VwGH 2010/07/0042

VwGH2010/07/004226.1.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des Mag. K S in K, vertreten durch Dr. Michael Polst, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 59, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 11. Februar 2010, Zl. 205- 1/40.909/7-2010, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. F H und 2. A H, beide in K, beide vertreten durch Hochsteger, Perz, Wallner & Warga, Rechtsanwälte in 5400 Hallein, Salzgasse 2), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs2;
VwRallg;
WRG 1959 §12 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
AVG §66 Abs2;
VwRallg;
WRG 1959 §12 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und den mitbeteiligten Parteien insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes 919/2 KG K, über welches der L-Bach verläuft. Anschließend an das Grundstück des Beschwerdeführers verläuft der Bach über die im Eigentum der mitbeteiligten Parteien stehenden Grundstücke Nr. 917/1 und 917/2.

Die Mitbeteiligten brachten im Verfahren unwidersprochen vor, dass dem Beschwerdeführer mit dem - nicht im Akt erliegenden - Bescheid der Bezirkshauptmannschaft H (BH) vom 30. Juni 1980 die wasserrechtliche Bewilligung zur Verrohrung des Baches und zur anschließenden Pflasterung des Unterlaufes bachabwärts bis zur Grundgrenze der mitbeteiligten Parteien erteilt worden war; diesem Verfahren waren die Mitbeteiligten als Parteien beigezogen. Mit Bescheid vom 20. Mai 1981 wurde der diesbezügliche Überprüfungsbescheid erlassen.

Gegenstand des nunmehr vorliegenden Verfahrens ist der Antrag des Beschwerdeführers auf wasserrechtliche Bewilligung der Verlegung des L-Baches im Bereich seines Grundstückes samt wasserbautechnischen Begleitmaßnahmen, wie die Verengung des Gerinnequerschnittes, dies unter Zugrundelegung eines Einreichprojektes vom 20. Juli 2007. Der Projektsverfasser teilte der BH mit Schreiben vom 20. August 2007 mit, dass durch die vorgesehene Abänderung des Gerinnequerschnittes des L-Baches weder für die Oberlieger noch für die Unterlieger ein Nachteil entstehen könne.

Aus einer forsttechnischen Stellungnahme vom 27. September 2007 an die BH geht hervor, dass für die Unterlieger mit keinen nachteiligen Folgen zu rechnen sei, weil der Gerinnequerschnitt auch nach der Verengung noch deutlich breiter als der Rohrquerschnitt sei. Seitens der Wildbachverbauung bestehe kein Einwand gegen die wasserrechtliche Bewilligung.

Die BH beraumte für den 8. November 2007 eine mündliche Verhandlung über die Verlegung des L-Baches an. Die unterliegenden mitbeteiligten Parteien wurden nicht geladen. Dem anlässlich der mündlichen Verhandlung erstatteten Befund und Gutachten des hydrographischen Amtssachverständigen ist zu entnehmen, dass die Maßnahmen zu keiner maßgeblichen Änderung des Abflussverhaltens des Baches führten und keine nachteiligen Auswirkungen auf die Unterlieger zu erwarten seien. Auch dem Befund und Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen ist zu entnehmen, dass durch die geplante Bachverbauung auch im Hochwasserfall benachbarte und unterhalb liegende Grundstücke nicht beeinträchtigt würden.

Die BH erteilte mit Bescheid vom 7. November 2007 dem Beschwerdeführer für die Verlegung des L-Baches die wasserrechtliche und naturschutzbehördliche Bewilligung. Dieser Bescheid wurde den mitbeteiligten Parteien nicht zugestellt.

Mit Schreiben vom 25. Juli 2008 beantragten die mitbeteiligten Parteien die Zustellung des Bescheides vom 7. November 2007, von dessen Existenz sie zufällig erfahren hatten, zumal sie nachteilige Auswirkungen auf ihre Grundstücke und Bauobjekte befürchteten. Dieser Antrag wurde von den mitbeteiligten Parteien, nunmehr anwaltlich vertreten, mit Schriftsatz vom 11. August 2008 wiederholt.

Dem Akt ist nicht zu entnehmen, ob und wann diesem Ansuchen nachgekommen wurde.

Jedenfalls erhoben die mitbeteiligten Parteien mit Schriftsatz vom 17. September 2008 Berufung gegen den Bescheid vom 7. November 2007 und brachten vor, die nunmehr geplante Gerinneregulierung verändere massiv die seinerzeitig bescheidmäßig vorgeschriebene Ausführung. Es sei ihnen unverständlich, warum sie nicht als Partei zur Verhandlung geladen worden seien. Sie forderten die Anerkennung ihrer Parteistellung, die Aufrechterhaltung der seinerzeitigen Bewilligung aus dem Jahre 1980 und die Aufhebung des Bescheides vom 7. November 2007 sowie die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. Februar 2010 wurde der Bescheid der BH vom 7. November 2007 gemäß § 66 Abs. 2 AVG "ersatzlos" behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die BH zurückverwiesen.

Dies wurde damit begründet, dass die berührten Anrainer und Unterlieger zum gegenständlichen Verfahren nicht beigezogen worden seien. Nach Zitierung der §§ 102 Abs. 1 lit. b und 12 Abs. 2 WRG 1959 führte die belangte Behörde aus, zumindest die mitbeteiligten Parteien seien unmittelbare Anrainer und Unterlieger zum gegenständlichen Projekt und somit Parteien in diesem Wasserrechtsverfahren. Sowohl das eingereichte Projekt, welches dem bekämpften Bescheid zugrunde liege als auch das Verwaltungsverfahren selbst habe nicht darauf Rücksicht genommen und es seien zumindest die mitbeteiligen Parteien als Parteien in diesem Verfahren anzusehen. Das gegenständliche Projekt sei demnach entsprechend abzuändern, die Parteien zu eruieren und es sei gegenüber diesen das Parteiengehör wahrzunehmen. Nachdem der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft erscheine, dass eine Projektsüberarbeitung notwendig erscheine und die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung als unvermeidlich angesehen werde, sei der angefochtene Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zu verweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer verwies auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (insbesondere die eingeholten Gutachten), denen zufolge es zu keiner Beeinträchtigung der Rechte der mitbeteiligten Parteien durch das gegenständliche Projekt kommen werde. Diesen komme daher auch keine Parteistellung zu.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die mitbeteiligten Parteien beantragten in ihrer Gegenschrift ebenfalls die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der angefochtene Bescheid nimmt eine "ersatzlose" Behebung nach § 66 Abs. 2 AVG vor.

Nach § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde dann, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

Eine solche Zurückverweisung der Sache an die Behörde erster Instanz kann aber nicht "ersatzlos" erfolgen, verfolgt sie doch ausdrücklich den Zweck der Erlassung eines neuen Bescheides. Nun geht aber aus der Begründung des angefochtenen Bescheides hervor, dass die belangte Behörde zum einen den Bescheid beheben, zum anderen aber gleichzeitig in der Sache für das fortgesetzte Verfahren bestimmte Aufträge an die Unterbehörde weitergeben wollte. Ungeachtet der Verwendung des Wortes "ersatzlos", ist diese Vorgangsweise der belangten Behörde als Zurückverweisung nach § 66 Abs. 2 AVG anzusehen.

Der angefochtene Bescheid war daher dahin zu prüfen, ob diese Behebung und Zurückverweisung der Verwaltungssache Rechte des Beschwerdeführers verletzte oder nicht.

2. Ursache dieser von der belangten Behörde gewählten Vorgangsweise ist die von der Erstinstanz verschiedene Beurteilung der Rechtsstellung der Mitbeteiligten. Entscheidend für den vorliegenden Fall ist die Beantwortung der Frage, ob die Mitbeteiligten dem Bewilligungsverfahren als Parteien beigezogen hätten werden müssen oder nicht.

Die diesbezüglich entscheidungswesentlichen Bestimmungen des WRG 1959 haben folgenden Wortlaut:

"§ 102. (1) Parteien sind:

  1. a) der Antragsteller;
  2. b) diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;

    ferner …

§ 12. (1) …

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen. ..."

2.1. Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, die Mitbeteiligten seien als Grundeigentümer und Unterlieger des Baches Parteien im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist aus diesem Umstand allein aber noch nicht zu schließen, dass den Mitbeteiligten im Wasserrechtsverfahren über ein Projekt am Nachbargrundstück Parteistellung zukommt. Die bloße Grundnachbarschaft als solche verleiht noch keine Parteistellung nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2002, 2000/07/0055). Eine wasserrechtlich relevante Berührung des Grundeigentums im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 setzt vielmehr einen projektsgemäß vorgesehenen Eingriff in dessen Substanz voraus (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 18. November 2010, 2010/07/0098, mwN, oder das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2004, 2003/07/0105, 0106).

Die Mitbeteiligten machen aber einen Eingriff in die Substanz ihres Grundeigentums geltend, wenn sie meinen, die Verlegung des Baches auf dem Grundstück des Beschwerdeführers und insbesondere die geplante Einengung führe in weiterer Folge zu einer Erhöhung der Fließgeschwindigkeit und der Abflusstiefe bzw. zu Abflussturbulenzen, was wiederum zu einer Erhöhung der Hochwassergefahr des Baches auf ihrem Grundstück und damit zu einer Beeinträchtigung der Substanz ihres Grundstückes führe (vgl. zu ähnlichen Fällen die hg. Erkenntnisse vom 17. Juni 2010, 2009/07/0063, und vom 15. September 2011, 2008/07/0098).

2.2. Bei der Beurteilung der Frage der Parteistellung nach dem WRG 1959 verwechselt der Beschwerdeführer die Frage der möglichen Berührung von Rechten eines benachbarten Grundeigentümers, die für die Begründung der Parteistellung ausreicht, mit der Frage, ob diese Rechte auch tatsächlich beeinträchtigt werden. Diese beiden Beurteilungsmaßstäbe sind bei der Frage der Parteistellung in einem Wasserrechtsverfahren strikt zu trennen.

Personen, die eine Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 durch das von ihnen bekämpfte Vorhaben geltend machen, kommt Parteistellung im Verfahren bereits dann zu, wenn eine Berührung ihrer geltend gemachten Rechte durch die projektsgemäße Ausübung des mit der behördlichen Bewilligung verliehenen Rechtes der Sachlage nach nicht auszuschließen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1995, 92/07/0159, VwSlg 14247 A/1995, und vom 17. Mai 2001, 2001/07/0030, ua). Ob eine Beeinträchtigung von Rechten tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des Verfahrens, vermag jedoch die Parteieigenschaft einer Person nicht zu berühren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1997, 97/07/0072).

Dass bei der hier projektierten Einengung des Bachprofils im Oberlauf eine Berührung von Rechten der Mitbeteiligten als unmittelbar anschließende Unterlieger nicht ausgeschlossen werden kann, liegt auf der Hand. Gegenteiliges hat sich auch aus den Gutachten der beigezogenen Sachverständigen nicht ergeben, die nicht die Frage der möglichen Berührung der Rechte der Mitbeteiligten, sondern die Frage der konkreten Beeinträchtigung beurteilten.

Konnten aber Rechte der Mitbeteiligten berührt werden, so wären sie als Parteien dem Verfahren beizuziehen gewesen. Sie hätten insbesondere das Recht gehabt, zu den Gutachten der im erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen Sachverständigen Stellung zu beziehen.

3. Den Mitbeteiligten kam daher Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren über das Projekt des Beschwerdeführers zu. Sie waren dem Verfahren aber nicht beigezogen und daher an der Geltendmachung ihrer Rechte gehindert.

Die Vorgangsweise der belangten Behörde, nämlich die Behebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 66 Abs. 2 AVG und die Zurückverweisung der Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz, diesmal unter Beiziehung der Mitbeteiligten als Parteien, verletzte daher keine Rechte des Beschwerdeführers.

4. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Die Abweisung des Mehrbegehrens bezieht sich auf die geltend gemachte Umsatzsteuer, die im pauschalierten Kostenersatz bereits enthalten ist.

Wien, am 26. Jänner 2012

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