein einheitliches Dienstverhältnis zu werten") - die belangte Behörde.

Aber auch für den Fall, daß eine solche Beurteilung der nebenberuflichen Vermittlungstätigkeit unzutreffend sein sollte, wäre zweitens der angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig, wenn zumindest eine solche inhaltliche und/oder zeitliche Verschränkung der beiden Tätigkeiten vorgelegen wäre, daß im Sinne des eben genannten Erkenntnisses vom 15. Dezember 1992, Zl. 91/08/0077 (in seiner Präzisierung durch die Erkenntnisse vom 22. März 1994, Zl. 93/08/0149, und vom 13. Juni 1995, Zl. 94/08/0107) die strittigen Provisionen, ungeachtet des Umstandes, daß sie nach dem Parteiwillen nur für die Vermittlungstätigkeit zustanden, dennoch wegen dieser Verschränkung als Gegenwert für die von den Angestellten im Rahmen ihres Beschäftigungsverhältnisses als Innendienstangestellte erbrachten Leistungen zu werten wären.

Sollte aber auch eine solche Verschränkung der beiden Tätigkeiten nicht vorgelegen haben, so genügte - sowohl nach dem eben zitierten Erkenntnis als auch nach den die Leistungen des Dienstgebers selbst betreffende Darlegungen in den an sich Leistungen Dritter behandelnden Erkenntnissen vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0004, vom 22. März 1994, Zl. 93/08/0149, und vom 13. Juni 1995, Zl. 94/08/0107 (in dem sich der Gerichtshof auch mit dem unzutreffenden Einwand eines Widerspruchs zwischen dem Erkenntnis vom 17. September 1991 und jenem vom 15. Dezember 1992 auseinandergesetzt hat) - weder das zweifelsfreie Bestehen eines "Leistungsinteresses" der Beschwerdeführerin an der Tätigkeit ihrer Angestellten als "nebenberufliche Vermittlungsvertreter" im Sinne der eben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Wertung von Leistungen Dritter als Entgelt noch der bloße Umstand, daß zwei Rechtsverhältnisse mit derselben Person bestanden.

Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze reichen die diesbezüglichen (tatsächliche Annahmen und rechtliche Erwägungen vermengenden) Überlegungen der belangten Behörde (auch nicht die einleitende Schlußfolgerung über den "Sinn und Zweck" der Beschwerdeführerin, "auch gerade Angestellte des Innendienstes zur Vermittlung von Versicherungsverträgen anzuhalten") zwar nicht zur abschließenden Beurteilung des Vorliegens eines einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses dieser Angestellten im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG, wohl aber zur Bejahung einer zeitlichen und sachlichen Verschränkung der beiden Tätigkeiten im eben genannten Sinn aus.

Diese Überlegungen beruhen aber - in Übereinstimmung mit dem Beschwerdevorbringen - zum Teil auf einer unrichtigen Interpretation des "Provisionsbriefes", teils auf einem mangelhaften Verfahren.

Unrichtig ist es zunächst, daß der Provisionsbrief "allein schon durch seine Bezeichnung" auf den eben genannten "Sinn und Zweck" der Beschwerdeführerin hinweise. Denn diese Bezeichnung läßt zwar erkennen, daß derartige Vereinbarungen mit Innendienstangestellten im Unternehmen der Beschwerdeführerin üblich sind; daraus aber eine Verpflichtung dieser Angestellten zu solchen Tätigkeiten abzuleiten, widerspricht sowohl dem Wortlaut des Provisionsbriefes ("Wir danken Ihnen für Ihr Anerbieten, für unsere Anstalt nebenberuflich ...

Versicherungen ... zu vermitteln ... Wir betonen, daß Sie

aufgrund Ihres Arbeitsverhältnisses zu unserer Anstalt

keinerlei Verpflichtung zur Vermittlung von

Versicherungsverträgen haben ... ") als auch dem

diesbezüglichen (von der belangten Behörde freilich nicht geprüften) Vorbringen der Beschwerdeführerin. Unrichtig (zum Teil auch aktenwidrig, wie die Beschwerdeführerin mit Recht ausführt) ist es auch, daß "die einschränkenden Bedingungen im Provisionsbrief (wie Verbot der Provisionsweitergabe, Vermittlung lediglich eigener Produkte udgl.)" die Einheitlichkeit beider Tätigkeiten erkennen ließen. Denn zunächst ist nach Punkt 4 des Provisionsbriefes zwar "jedwede Provisionsabgabe an Versicherungsnehmer" sowie eine Vorteilszuwendung aus den Provisionen an "Versicherungsnehmer, Versicherte oder Begünstigte sowie Angestellte dieser Personen" untersagt, nicht aber schlechthin eine "Provisionsweitergabe" verboten. Daß die Innendienstangestellten "auf Grund des Provisionsbriefes" nur "eigene Produkte" der Beschwerdeführerin vermitteln dürfen, ist wohl eine Selbstverständlichkeit. Das Verbot der Vermittlung "fremder Produkte" der genannten Art ergibt sich aber nicht aus dem Provisionsbrief, sondern schon aus § 7 AngG. Vor allem aber läßt die Bescheidbegründung jegliche Erklärung darüber vermissen, aus welchen Erwägungen aus den genannten "einschränkenden Bedingungen im Provisionsbrief" (ungeachtet ihrer dargestellten Unrichtigkeit) eine "Einheitlichkeit beider Tätigkeiten" abzuleiten sei.

Die in diesen Überlegungen enthaltenen tatsächlichen Annahmen (wonach den betroffenen Angestellten "natürlich" sämtliche Instrumente der Beschwerdeführerin, wie Telefon, Kundenkartei u.ä., zur Verfügung stünden, sie das in ihrer Tätigkeit als Innendienstangestellte gewonnene Wissen bei der Vermittlung von Versicherungsverträgen verwerteten und sie im Gegensatz zu nicht im Dienstverhältnis mit der Beschwerdeführerin stehenden Mitarbeitern meistens auch ohne besondere Einschulungsmaßnahme in der Lage seien, die aus der Vermittlung anfallenden administrativen Tätigkeiten selbst zu erledigen) beruhen, wie einerseits das Wort "natürlich" und andererseits die Aktenlage erweist, nicht auf diesbezüglichen Ermittlungen der belangten Behörde, sondern, wie sie selbst in der Gegenschrift zugesteht, auf den "Erfahrungen des täglichen Lebens". Dies ist, obwohl es in der Bescheidbegründung nicht zum Ausdruck kommt, erkennbar auch der Grund dafür, warum sich die belangte Behörde nicht mit den oben wiedergegebenen gegenteiligen Behauptungen der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt hat. Dies begründete aber nur dann keinen relevanten Verfahrensmangel, wenn die belangte Behörde mit Recht davon hätte ausgehen dürfen, daß diese Umstände im Sinne des § 45 Abs. 1 AVG "offenkundig" seien und daher keines Beweises bedürften. Dies trifft aber aus nachstehenden Erwägungen nicht zu:

"Offenkundig" ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder "allgemein bekannt" (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch "bei der Behörde offenkundig" ("amtsbekannt") geworden ist. "Allgemein bekannt" sind Tatsachen, deren Richtigkeit, der allgemeinen Überzeugung entsprechend, der Behörde als wahr bekannt sind. Der allgemeinen Überzeugung entsprechend bzw. allgemein bekannt sind Tatsachen, von denen zufolge der Lebenserfahrung anzunehmen ist, daß sie jedermann kennt oder doch jedermann ohne jede Schwierigkeit und ohne besondere Fachkenntnisse bekannt sein könnten (vgl. dazu Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rz 318, und das Erkenntnis vom 28. Oktober 1994, Zl. 91/17/0064, jeweils mit weiteren Judikatur- und Schrifttumshinweisen). Die Partei hat das Recht, diese Tatsachen, die von der Behörde als offenkundig behandelt werden, bekanntgegeben zu erhalten, sich dazu zu äußern und Beweisanbote zum Erweis der Unrichtigkeit dieser als offenkundig behandelten Tatsachen zu erbringen (vgl. auch dazu Walter-Mayer an der angegebenen Stelle sowie das Erkenntnis vom 30. September 1994, Zl. 93/08/0180).

Im Beschwerdefall wurde nun zwar der Beschwerdeführerin Gelegenheit gegeben, sich zu diesen schon von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse als "allgemein bekannte Tatsachen" gewerteten Umständen zu äußern; sie hat davon auch, wie oben wiedergegeben wurde, ausführlich Gebrauch gemacht. Die belangte Behörde hat sich mit diesem Vorbringen aber nicht auseinandergesetzt, sondern es offensichtlich aufgrund der genannten, auf "Erfahrungen des täglichen Lebens" gestützten Überlegungen als unrichtig erachtet. Wenn es nun auch zutreffen mag, daß im allgemeinen bei Tätigkeiten dieser Art die angenommenen zeitlichen und inhaltlichen Verschränkungen sowohl bei der Vermittlungstätigkeit als auch - worauf die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse in ihrer Gegenschrift hinweist - bei der Betreuungstätigkeit der von den betroffenen Angestellten "aquirierten Kunden" bestehen, so ist doch

Da jedoch, wie ausgeführt, die diesbezüglichen Überlegungen der belangten Behörde tatsächliche Annahmen und rechtliche Erwägungen vermengen und nicht erkennbar ist, welche Gesichtspunkte für die belangte Behörde tragend waren, war der angefochtene Bescheid auch in diesem Punkt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994, allerdings begrenzt durch das (den in dieser Verordnung festgelegten Pauschalsatz unterschreitende) Begehren der Beschwerdeführerin. Das Begehren auf Stempelgebührenersatz war wegen der bestehenden sachlichen Abgabenfreiheit (§ 110 Abs. 1 Z. 2 ASVG) abzuweisen.

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