VwGH 90/03/0114

VwGH90/03/011413.2.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Regierungsoberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 8. März 1990, Zl. 11-75 Sa 4-89, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 8. März 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 19. August 1988 um 12.15 Uhr als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw es unterlassen, obwohl sein Verhalten am Unfallsort (Straßenkreuzung Siedlungstraße-Ausseerstraße im Stadtgebiet von Liezen) in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gestanden sei, ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedientstelle zu verständigen, obwohl er seinen Namen und seine Anschrift nicht nachgewiesen habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO begangen, weshalb über ihn eine Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt worden ist.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 5 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn bei diesem nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben. Voraussetzung für die Meldepflicht nach dieser Gesetzesstelle ist demnach, daß es zu einem Verkehrsunfall (das ist jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis, das sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ereignet und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat) gekommen und das Verhalten des Beschwerdeführers am Unfallsort damit in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist. Die Meldepflicht setzt weiters das Wissen um einen solchen Unfall voraus, wobei aber nicht unbedingt das positive Wissen vom Verkehrsunfall und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich ist, sondern es genügt, da der Anwendungsbereich des § 4 StVO in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich auf die Schuldform des Vorsatzes beschränkt ist (§ 5 VStG 1950)-, wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Jänner 1986, Zl. 85/18/0367, und die darin zitierte Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei zwar nach dem Unfall ausgestiegen und habe dabei einen Schaden an der "Stoßstange" des Pkws seiner Unfallsgegnerin bemerkt, jedoch Grund zu der Annahme gehabt, daß dieser Schaden nicht aus dem gegenständlichen Verkehrsunfall stamme. Die belangte Behörde treffe im angefochtenen Bescheid keine Feststellung, daß der Schaden an der Stoßstange von dem gegenständlichen Unfall herrühre.

Dieser Einwand ist nicht berechtigt. Von der belangten Behörde wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich ausgeführt, es werde vom Beschwerdeführer nicht bestritten, daß er und seine (in seinem Pkw mitfahrende) Ehegattin einen ganz leichten Stoß verspürt hätten, der möglicherweise auf den Anstoß mit dem Pkw der Anzeigerin zurückzuführen gewesen sei. Sie verwies ferner auf die Höhe des eingetretenen Schadens sowie auf die Anzeige, der entnommen werden könne, daß der Beschwerdeführer ausgestiegen sei, sich den Schaden angesehen und der Anzeigerin Vorwürfe gemacht habe, warum sie nicht ausgewichen sei, was vom Beschwerdeführer nicht bestritten werde. Sie legte schließlich dar, warum sie sich veranlaßt sah, den Aussagen der als Zeugen vernommenen Unfallsgegnerin und ihres Beifahrers und nicht der Verantwortung des Beschwerdeführers und seiner Zeugin zu folgen, da auch von dieser das Vorliegen eines Verkehrsunfalles, mit welchem der Beschwerdeführer in einem ursächlichen Zusammenhang gestanden sei, bejaht worden sei. Nun ergibt sich bereits aus der Anzeige und aus der mit dem Beschwerdeführer am 19. August 1988 auf dem Gendarmerieposten Stainach aufgenommenen Niederschrift, daß der Beschwerdeführer zur Tatzeit am Tatort mit seinem Pkw zurückrollte und es dabei zu einem Zusammenstoß (Anprall) seines Fahrzeuges mit dem hinter ihm befindlichen Fahrzeug gekommen ist. Beide Fahrzeuglenker sind ausgestiegen und haben festgestellt, daß der linke vordere Kotflügel des hinter dem Fahrzeug des Beschwerdeführers befindlichen Fahrzeuges eine Beschädigung (Eindellung) aufwies, von der die belangte Behörde annahm, daß damit der Beschwerdeführer in einem ursächlichen Zusammenhang stand. Es ist demnach nicht richtig, daß der angefochtene Bescheid - wie der Beschwerdeführer meint - keine Feststellung darüber enthalte, woher die festgestellte Beschädigung stamme.

Der Beschwerdeführer geht zwar in der Folge im Widerspruch zu seinen mit der Behauptung der Unfallsgegnerin übereinstimmenden Angaben vor der Gendarmerie von einer Beschädigung der Stoßstange des Fahrzeuges der Unfallsgegnerin aus, doch fällt dieser Umstand nicht ins Gewicht, weil es nach dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des Gesetzes für die Meldepflicht nach § 4 Abs. 5 StVO nicht auf die Art der Beschädigung und an welcher Stelle des Fahrzeuges ein Sachschaden entstanden ist, ankommt, sondern es genügt, daß überhaupt ein Sachschaden eingetreten ist (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1985, Zl. 85/02/0051, und vom 27. Juni 1986, Zl. 86/18/0083).

Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, daß die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht den Erfordernissen des § 60 AVG 1950 entspreche. Abgesehen davon, daß dieser Einwand - wie schon aus der vorstehend nur auszugsweise wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides hervorgeht - nicht zutrifft, läßt das dazu erstattete Beschwerdevorbringen nicht die Wesentlichkeit des gerügten Mangels erkennen. Insbesondere entbehrt die Behauptung, daß sich die belangte Behörde mit der subjektiven Tatseite nicht auseinandergesetzt habe, jeder Grundlage, enthält doch die Begründung des angefochtenen Bescheides die unbestrittene Feststellung, daß der Beschwerdeführer nach dem von ihm verspürten Anstoß aus dem Fahrzeug ausstieg und gemeinsam mit der Lenkerin des Fahrzeuges, an das der Anstoß erfolgte, eine Beschädigung dieses Fahrzeuges feststellte, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, daß der Beschwerdeführer von diesem Verkehrsunfall nichts gewußt hätte. Soweit aber mit der Beschwerde die Richtigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft wird, ist daran zu erinnern, daß die Beweiswürdigung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nur insofern einer eingeschränkten Überprüfung unterliegt, als der Verwaltungsgerichtshof neben der Vollständigkeit des erhobenen Sachverhaltes lediglich die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung, nicht aber auch deren Richtigkeit überprüfen kann. Ob die Verantwortung des Beschuldigten oder ein dieser widersprechendes Beweisergebnis zutreffend ist, ist der Kognition des Gerichtshofes entzogen. Im Lichte dieser Einschränkung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, daß der belangten Behörde in Ansehung der Beweiswürdigung eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit unterlaufen wäre.

Die Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte