VwGH 91/17/0064

VwGH91/17/006428.10.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Kramer, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde 1.) des JS und 2.) der ES, beide in V, beide vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. März 1991, Zl. Ib-8043/1-1991, betreffend Vorschreibung von Getränke- und Speiseeissteuer (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs1 impl;
BAO §167 Abs1 impl;
Getränke- und SpeiseeissteuerG Tir §1 Abs2;
GetränkesteuerG Wr 1971 §1 idF 1981/013;
LAO Tir 1984 §130 Abs1;
VwGG §41;
AVG §45 Abs1 impl;
BAO §167 Abs1 impl;
Getränke- und SpeiseeissteuerG Tir §1 Abs2;
GetränkesteuerG Wr 1971 §1 idF 1981/013;
LAO Tir 1984 §130 Abs1;
VwGG §41;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 10.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Die Beschwerdeführer waren im relevanten Bemessungszeitraum Pächter zweier Gastgewerbebetriebe, darunter der einer Sektion des deutschen Alpenvereins gehörenden M-Hütte. Dort verkauften sie portionsweise auch Heißwasser an Hüttengäste.

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. November 1989 wurden die getränke- und speiseeissteuerpflichtigen Entgelte der Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 1. Jänner 1984 bis 31. Dezember 1988 auf Grund einer abgabenbehördlichen Prüfung in ihren beiden Betrieben mit insgesamt S 5,961.230,-- festgestellt, die hierauf entfallende Getränke- und Speiseeissteuer mit S 596.123,-- (10 %) festgesetzt sowie ein Säumniszuschlag in Höhe von S 775,-- (2 % von S 38.743,--) auferlegt. In der Begründung wurde auf einen dem Bescheid beiliegenden Prüfungsbericht vom 6. November 1989 verwiesen; dort heißt es unter Punkt 3): "Das Teewasser wurde nicht versteuert (S 7.000,-- GSt.)".

In der dagegen erhobenen Berufung wurde die Abgabenvorschreibung (lediglich) wegen der Heranziehung des das Heißwasser betreffenden Umsatzes in der Höhe von S 70.000,-- bekämpft. Die Beschwerdeführer vertraten den Standpunkt, daß für die Abgabe von Heißwasser, das zur Zubereitung von Getränken bestimmt sei, keine Getränkesteuer zu erheben sei; Heißwasser sei nicht als Getränk im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. a des Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetzes, LGBl. Nr. 102/1973 (im folgenden: Tir GetrStG), anzusehen. Ein Hinweis darauf, daß unter Getränken im Sinne des Tir GetrStG nur Flüssigkeiten zu verstehen seien, die im wesentlichen in unverändertem Zustand zum Trinken verwendet würden, ergebe sich aus lit. b des § 1 Abs. 2 Tir GetrStG, wonach expressis verbis Spirituosen, die zum menschlichen Genuß bestimmt, aber wegen ihres hohen Alkoholgehaltes in unveränderter Form nicht zum Trinken geeignet seien, als Getränk im Sinne des Tir GetrStG qualifiziert würden. Wäre diese Bestimmung im Gesetz nicht enhalten, so wären auch Spirituosen, die wegen ihres hohen Alkoholgehaltes in unveränderter Form nicht zu konsumieren seien, nicht der Getränkesteuer zu unterziehen, da es sich diesfalls um Getränke handelte, die nicht zum Trinken, sondern lediglich zur Zubereitung von Getränken verwendet würden. Im übrigen finde das abgegebene Heißwasser nicht ausschließlich zur Zubereitung von Getränken, sondern auch zum Zähneputzen, Schuheputzen etc. Verwendung.

1.2. Mit Berufungsvorentscheidung vom 1. August 1990 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, bei der Wendung "Flüssigkeiten, die üblicherweise zum Trinken verwendet werden" in § 1 Abs. 2 lit. a Tir GetrStG handle es sich um einen unbestimmten Gesetzesbegriff; es sei darunter eine Flüssigkeit zu verstehen, die verkehrsüblich zum Trinken verwendet werde. Es sei zu beurteilen, ob entgeltlich in Schutzhütten abgegebenes Heißwasser nach der Verkehrsauffassung als Getränk anzusehen sei; die tatsächliche individuelle Verwendung des Heißwassers - Zubereitung eines eventuell anderen Getränkes - sei dabei nicht rechtserheblich. Die Flüssigkeit "Heißwasser" gelange bereits gebrauchsfertig an den Letztverbraucher und sie könne von diesem ohne weitere Behandlung verwendet werden; sie sei im Zustand ihrer Abgabe "zum Trinken" geeignet. Das abgegebene Heißwasser sei daher als getränkesteuerpflichtige Flüssigkeit anzusehen. Es werde noch festgestellt, daß die von den Prüfern festgestellten Heißwasserabgaben ausschließlich für Teewasser geschätzt worden seien; die Abgabe von Heißwasser für andere Zwecke sei nicht erhoben und auch nicht der Getränkesteuerpflicht unterzogen worden.

Die Beschwerdeführer stellten den Antrag, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen.

1.3. Mit Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. Oktober 1990 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zunächst wurde im genannten Bescheid die Begründung der Berufungsvorentscheidung übernommen und in weiterer Folge hiezu noch ergänzend ausgeführt: Es werde in der Regel zwar zu empfehlen sein, eine Abkühlung des Heißwassers abzuwarten, eine Behandlung sei jedoch nicht erforderlich; das Wasser sei somit im Zustand seiner Abgabe gebrauchsfertig und "zum Trinken" geeignet. Die Getränkeeigenschaft allein wegen der erfolgten Erhitzung der Flüssigkeit zu verneinen, bedeutete, daß auch andere Flüssigkeiten, wie z.B. Tee oder Kaffee, nicht mehr als Getränke anzusehen wären; dies liefe aber offensichtlich der Verkehrsauffassung zuwider.

Die Beschwerdeführer erhoben dagegen Vorstellung.

1.4. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, es sei lediglich die Frage strittig, ob - auf einer Schutzhütte in letztlich zum Trinken bestimmten Portionen - entgeltlich abgegebenes Heißwasser der Getränkesteuerpflicht unterliege oder nicht. Der Getränkebegriff habe weder bundes- noch landesgesetzlich eine eindeutige Bestimmung erfahren. Eine verfassungskonforme Auslegung der lit. a des § 1 Abs. 2 Tir GetrStG verbiete es, in den dort erwähnten Getränken nicht zumindest die bereits in den Finanzausgleichsgesetzen genannten Getränke mit Ausnahme von Milch zu verstehen; der Landesgesetzgeber könne die bundesgesetzliche Ermächtigung zur Ausschreibung vom Verbrauch von Getränken mit Ausnahme von Milch zwar erweitern, keinesfalls jedoch einschränken; eine solche Erweiterung sei im Falle der Spirituosen erfolgt, die zum menschlichen Genuß bestimmt, aber wegen ihres hohen Alkoholgehaltes in unveränderter Form nicht zum Trinken geeignet seien. Diesen Spirituosen sei erst mit der landesgesetzlichen Regelung Getränkeeigenschaft verliehen worden.

Mit der Frage, was unter dem Begriff des Getränkes zu verstehen sei, habe sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 1954, Slg. Nr. 1067/F, befaßt. Er habe dort ausgesprochen, daß darunter solche Flüssigkeiten zu verstehen seien, die verkehrsüblicherweise "zum Trinken", d.h. zur Stillung des Durstes oder zur Befriedigung eines geschmacklichen Bedürfnisses, verwendet würden. Ob einer Flüssigkeit die rechtliche Eigenschaft des Getränkes zukomme, sei also nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen; der individuelle Verwendungszweck sei nicht das rechtserhebliche Kriterium.

Es bedürfe keiner weiteren Ausführungen, daß Heißwasser verkehrsüblicherweise "zum Trinken", namentlich zur Stillung des Durstes verwendet werde. Die individuelle Verwendung des Heißwassers - zur Zubereitung eines allenfalls anderen Getränkes, etwa von Tee - sei demgegenüber nicht von Bedeutung.

In einem weiteren Erkenntnis vom 5. September 1969, Zl. 227/69, habe sich der Verwaltungsgerichtshof neuerlich mit dem Begriff des Getränkes auseinandergesetzt. Der Begriff des Getränkes erfordere, daß die Flüssigkeit bereits gebrauchsfertig an den Letztverbraucher gelange, von diesem ohne weitere Behandlung verwendet werden könne und in dem Zustand ihrer Abgabe "zum Trinken" geeignet sei. Es träfen auch sämtliche weiteren Merkmale des Getränkebegriffes auf das in Rede stehende Heißwasser zu. Es werde in der Regel zwar zu empfehlen sein, eine gewisse Abkühlung des Heißwassers abzuwarten. Die Getränkeeigenschaft aber allein wegen der Temperatur der Flüssigkeit zu verneinen, bedeutete, daß auch andere Flüssigkeiten, wie etwa Kaffee oder Tee, nicht mehr als Getränke anzusehen wären; dies liefe jedoch offensichtlich der Verkehrsauffassung zwider. Dem Hinweis auf die hochgrädigen Spirituosen werde entgegengehalten, daß eben bei diesen Spirituosen die genannten Merkmale nicht erfüllt seien. Das - auf einer Schutzhütte in letztlich zum Trinken bestimmten Portionen - entgeltlich abgegebene Heißwasser sei daher getränkesteuerpflichtig.

1.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht verletzt, für das entgeltlich abgegebene Heißwasser keine Getränkesteuer entrichten zu müssen.

1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die im Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des § 1 Abs. 2 Tir GetrStG, LGBl. für Tirol Nr. 102/1973, lautet:

"Getränke im Sinne dieses Gesetzes sind:

a) Flüssigkeiten, die üblicherweise zum Trinken verwendet werden, mit Ausnahme von Milch ohne Zusätze;

b) Spirituosen, die zum menschlichen Genuß bestimmt, aber wegen ihres hohen Alkoholgehaltes in unveränderter Form nicht zum Trinken geeignet sind."

2.2. In der Beschwerde bringen die Beschwerdeführer vor, sie betrieben die "M-Hütte" als Pächter; als solche verkauften sie portionsweise Heißwasser an Hüttengäste, die dieses sowohl zur Zubereitung von Heißgetränken mit selbst mitgebrachtem Tee und anderen Aromastoffen als auch zur Körper- oder Kleiderpflege verwendeten. Sie hätten neben diesem Heißwasser aber auch der Getränkesteuer unterzogene Getränke wie etwa Tee, Kaffee, Kakao, Limonaden, Alkoholika etc. verkauft. Das verkaufte Heißwasser werde von den Beschwerdeführern deshalb nicht der Getränkebesteuerung unterzogen, weil sie einerseits den Verwendungszweck des an die Hüttengäste abgegebenen Heißwassers nicht hätten kennen können, andererseits deswegen, weil das Heißwasser, sofern es nicht zur Körper- oder Kleiderpflege verwendet worden sei, üblicherweise nur zur Zubereitung von Getränken - und zwar seitens der Hüttengäste selbst mit von diesen mitgebrachtem Tee oder anderen Aromastoffen - gedient habe.

Bei Heißwasser (ohne Veränderung der Form - etwa zu Tee oder Kaffee) handle es sich somit nicht um eine "üblicherweise zum Trinken" verwendete Flüssigkeit und auch nicht um Spirituosen im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. b Tir GetrStG, sondern lediglich um eine Flüssigkeit, die unter anderem "zum Zubereiten von Getränken" verwendet werde. Flüssigkeiten, die zum Zubereiten von Getränken verwendet würden, fielen nicht unter die im § 1 Abs. 2 Tir GetrStG genannten Flüssigkeiten. Die entgeltliche Abgabe von Heißwasser unterliege daher nicht dem Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz. Die belangte Behörde habe mit ihrer Ansicht, daß Heißwasser üblicherweise zum Trinken verwendet werde, die Realität verkannt.

2.3. Mit diesen Beschwerdeausführungen sind die Beschwerdeführer im Recht.

Als Getränke sind im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes solche Flüssigkeiten anzusehen, die VERKEHRSÜBLICHERWEISE "zum Trinken" - d.h. zum Stillen des Durstes oder zur Befriedigung eines geschmacklichen Bedürfnisses - verwendet werden (vgl. beispielsweise die schon von der belangten Behörde zitierten Erkenntnisse vom 15. Dezember 1954, Slg. Nr. 1067/F, und vom 5. September 1969, Zl. 227/69, sowie die hg. Erkenntnisse vom 11. Mai 1984, Zl. 81/17/0052, und vom 13. Dezember 1985, Zl. 84/17/0067, mit jeweils weiteren Judikaturnachweisen).

2.3.1. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung zum Begriff des Getränkes sowie unter Berücksichtigung der vom Landesgesetzgeber in § 1 Abs. 2 lit. a Tir GetrStG verwendeten Formulierung ("Flüssigkeiten, die üblicherweise zum Trinken verwendet werden") vermag der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der Ausführungen im Berufungsbescheid der Gemeindeabgabenbehörde zweiter Instanz nicht zu teilen, insoweit darin zum Ausdruck gebracht wird, die Flüssigkeit "Heißwasser" gelange bereits gebrauchsfertig an den Letztverbraucher und könne von diesem ohne weitere Behandlung verwendet werden; sie sei in dem Zustand, in dem sie an den Letztverbraucher entgeltlich abgegeben werde, "zum Trinken" geeignet; allein der Umstand, daß in aller Regel eine gewisse Abkühlung abzuwarten sein werde, könne der Qualifikation als Getränk nicht schädlich sein. Sollte damit ausgesagt werden, es komme zwingend und ausschließlich auf die EIGNUNG zum Trinken an, dann wäre dies unzutreffend. Denn nach der zitierten, hier anzuwendenden Bestimmung des Tiroler Getränkesteuergesetzes und durchaus in Übereinstimmung mit der wiedergegebenen Vorjudikatur kommt es - bei der unbestrittenen Eignung des Heißwassers zum Trinken - darauf an, ob diese Flüssigkeit "ÜBLICHERWEISE zum Trinken VERWENDET" wird.

Auf dieses unterscheidungskräftige Merkmal (das auch im Berufungsbescheid zunächst erwähnt wird) stellt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - insoweit zutreffend - ab. Allein, sie bejaht nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zu Unrecht die Verkehrsüblichkeit des Genusses von Heißwasser auf Schutzhütten und damit das Vorliegen einer Flüssigkeit, die üblicherweise zum Trinken verwendet wird. Die belangte Behörde führt dazu im angefochtenen Bescheid aus, es bedürfe keiner weiteren Ausführungen, daß Heißwasser verkehrsüblicherweise "zum Trinken", namentlich zur Stillung des Durstes, verwendet werde. In der Gegenschrift beruft sich die Tiroler Landesregierung dann ausdrücklich auf die Lebenserfahrung, wonach es sich bei Heißwasser um einen sehr wirkungsvollen Durstlöscher handle und Heißwasser "daher von weiten Kreisen ("üblicherweise") zum Trinken verwendet" werde. Damit wird Offenkundigkeit des Lebenssachverhaltes ins Treffen geführt.

2.3.2. Gemäß § 130 Abs. 2 Tir LAO bedürfen unter anderem Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, keines Beweises. Offenkundig sind nach der Rechtsprechung solche Tatsachen, deren Richtigkeit, der allgemeinen Überzeugung entsprechend, der Behörde als wahr bekannt sind (vgl. die Erkenntnisse vom 25. September 1978, Zl. 1959/77, und vom 20. Jänner 1984, Zl. 83/17/0173). Der allgemeinen Überzeugung entsprechend bzw. allgemein bekannt sind Tatsachen, von denen zufolge der Lebenserfahrung anzunehmen ist, daß sie jedermann kennt oder doch jedermann ohne jede Schwierigkeit und ohne besondere Fachkenntnisse (vgl. die Erkenntnisse vom 6. November 1972, Slg. NF. Nr. 8311/A, und vom 5. März 1976, Zl. 1529/75) bekannt sein könnten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1985, Zl. 82/17/0021, unter Hinweis auf Literatur zu den vergleichbaren Vorschriften der §§ 167 Abs. 1 BAO, 45 Abs. 1 AVG und 269 ZPO).

Die Bindung des Verwaltungsgerichtshofes an den von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhalt (§ 41 VwGG) findet im Fall der von der Behörde angenommenen Offenkundigkeit eines Sachverhaltes unter anderem dort seine Grenze, wo sich die Darstellung des Sachverhaltes durch die Behörde mit jener Sicht der Tatsachen in keiner Weise zu decken vermag, wie sie sich nach der dem Verwaltungsgerichtshof zugänglichen Lebenserfahrung darstellt (vgl. für den Bereich der Beweiswürdigung die vom Verwaltungsgerichtshof jeweils vorzunehmende Schlüssigkeitsprüfung, deren Maßstab ebenfalls unter anderem das allgemeine menschliche Erfahrungsgut ist; vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 7. Juli 1959, Slg. NF. Nr. 5018/A, und vom 24. Mai 1974, Slg. NF. Nr. 8619/A). Dem erkennenden Senat ist die Gebräuchlichkeit des "Teewassers" auf Alpenvereinshütten durchaus geläufig. Für eine Gewohnheit des (bloßen) Heißwassergenusses fand sich allerdings in langjährigen Beobachtungen einzelner Senatsmitglieder über Trinkgewohnheiten auf Hochgebirgshütten, insbesondere auch in Tirol, kein Anhaltspunkt. Eine solche ist selbst aus der unmittelbaren Nachkriegszeit nicht erinnerlich. Auch in der Alpin-, Brauchtums- und Kochbuchliteratur war ein überzeugender Hinweis auf die Üblichkeit dieses Genusses nicht zu finden. Es ist den Mitgliedern des Senates auch kein lokaler Brauch des Heißwassertrinkens bekannt geworden, durch den etwa eine besondere Naturverbundenheit zum Ausdruck gebracht würde, dessen Pflege sich sowohl die Einheimischen als auch Touristen in so nennenswerter Zahl verschrieben hätten, daß gesagt werden könnte, das heiße Wasser würde üblicherweise zum Trinken verwendet. Sollte sich also auch das eine oder andere Mal ein Hochgebirgstourist dem Genuß unveränderten Tiroler Heißwassers hingeben, so ließe dies noch keineswegs einen Schluß auf die Verkehrsüblichkeit eines solchen Trunkes oder gar auf eine übliche Trinkgewohnheit zu.

Bei reinem Heißwasser, das den Hüttengästen zur Zubereitung von Getränken (z.B. Tee oder Limonade) verkauft wird, handelt es sich somit nicht (schon) um ein "Getränk" im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. a Tir GetrStG, sondern bloß um einen flüssigen Grundstoff, der erst die Herstellung eines Getränkes im rechtlichen Sinn ermöglicht. Für einen solchen Grundstoff besteht jedoch nach dem Tir GetrStG keine Getränkesteuerpflicht.

2.4. Dadurch, daß die belangte Behörde als Gemeindeaufsichtsbehörde das in Rede stehende Heißwasser ebenso wie die Gemeindeabgabenbehörden als Getränk im Sinne des Tir GetrStG angesehen und den mit Vorstellung bekämpften Gemeindeabgabenbescheid nicht behoben hat, belastete sie ihrerseits den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Der Schriftsatzaufwand war nur im begehrten Ausmaß zuzusprechen. Da die Beschwerdeführer das zur Zeit der Beschwerdeeinbringung geltende Aufwandpauschale nicht ausgeschöpft haben, kam auch Art. III Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 nicht zur Anwendung. Im Hinblick auf die Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes gebührt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren kein Ersatz des geltend gemachten Streitgenossenzuschlages.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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