VwGH 2011/08/0177

VwGH2011/08/017712.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des G K in Wien, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/2/23, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 1. Juni 2011, Zl. 2011-0566-9-001440, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §10 Abs1 Z1;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AlVG 1977 §10 Abs1 Z1;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach einer mit dem Beschwerdeführer von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien L aufgenommenen Niederschrift vom 8. April 2011 wurde dem Beschwerdeführer (nach der Aktenlage am 7. März 2011) eine Beschäftigung als Kaffee-Automatenbetreuer bei der Dienstgeberin J. GmbH mit einer Entlohnung von 1.373,-- brutto zugewiesen. Möglicher Arbeitsantritt wäre der 28. März 2011 gewesen.

Der Beschwerdeführer erklärte der Niederschrift zufolge, gegen die Zumutbarkeit der Beschäftigung keine Einwendungen zu haben, führte aber folgende Einwendung an:

"Ich habe am 14.03.2011 um 8:26h mit Frau (V.) telefonisch Kontakt aufgenommen und mit ihr gesprochen. Ich habe gesagt, dass ich vom AMS vermittelt wurde und habe um einen Vorstellungstermin gebeten bezüglich der besagten Stelle. Daraufhin hat mir Fr. (V.) gesagt, dass die Stelle nicht mehr aktuell sei und im moment nur Damen gesucht werden. Die konkrete Stelle für Kaffeeautomatbetreuer ist nicht mehr frei. Ich habe Fr. (V.) gebeten, sich meinen Namen zu notieren, mehrmals, da ich davon ausgegangen bin, dass das AMS diesbezüglich mit ihr Kontakt aufnimmt. Wobei sie darauf gesagt hat, dass normalerweise sowas vom AMS nicht geprüft wird und daher keine Notwendigkeit gegeben sei. Am 15.3. gleich am nächsten Tag bin ich in die InfoZone gegangen und habe diese Information dem Kollegen gegeben, dass nur weibliches Personal dzt. gesucht wird über diese Firma. Er hat zu mir gesagt, das ist erledigt, er hat diese meine Info. in den Computer eingegeben.

Auf die Frage der Beraterin, warum ich erst am 14.3.2011 mit dieser Fa. telefonisch Kontakt aufgenommen habe, sage ich, dass mir Frau (F.) gesagt hat, ich solle mich innerhalb der nächsten 2 Wochen bewerben."

In der Niederschrift wurde weiters die telefonische Stellungnahme von V., der am Vermittlungsvorschlag genannten Mitarbeiterin der J. GmbH, festgehalten:

"Es kann auf keinen Fall stimmen, dass dem Kunden telefonisch die Auskunft gegeben wurde, dass nur weibliches Personal für die besagte Stelle aufgenommen werden würde, sowohl weibliches als auch männliches Personal kommt dafür in Frage, die besagte Stelle wurde erst per 28.3.2011 besetzt, es ist aber laufend Bedarf gegeben an Arbeitskräfte für Automatenbetreuung. Frau (V.) kann sich nicht an ein Gespräch erinnern, in welchem sie die Auskunft gegeben hätte, dass nur weibliches Personal in Frage kommen würde."

Mit erstinstanzlichem Bescheid vom 18. April 2011 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien L gemäß § 10 iVm § 38 AlVG den Verlust des Anspruchs auf Notstandhilfe vom 28. März bis zum 8. Mai 2011 aus. Der Beschwerdeführer habe sich geweigert, eine vom Arbeitsmarktservice zugewiesene, zumutbare Beschäftigung bei der J. GmbH ab 28. März 2011 anzunehmen.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom 29. April 2011 wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein Vorbringen aus der Niederschrift vom 8. April 2011. Weiters führte er aus, er habe die Stelle interessant gefunden und "die Konditionen wären durchaus erfüllbar" gewesen. Er habe bei der Erstellung der Niederschrift alle "relevanten Punkte, sowie Namen und Sachverhalte, aber auch seine Telefonrechnung" als Beweis angeführt. Jedoch sei von seiner Beraterin F. für die Beweise, die er angeführt habe, "keinerlei Verwendung gezeigt" worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens stellte die belangte Behörde im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die letzte Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers habe mit 31. Dezember 1997 geendet. Seitdem sei der Beschwerdeführer durchgehend entweder beim Arbeitsmarktservice vorgemerkt oder im Krankengeldbezug.

Am 7. März 2011 sei dem Beschwerdeführer ein Vermittlungsvorschlag als Automatenbetreuer bei der J. GmbH zum sofortigen Eintritt übergeben worden. Der Beschwerdeführer habe diesen nach eigenen Angaben auch erhalten und die dort angegebenen Voraussetzungen erfüllt. Bewerbungen seien entweder nach telefonischer Terminvereinbarung oder per E-Mail erwünscht gewesen; zuständig gewesen sei die dortige Mitarbeiterin V.

Es könne nicht festgestellt werden, "wie die Bewerbungsaktivitäten des Beschwerdeführers im Detail verlaufen sind". Die bereits im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren befragte Mitarbeiterin der J. GmbH, V., könne sich konkret nicht an ein Telefonat mit dem Beschwerdeführer erinnern. V. bestreite jedoch vehement, die vom Beschwerdeführer behauptete Auskunft gegeben zu haben, wonach die Stelle am 14. März 2011 bereits besetzt gewesen sei und nur Frauen aufgenommen würden. Die Stelle sei nach der Aussage von V. erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt, nämlich am 28. März 2011, besetzt worden und es seien dafür grundsätzlich Damen und Herren in Frage gekommen.

Es erscheine nicht lebensnah, dass ausschließlich weibliches Personal für eine Stelle als Automatenbetreuer/in gesucht würde, noch dazu im konkreten Fall, wo anhand der Formulierung des Vermittlungsvorschlages schon klar ersichtlich sei, dass beide Geschlechter angesprochen würden. Weiters erscheine es äußerst unwahrscheinlich, dass der Dienstgeber - ein Arbeitskräfteüberlasser - bei einer sofort zu besetzenden Arbeitsstelle ganze zwei Wochen vor deren tatsächlicher Besetzung mitteile, dass diese schon vergeben sei.

Insgesamt erscheine somit die Aussage "des Dienstgebers" lebensnah und plausibel und die belangte Behörde gehe davon aus, dass es sich bei dem Vorbringen des Beschwerdeführers um eine reine Schutzbehauptung handle und er allem Anschein nach gar nicht mit V. telefoniert habe. Andernfalls wäre nämlich ein persönlicher Vorstellungstermin zustande gekommen oder der Beschwerdeführer wäre aufgefordert worden, seine Bewerbungsunterlagen zu übersenden.

Der Vollständigkeit halber werde festgehalten, dass es dem Beschwerdeführer - unter Zugrundelegung seiner Version des Geschehens - möglich und zumutbar gewesen wäre, sich einerseits unverzüglich nach Aushändigung des Vermittlungsvorschlags zu bewerben und nicht ganze sieben Tage zuzuwarten (und damit eine anderweitige Besetzung in Kauf zu nehmen) oder sich bei diesem konkreten Arbeitskräfteüberlasser nach einer anderen freien Stelle zu erkundigen oder zumindest (für eine Evidenzhaltung für die Zukunft) trotzdem seine Bewerbungsunterlagen zu übersenden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (unter anderem) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer anzunehmen.

Gemäß § 9 Abs. 2 AlVG ist eine Beschäftigung zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung.

Nach § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG verliert die arbeitslose Person, wenn sie sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen.

Gemäß § 38 AlVG ist diese Bestimmung auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. September 2007, Zl. 2006/08/0157, mwN).

Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht. Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 2006, Zl. 2005/08/0049, uva).

2. Im Beschwerdefall ist im Wesentlichen strittig, ob der Beschwerdeführer entsprechend der Aufforderung in seiner Zuweisung bei der J. GmbH angerufen hat, um einen Vorstellungstermin zu vereinbaren, bzw. ob ihm von der Mitarbeiterin V. des potentiellen Dienstgebers bei diesem Gespräch mitgeteilt wurde, dass die zugewiesene Stelle bereits besetzt sei. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren der Darstellung der - nach der Aktenlage telefonisch befragten - V. widersprochen; diese hatte angegeben, dass sie sich an einen Anruf des Beschwerdeführers nicht mehr erinnern könne bzw. ihm im Rahmen eines solchen Gesprächs sicher nicht gesagt habe, dass die Stelle bereits vergeben sei. Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass die Schilderung des Beschwerdeführers hinsichtlich des Gesprächsverlaufs eine Schutzbehauptung sei und er "allem Anschein nach gar nicht mit Frau (V.) telefoniert" habe.

Bezüglich der von V. eingeholten Stellungnahme rügt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde, dass lediglich eine mittelbare Stellungnahme in der Niederschrift vom 8. April 2011 aufscheine. Es sei nicht nachvollziehbar, ob diese Befragung in Form einer persönlichen zeugenschaftlichen Einvernahme vor der Behörde erfolgt oder mittels einer schriftlichen Stellungnahme bzw. aufgrund eines Telefonats durchgeführt worden sei. Der Beschwerdeführer regt in seiner Beschwerde an, V. "im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in diesem Sinne ergänzend zeugenschaftlich einzuvernehmen" zum Beweis dafür, dass die Angaben der Zeugin "unzuverlässig und unbrauchbar sind und deswegen meinen Angaben über das Bewerbungsgespräch zu folgen ist". Des Weiteren wiederholt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde die - schon in der Berufung ausgeführte - Darstellung des Sachverhalts, wonach er bei der J. GmbH angerufen und mit V. gesprochen habe, die ihm mitgeteilt habe, dass die Stelle bereits besetzt sei.

Mit diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer im Ergebnis einen wesentlichen Verfahrensmangel aufzeigen:

2.1. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht, dass der in der Begründung des Bescheids niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d. h. sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2003/08/0233, mwN).

Nach § 46 AVG kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Auch eine telefonische Stellungnahme einer als Zeugin in Frage kommenden Person ist daher an sich im Verwaltungsverfahren ein zulässiges Beweismittel. Liegen aber - wie hier - widersprechende Beweisergebnisse vor und kommt der Beweiswürdigung im konkreten Fall besondere Bedeutung zu, ist eine formlose Befragung (oder die Einholung einer telefonischen Stellungnahme) nicht ausreichend, um den Grundsätzen der Amtswegigkeit des Verfahrens und der Erforschung der materiellen Wahrheit zu genügen. Diesfalls hat die Behörde jene Person, von der nur eine telefonische Stellungnahme vorliegt, als Zeugin niederschriftlich zu vernehmen (vgl. allgemein das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2011, Zl. 2008/08/0010, und das ebenfalls zur Einholung einer telefonischen Stellungnahme ergangene hg. Erkenntnis vom 7. September 2011, Zl. 2008/08/0085).

Damit wurde die - einzig auf einer telefonischen Befragung der Mitarbeiterin des potentiellen Dienstgebers gründende - Feststellung, dass der Beschwerdeführer "allem Anschein nach gar nicht mit Frau (V.) telefoniert" habe, nicht in einem mangelfreien Verfahren getroffen. Hätte die belangte Behörde von der Darstellung des Beschwerdeführers in diesem Punkt abweichen wollen, hätte sie V. förmlich als Zeugin zu der Frage vernehmen müssen, ob der Beschwerdeführer mit ihr telefoniert bzw. welchen Gang das Bewerbungsgespräch genommen hat. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde dabei zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, erweist sich dieser Verfahrensmangel auch als relevant, sodass der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben ist.

2.2. An diesem Ergebnis vermag im Beschwerdefall auch die im angefochtenen Bescheid "der Vollständigkeit halber" gegebene Alternativbegründung, dass es dem Beschwerdeführer auch möglich gewesen wäre, sich unverzüglich nach Erhalt des Vermittlungsvorschlages zu bewerben und nicht sieben Tage zuzuwarten, nichts zu ändern.

Zwar trifft es zu, dass eine Bewerbung erst sieben (nach dem Beschwerdevorbringen: acht) Tage nach Erhalt des Vermittlungsvorschlages nicht mehr als unverzügliche Handlung zur Erlangung eines Arbeitsplatzes zu qualifizieren ist (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 7. September 2005, Zl. 2002/08/0193, oder vom 7. September 2011, Zl. 2008/08/0184).

Im Beschwerdefall ist jedoch zunächst anzumerken, dass der Beschwerdeführer bereits vor der erstinstanzlichen Behörde in der Niederschrift vom 8. April 2011 angegeben hatte, die Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice habe ihm gesagt, er solle sich innerhalb der nächsten zwei Wochen (nach Erhalt des Vermittlungsvorschlages) bewerben. Die belangte Behörde hat sich mit diesem Vorbringen nicht auseinandergesetzt. Weiters lässt sich nicht nachvollziehen, worauf sich die Feststellung gründet, dass die angebotene Stelle "zum sofortigen Eintritt" offengestanden sei, zumal - im Widerspruch dazu - in der Niederschrift vom 8. April 2011 ein möglicher Arbeitsantritt am 28. März 2011 genannt wird. Schließlich stellte die belangte Behörde fest, dass zum Zeitpunkt des vom Beschwerdeführer behaupteten Telefonats am

14. (bzw. 15.) März 2011 die zugewiesene Beschäftigung noch nicht vergeben gewesen war.

Vor diesem Hintergrund steht damit jedenfalls auch nicht mängelfrei fest, dass der Umstand, dass eine - vom Beschwerdeführer behauptete - Bewerbung erst sieben (bzw. acht) Tage nach dem Erhalt des Stellenvorschlags erfolgt sei, kausal für das Nichtzustandekommen der Beschäftigung gewesen wäre.

3. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 12. September 2012

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