Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4 impl;
BDG 1979 §93 Abs1 impl;
DO Wr 1994 §76 Abs1 Z4;
DO Wr 1994 §77 Abs1 Satz1;
DO Wr 1994 §77 Abs1 Z1;
DO Wr 1994 §77 Abs1 Z2;
DO Wr 1994 §77 Abs1 Z3;
StGB §32;
StGB §33;
StGB §34;
StGB §35;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4 impl;
BDG 1979 §93 Abs1 impl;
DO Wr 1994 §76 Abs1 Z4;
DO Wr 1994 §77 Abs1 Satz1;
DO Wr 1994 §77 Abs1 Z1;
DO Wr 1994 §77 Abs1 Z2;
DO Wr 1994 §77 Abs1 Z3;
StGB §32;
StGB §33;
StGB §34;
StGB §35;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Strafausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I. Die im Jahr 1963 geborene Beschwerdeführerin stand zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung als Sozialpädagogin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Bundeshauptstadt Wien. Ihre Dienststelle war eine näher bezeichnete Magistratsabteilung der Stadt Wien.
Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission der Stadt Wien - Senat 2, vom 20. Februar 2007 wurde die Beschwerdeführerin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung schuldig erkannt, sie habe (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"es als Sozialpädagogin der (näher bezeichneten) Magistratsabteilung in der Wohngemeinschaft R., ..., unterlassen, die ihr übertragenen Geschäfte unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit Sorgfalt, Fleiß und Unparteilichkeit zu besorgen sowie im Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die ihrer Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte, indem sie
1.1. in der Zeit von 1. April 2000 bis 19. Dezember 2005 als verantwortliche Kassaführerin entgegen der Allgemeinen Kassen- und Verlagsvorschrift für den Magistrat der Stadt Wien (KVM) laufend Geldbeträge aus der ihr anvertrauten Gruppenkassa dieser Wohngemeinschaft entnommen hat, diese Geldentnahmen mit Rechnungen von privaten und daher nicht für die Wohngemeinschaft getätigten Einkäufen belegt hat und diese aus der ordentlichen Gebarung abgezweigten Gelder teilweise auf das Sparbuch Nr. .... der Österreichischen Postsparkassa eingezahlt hat.
1.2. am 20. Dezember 2005 von dem unter Punkt 1. genannten Sparbuch den Betrag von 1.500 Euro abgehoben hat und sich davon 500 Euro widerrechtlich angeeignet hat sowie je 500 Euro ihren Kolleginnen E.H. und R.A. gegeben hat.
1.3. anlässlich der unter Punkt 2. angeführten Übergabe der Geldbeträge an ihre Kolleginnen sinngemäß geäußert hat 'das ist das Geld, das übrig geblieben ist, das gehört uns, das lösen wir jetzt auf. Weil wir in letzter Zeit so viele Dienste machen mussten, haben wir uns das verdient, außerdem wissen wir ja nicht, wer die neue Kollegin ist' und auf Nachfrage von Frau E.H. sinngemäß geantwortet hat 'Es gibt immer wieder Spendengelder von verschiedenen Stellen und da bleibt Geld übrig. Frag nicht nach, es gehört dir'."
Die Disziplinarkommission wertete dieses Verhalten als Begehung von Dienstpflichtverletzungen gemäß § 18 Abs. 1 erster Satz und Abs. 2 zweiter Satz der Dienstordnung 1994 - DO 1994, LGBl. Nr. 56/1994 idF Nr. 36/2005 in Verbindung mit den Allgemeinen Kassen- und Verlagsvorschriften für den Magistrat der Stadt Wien (KVM) und verhängte über die Beschwerdeführerin gemäß § 76 Abs. 1 Z. 4 DO 1994 wegen dieser Dienstpflichtverletzungen die Disziplinarstrafe der Entlassung.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 2 - Personalservice vom 22. März 2006 wurde die Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit der Zustellung des Bescheides wegen der ihr vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen vorläufig vom Dienst suspendiert. Mit Bescheid der Disziplinarkommission - Senat 2 vom 9. Mai 2006 wurde sie (endgültig) vom Dienst suspendiert. Diese Suspendierung wurde mit Bescheid des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom 6. Juli 2006 bestätigt.
Der gegen den Bescheid vom 20. Februar 2007 erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. September 2007 teilweise stattgegeben und die Beschwerdeführerin von dem unter Spruchpunkt 1.3. genannten Vorwurf gemäß § 97 Abs. 1 Z. 2 zweiter Fall iVm § 103 Abs. 2 DO 1994 freigesprochen, im Übrigen das angefochtene Disziplinarerkenntnis unter Aufrechterhaltung des Strafausspruches der Entlassung mit der Maßgabe bestätigt, dass die Beschwerdeführerin durch Begehung des Faktums 1.2. sowie des dahingehend modifizierten Faktums 1.1.,
"in der Zeit von Jänner 2001 bis 19. Dezember 2005 entgegen Punkt 4. der Allgemeinen Kassen- und Verlagsvorschrift für den Magistrat der Stadt Wien (KVM) wiederholt kleinere Geldbeträge aus der ihr anvertrauten Gruppenkassa dieser Wohngemeinschaft entnommen, diese Entnahmen nicht korrekt belegt und diese Beträge in der Höhe von insgesamt rund 1.500,-- Euro auf einem Sparbuch der Österreichi-schen Postsparkassa deponiert zu haben",
die in § 18 Abs. 1 erster und Abs. 2 zweiter Satz der Dienstordnung 1994 (DO 1994), LGBl. für Wien Nr. 56, in Verbindung mit Punkt 4. der Allgemeinen Kassen- und Verlagsvorschrift für den Magistrat der Stadt Wien (KVM), Erlass des Magistratsdirektors vom 20. Juli 1998, Zl. MD-1011-6/97, sowie vom 18. Dezember 2001, Zl. MDA-2380-1/01, normierten Dienstpflichten verletzt hat.
In der Begründung führte die belangte Behörde - im Anschluss an eine zusammenfassende Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides und der Berufung sowie neben Zitierung der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen und Darlegung der von ihr als im vorliegenden Fall relevant erachteten höchstgerichtlichen Rechtsprechung - zunächst aus, dass im vorliegenden Fall die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung nach Zahlung eines Geldbetrages durch die Beschwerdeführerin gemäß § 90a Abs. 1 in Verbindung mit § 90c Abs. 1 StPO zurückgetreten sei (Diversion), somit mangels Bindungswirkung gemäß § 80 Abs. 1 DO 1994 für die Disziplinarbehörde kein aus der Diversion ableitbarer Sachverhalt vorliege. Im Weiteren stützte sie diese Entscheidung hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruches im Wesentlichen auf folgende Erwägungen (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Spruchpunkt 1. betrifft langjährige Verstöße gegen die Allgemeine Kassen- und Verlagsvorschrift für den Magistrat der Stadt Wien (KVM), welche für alle Dienststellen des Magistrats mit Ausnahme der städtischen Unternehmungen gilt. Der (Beschwerdeführerin) wird vorgeworfen, jahrelang Geldbeträge aus der ihr anvertrauten Gruppenkassa entnommen, diese Entnahmen mit Rechnungen privater Einkäufe belegt und die abgezweigten Gelder teilweise auf ein Sparbuch einbezahlt zu haben. Die (Beschwerdeführerin) hat diese Vorgangsweise nicht bestritten und lediglich vorgebracht, dass diese üblich und gängige Praxis gewesen sei sowie dass sämtliche übrigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Wohngemeinschaft davon gewusst hätten.
Laut Schreiben der (näher bezeichneten) Magistratsabteilung vom 22. August 2006 nimmt jeder Kassaführer die KVM und die für die sozialpädagogischen Einrichtungen geltenden Sondervorschriften zur Kenntnis. Auf Grund des in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juli 2007 verlesenen Schreibens der (genannten) Magistratsabteilung vom 13. Juni 2007 samt angeschlossener Aufstellung steht fest, dass auch die (Beschwerdeführerin) die Erlässe über die KVM und die für die sozialpädagogischen Einrichtungen geltenden Sondervorschriften nachweislich zur Kenntnis genommen hat. Angesichts der Tatsache, dass detaillierte und klare Vorschriften über die Kassengebarung existieren, spielt es bei der Beurteilung des Fehlverhaltens keine Rolle, wenn die vernommenen Zeuginnen die von der KVM abweichende Vorgangsweise als üblich bezeichnen. Ebenso wenig ist der Umstand entscheidungsrelevant, ob und inwieweit die Sozialpädagogin Frau H. und die Wirtschaftshelferin Frau A. in die vorschriftswidrige Gebarung eingeweiht waren.
Indem sie entgegen der KVM einerseits über Jahre hindurch private Rechnungen in die Buchhaltung einfließen hat lassen und andererseits Geldbeträge - noch dazu in nicht unbeträchtlicher Höhe - auf ein Sparbuch transferiert hat, hat die (Beschwerdeführerin) gegen Punkt 4.3. über die 'Formalerfordernisse', wonach Ausgaben nur auf Grund von sachlich und rechnerisch geprüften Anweisungen (Belegen) zu vollziehen sind, die von einem bzw. einer Zeichnungsberechtigten gefertigt sein müssen und wenn für bestimmte Auszahlungen kein Beleg vorliegt, ein Eigenbeleg (Ersatzbeleg) auszustellen ist, verstoßen. Die Rechtfertigung der (Beschwerdeführerin), dass das beiseite geschaffte Geld ursprünglich den Jugendlichen zu Gute kommen sollte, um damit Ausgaben zu decken, die von der Bereichsleitung nicht genehmigt würden, verdeutlicht die bewusste Umgehung von Vorschriften und vermag an der Rechtswidrigkeit ihres Vorgehens nichts zu ändern.
Unter Spruchpunkt 2. wird der (Beschwerdeführerin) die Abhebung des Betrages von 1.500,-- Euro vom Sparbuch und die Zueignung von 500,-- Euro sowie die Weitergabe von Beträgen von je 500,-- Euro an zwei Kolleginnen angelastet.
...
Die (Beschwerdeführerin) hat die Aufteilung des aus der Gruppenkassa stammenden Betrages von 1.500,-- Euro am 20. März 2006 eingestanden und bei der Niederschrift am 21. März 2006 zutiefst bedauert, ohne etwas Ergänzendes vorzubringen. Einen Tag später, anlässlich des am 22. März 2006 gewährten Parteiengehörs, hat sie sich damit entschuldigt, dass sie sich in einer Ausnahmesituation befunden habe und sie den Betrag wieder zurückerstatten sowie auch ihre Kolleginnen zur Rückgabe anhalten habe wollen. In der mündlichen Verhandlung der Disziplinarkommission - Senat 2 am 20. Februar 2007 rechtfertigte sie ihr Verhalten mit 'chaotischen Zuständen' in der Wohngemeinschaft und führte nunmehr aus, dass geplant gewesen sei, dass sie und ihre beiden Kolleginnen den jeweils erhaltenen Geldbetrag von 500,-- Euro nach der in Rede gestandenen Aufteilung der Wohngemeinschaft in die jeweiligen neuen 'Schwarzgeldkonten' einbringen würden. Auch in der vom erkennenden Senat durchgeführten Verhandlung hielt sie dieses Vorbringen aufrecht, wobei sie hervorhob, dass sie niemals daran gedacht habe, das Geld zu behalten. Die Auflösung des Sparbuches sei angesichts der im Raum gestandenen Auflösung der Wohngemeinschaft eine Panikreaktion gewesen. Nachdem klar wurde, dass die Gemeinschaft doch nicht aufgelöst wird, habe sie auf die Rückgabe des Geldes vergessen, da angesichts der Probleme mit der neuen Kollegin für sie eine sehr schwierige Situation gewesen sei.
Demgegenüber sagten sowohl Frau H. als auch Frau A. aus, dass für sie klar gewesen sei, dass die 500,-- Euro eine Belohnung für geleistete Tätigkeiten seien. So gab die Zeugin H. in der mündlichen Verhandlung vor dem Dienstrechtssenat an, dass die (Beschwerdeführerin) ihr das Geld mit den Worten 'nimm' es und steck' es weg' übergeben habe. Die Zeugin habe sich nichts dabei gedacht, da Weihnachten war und es auch bei Firmen Weihnachtsbelohnungen gibt. Die Zeugin A. ging ohne zu zweifeln davon aus, dass es sich bei dem Geld um eine Belohnung gehandelt habe, die (Beschwerdeführerin) habe bei der Übergabe gesagt, sie solle das Geld nehmen und das sei es gewesen. Von dem Auftrag, das Geld bei einer allfälligen Aufteilung in die neuen Wohngemeinschaften einzubringen, wusste keine der beiden Zeuginnen etwas. Entsprechend diesen Aussagen hat die Zeugin H. auch bei ihrer Einvernahme durch die (näher bezeichnete) Magistratsabteilung am 17. März 2006 angegeben, dass ihr die (Beschwerdeführerin) die 500,-- Euro mit dem Bemerken ausbezahlt habe, dass 'SozialpädagogInnen zu wenig verdienen würden' und 'dies schon in Ordnung sei'. Diese übereinstimmenden glaubwürdigen Aussagen der unter Wahrheitspflicht stehenden Zeuginnen, welche auch in Einklang mit der Erstverantwortung der (Beschwerdeführerin) stehen, fügen sich in das Gesamtbild, das dadurch geprägt ist, dass die (Beschwerdeführerin) nicht nachvollziehbar erklären konnte, warum sie ihren Anteil nicht zurückbezahlt hat, nachdem feststand, dass die Wohngemeinschaft nicht aufgeteilt wird. Schwierige und stressige berufliche Zeiten hindern niemanden an der kaum einige Minuten in Anspruch nehmenden Rückgabe des Geldes. Wenn die (Beschwerdeführerin) vorbringt, dass sie das Geld zu Hause aufbewahrt habe, ist dem zu entgegnen, dass einerseits Geldscheine austauschbar und das Vorbringen somit absolut nicht überprüfbar ist, und andererseits, dass dies ohnehin nichts an ihrem fehlenden Rückersatzwillen ändert, da sie das Geld erst 24. März 2006 - somit nach ihrer Einvernahme durch die (genannte) Magistratsabteilung am 20. bzw. 21. März 2006 - zurückbezahlt hat. Somit war hinsichtlich Spruchpunkt 2. das Vorliegen des Bereicherungsvorsatzes bei der (Beschwerdeführerin) zu bejahen, zumal sich die (Beschwerdeführerin) hinsichtlich der von ihr behaupteten Motive in Widersprüche verstrickte. Die Verantwortung der (Beschwerdeführerin) ist als unglaubwürdig und reine Schutzbehauptung zu werten. Ihr vermeintliches Argument, sie hätte ja das ganze Sparbuch auflösen und den Ertrag für sich allein verwenden können, schlägt nicht durch, zumal die (Beschwerdeführerin) selbst ausgeführt hat, dass ihre Kolleginnen vom Sparbuch gewusst hätten, weshalb das Verschwinden des Sparbuches aufgefallen wäre.
...
Der Dienstrechtssenat erachtet die Aneignung bzw. Weitergabe von insgesamt 1.500,-- Euro als die schwerste der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen, nach wel-cher die Strafe zu bemessen ist.
Die Entlassung ist gemäß dem Strafenkatalog des § 76 Abs. 1 DO 1994 die schwerste Disziplinarstrafe, die gegen einen Beamten ausgesprochen werden kann. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Entlassung aber keine Strafe, die der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder gar der Vergeltung dient, sondern eine dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Im Vordergrund steht dabei die Frage des durch die Verfehlung eingetretenen Vertrauensverlustes. Wird der Beamte danach nicht mehr der Achtung und dem Vertrauen gerecht, die seine Stellung als Beamter erfordert, hat er das Vertrauensverhältnis zwischen sich und der Verwaltung zerstört, dann kann er auch nicht mehr im Dienst verbleiben (VwGH vom 18. Juli 2002, Zl. 99/09/0107). ...
...
Die Aneignung fremden Geldes stellt einen derart eklatanten und schweren Vertrauens-bruch dar, dass eine Weiterverwendung der (Beschwerdeführerin) im öffentlichen Dienst sowohl für die Dienstgeberin als auch für die Allgemeinheit unzumutbar ist. Es ist offensichtlich, dass der 'Modellfigur' des mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Beamten der Gedanke, sich und Dritten Geld der Gemeinde Wien, das dem Zweck der bestmöglichen Betreuung von ihm anvertrauten Jugendlichen gewidmet ist, zuzueignen, mehr als fremd wäre. Wenn auch die berufliche Situation der (Beschwerdeführerin) schwierig gewesen sein mag, so vermag dieser Umstand nicht einmal ansatzweise ihr Verhalten zu rechtfertigen und liegt der Verdacht nahe, dass sie sich und ihren Kolleginnen schlichtweg eine eigenmächtige 'Belohnung' zukommen lassen wollte. Sie hat durch ihr Verhalten jedes Vertrauen der Dienstgeberin in sie zerstört. Dies um so mehr, als die Dienstgeberin eine Kassaführerin mit einem gehörigen Vertrauensvorschuss ausstattet und klar ist, dass eine lückenlose Kontrolle der Bediensteten nicht einmal ansatzweise möglich ist. Die Dienstgeberin muss sich zu hundert Prozent darauf verlassen können, dass sich eine mit der Geldgebarung betraute Bedienstete nicht an den ihr anvertrauten Geldern bereichert. Korrektes Verhalten der mit Kassiertätigkeiten betrauten Bediensteten ist oberstes Gebot und unabdingbare Voraussetzung für ein ordnungsgemäßes Funktionieren der Kassen bei der Stadt Wien. Genau dieses Vertrauensverhältnis hat die (Beschwerdeführerin) zerstört. Daran vermögen auch ihre bisherige einwandfreie dienstliche Tätigkeit und ihre disziplinäre Unbescholtenheit nichts zu ändern. Dass selbst bei Vorliegen derselben im Falle des Vertrauensverlustes auf Grund des 'Untragbarkeitsgrundsatzes' eine Entlassung gerechtfertigt ist, ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, der in seinem Urteil vom 20. Dezember 2000, 9 ObA 227/00y, ausgesprochen hat, dass ein Vertrauensbruch im Sinn des § 45 Abs. 2 Z 2 VBO 1995 eine Entlassung selbst dann rechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer mehrere Jahre unbeanstandet beim Arbeitgeber beschäftigt war."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
II. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
II.1. Gemäß § 75 Abs. 1 des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Dienstordnung 1994 - DO 1994), LGBl. Nr. 56/1994 in der geltenden Fassung, ist ein Beamter, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach dem achten Abschnitt (Disziplinarrecht) zur Verantwortung zu ziehen.
Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist Abs. 1 nicht anzuwenden, wenn eine Belehrung oder Ermahnung (§ 34 Abs. 1) ausreicht, weil die Voraussetzungen des § 97 Abs. 1 Z. 4 vorliegen.
Gemäß § 76 Abs. 1 DO 1994 sind Disziplinarstrafen:
- 1. der Verweis,
- 2. die Geldbuße bis zum 1,5fachen des Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,
3. die Geldstrafe bis zum 7fachen des Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,
4. die Entlassung.
Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist in den Fällen des Abs. 1 Z. 2 und 3 die verhängte Strafe in einem Vielfachen des Monatsbezuges (auf Zehntel genau) nach den im § 77 festgelegten Grundsätzen zu bemessen. Bei der Berechnung der betragsmäßigen Höhe der Geldbuße oder Geldstrafe ist von dem Monatsbezug auszugehen, der der besoldungsrechtlichen Stellung entspricht, die der Beamte im Zeitpunkt der mündlichen Verkündung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses, im Fall einer Disziplinarverfügung im Zeitpunkt der Ausfertigung derselben, erreicht hat.
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung (insoweit in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 44/2004) kann die Disziplinarbehörde dann, wenn dem Beamten bis zum Erreichen des Mindestpensionsalters (§ 2a PO 1995) nicht mehr als 60 Monate fehlen und er eine Dienstzeit von mindestens 15 Jahren zur Stadt Wien aufweist, statt einer Entlassung die Versetzung des Beamten in den Ruhestand mit bis zu 25 % geminderten Ruhebezügen - unter Ausschluss der Kinderzulage - aussprechen, wenn dies mit Rücksicht auf seine erbrachten Dienstleistungen und sein bisheriges Verhalten während der gesamten Dienstzeit zur Stadt Wien gerechtfertigt ist und ihm die Entlassung unverhältnismäßig hart treffen würde.
Gemäß § 77 Abs. 1 DO 1994 ist für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung maßgebend. Dabei ist insbesondere Rücksicht zu nehmen
1. inwieweit das Vertrauen des Dienstgebers in die Person des Beamten durch die Dienstpflichtverletzung beeinträchtigt wurde,
2. inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten,
3. sinngemäß auf die gemäß §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches, BGBl. Nr. 60/1974, für die Strafbemessung maßgebenden Gründe.
Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung ist, wenn ein Beamter durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen hat und über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt wird, nur eine Strafe zu verhängen. Diese Strafe ist nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.
II.2. Im vorliegenden Fall bringt die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, dass der Sachverhalt einer wesentlichen Ergänzung dahingehend bedürfe, dass auch Spendengelder auf das Sparbuch einbezahlt worden seien, und die belangte Behörde ohne weitere Ermittlungen davon ausgegangen sei, dass sich der abgehobene Betrag von EUR 1.500,-- durch den Verstoß gegen die KVM angesammelt habe; es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Betrag nur aus Spendengeldern und nicht aus Geldbeträgen, die der Gruppenkassa entnommen worden seien, bestanden habe.
Dieser Argumentation sind die eigenen Aussagen der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, wonach diese zunächst bei ihren Einvernahmen am 21. und 22. März 2006 angegeben hat, dass sie im Lauf der letzten fünf Jahre kleinere Beträge aus der Gruppenkassa entnommen und diese auf ein Sparbuch gelegt habe, und diese Vorgangsweise bei ihrer Einvernahme am 31. August 2006 auf die Entnahme von "Beträgen zwischen EUR 14,-- und EUR 20,-- pro Woche" präzisierte. Ebenso bestätigte sie bei ihrer Einvernahme vor der Disziplinarkommission am 20. Februar 2007, Geldbeträge aus der Kassa entnommen und auf das Sparbuch einbezahlt zu haben. Zwar wurden in den Jahren 2001, 2003 und 2005 von der Bezirksvorstehung sogenannte "Spendengelder" an die Wohngemeinschaft übergeben, doch hat die Beschwerdeführerin diese Beträge nach ihrer eigenen Aussage vom 31. August 2006 nie angetastet. Auch bei ihrer Einvernahme in der Berufungsverhandlung am 26. Juli 2007 hat sie angegeben, dass die während ihrer Tätigkeit dreimal anfallenden Spendengelder nicht verwendet wurden. Dies steht im Übrigen im Einklang mit dem Schreiben der MA 11 vom 16. Oktober 2006, wonach sich diese Geldmittel (insgesamt EUR 1.091,03) nach wie vor in der genannten Wohngemeinschaft befinden. Somit wird dieses erstmals in der Beschwerdeschrift geltend gemachte Vorbringen, der Betrag von EUR 1.500,-- bestehe zumindest zum Teil auch aus Spendengeldern, durch ihre eigenen Aussagen und durch die Erhebungen ihrer Dienststelle widerlegt, abgesehen davon, dass es sich (dabei) angesichts der von der belangten Behörde durchgeführten Verhandlung ohnehin um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung handelt.
Auch soweit die Beschwerdeführerin eine inhaltliche Rechtswidrigkeit darin erblickt, dass die belangte Behörde hinsichtlich Spruchpunkt 2. einen Bereicherungsvorsatz der Beschwerdeführerin angenommen hat, vermag sie keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d. h. sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2003/08/0233, mwN).
Gemäß § 60 AVG, der gemäß § 67 AVG für Berufungsbescheide gilt, sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (§§ 37 ff AVG), die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dies erfordert in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrundegelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1995, Zl. 92/07/0184). Die genannte Zusammenfassung wird in Bezug auf die Beweiswürdigung kurz ausfallen können, wenn keine einander widersprechenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vorliegen. Bei Widersprüchen zwischen den Behauptungen und Angaben der Verfahrenspartei und sonstigen Ermittlungsergebnissen bedarf es aber einer klaren und übersichtlichen Zusammenfassung der maßgeblichen, bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen, damit der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung der Behörde auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit überprüfen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2002/08/0106). Nicht oder unzureichend begründende Bescheide hindern den Verwaltungsgerichtshof, seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie im § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als derartige Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, Zl. 2001/08/0020).
Diesen Anforderungen wird der angefochten Bescheid gerecht:
Die belangte Behörde hat sich eingehend mit den aufgenommenen Beweisen auseinandergesetzt und nachvollziehbar begründet, warum sie der Verantwortung der Beschwerdeführerin nicht gefolgt ist.
Dem vermag die Beschwerde nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen.
Jedoch ist die Beschwerde im Recht, soweit sie den
Strafausspruch bekämpft:
Die belangte Behörde ließ unbeachtet, dass der § 77 Abs. 1 DO
1994 bei Bemessung der Strafe die Berücksichtigung aller in den Z. 1 bis 3 genannten Kriterien im gleichen Maße fordert (eine ungleiche Gewichtung ist dem Gesetz nicht zu entnehmen). Daher kommt es bei Festsetzung der Disziplinarstrafe nicht nur auf die (von der Behörde allein zur Begründung der Entlassung herangezogene) Verletzung des Vertrauens des Dienstgebers in die Person des Beamten (Z. 1) an, sondern auch auf spezialpräventive Überlegungen (Z. 2) und auf die Strafbemessungsgründe gemäß §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (Z. 3). Die belangte Behörde hat sich bei der Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung lediglich mit dem Gesichtspunkt eines Vertrauensverlustes im Sinne des § 77 Abs. 1 Z. 1 DO 1994 auseinander gesetzt und in diesem Zusammenhang (abgesehen von der Bezugsnahme auf hier nicht relevante arbeitsrechtliche Entscheidungen) auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, die zur entsprechenden, aber nicht gleich lautenden Vorschriften des BDG 1979 bzw. LDG 1984 ergangen ist und die - was den Grundsatz der "Untragbarkeit" anbelangt - mit hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, einer grundlegenden Änderung unterzogen wurde.
In diesem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, wurde betont, dass § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 die Schwere der Dienstpflichtverletzung als "Maß für die Höhe der Strafe" festlegt. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der "Strafbemessungsschuld" des Strafrechtes. Für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend wie auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 BlgNR 14. GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der "Unrechtsgehalt") wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB - wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt. Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 als gravierend ins Gewicht fällt, wenn ein Beamter durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gerade jene Werte verletzt, deren Schutz ihm in seiner Stellung oblag (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. November 2001, Zl. 2000/09/0021). An dieser Auffassung hat sich auch durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, nichts Grundsätzliches geändert. Hinsichtlich des Grades des Verschuldens ist nach dem gemäß § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 zu berücksichtigenden § 32 StGB darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können.
Für die Strafbemessung im engeren Sinn ist weiters zu prüfen, inwieweit eine Disziplinarstrafe erforderlich ist, um den Täter von der weiteren Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten; ferner sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe iS der §§ 33 ff StGB zu berücksichtigen, die nicht die Tatbegehungsschuld betreffen, also im Zeitpunkt der Tatausübung noch nicht vorhanden waren, wie etwa die seither verstrichene Zeit, Schadenswiedergutmachung oder das reumütige Geständnis. Wiegt die Dienstpflichtverletzung besonders schwer - insbesondere unter Berücksichtigung des objektiven Unrechtsgehalts der Tat - so kann von der Verhängung einer hohen (der höchsten) Disziplinarstrafe allerdings nur abgesehen werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen oder wenn keine spezialpräventiven Gründe die Verhängung einer Strafe in diesem Ausmaß gebieten.
Soweit es um eine Entlassung geht, ist die spezialpräventive Erforderlichkeit einer solchen (der disziplinarrechtlichen Tatschuld angemessenen) schweren Disziplinarstrafe nicht erst dann anzunehmen, wenn sich die Aussichten auf ein künftiges Unterbleiben von Dienstpflichtverletzungen - bei Beschränkung auf eine mildere Strafe - in einer vagen Hoffnung erschöpfen, und wird umgekehrt nicht nur bei besonderer Gewähr dafür zu verneinen sein. Abzustellen ist auf einen dazwischen liegenden Maßstab einer begründeten Wahrscheinlichkeit. Dabei ist freilich eine Entlassung schon nach der ersten schweren Dienstpflichtverletzung nicht ausgeschlossen, wenn auf Grund ihrer Eigenart und der Persönlichkeit des Täters die Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser im Falle einer geringeren Sanktion weitere Dienstpflichtverletzungen begehen werde.
Diese zum BDG 1979 entwickelten Grundsätze gelten sinngemäß auch für die Auslegung des § 77 Abs. 1 erster Satz sowie Z. 2 und Z. 3 DO 1994.
Im konkreten Fall hat sich die belangte Behörde hingegen mit der hier anzuwendenden spezifischen Norm des § 77 Abs. 1 DO 1994 - abgesehen von den Ausführungen zum Vertrauensverlust - erkennbar nicht auseinander gesetzt. Insbesondere fehlen ausdrückliche Ausführungen dazu, inwiefern die nunmehr verhängte Strafe der Entlassung erforderlich war, um die Beschwerdeführerin von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.
Die belangte Behörde hätte sich auch mit der zuletzt erwähnten Frage auseinander zu setzen und unter Einbeziehung der in dieser Hinsicht im Gesetz zufolge anzustellenden Überlegungen in eine - nicht an arbeitsrechtlichen Maßstäben orientierte - Gesamtabwägung der im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden Strafbemessungsgründe die Angemessenheit oder Erforderlichkeit der zu verhängenden Strafe zu begründen gehabt. Da sie dies infolge einer unrichtigen Rechtsansicht unterlassen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 16. Oktober 2008
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