Normen
ApG 1907 §29 Abs1 idF 1984/502
ApG 1907 §29 Abs3
ApG 1907 §29 Abs4
ApG 1907 §29 Abs5
ApG 1907 §48 Abs2
ApG 1907 §51 Abs3
ApG 1907 §53 idF 1984/502
AVG §37
AVG §56
AVG §8
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1987080259.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 10.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren an Stempelgebühren wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom 1. April 1987 erteilte der Landeshauptmann von Oberösterreich dem Mitbeteiligten die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in A.
1.2. Mit Bescheid vom 10. August 1987 wies der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst die dagegen von den Beschwerdeführern wegen des Fehlens eines Bedarfes erhobene Berufung mangels Parteistellung als unzulässig zurück. Nach der Begründung dieses Bescheides komme Parteistellung im Verfahren betreffend die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke gemäß § 48 Abs. 2 in Verbindung mit § 51 Abs. 3 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 in der Fassung BGBl. Nr. 502/1984 (im folgenden: ApG), expressis verbis nur den Inhabern öffentlicher Apotheken zu. Einem hausapothekenführenden Arzt komme Parteistellung nicht zu. Begründend wird auf das hg. Erkenntnis vom 24. September 1982, Zlen. 82/08/0139, 0140, verwiesen.
1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Sacherledigung verletzt. In der Beschwerdebegründung heißt es, daß der hausapothekenführende Arzt nach dem ApG in der Fassung der Novelle 1984 nunmehr im Zurücknahmeverfahren lediglich den Einwand erheben könne, daß die Entfernung zwischen seiner Ordination und der Betriebsstätte der neuen öffentlichen Apotheke weniger als vier Straßenkilometer betrage. Der Umstand der Entbehrlichkeit der ärztlichen Hausapotheke, der nach der früheren Rechtslage eine wesentlich umfassendere Prüfung ermöglicht habe, sei nicht mehr zu berücksichtigen. Gleichzeitig sei § 10 ApG dahingehend novelliert worden, daß eine öffentliche Apotheke wegen des Mangels eines Bedarfes nicht bewilligt werden dürfe, wenn die Zahl der in einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke zur versorgenden Personen weniger als 5.500 betrage. Würde man dem hausapothekenführenden Arzt ein Mitspracherecht im Konzessionierungsverfahren der öffentlichen Apotheke nicht zuerkennen, so könnte er in weiterer Folge keine Einwände wegen Mangels der Voraussetzungen für die Konzessionserteilung vorbringen. Ungeachtet der rechtswidrigen Konzessionserteilung wäre die ärztliche Hausapotheke nach § 29 Abs. 4 ApG zurückzunehmen. Der Arzt habe ein rechtliches Interesse daran, daß die Apothekenkonzession gesetzmäßig zustande gekommen sei. Die Frage, in welchem Verfahren dem Arzt ein Mitspracherecht dieser Art zukomme, habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. November 1984, Zlen. 84/08/0217, 0218, für die neue Rechtslage offen gelassen. Auch dem hausapothekenführenden Arzt stehe im Interesse der bestmöglichen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln das Recht auf Führung einer Hausapotheke an jenen Orten zu, wo die Voraussetzungen für die Errichtung und den Betrieb einer öffentlichen Apotheke nicht vorlägen. Jedenfalls bleibe dem Patienten in diesem Fall die zeitaufwendige Beschaffung des Heilmittels in der öffentlichen Apotheke nach der ärztlichen Behandlung erspart.
1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. § 48 Abs. 2 ApG lautet:
„(2) In diese Verlautbarung ist eine Bestimmung aufzunehmen, daß die Inhaber von öffentlichen Apotheken, welche den Bedarf an der neuen öffentlichen Apotheke als nicht gegeben oder die Existenzfähigkeit ihrer Apotheke durch die Errichtung der neuen Apotheke gemäß § 10 als gefährdet erachten, etwaige Einsprüche gegen die Neuerrichtung innerhalb längstens sechs Wochen, ......., geltend machten können, daß später einlangende Einsprüche aber nicht in Betracht gezogen werden.“
§ 51 Abs. 3 ApG bestimmt:
„(3) Gegen eine Entscheidung der Landesbehörden, mit welcher die Konzession zum selbständigen Betriebe einer Apotheke verweigert wird, steht dem Gesuchsteller, gegen die Erteilung der Konzession aber denjenigen Inhabern öffentlicher Apotheken, welche gemäß § 48, zweiter Absatz, rechtzeitig einen Einspruch erhoben haben, die Berufung an das Ministerium für Gesundheit und öffentlicher Dienst zu. .......“
Der wiedergegebene § 51 Abs. 3 ApG in der Fassung der ApGNov 1984 enthält ebenso wie der frühere § 51 Abs. 3 ApG keine (ausdrückliche) Regelung über die Parteistellung des von der Konzession zur Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke betroffenen hausapothekenführenden Arztes.
§ 51 Abs. 3 ApG enthält aber, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. September 1982, Zlen. 82/08/0139, 0140 = ZfVB 1983/4/1537, ausgesprochen hat, auch keine abschließende Regelung des Berufungsrechtes und damit der Parteistellung. § 51 Abs. 3 ApG bedeute keine Einschränkung der Parteistellung jener Personen, denen diese Stellung schon zufolge des § 8 AVG 1950 zukomme. Er beinhalte vielmehr die ausdrückliche Anerkennung der Parteistellung weiterer Personen, nämlich der Inhaber der Nachbarapotheken, deren faktisches Interesse an der Nichterrichtung einer neuen Apotheke, die ihre Existenz gefährden könnte, durch diese Vorschrift zu einem rechtlich geschützten erhoben werde. Daher stehe z.B. dem Inhaber der Konzession einer Nachbarapotheke, in deren Standort durch die Erteilung einer neuen Apothekenkonzession eingegriffen werde, das Berufungsrecht ohne Rücksicht auf die Einspruchserhebung im Sinne des § 48 Abs. 2 ApG zu.
Wenn demgegenüber der Berichterstatter in der 437. Sitzung des Abgeordnetenhauses, XVII. Session, vom 16. Oktober 1906 die Meinung vertrat, es sei nicht am Platze, jeden einzelnen Arzt, der in dem Rayon, in dem eine neue öffentliche Apotheke errichtet werden sollte, eine Hausapotheke führe, anzuhören, das könnte zu Nichtigkeitsbeschwerden führen, so kennzeichnet dies deutlich eine bestimmte rechtspolitische Zielsetzung. Im Hinblick auf das spätere Inkrafttreten der Art. 129 ff und 144 B‑VG sowie des § 8 AVG hält der Verwaltungsgerichtshof allerdings an seiner von VfSlg. 5648/1967 in diesem Punkt abweichenden Rechtsauffassung fest, daß § 51 ApG keine abschließende Regelung der Parteistellung enthält. (Für den vorliegenden Fall kann daher dahingestellt bleiben, ob diese Bestimmung tatsächlich bloß faktische Interessen des Inhabers einer Nachbarapotheke zu rechtlichen erhebt oder ob nicht ‑ unter dem Gesichtspunkt der gesetzlich geregelten Versorgungsaufgabe der öffentlichen Apotheken ‑ eine in einem solchen Maße schutzwürdige Interessenlage des Inhabers der bestehenden Apotheke vorliegt, daß von einem rechtlichen Interesse zumindest am Existenzgefährdungsschutz dieser bestehenden Heilmittelabgabestelle gesprochen werden könnte und sich § 51 Abs. 3 ApG diesbezüglich nur als Klarstellung erwiese).
2.2. Ob nun eine Person Partei eines Verwaltungsverfahrens ist, kann nicht an Hand des § 8 AVG 1950 allein ‑ wonach Personen, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien sind ‑, sondern muß im Zusammenhang mit dem Inhalt der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschriften beurteilt werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 31. Jänner 1979, Slg. N.F. Nr. 9757/A, vom 10. Februar 1969, Slg. N.F. Nr. 7507/A, und vom 16. Februar 1962, Slg. N.F. Nr. 5722/A).
Bei der Beurteilung des Ausmaßes der Berührungsdichte subjektiver Interessen und damit ihrer verfahrensrechtlich zu garantierenden Schutzwürdigkeit wird im vorliegenden Fall daher in erster Linie das ApG heranzuziehen sein.
2.3. Für die Beurteilung der gestellten Frage sind folgende Regelungen über die Heilmittelversorgung der Bevölkerung von Bedeutung: Das ApG regelt nicht nur Berufsantritts- und Berufsausübungsvoraussetzungen, also den Marktzugang der Pharmazeuten untereinander, sondern weist auch den praktischen Ärzten dort, wo eine öffentliche Apotheke nicht besteht, einen Teil der Versorgungsaufgabe zu (vgl. zum folgenden auch Puck, Die Prüfung des Bedarfes bei öffentlichen Apotheken, Winkler‑FS, 213, 217). Die Zahl der bestehenden ärztlichen Hausapotheken von ca. 950 im Verhältnis zu einer etwa gleich großen Zahl von öffentlichen Apotheken zeigt, daß die Versorgungssysteme einander ergänzen und die durch ärztliche Hausapotheken zu erfüllende Versorgungsaufgabe nicht nur als marginal bezeichnet werden kann.
Die ApGNov 1984 brachte hier einige Veränderungen gegenüber der früheren Rechtslage.
§ 10 ApG lautet auszugsweise:
„(1) Die Konzession für eine neu zu errichtende Apotheke ist zu erteilen, wenn
1. in der Gemeinde des Standortes der Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat,
2. ein Bedarf für eine Apotheke besteht und
3. durch die Neuerrichtung die Existenzfähigkeit bestehender öffentlicher Apotheken nicht gefährdet wird.
(2) …..Ein Bedarf ist jedenfalls nicht anzunehmen, wenn
1.a) in Orten, in denen keine öffentliche Apotheke besteht, die Zahl der in einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke zu versorgenden Personen weniger als 5.500 beträgt oder
b) in Orten, in denen eine oder mehrere öffentliche Apotheken bestehen, die Zahl der von der neuen Apotheke zu versorgenden Personen weniger als 5.500 beträgt. ....“
§ 29 ApG lautet auszugsweise:
„(1) Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist einem praktischen Arzt auf Antrag zu erteilen, wenn sich in der Ortschaft, in welcher der Arzt seinen Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befindet und der Berufssitz des Arztes von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke mehr als sechs Straßenkilometer entfernt ist.
…..
(4) Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke zurückzunehmen, wenn die Wegstrecke zwischen Berufssitz des Arztes und Betriebsstätte der neu errichteten öffentlichen Apotheke vier Straßenkilometer nicht überschreitet.
(5) Der Inhaber der neu errichteten öffentlichen Apotheke (Abs. 4) ist verpflichtet, den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Apotheke der Behörde mitzuteilen. Die Behörde hat die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung auf Antrag des Inhabers der öffentlichen Apotheke mit Bescheid so rechtzeitig auszusprechen, daß die Einstellung des Hausapothekenbetriebes mit dem Tag der Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke erfolgt. Gegen einen Bescheid, mit welchem die Hausapothekenbewilligung zurückgenommen wird, ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.
(6) Der Inhaber der neu errichteten öffentlichen Apotheke (Abs. 4) ist bei Einstellung des Hausapothekenbetriebes gemäß Abs. 5 verpflichtet, die nach der jeweils geltenden arzneimittelrechtlichen Vorschriften verwendungsfähigen Vorräte der Hausapotheke auf Begehren des Arztes gemäß Abs. 7 abzulösen.“
§ 30 ApG normiert auszugsweise:
„(1) Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke berechtigt einen praktischen Arzt zur Verabreichung von Arzneimitteln an die in seiner Behandlung stehenden Personen, sofern die Behandlung nicht an einem Ort, an dem eine öffentliche Apotheke vorhanden ist, oder im Umkreis von vier Straßen-kilometern, gemessen von der Betriebsstätte einer öffentlichen Apotheke, stattfindet. Die zweitgenannte Einschränkung gilt nicht für innerhalb dieses Umkreises rechtmäßig bestehende ärztliche Hausapotheken.
(2) ......“
Das bisherige Bedarfserfordernis für die Bewilligung einer ärztlichen Hausapotheke wurde formalisiert. Maßgebend nach § 29 Abs. 1 ApG ist nunmehr, daß der Berufssitz des Arztes, die Ordination, von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke mehr als sechs Straßenkilometer entfernt ist. § 29 Abs. 1 ApG fordert die Existenzfähigkeit der öffentlichen Nachbarapotheke nicht mehr als Bewilligungsvoraussetzung; dem öffentlichen Apotheker steht diesbezüglich gemäß § 53 ApG (mangels sinngemäßer Anwendbarkeit von § 51 Abs. 3 ApG auf diesen Fall) kein Einspruchs- und Berufungsrecht zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1985, Slg. N.F. Nr. 11756/A, und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. November 1985, Slg. Nr. 10692). Der Gesetzgeber geht offenbar davon aus, daß die bestehende öffentliche Apotheke mit ihrem Kundenpotential innerhalb der sechs Kilometer-Zone durch die Heilmittelabgabe durch den Arzt (die nur an die in seiner Behandlung bestehenden Personen erfolgen darf, sofern die Behandlung nicht an dem Ort, an dem die öffentliche Apotheke besteht, oder im Umkreis von vier Straßenkilometern, gemessen von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke, stattfindet) bei einer Durchschnittsbetrachtung nicht existenzbedroht sein wird und daß eine in Ausnahmsfällen dennoch eintretende Existenzgefährdung wegen der Verbesserung der Heilmittelversorgung insgesamt infolge Verkürzung der Anmarschwege zur Abgabestelle in Kauf genommen werden könne. Es erfolgte also eine geographische Abgrenzung zwischen den beiden Versorgungssystemen. Der Primat der Heilmittelversorgung durch die öffentlichen Apotheken findet ungeachtet dieser weitgehend formalisierten Trennung der beiden Versorgungsteilsysteme noch immer im § 29 Abs. 4 bis 8 ApG seinen normativen Niederschlag. Danach ist die Hausapothekenbewilligung bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke ‑ nunmehr auf Antrag, also kraft Rechtsanspruches des Konzessionsinhabers ‑ zurückzunehmen, wenn die Wegstrecke zwischen Berufssitz des Arztes und Betriebsstätte der neu errichteten öffentlichen Apotheke vier Straßenkilometer nicht überschreitet. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage kommt es im Verfahren betreffend die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung auf die Frage der Entbehrlichkeit der ärztlichen Hausapotheke nicht mehr an. Auch für diesen Neuerrichtungsfall einer öffentlichen Apotheke gilt, daß die weiter als vier Straßenkilometer entfernt liegenden ärztlichen Hausapotheken nach dem Konzept des Gesetzgebers als für die Heilmittelversorgung offenbar notwendig erachtet und daher in ihrem Bestand unberührt bleiben.
2.4. Die Tätigkeit des praktischen Arztes bei Haltung seiner ärztlichen Hausapotheke stellt sich als die Gebrauchnahme von einer öffentlich‑rechtlichen Bewilligung dar. Darüber-hinaus bedeutet diese Bewilligung eine Ausnahme vom Versorgungsmonopol der öffentlichen Apotheken und somit von der auf diesem Gebiet dem Arzt auferlegten Beschränkung seiner Erwerbsausübungsfreiheit im Sinne des Art. 6 StGG.
Handelt es sich also bei der Haltung einer ärztlichen Hausapotheke um die Gebrauchnahme der aus der Bewilligung erfließenden Rechte, dann setzt die Bejahung der hier zu lösenden Frage der Parteistellung im Verwaltungsverfahren, betreffend die Beschränkung oder Aufhebung dieser Rechte, nicht voraus, daß diese Rechte zum Kernbereich der „civil rights“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK zu zählen sind (vgl. das den „civil‑rights‑Charakter“ der aus einer öffentlichen Apothekenkonzession erfließenden Rechte verneinende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1988, B 1450/88; vgl. aber auch die diesen Charakter bejahenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in den Fällen König, EuGRZ 1978, 405, Le Compte und andere, EuGRZ 1981, 551, Albert und Le Compte, EuGRZ 1983, 190, sowie Pudas, EuGRZ 1988, 448).
2.5.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 22. November 1984, Zlen. 84/08/0217, 0218, Slg. N.F. Nr. 11.594/A = ZfVB 1985/4/1304, eingehend dargetan und begründet hat, ist die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung nicht allein von der Tatsache der Errichtung einer öffentlichen Apotheke in einer Entfernung von weniger als vier Straßenkilometern von der Ordination des Arztes abhängig. Die Behörde hat nicht nur die tatsächliche Betriebsaufnahme, sondern auch das Vorliegen einer rechtswirksamen Konzessionsverleihung (d.h. einer rechtskräftigen Bewilligung oder einer erstinstanzlichen Bewilligung unter Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung) zu prüfen. An diese beiden Tatbestandsmomente, aber nur an diese beiden, knüpfe der Gesetzgeber die Zurücknahmeverpflichtung.
Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Rechtsauffassung fest, da dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden kann, er habe auch der Errichtung einer bewilligungslosen Apotheke dieselbe Wirkung hinsichtlich der Zurücknahme der ärztlichen Hausapotheke beimessen wollen wie jener öffentlichen Apotheke, für die das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere des Bedarfes, bescheidmäßig festgestellt worden sind.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im genannten Erkenntnis vom 22. November 1984 weiters ausgeführt, es stehe ‑ jedenfalls ‑ im Bewilligungszurücknahmeverfahren betreffend die ärztliche Hausapotheke dem hausapothekenführenden Arzt als Partei dieses Verfahrens keine Möglichkeit offen, die Frage der Rechtmäßigkeit des Bewilligungsbescheides betreffend die Errichtung der neuen öffentlichen Apotheke aufzurollen.
Der Verwaltungsgerichtshof bleibt auch bei dieser seiner Auffassung, daß der betroffene Arzt nicht im Bewilligungsrücknahmeverfahren die Rechtmäßigkeit der Apothekenkonzession ‑ mit der dem Gesetzgeber nicht zu unterstellenden Konsequenz, daß allenfalls seine Hausapotheke neben der öffentlichen Apotheke bestehen bliebe ‑ bekämpfen kann. Für eine neuerliche Beurteilung der Konzessionsvoraussetzungen im Zurücknahmeverfahren bietet § 29 Abs. 4 und 5 ApG keinen Anhaltspunkt. Auch wäre dies für die sodann innerhalb der Vier‑Kilometer‑Zone (als gemäß § 30 Abs. 1 ApG „rechtmäßig“) weiterbestehende ärztliche Hausapotheke - sofern sie sich am selben Ort wie die öffentliche Apotheke befindet ‑ kein Gewinn, weil auch die an sich rechtmäßig innerhalb der Vier‑Kilometer‑Zone weiterbestehende ärztliche Hausapotheke keine Heilmittel an Patienten abgeben darf, wenn die Behandlung am Ort, an dem die öffentliche Apotheke besteht, erfolgt. Die ausnahmeweise den innerhalb der Vier‑Kilometer‑Zone rechtmäßig weiterbestehenden Hausapotheken gemäß § 30 Abs. 1 zweiter Satz ApG eingeräumte Befugnis zur Heilmittelabgabe betrifft nämlich zwar Fälle der Behandlung innerhalb des Umkreises von vier Straßenkilometern von der öffentlichen Apotheke, gilt aber nicht für Fälle der Behandlung an dem Ort, an dem die Apotheke vorhanden ist.
2.5.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem zuletzt zitierten Erkenntnis schließlich angedeutet, daß nach der neuen Rechtslage eine Parteistellung des hausapothekenführenden Arztes im Apothekenkonzessionierungsverfahren zu erwägen sein werde, daß die Klärung der Frage, ob ein solches rechtliches Interesse bestehe, allerdings nicht Gegenstand des damaligen Beschwerdeverfahrens sei.
Diese Überlegung ist in der Tat zutreffend. Der Umstand allein, daß dem Arzt im Bewilligungsrücknahmeverfahren Parteistellung zukommt, in welchem seine Einwendungen auf die Frage der richtigen Feststellung der Entfernung von vier Straßenkilometern, der rechtswirksamen Konzessionserteilung und der tatsächlichen Errichtung der öffentlichen Apotheke reduziert sind, vermag seinen Interessen, die durch den Entzug der Berechtigung berührt werden, nicht den erforderlichen und wirksamen Schutz zu gewährleisten. Der betroffene Arzt kann insbesondere nicht den mangelnden Bedarf nach der öffentlichen Apotheke einwenden.
Ist für einen Rechtsverlust ‑ jedenfalls sofern er wie bei der Zurücknahme der Bewilligung einer ärztlichen Hausapotheke in einem behördlichen Entziehungsakt verfügt wird und ein besonderes Maß der Betroffenheit des Berechtigten aufweist ‑ eine der Voraussetzungen ein in einem anderen Verfahren ergangener Verwaltungsakt, dann „streitet im demokratischen Rechtsstaat eine Vermutung“ dafür (wie dies der Verwaltungsgerichtshof für das Verhältnis von behördlicher Pflicht und einem zur Rechtsverfolgung legitimierenden Interesse im Erkenntnis vom 14. Oktober 1976, Slg. N.F. Nr. 9151/A, im Anschluß an Otto Bachof ausgedrückt hat), daß der Verpflichtung der Behörde zu gesetzmäßigem Handeln in diesem vorgelagerten Verfahren ein entsprechendes subjektives Recht des Betroffenen korrespondiert, im Ermittlungsverfahren mitzuwirken, den Bescheid zugestellt zu erhalten und letztlich seine Kontrolle vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes herbeizuführen (vgl. gerade dazu die recht enthüllenden Ausführungen des seinerzeitigen Berichters im Abgeordnetenhaus wie im Punkt 2.1. dargestellt).
Es ist somit zwar durchaus richtig, daß die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke als eine bloß bedingte anzusehen ist. Nicht zwingend ist allerdings (anders als der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 15. Dezember 1967, Slg. Nr. 5648, und der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 24. September 1982, Zlen. 82/08/0139, 0140 = ZfVB 1983/4/1537, judiziert haben), daß daraus die mangelnde Parteistellung im Konzessionierungsverfahren betreffend die neue öffentliche Apotheke folge. Im Gegenteil. Die beiden Arten der Versorgung ein- und desselben Bevölkerungsteiles mit Heilmitteln sind in der Weise miteinander verzahnt, daß die Feststellung, für eine neue öffentliche Apotheke sei ein ausreichender Bedarf nicht gegeben, das Weiterbestehen der ärztlichen Hausapotheke zur Folge hat. Die Rechtswirksamkeit der Konzessionserteilung hingegen ist eine der Voraussetzungen für die Zurücknahme der ärztlichen Hausapotheke. Im Hinblick auf die mit dieser Verzahnung gegebene Betroffenheitsdichte hat derjenige, dessen Rechtsbefugnis zurückgenommen werden soll, ein Recht darauf, daß der Eintritt der Bedingungen, die zum Rechtsverlust führen ‑ und dazu zählt im Beschwerdefall auch die Rechtmäßigkeit des präjudiziellen, eine andere Person begünstigenden Verwaltungsaktes ‑, in einem gesetzmäßigen Verfahren unter seiner Mitwirkung festgestellt wird. Wie vorhin dargetan, kann diese Mitwirkung im vorliegenden, stufenförmig gestalteten Verfahren nur in der Vorstufe, also im Apothekenkonzessionsverfahren, und nicht im Rücknahmeverfahren betreffend die Hausapothekenbewilligung erfolgen. Der von der Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung bedrohte praktische Arzt, dessen Ordination weniger als vier Straßenkilometer von der künftigen Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke entfernt ist, hat somit im Apothekenkonzessionsverfahren Parteistellung (vgl. im Anschluß an das hg. Erkenntnis vom 22. November 1984, Zlen. 84/08/0217, 0218, Slg. 11.594/A = ZfVB 1985/4/1304, auch Schwamberger, zur Frage der Parteistellung des eine Hausapotheke führenden Arztes im Verfahren zur Erteilung der Konzession für eine öffentliche Apotheke, ZfV 1986, 545, und dessen Hinweis auf Davy, Grundrechtsgefährdung und Technik, ZfV 1985, 133).
2.6. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die Rechtsauffassung, auf Grund derer die belangte Behörde die Parteistellung der beschwerdeführenden, je eine Hausapotheke führenden Ärzte im Verfahren betreffend die Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke durch den Mitbeteiligten verneint hat, unzutreffend ist. Wegen dieser unrichtigen Rechtsauffassung hat sie keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke und der Ordination der Beschwerdeführer weniger als vier Straßenkilometer beträgt, was zur Bejahung ihrer Parteistellung hätte führen müssen. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.
Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2.7. Es bedurfte jedenfalls keines verstärkten Senates im Grunde des § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG, weil dieses Erkenntnis auf Grund eines formell neuen Gesetzes ergeht. Das gilt selbst für den Fall, daß die neue Gesetzesvorschrift inhaltlich dem alten Gesetz entspräche (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. Februar 1979, Slg. N.F. Nr. 5341/F, vom 20. Jänner 1981, Slg. N.F. Nr. 10.344/A, und vom 13. Februar 1984, Zl. 83/12/0056).
2.8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren an Stempelgebührenersatz für eine nicht erforderliche Beilage war abzuweisen.
2.9. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 19. Dezember 1989
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)