Normen
AVG §8;
GewO 1994 §358 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §81 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs2 Z9;
GewO 1994 §81;
VwGG §34 Abs1;
AVG §8;
GewO 1994 §358 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §81 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs2 Z9;
GewO 1994 §81;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn (BH) vom 21. Oktober 2009 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 81 iVm §§ 74, 77 und 359 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) sowie den §§ 93 und 99 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der beiden bestehenden Gastgewerbebetriebe (Restaurant und Cafe der mitbeteiligten Partei) an einem näher genannten Standort durch den Einbau einer Verbindungstüre zwischen den beiden Gastgewerbebetrieben und daraus folgend für die Betriebszusammenlegung der beiden Gastgewerbebetriebe nach Maßgabe des festgestellten Sachverhaltes unter Beachtung näher genannter Auflagen erteilt.
In der Begründung dieses Bescheides stellte die BH fest, auf Grund der Zusammenführung beider Betriebe zu einer Betriebseinheit weise die Betriebsanlage nunmehr nicht mehr die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens auf.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Bescheid der BH gemäß § 66 Abs. 4 AVG aufgehoben und der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Änderung der Betriebsanlage nach § 81 GewO 1994 als unzulässig zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, für beide Betriebsanlagen bestünden rechtskräftige gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigungen nach § 359b Abs. 1 und 2 GewO 1994. Diese seien in ihrem Konsensbestand daher grundsätzlich nicht erneut Gegenstand einer behördlichen Prüfung, sondern sei deren Inhalt einem allfälligen Verfahren nach § 81 GewO 1994 zu Grunde zu legen. Der Antrag der mitbeteiligten Partei beinhalte einerseits die Übernahme des Cafes durch die mitbeteiligte Partei und andererseits die Errichtung einer Verbindungstüre zwischen Cafe und Restaurant, wobei die gesamten bestehenden Einrichtungen, Arbeitsabläufe und Betriebszeiten in der bisher genehmigten Art weitergeführt werden sollten.
Durch die beantragte Änderung der Betriebsanlagen werde keine Verschlechterung der Emissionssituation herbeigeführt, weshalb für das Vorhaben keine Genehmigungspflicht nach § 81 Abs. 1 GewO 1994, sondern lediglich eine Anzeigepflicht nach § 81 Abs. 2 Z. 9 GewO 1994 bestehe. Die beantragte Änderung wäre daher in einem Anzeigeverfahren gemäß § 81 Abs. 3 iVm § 345 Abs. 6 GewO 1994 zur Kenntnis zu nehmen gewesen.
Wenn die BH die Auffassung vertrete, die Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 Z. 9 GewO 1994 könnten nicht vorliegen, um eine Umgehung der Parteistellung der Beschwerdeführerin zu verhindern, sei dem entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber für diesen Fall keine Ausnahme von der Anwendbarkeit des § 81 Abs. 2 Z. 9 GewO 1994 normiert habe und eine Umdeutung entgegen dem Wortlaut nicht möglich sei. Eine Parteistellung der Nachbarn sei im Anzeigeverfahren nicht vorgesehen, die belangte Behörde habe das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen zu klären und amtswegig die Einhaltung der Schutzinteressen zu gewährleisten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
II.
1. Beschwerde:
Die Beschwerdeführerin ist Nachbarin der gewerblichen Betriebsanlage und erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid infolge rechtswidriger Anwendung des Anzeigeverfahrens gemäß § 81 Abs. 3 iVm § 81 Abs. 2 Z. 9 GewO 1994 sowie infolge rechtswidriger Nichtanwendung der §§ 74 ff GewO 1994 in ihrem Recht auf "Wahrnehmung ihrer uneingeschränkten, durch AVG und GewO eingeräumten Parteirechte/Parteistellung" verletzt.
Hiezu bringt sie im Wesentlichen vor, § 81 Abs. 2 Z. 9 GewO 1994 sei vorliegend nicht anzuwenden, da eine notwendige umfassende Prüfung der Gesamtsituation weder im gegenständlichen noch in den beiden zugrunde liegenden vereinfachten Verfahren erfolgt sei. Vielmehr sei zu erwarten, dass sich die Emissionssituation durch Genehmigung der Zusammenlegung noch weiter wesentlich zum Nachteil der Nachbarn verschlechtern werde. Die belangte Behörde hätte daher die Einwendungen der Beschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid inhaltlich behandeln müssen.
2. Zur Beschwerdelegitimation:
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf diese Vorschrift gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn nach Lage des Falles zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt wurde. Die Beschwerdelegitimation setzt somit voraus, dass die Beschwerde (nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG) unter Berufung auf eine eigene, gegenüber dem Staat - als Träger der Hoheitsgewalt - bestehende Interessenssphäre des Beschwerdeführers erhoben wird (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 20. Mai 2010, Zl. 2005/04/0147, mwN).
Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall nicht gegeben:
3. Rechtslage:
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst (unter anderem) geeignet sind,
das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z. 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte (Z. 1),
die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen (Z. 2).
Nachbarn sind gemäß § 75 Abs. 2 GewO 1994 alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind.
Die Betriebsanlage ist gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Gemäß § 81 Abs. 2 Z. 9 GewO 1994 ist eine Genehmigungspflicht nach Abs. 1 jedenfalls nicht gegeben bei Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen. Nach § 81 Abs. 3 GewO 1994 sind Änderungen gemäß § 81 Abs. 2 Z. 9 GewO 1994 der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen.
4. Kein Mitspracherecht der Nachbarn bei der Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage:
4.1. Die Parteistellung im Verwaltungsverfahren dient der Durchsetzung der vom Gesetz einer Partei zugestandenen subjektivöffentlichen Rechte. Diese bestimmen den Rahmen, in welchem der Partei ein Mitspracherecht zusteht. Rechtswidrigkeiten, die einem Bescheid außerhalb dieses Rahmens allenfalls anhaften, kann eine Partei nicht geltend machen. Die subjektiven Rechte des Nachbarn im Verfahren zur Genehmigung einer Betriebsanlage ergeben sich in erster Linie aus § 74 Abs. 2 GewO 1994 (vgl. den zitierten hg. Beschluss vom 20. Mai 2010, mwN).
In den in der Gewerbeordnung 1994 festgelegten Nachbarrechten können Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 GewO 1994 durch einen Genehmigungsbescheid nach § 77 oder § 81 nur im Rahmen ihrer - durch rechtzeitig erhobene Einwendungen erhaltenen - Parteistellung verletzt werden (vgl. den hg. Beschluss vom 30. Juni 2006, Zl. 2001/04/0099, mwN).
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits erkannt hat, werden die in § 74 Abs. 2 GewO 1994 normierten subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn durch die amtswegige Wiederaufnahme eines - durch die auf § 13 Abs. 3 AVG iVm § 353 GewO 1994 gestützte Zurückweisung des Genehmigungsansuchens - rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens (vgl. den zitierten hg. Beschluss vom 20. Mai 2010, mwN) oder durch die Aufhebung einer auf § 13 Abs. 3 AVG iVm § 353 GewO 1994 gestützten Zurückweisung eines Antrages auf Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (vgl. den hg. Beschluss vom 28. März 2008, Zlen. 2005/04/0016, 0020, mwN) nicht berührt.
4.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage im Instanzenzug zurückgewiesen, weil die belangte Behörde der Auffassung war, die vorliegende Änderung falle unter den Anzeigetatbestand des § 81 Abs. 2 Z. 9 GewO 1994 und sei daher nicht genehmigungspflichtig.
Ungeachtet der Frage, ob diese Auffassung der Rechtslage entsprach, ist festzuhalten, dass die Zurückweisung eines Antrages auf Genehmigung (der Änderung) einer gewerblichen Betriebsanlage die in § 74 Abs. 2 GewO 1994 normierten subjektiv-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführerin als Nachbarin der Betriebsanlage nicht berührt.
Die vorliegende Zurückweisung des Antrages der mitbeteiligten Partei zeichnet sich zwar dadurch aus, dass damit die Auffassung der belangten Behörde, für das vorliegende Projekt sei eine Genehmigungspflicht nach § 81 iVm § 74 Abs. 2 GewO 1994 nicht gegeben, sondern Anzeigeverfahren nach § 81 Abs. 2 Z. 9 GewO 1994 durchzuführen, überbunden wurde (vgl. zu einer vergleichbaren Überbindung als Folge einer aus der Begründung ersichtlichen Feststellung das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2010/04/0104).
Jedoch besteht kein Mitspracherecht der Nachbarn bei der Frage, ob eine gewerbliche Betriebsanlage genehmigungspflichtig ist oder nicht:
Ob eine gewerbliche Betriebsanlage bzw. deren Änderung nur mit Genehmigung ausgeführt werden darf, ist nämlich eine Frage, welche die Rechtsstellung der Nachbarn keinesfalls berührt. Die GewO 1994 räumt den Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Recht ein, in das durch die Annahme der Genehmigungspflicht bzw. Genehmigungsfreiheit einer Anlage eingegriffen werden könnte (vgl. so das hg. Erkenntnis vom 3. September 2008, Zl. 2008/04/0088, zur vergleichbaren Rechtslage des MinroG; die im MinroG den Nachbarn eingeräumte Parteistellung ist jener im Betriebsanlagenverfahren nach der GewO 1994 nachgebildet:
vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 2009, Zl. 2009/04/0017).
Dass Nachbarn keine Parteistellung hinsichtlich der Frage Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage haben, ist auch aus § 358 Abs. 1 GewO 1994 ersichtlich. Diese Bestimmung sieht eine diesbezügliche Feststellung nur aufgrund des Antrages des Konsenswerbers, nicht aber über Antrag des Nachbarn vor (zur Unzulässigkeit eines Antrages des Nachbarn vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO, 3. Auflage (2011), 1733, Rz. 9 zu § 358 und die dort zitierte hg. Rechtsprechung).
Daher kann die Beschwerdeführerin durch die vorliegende Zurückweisung des Antrages der mitbeteiligten Partei auf Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten als Nachbarin dieser Betriebsanlage verletzt werden.
5. Da sich die Beschwerde somit als unzulässig erweist, war sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Wien, am 2. Februar 2012
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