Normen
AVG §1
AVG §13a
AVG §18 Abs4
AVG §42 Abs1
AVG §56
AVG §68 Abs1
AVG §68 Abs4 lita
AVG §68 Abs4 Z1
BauRallg
VwGG §42 Abs2 litb
VwGG §42 Abs2 Z2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1984060097.X00
Spruch:
Der Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 12. September 1983, Zl. A 17-K-23.382/14-1983, wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 6. Oktober 1983, Zl. A 17-K-23.382/14-1983, wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 3. Juli 1980 wurde die Widmung des Grundstückes Nr. nn/1, EZ. 1877, KG X unter Festsetzung bestimmter Auflagen und Bedingungen für Wohnzwecke bewilligt, der Bescheid allerdings nur den Mitbeteiligten zugestellt.
Mit Schreiben vom 21. August 1980 suchten sodann die mitbeteiligten Parteien um die Baubewilligung für den Neubau eines Familienwohnhauses auf diesem Grundstück an.
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 10. April 1981 wurde dieses Ansuchen gemäß den §§ 57 und 61 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 in Verbindung mit § 3 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 30. April 1975 über den Flächennutzungsplan der Landeshauptstadt Graz sowie mit § 3 der Verordnung des Gemeinderates vom Dezember 1980 zur Sicherung einer geordneten Entwicklung des Baugeschehens (Bausperre III) abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 17. September 1981 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Nach Erhebung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof durch die Mitbeteiligten wurde die Ausweisung im korrigierten Flächenwidmungsplanentwurf auf Wohngebiet abgeändert.
Auf Grund dieser geänderten Ausweisung des gegenständlichen Grundstückes im korrigierten Flächenwidmungsplanentwurf für die Stadt Graz wurde sodann mit Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 24. März 1982 gemäß § 68 Abs. 2 AVG 1950 der Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 17. September 1981, womit den Berufungen der mitbeteiligten Parteien gegen einen erstinstanzlichen, ein Bauansuchen abweisenden Bescheid keine Folge gegeben worden war, behoben (womit die Mitbeteiligten im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof klaglos gestellt wurden). Dies wurde mit der Korrektur des Flächenwidmungsplanentwurfes und der nunmehrigen Ausweisung des Areals als Wohngebiet begründet.
Mit Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom selben Tag wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 den Berufungen der mitbeteiligten Parteien gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 10. April 1981 stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid behoben. Dies mit der Begründung, daß durch die nunmehrige Ausweisung als Wohngebiet kein Widerspruch zur Bausperreverordnung III des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 11. Dezember 1980 mehr bestehe.
In der Folge legte die erstmitbeteiligte Partei neue Baupläne vor, nach denen insgesamt 11 Wohnungen und auch 11 Stellplätze für Kfz vorgesehen sind.
Mit Schreiben u.a. auch der Beschwerdeführer vom 12. April 1983 ersuchten diese als Anrainer, die auch als Parteien an der Widmungsverhandlung vom 14. April 1980 teilgenommen hatten, um Zustellung des Widmungsbescheides. Dieser mit Juli 1980 datierte Bescheid des Gemeinderates wurde den Beschwerdeführern mit Mitteilung vom 13. Juni 1983 zugestellt. Die dagegen verspätet erhobene Beschwerde wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Mai 1984, Zlen. 83/06/0237, 0238, 0239, zurückgewiesen, ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Versäumung der Beschwerdefrist abgewiesen.
Über das gegenständliche Bauvorhaben fand sodann am 14. April 1983 eine mündliche Verhandlung statt, bei der die Beschwerdeführer vorbrachten, daß sie gegen die geplante Errichtung des zweigeschoßigen Wohnhauses mit 11 Wohnungen protestieren und die Hinzuziehung eines Landschaftsschutz- sowie eines Denkmalschutzsachverständigen beantragen würden.
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 4. Mai 1983 wurde sodann den mitbeteiligten Parteien gemäß den §§ 57 und 62 der Stmk Bauordnung 1986 und § 28 der Stmk Garagenordnung 1979 die plan- und beschreibungsgemäße Errichtung eines nicht unterkellerten, zweigeschoßigen Wohnhauses mit 11 Wohneinheiten sowie einer Kfz-Abstellfläche für 11 Pkw auf dem Grundstück Nr. nn/1, EZ. 1877, KG. X unter Vorschreibung verschiedener Auflagen bewilligt. Das Vorbringen u.a. der Beschwerdeführer wurde teilweise als unzulässig zurückgewiesen, teilweise als unbegründet abgewiesen. Dies wurde damit begründet, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Einwendung im Sinne der Vorschriften über die Erteilung einer Baubewilligung nur dann vorliege, wenn der Nachbar die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend mache. Ein Vorbringen, das keine solche Behauptung zum Gegenstand habe, stelle keine dem Gesetz entsprechende Einwendung dar und sei als unzulässig zurückzuweisen. Ein nur allgemein gehaltener Protest gegen ein Bauvorhaben verpflichte die Behörde nicht zu untersuchen, ob durch das Projekt subjektive Rechte einspruchwerbender Parteien verletzt werden können, sondern sei als unzulässig zurückzuweisen. Zum mehrfach vorgebrachten Begehren auf Beiziehung besonderer Sachverständiger im Zusammenhang mit Fragen des Landschafts- und des Umweltschutzes sei auf § 52 Abs. 2 AVG 1950 hinzuweisen, wonach der Behörde die Beiziehung zusätzlicher Sachverständiger nur gestattet sei, wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten scheine. Beim verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben seien die der Behörde beigegebenen Sachverständigen nach Prüfung sämtlicher Unterlagen zu dem Schluß gekommen, daß keine negative Wirkung auf die unmittelbare Umgebung zu befürchten sei und das Vorhaben in bau-, feuer- und umwelthygienischer Hinsicht den Bestimmungen der Bauvorschriften entspreche. Im übrigen seien Vorschriften zum Schutze des Stadtbildes vor Verunstaltung und die Beachtung schönheitlicher Rücksichten solche öffentlicher Natur, welche zu vertreten ausschließliche Amtspflicht der Baubehörde, also nicht Sache der Nachbarn sei. Ein Anspruch auf Wahrung des örtlichen Stadtbildes stehe daher den einzelnen Nachbarn nicht zu.
Gegen diesen Bescheid erhoben u.a. die Beschwerdeführer Berufung, in der sie vorbrachten, daß ihnen der Widmungsbescheid vom 3. Juli 1980 noch nicht zugestellt und deshalb die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 der Stmk Bauordnung 1968 für die Erteilung einer Baubewilligung nicht gegeben sei. Überdies hätten sie bei der Verhandlung nicht nur gegen die Errichtung eines Wohnhauses mit 11 Wohnungen protestiert, sondern spezifiziertere Einwendungen in der Verhandlung erhoben und würden sich gegen die unrichtige Aufnahme ihrer Einwendungen in der Verhandlung wenden. Die Pflicht des Verhandlungsleiters wäre es gewesen, für die richtige, vollständige und wahrheitsgetreue Wiedergabe des Verhandlungsablaufes und der geltend gemachten Einwendungen in der Verhandlungsschrift zu sorgen. Der Verhandlungsleiter hätte seine Amtspflicht nach § 13a AVG 1950 wahrnehmen und den Beschwerdeführern die nötigen Anleitungen bei der Einwendungserhebung erteilen müssen. Inhaltlich brachten die Beschwerdeführer vor, daß es sich beim gegenständlichen Bauwerk nicht um eine zweigeschoßige Verbauung, sondern in Wahrheit durch den Dachausbau um eine dreigeschoßige Verbauung handle, der Gebäudeabstand von der Nachbargrenze nicht gewahrt sei, die Bebauungsdichte nicht den gesetzlichen Vorschriften entspreche und die Bestimmung des § 51 Abs. 6 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes nicht angewandt worden sei. Hinsichtlich der Pkw-Abstellplätze werde eine unzulässige Staub-, Lärm- und Abgasbelästigung geltend gemacht. Da den Beschwerdeführern die Widmungsbewilligung noch nicht zugestellt worden sei, wurde von ihnen vorsichtshalber auch die Nichteinhaltung der Straßenfluchtlinien, der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bebauungsweise, des Verwendungszweckes der Bauten, des Bebauungsgrades, des Höchstmaßes der Gebäudehöhe und die Lage und Größe der Freiflächen geltend gemacht.
Zwischenzeitig wurde der Flächenwidmungsplan für die Landeshauptstadt Graz 1982 am 24. Juni 1983 rechtswirksam.
In der Folge wurde - offenbar irrtümlich - ohne zugrundeliegenden Gemeinderatsbeschluß namens des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz ein mit 12. September 1983 datierter Bescheid ausgefertigt und zugestellt, demzufolge den Berufungen u. a. der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge gegeben wurde. Dieser Bescheid - versehen mit dem Beglaubigungsvermerk der Kanzlei - wurde sämtlichen am Verfahren beteiligten Parteien zugestellt. Er ist der erste der von den Beschwerdeführern im gegenständlichen Verfahren angefochtenen Bescheide.
Mit dem (zweitangefochtenen) Bescheid vom 6. Oktober 1983, nunmehr offensichtlich durch den Gemeinderatsbeschluß vom 6. Oktober 1983 gedeckt, wurde - erneut - den Berufungen u.a. der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 4. Mai 1983 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge gegeben. Dies wurde damit begründet, daß die Beschwerdeführer auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG 1950 sowohl in der Ladung als auch zu Beginn der Lokalaugenscheinsverhandlung am 14. April 1983 aufmerksam gemacht worden seien und es wegen der Bindung an die eingetretene Präklusion der Berufungsbehörde verwehrt sei, in eine sachliche Prüfung des erstmals in der Berufung erstatteten Vorbringens einzugehen. Eine Neuaufrollung des Verfahrensgegenstandes durch ein präkludiertes Berufungsvorbringen sei der Behörde verwehrt. Vielmehr habe sie lediglich zu prüfen, ob die Voraussetzung für den Eintritt der Präklusion vorliege, was im gegenständlichen Fall zu bejahen sei und ob die Beurteilung der rechtzeitig erhobenen Einwendungen durch die Unterbehörde der Rechtslage entsprochen habe. Auch diese Prüfung zeige, daß die Wertung der Einwendungen durch die Unterbehörde dem Gesetz gemäß erfolgt sei. Die Rechtsmittelbehörde habe eine Überprüfung des Berufungsvorbringens nur innerhalb desjenigen Rahmens vorzunehmen gehabt, der durch die rechtzeitig erhobenen Einwendungen der Nachbarn ein für allemal abgesteckt worden sei. Wenn in der Berufung behauptet werde, daß der Verhandlungsleiter durch die unrichtige Aufnahme von Einwendungen der Nachbarn im Zuge der Verhandlung und durch die mangelnde Belehrung entsprechend § 13a AVG 1950 seine Pflichten verletzt habe, so werde dazu ausgeführt, daß der Verhandlungsleiter - wie sich aus Seite 3 der Verhandlungsschrift ergebe - eine weitere Rechtsbelehrung erteilt habe, was den Beweis für die Absicht des Verhandlungsleiters liefere, den Nachbarn ihre rechtliche Position klarzulegen. Dem Verhandlungsleiter könne keine nachbarfeindliche Haltung unterstellt werden. Weiters sei den Nachbarn ihr Vorbringen praktisch zweimal vorgehalten worden und hätten es diese unbeanstandet gelassen; auch habe die Unterbehörde ihre Manuduktionspflicht wahrgenommen, indem sie auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG 1950 hingewiesen habe; eine Belehrung über erfolgversprechende Einwendungsmöglichkeiten habe nicht zu erfolgen. Ein Behördenvertreter würde seine neutrale Position in einem Mehrparteienverfahren verlassen, wenn er den Nachbarn einen Katalog jener subjektiver Rechtsverletzungsmöglichkeiten samt Erfolgsprognose zur Auswahl vorzulegen hätte, die nach den Bestimmungen der Bauordnung ein subjektives und öffentliches Nachbarrecht begründen. Die Rechtsbelehrung dürfe nicht zur parteilichen Rechtsberatung ausufern; als Beispiel für die dem Verhandlungsleiter übertragene Manuduktionspflicht werde angeführt, daß eine Rechtsbelehrung über die Folgen der Nichterhebung von Einwendungen stattzufinden habe. Gerade in diesem Sinn habe aber die Unterbehörde ihrer Rechtsbelehrungspflicht mehrfach entsprochen.
Gegen beide Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den ersten Bescheid wegen Unzuständigkeit der Behörde, den zweiten wegen res iudicata, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes, aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. Zum Bescheid vom 12. September 1983:
Der erstangefochtene Bescheid vom 12. September 1983 stellt sich als eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die Berufung u.a. der Beschwerdeführer gegen die den mitbeteiligten Parteien erteilte Baubewilligung dar. Wie sich - unbestritten von der belangten Behörde - aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, lag diesem Bescheid kein Beschluß des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz zugrunde. Nun ist aber dieser Bescheid nicht als absolut nichtig zu betrachten, wie die belangte Behörde offenbar meint, vielmehr liegt ein vernichtbarer Bescheid vor, der bis zu seiner förmlichen Aufhebung dem Rechtsbestand angehört. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 8. Oktober 1982, Zl. 82/08/0043, ausgesprochen, daß, wenn einem Bescheid, welcher nach seinem Erscheinungsbild intendiert, einem Kollegialorgan zugerechnet zu werden, kein entsprechender Beschluß dieses Organes zugrunde liegt, dieser Bescheid so zu betrachten ist, als ob er von einer unzuständigen Behörde erlassen worden wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1975, Zl. 1250/75, worin noch begründend hinzugefügt wird, in einem solchen Fall - dort handelte es sich auch um einen für den Gemeinderat gefertigten Bescheid - fehle es nämlich an der Ermächtigung zur Ausfertigung des Bescheides). Mangels eines auszufertigenden Beschlusses des Gemeinderates war ja auch der Magistrat zur Ausfertigung eines Bescheides nicht zuständig.
Der Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 12. September 1983 war somit wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.
II. Zum Bescheid vom 6. Oktober 1983:
Die Beschwerdeführer stützen ihre Beschwerde u.a. darauf, daß dem am 6. Oktober 1983 erlassenen Bescheid der wortgleiche, wenn auch ohne dahinterstehenden Beschluß des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz ergangene Bescheid vom 12. September 1983 entgegenstehe, sodaß hinsichtlich des Bescheides vom 6. Oktober 1983 entschiedene Sache vorliege.
Die belangte Behörde bringt in ihrer Gegenschrift dazu vor, daß der Bescheid vom 12. September 1983 ein "Nichtbescheid" sei und deshalb bei Erlassung des Bescheides vom 6. Oktober 1983 nicht von einer entschiedenen Sache ausgegangen werden konnte.
Daß der Bescheid vom 12. September 1983 nicht als "Nichtbescheid", sondern nur als rechtswidriger Bescheid anzusehen ist, wurde bereits zu I. dargelegt. Da dieser durch kein ordentliches Rechtsmittel anfechtbare Bescheid im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 6. Oktober 1983 (noch) dem Rechtsbestand angehörte, weil er durch keinen behördlichen Akt aus dem Rechtsbestand beseitigt worden war, und beide Bescheide einen identen Wortlaut aufweisen, ist damit der Bescheid vom 6. Oktober 1983 in einer Angelegenheit erlassen worden, in welcher bereits ein rechtskräftiger Bescheid vorlag. Ein Bescheid, der in einer schon rechtskräftig entschiedenen Sache nochmals eine Sachentscheidung trifft, ist aber inhaltlich rechtswidrig (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1977, Zl. 1086/77).
Der zweitangefochtene Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz war daher bei dieser Sach- und Rechtslage gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Aus verfahrensökonomischen Gründen wird für das weitere Verfahren darauf hingewiesen, daß die von der belangten Behörde ins Treffen geführte Präklusion der Einwendungen der Beschwerdeführer nur jene Bereiche treffen kann, in denen sich die Beschwerdeführer nicht auf den Mangel der Übereinstimmung der Baubewilligung mit der Widmungsbewilligung berufen. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 14. April 1983, der für den Eintritt der Rechtsfolgen der Präklusion maßgeblich ist, war den Beschwerdeführern nämlich der Inhalt der Widmungsbewilligung noch nicht bekannt, wurde ihnen der diesbezügliche Bescheid doch erst am 16. bzw. 17. Juni 1983 zugestellt, weshalb sie mit ihrem nach dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erhobenen Vorbringen in bezug auf die Widmungsbewilligung nicht präkludiert sein konnten. Die Beschwerdeführer brachten dazu in ihrer Berufung vom 24. Mai 1983 vor, daß die Straßenfluchtlinien, die Baufluchtlinien, die Baugrenzlinien, die Bebauungsweise, der Verwendungszweck der Bauten und der Bebauungsgrad, das Höchstmaß der Gebäude und die Lage und Größe der Freiflächen nicht eingehalten worden seien und überdies eine Widmungsänderung erforderlich scheine, da mehrere dieser Festsetzungen in der Baubewilligung getroffen worden seien, was unzulässig sei. Bei einem Vergleich der Widmungsbewilligung mit dem Gutachten des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 24. April 1983 und der Baubewilligung vom 4. Mai 1983 ist aber nicht zu erkennen, daß eine Verletzung der festgelegten Straßen- und Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien und der Bebauungsweise vorliegt. Der Verwendungszweck der Bauten (Wohnzweck) ist zweifellos gegeben; bezüglich der Anzahl der zu errichtenden Abstellflächen existiert aber laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht. Im übrigen ist auch nicht erkennbar, welche Festsetzungen bzw. Vorschreibungen, die in der Widmungsbewilligung getroffen werden hätten müssen, erstmals in der Baubewilligung getroffen wurden. Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren die Frage der Übereinstimmung der Widmungsbewilligung mit der Baubewilligung bezüglich des Bebauungsgrades, des Höchstmaßes der Gebäudehöhe und der Lage und Größe der Freiflächen zu überprüfen haben, soweit dadurch Rechte der Beschwerdeführer betroffen sein können.
Was das Vorbringen der Beschwerdeführer zur Frage der mangelnden Anleitung während der Verhandlung vom 14. April 1983 betrifft, so weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, daß die belangte Behörde mit Recht davon ausging, daß eine Beratung von Verfahrensparteien oder anderer Beteiligter in materiellrechtlicher Hinsicht nicht zu den Pflichten der Behörde zählt (vgl. Erkenntnis vom 21. Oktober 1986, Zlen. 86/07/0065, 0066 = E 1 zu § 13a AVG 1950 bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 3. Auflage), und daß die Behörde nicht verhalten ist, Unterweisungen darüber zu erteilen, wie ein Vorbringen zu gestalten ist, damit dem Antrag allenfalls stattgegeben werden könnte.
Wenn die Beschwerdeführer die Rechtswidrigkeit des Bescheides erster Instanz mit dem Einwand ins Treffen führten, daß im Sinne des § 2 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung keine rechtskräftige Widmungsbewilligung zu diesem Zeitpunkt vorlag, die Änderung des Flächenwidmungsplanes zwischen dem Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide erster und zweiter Instanz ihnen nicht bekanntgegeben wurde und der Bescheid erster Instanz der Bausperre III widersprochen habe, so ist ihnen entgegenzuhalten, daß die Behörde zweiter Instanz ihrem Bescheid die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides zugrunde zu legen hatte, daß sie also von der Rechtskraft der Widmungsbewilligung und der Rechtswirksamkeit des Flächenwidmungsplanes 1982 auszugehen hatte. Die Beschwerdeführer führen auch nicht aus, was sie im Falle (rechtzeitiger) Kenntnis der neuen Rechtslage zur Geltendmachung ihrer Interessen Neues hätten vorbringen können.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Im Hinblick auf die getroffene
Sachentscheidung erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 24. November 1988
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