Normen
AlVG 1977 §24;
AlVG 1977 §47 Abs1;
AlVG 1977 §47;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §69;
B-VG Art137;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §58 Abs1;
VwRallg;
AlVG 1977 §24;
AlVG 1977 §47 Abs1;
AlVG 1977 §47;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §69;
B-VG Art137;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §58 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Ein Kostenzuspruch findet nicht statt.
Begründung
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 10. November 2011 wurde der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Weiterbildungsgeld ab 11. Juli 2011 eingestellt. Begründend wurde ausgeführt, anhand der vorgelegten Unterlagen sei das geforderte Ausmaß der Weiterbildungsmaßnahme von 20 Wochenstunden nicht nachgewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe mit ihrem Dienstgeber einen Karenzurlaub für Bildungszwecke vom 1. Februar bis 1. November 2011 vereinbart. Die Beschwerdeführerin habe vom 1. Februar 2011 bis 10. Juli 2011 Weiterbildungsgeld bezogen. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens habe die Beschwerdeführerin zumindest glaubhaft machen können, dass ihre Ausbildung "Permakultur" vom 10. Februar bis 10. Juli 2011 durchschnittlich 20 Wochenstunden erfordert habe. Die Ausbildung habe laut den vorgelegten Unterlagen bis 10. Juli 2011 gedauert. Das Engagement der Beschwerdeführerin darüber hinaus (ab 11. Juli bis 31. Oktober 2011) sei nicht Teil der offiziellen Ausbildung; die private gartengestalterische Tätigkeit ermögliche nicht den Bezug des Weiterbildungsgeldes. Da die Bildungsmaßnahme mit 10. Juli 2011 abgeschlossen gewesen sei, gebühre ab 11. Juli 2011 mangels Vorliegens einer Ausbildung kein Weiterbildungsgeld mehr.
Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 16. Dezember 2011 zugestellt.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, am 25. Jänner 2012 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Beschwerde.
Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hatte jedoch der Beschwerdeführerin eine mit 23. Dezember 2011 datierte "Mitteilung über den Leistungsanspruch" übermittelt. Darin wurde ausgeführt:
"aufgrund der von Ihnen vorgelegten Unterlagen sowie Ihrer Angaben und der gesetzlichen Bestimmungen konnte das Arbeitsmarktservice Ihre Leistung wie folgt bemessen:
Beginn | Ende | Leistungsart | Bemessungsgrundlage | Anspruch in EUR |
10.02.2011 | 01.11.2011 | Weiterbildungsgeld | 3.930,00 | Tgl. 45,53" |
Mit Verfügung vom 30. März 2012 wurde den Parteien vorgehalten, dass der angefochtene Bescheid durch diese spätere Mitteilung in seiner Wirkung verdrängt erscheine und die Beschwerdeführerin insoweit (materiell) klaglos gestellt sei. Die Parteien wurden aufgefordert, hiezu Stellung zu nehmen.
Die belangte Behörde teilte dazu mit, es sei aufgrund des Antrages der Beschwerdeführerin in der EDV des Arbeitsmarktservice eine Bezugsdateneingabe für den Zeitraum des gesamten Karenzurlaubes erfolgt (1. Februar bis 1. November 2011). Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice habe mit Bescheid vom 21. Oktober 2011 das Weiterbildungsgeld im Zeitraum vom 1. Februar bis 10. Februar (richtig: Juli) 2011 widerrufen, aber keine Rückforderung ausgesprochen. Auch hinsichtlich des Widerrufsbescheides sei ein Berufungsverfahren anhängig gewesen. Mit Bescheid der belangten Behörde (laut Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten: vom 21. Dezember 2011) sei der Berufung teilweise Folge gegeben worden; das Weiterbildungsgeld sei für den Zeitraum vom 1. bis 9. Februar 2011 widerrufen, hinsichtlich des Zeitraumes vom 10. Februar bis 10. Juli 2011 im Hinblick auf weitere Nachweise über den Inhalt der Bildungsmaßnahme aber nicht widerrufen worden; der Übergenuss sei nicht zurückgefordert worden.
Aufgrund dieser Entscheidung habe die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice wieder die Daten EDV-mäßig hergestellt, sodass die Zeiten vom 10. Februar bis 10. Juli 2011 als Bezugszeiten für den Kranken- und Pensionsversicherungsträger gespeichert seien. Durch die ursprüngliche Eingabe des Arbeitsmarktservice über die Dauer des Weiterbildungsgeldes (bis 1. November 2011) sei aber die Mitteilung vom 23. Dezember 2011 mit der Dauer des Weiterbildungsgeldes vom 10. Februar 2011 bis 1. November 2011 ergangen. Eine geldmäßige Anweisung des Weiterbildungsgeldes vom 11. Juli bis 1. November 2011 durch das Arbeitsmarktservice sei nicht erfolgt. Seit dem 1. November 2011 stehe die Beschwerdeführerin wieder in einem vollversicherten Dienstverhältnis.
Eine Klaglosstellung durch die belangte Behörde sei nicht erfolgt; es werde beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin brachte vor, sie habe das Arbeitsmarktservice mit Schreiben vom 10. Februar, 2. März und 26. März 2012 zur Zahlung des ausstehenden Betrages aufgefordert. Mit Schreiben der regionalen Geschäftsstelle vom 30. März 2012 sei ihr mitgeteilt worden, dass der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Einstellung des Weiterbildungsgeldes rechtskräftig sei, eine Zahlung des Weiterbildungsgeldes bis zu einer anderslautenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nicht erfolgen werde und die Mitteilung nur Informationscharakter habe.
Da die Mitteilung über den Leistungsanspruch auf einem unverändert gebliebenen Sachverhalt beruhe und schon mit dem angefochtenen Bescheid das Weiterbildungsgeld rückwirkend aufgrund dieses Sachverhaltes widerrufen worden sei, könne mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Leistungszuspruch in dieser Mitteilung mittels Bescheiderlassung wiederum widerrufen werde und sie weiterhin beschwert bleiben werde.
Die Beschwerde erweist sich als unzulässig.
§ 24 AlVG (idF BGBl. I Nr. 82/2008) lautet:
"(1) Wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt, ist es einzustellen; wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen. Die bezugsberechtigte Person ist von der amtswegigen Einstellung oder Neubemessung unverzüglich durch Mitteilung an die zuletzt bekannt gegebene Zustelladresse in Kenntnis zu setzen. Die bezugsberechtigte Person hat das Recht, binnen vier Wochen nach Zustellung der Mitteilung einen Bescheid über die Einstellung oder Neubemessung zu begehren. Wird in diesem Fall nicht binnen vier Wochen nach Einlangen des Begehrens ein Bescheid erlassen, so tritt die Einstellung oder Neubemessung rückwirkend außer Kraft und die vorenthaltene Leistung ist nachzuzahlen. Ein späterer Widerruf gemäß Abs. 2 und eine spätere Rückforderung gemäß § 25 werden dadurch nicht ausgeschlossen.
(2) Wenn die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet war, ist die Zuerkennung zu widerrufen. Wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, ist die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Ist die fehlerhafte Zuerkennung oder Bemessung auf ein Versehen der Behörde zurückzuführen, so ist der Widerruf oder die Berichtigung nach Ablauf von fünf Jahren nicht mehr zulässig."
§ 47 Abs. 1 AlVG (idF BGBl. I Nr. 47/1997) - eine Bestimmung des Artikels III (Verfahren) des AlVG - lautet:
"Wird der Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe anerkannt, so ist dem Leistungsbezieher eine Mitteilung auszustellen, aus der insbesondere Beginn, Ende und Höhe des Leistungsanspruches hervorgehen. Wird der Anspruch nicht anerkannt, so ist darüber dem Antragsteller ein Bescheid auszufolgen. Ausfertigungen, die im Wege der automationsunterstützten Datenverarbeitung erstellt wurden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung."
Gemäß § 26 Abs. 7 AlVG sind - betreffend Weiterbildungsgeld - u. a. die Bestimmungen des "§ 24 (Berichtigung)" sowie Artikel III (Verfahren) mit Ausnahme des § 49 (Kontrollmeldungen), mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes das Weiterbildungsgeld tritt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer Mitteilung nach § 47 Abs. 1 AlVG, aus der insbesondere Beginn, Ende und Höhe des Leistungsanspruches hervorzugehen hat, zwar kein Bescheidcharakter zu. Wenn aber die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 47 Abs. 1 AlVG die Anerkennung von Ansprüchen in Form einer bloßen Mitteilung ausgesprochen hat, kann die Verweigerung dieser Leistung - aus welchem Grund immer - nur auf Grund eines Bescheides erfolgen. Der Schutz, welchen § 24 AlVG der Partei vor einem willkürlichen Widerruf gewährter Geldleistungen gewähren soll, ersetzt in jenen Fällen, in denen eine Leistung ohne Erlassung eines Bescheides (§ 47 AlVG) im Wege einer Mitteilung antragsgemäß zuerkannt wurde, bis zu einem gewissen Grad die fehlende Rechtskraft, durchbricht aber auch diesen Schutz (und auch die Rechtskraft im Falle der bescheidmäßigen Zuerkennung) insoweit, als eine auch rückwirkende Korrektur der Leistungen unter den im § 24 AlVG genannten Voraussetzungen ohne Bindung an die strengen Voraussetzungen des § 69 AVG zulässig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2011, Zl. 2007/08/0181, mwN).
Eine Mitteilung über den Leistungsanspruch hat demnach - entgegen der im Schreiben der belangten Behörde vom 30. März 2012 vertretenen Rechtsmeinung - nicht bloß Informationscharakter, auch wenn zutrifft, dass es sich dabei um keinen Bescheid handelt.
Im hier vorliegenden Fall wurde bereits vor dieser Mitteilung über den Leistungsanspruch (vom 23. Dezember 2011) mit Bescheid (der regionalen Geschäftsstelle vom 10. November 2011, bestätigt mit dem durch Zustellung am 16. Dezember 2011 erlassenen angefochtenen Bescheid vom 14. Dezember 2011) das Weiterbildungsgeld ab 11. Juli 2011 eingestellt.
Setzt sich die Behörde über die materielle Rechtskraft eines Bescheides hinweg und erlässt sie trotz Unwiederholbarkeit in derselben Sache nochmals eine Entscheidung, ohne dazu ermächtigt zu sein, ist der Bescheid zwar rechtswidrig, aber gleichwohl gültig und wirksam. Ein derartiger Bescheid erwächst seinerseits in Rechtskraft (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 49). Der später erlassene Bescheid beseitigt dabei den früher erlassenen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 2004, Zl. 2001/12/0148).
Einer Mitteilung nach § 47 Abs. 1 AlVG kommt zwar - wie bereits ausgeführt - kein Bescheidcharakter zu, die Verweigerung einer in einer derartigen Mitteilung anerkannten Leistung kann aber immer nur auf Grund eines Bescheides und nur unter den in § 24 AlVG normierten Voraussetzungen erfolgen. Solange ein derartiger Bescheid nicht ergangen ist, ist diese Mitteilung wirksam. Sie verdrängt - in gleicher Weise wie ein gegen das Wiederholungsverbot erlassener rechtskräftiger Bescheid - den zuvor erlassenen Bescheid. Der Anspruch ist auch durchsetzbar: Die Auszahlung der anerkannten Leistung (soweit diese noch nicht ausgezahlt wurde) kann mit Klage gemäß Art. 137 B-VG geltend gemacht werden (vgl. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 1996, A2/95, VfSlg. 14.419).
Damit ist aber davon auszugehen, dass bereits zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde der angefochtene Bescheid aufgrund der nach seiner Zustellung erlassenen Mitteilung keine Rechtswirkungen mehr entfalten konnte, und zwar unabhängig davon, ob die Wirkung dieser Mitteilung - wie von der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme angesprochen - durch einen neuerlichen Widerrufsbescheid beseitigt werden könnte; in diesem Fall ergäbe sich die Beschwer der Beschwerdeführerin nicht aus dem nunmehr angefochtenen Bescheid, sondern erst aus diesem neuerlichen Widerrufsbescheid.
Die Beschwerdeführerin konnte daher zur Zeit der Beschwerdeerhebung durch den angefochtenen Bescheid nicht mehr in ihren Rechten verletzt sein, sodass die Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war.
Ungeachtet der Einleitung des Vorverfahrens waren der belangten Behörde aber keine Kosten zuzusprechen. Der Beschwerdeführerin konnte in der hier vorliegenden Situation nicht das Risiko zugemutet werden, den angefochtenen Bescheid, dessen Rechtswirksamkeit durch die nachfolgende Mitteilung unklar geworden war, unbekämpft zu lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2008, Zl. 2005/12/0056; vgl. auch den hg. Beschluss vom 16. März 2011, Zl. 2008/08/0087, je mwN). Es bleibt somit bei der allgemeinen Regel des § 58 Abs. 1 VwGG, wonach jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat.
Wien, am 23. Mai 2012
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)