Normen
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs3 litb;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs3 litb;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juli 1991 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er sei am 24. April 1990 gegen 16 Uhr als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges an einem näher beschriebenen Ort an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt gewesen und habe es unterlassen, von diesem Vorfall ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 5 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn bei diesem nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß Voraussetzung für die Meldepflicht als objektives Tatbestandsmerkmal der Eintritt eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens ist, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zum Bewußtsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zum Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte hätte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. November 1990, Zl. 90/03/0236).
Das Beschwerdevorbringen läßt sich zunächst im wesentlichen dahin zusammenfassen, daß der Beschwerdeführer die Annahme der belangten Behörde, anläßlich des in Rede stehenden Vorfalles sei durch den Beschwerdeführer (bei einem Einparkmanöver) mit dem von ihm gelenkten PKW am Fahrzeug des Anzeigers G.R. ein Sachschaden entstanden, bestreitet.
Was die damit vom Beschwerdeführer bekämpfte Beweiswürdigung der belangten Behörde anlangt, so schließt zwar nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die (gemäß § 24 VStG 1950) auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendende Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG 1950 eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben worden ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, d.h. ob sie u.a. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, weshalb wesentliche Mängel der Sachverhaltsfeststellung einschließlich der Beweiswürdigung zur Aufhebung des Bescheides führen. Ob aber der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner (dargestellten eingeschränkten) Prüfungsbefugnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (vgl. zum Ganzen das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Auf dem Boden dieser Rechtslage hält aber der angefochtene Bescheid einer Überprüfung auf seine Rechtmäßigkeit stand:
Der Beschwerdeführer hatte im Verwaltungsverfahren eingeräumt, er sei anläßlich seines Einparkmanövers vom Zeugen P. - der aus dem Fenster geblickt habe - darauf hingewiesen worden, daß dieser glaube, der Beschwerdeführer sei an einen anderen PKW angefahren; der Beschwerdeführer habe sich daraufhin dieses und sein eigenes Fahrzeug genau angesehen und keinen Schaden festgestellt. Er, der Beschwerdeführer, habe dies dem Zeugen P. auch gesagt, der nicht widersprochen habe.
Der Zeuge P. führte anläßlich seiner Einvernahme am 28. Juni 1990 dazu aus, er habe aus dem Fenster geblickt und gesehen, daß der "Mercedes-Lenker" (der Beschwerdeführer) den abgestellten "CV" (des Anzeigers R., dieser war bei dem Vorfall nicht anwesend) "hinten angefahren" habe. Man habe "auch Streifen" am Kotflügel in der Farbe des berührenden Fahrzeuges gesehen. Der Zeuge habe den Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, dieser habe jedoch, obwohl er auch die Streifen gesehen haben müsse, gesagt, "es ist nichts passiert". Der Zeuge habe mit dem Beschwerdeführer nicht streiten wollen und nichts dagegen gesagt, er habe aber "dem geschädigten Fahrzeug einen Zettel hinterlegt".
Aus der im Akt erliegenden Anzeige geht hervor, daß G.R. am 25. April 1990 um 18.50 Uhr in das Wachzimmer S. gekommen sei und (sinngemäß) die Anzeige erstattet habe, daß er am 24. April 1990 um 5 Uhr seinen PKW, Marke Citroen 2 CV, am Ort des Geschehens abgestellt habe. Als er am selben Tag um 20 Uhr wieder zum Fahrzeug gekommen sei, habe er bemerkt, daß der linke hintere Kotflügel beschädigt worden sei. Hinter dem Scheibenwischer habe er einen vom Zeugen P. verfertigten Zettel vorgefunden, wonach das Auto des Anzeigers vom PKW des Beschwerdeführers beim Einparken am linken hinteren Kotflügel angefahren worden sei. Als Sachschaden wurde in dieser Anzeige beim Fahrzeug des Anzeigers laut dessen Behauptung angeführt, "linker hinterer Kotflügel eingedrückt".
Schon aufgrund dieser Beweismittel war es nicht rechtswidrig, das objektive Tatbestandsmerkmal eines Sachschadens als verwirklicht anzusehen, entspricht es doch der Lebenserfahrung, daß ein "Anfahren" an den Kotflügel eines PKW's unter Hinterlassung einer "Streifspur" jedenfalls einen Sachschaden verursacht, der entsprechend der zitierten Vorschrift die Verständigungspflicht auslöst, da dies schon bei geringfügigem Schaden, etwa bei einem Kratzer, der Fall ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 1992, Zl. 91/02/0133, und vom 12. November 1987, Zl. 87/02/0134).
Der Ansicht des Beschwerdeführers, aus der Aussage des Zeugen P. ergebe sich, daß der Beschwerdeführer den ihm zur Last gelegten Schaden nicht verursacht habe, vermag der Verwaltungsgerichtshof im übrigen nicht beizupflichten, hat doch dieser Zeuge angegeben, daß "auch" ein Streifen am Kotflügel des Fahrzeuges des R. vorhanden gewesen sei; im übrigen kommt es für die Meldepflicht nach § 4 Abs. 5 StVO nicht auf die Art der Beschädigung und an welcher Stelle des Fahrzeuges ein Sachschaden entstanden ist an, sondern es genügt, daß überhaupt ein Sachschaden eingetreten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1991, Zl. 90/03/0114). Dazu kommt im Beschwerdefall, daß die belangte Behörde zusätzlich das Gutachten eines technischen Amtssachverständigen einholte, welcher nach Vorführung der beiden Fahrzeuge - unter anderem mit Lichtbildern belegt - zu dem Ergebnis gelangte, die technische Möglichkeit der Kontaktnahme der Fahrzeuge und die Verursachung des Schadens am Tatort zur Tatzeit sei gegeben gewesen.
Was die gegen die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe einen Sachschaden im Sinne des § 4 Abs. 5 StVO verursacht, ins Treffen geführten Argumente des Beschwerdeführers anlangt, so vermag er damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun:
Zunächst kann der Gerichtshof dem Beschwerdeführer bei dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht beipflichten, daß die Unterlassung der Durchführung der "Gegenüberstellung" der beiden Fahrzeuge schon im Verfahren vor der Behörde erster Instanz "schwerwiegende Folgen" für die Beweissicherung begründete. Daß diese Beweisaufnahme bereits in einem früheren Stadium des Verwaltungsverfahrens möglich gewesen wäre, ändert nichts an dem Umstand, daß Prüfungsgegenstand vor dem Verwaltungsgerichtshof allein der angefochtene Bescheid ist und es diesen bei dem gegebenen Sachverhalt nicht mit Rechtswidrigkeit belastet, wenn erst im Berufungsverfahren das - ohnedies nur am Rande bedeutsame - technische Gutachten eingeholt wurde. Im übrigen ist dem Gerichtshof ein allgemeiner Erfahrungssatz, Aussagen über die Möglichkeit der Verursachung bestimmter Schäden an bestimmten Fahrzeugen könnten NUR nach Vornahme einer Stellprobe gemacht werden, unbekannt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. März 1984, Zl. 83/02/0225). Der Beschwerdeführer verkennt mit dem Hinweis auf § 66 Abs. 2 AVG 1950 die Rechtslage, da eine allfällige Mangelhaftigkeit des Verfahrens die Berufungsbehörde nur dann zur Aufhebung des vor ihr angefochtenen Bescheides und Rückverweisung der Angelegenheit an die Erstbehörde berechtigt, wenn sich der Mangel nicht anders als mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung beheben läßt. In allen anderen Fällen hat die Berufungsbehörde immer in der Sache selbst zu entscheiden und notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens vorzunehmen (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 522, zitierte hg. Rechtsprechung).
Zu Unrecht rügt der Beschwerdeführer, es seien ihm die im technischen Gutachten erwähnten Lichtbilder und Befundbögen nicht zugestellt worden, hatte er doch keinen Anspruch darauf (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1989, Zl. 89/02/0111). Vielmehr wäre es ihm freigestanden, in diese Unterlagen im Wege der Akteneinsicht Einschau zu nehmen.
Ob der Geschädigte inzwischen eine Meldung bei der zuständigen Versicherung erstattet hat, ist kein entscheidendes Kriterium für die Frage der Bejahung eines entstandenen Sachschadens (im übrigen geht aus dem Befundbogen, betreffend das Fahrzeug des R., sehr wohl eine derartige Meldung hervor). Ebenso ist nicht von wesentlicher Bedeutung, ob auch das Fahrzeug des Beschwerdeführers beschädigt wurde, ist doch im Verwaltungsverfahren nicht hervorgekommen, daß bei der Art des Schadens am Fahrzeug des R. zwingend auch ein Schaden am Fahrzeug des Beschwerdeführers hätte entstehen müssen. Es erübrigt sich daher, auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen näher einzugehen. Daß der PKW des R. tatsächlich mit einem Rad auf dem Gehsteig geparkt gewesen sein soll, ist - unabhängig von der Frage der Relevanz - ebenso eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung wie die nunmehr vom Beschwerdeführer ins Spiel gebrachte Version, daß die beiden Fahrzeuge nicht in dieselbe Richtung abgestellt gewesen seien; insbesondere läßt sich die letztere Behauptung des Beschwerdeführers nicht aus seiner Stellungnahme vom 18. April 1991 (Punkte r bis t) entnehmen. Inwieweit die belangte Behörde bei dem ihr vorliegenden Sachverhalt durch die Abhaltung eines Ortsaugenscheines zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, ist für den Gerichtshof nicht erkennbar. Einen wesentlichen Verfahrensmangel vermochte der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen. Der Schuldspruch ist daher frei von Rechtsirrtum.
Aber auch die Strafbemessung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Selbst wenn nämlich von der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und ungünstigen Vermögensverhältnissen auszugehen gewesen wäre, ist im Hinblick auf die im unteren Bereich der Strafdrohung des § 99 Abs. 3 lit. b StVO angesetzte, verhängte Geldstrafe eine Überschreitung des der belangten Behörde hier eingeräumten Ermessensspielraumes nicht erkennbar.
Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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