VwGH 2007/07/0124

VwGH2007/07/012424.4.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde des E Z in P, vertreten durch Neudorfer Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Eßlinggasse 9, gegen den Bescheid der Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 31. Juli 2007, Zl. UVS 30.6-174/2006-7, betreffend eine Übertretung des Pflanzenschutzmittelgesetzes (weitere Partei:

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
PMG 1997 §2 Abs10;
PMG 1997 §30 Abs1;
PMG 1997 §30 Abs2;
PMG 1997 §30;
PMG 1997 §34 Abs1 Z1 litf;
PMG 1997;
VStG §24;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §9;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §66 Abs4;
PMG 1997 §2 Abs10;
PMG 1997 §30 Abs1;
PMG 1997 §30 Abs2;
PMG 1997 §30;
PMG 1997 §34 Abs1 Z1 litf;
PMG 1997;
VStG §24;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §9;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Z.- GmbH mit Sitz in P. in der Steiermark und der P.C. sarl mit Sitz in Luxemburg.

Aus den vorgelegten Akten ergibt sich, dass die P.C. sarl in Luxemburg ein saisonales Lager für Pflanzenschutzmittel betreibt. Pflanzenschutzmittel, die nicht in Luxemburg verkauft werden, werden zwischenzeitig im Lager M. auf Grundstück Nr. 7/1, KG F., gelagert, wo auch die Z.-GmbH Lagerkapazität hat. Nach den Angaben des Beschwerdeführers erspare sich die P.C. sarl so Lagerkosten von etwa sechs Monaten in Luxemburg. Wenn Ware in Luxemburg geordert werde, die im Lager M. vorrätig sei, werde eine Spedition von der P.C. sarl beauftragt, die Ware ins Saisonallager in Luxemburg zu verbringen, wo die Kunden die Ware in weiterer Folge abholen könnten.

Am 2. Juni 2005 fand in der Lagerhalle M. eine Kontrolle gemäß § 28 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 (PMG), BGBl. I Nr. 60/1997, statt. Dabei wurde von den Kontrollorganen des Bundesamtes für Ernährungssicherheit (BAES) festgestellt, dass in der Halle Pflanzenschutzmittel der Z.-GmbH und der P.C. sarl räumlich nicht getrennt gelagert wurden. Am 3. Juni 2005 begaben sich die Kontrollorgane erneut zur Lagerhalle M. Inzwischen hatte Herr S., ein Angestellter der Z.-GmbH, die Pflanzenschutzmittel der Z.-GmbH und der P.C. sarl über Aufforderung der Kontrollorgane getrennt und die Pflanzenschutzmittel der P.C. sarl (ca. 52 t) als "Ware für Export" gekennzeichnet.

Aus der Sachverhaltsdarstellung des BAES zu dessen Anzeige vom 22. Juni 2005 geht hervor, dass am 3. Juni 2005 sämtliche Präparate der P.C. sarl vorläufig beschlagnahmt wurden, da der begründete Verdacht bestand, dass diese nicht den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 PMG entsprächen und keine Person zur Verfügung gestanden sei, die die Pflichten gemäß § 30 PMG wahrnehme (Herr S. habe sich für nicht zuständig erklärt), und dass die für die Kontrolle der Einhaltung des PMG maßgeblichen Unterlagen gemäß § 28 Abs. 2 PMG nicht zur Einsicht hätten vorgelegt werden können.

Mit Straferkenntnis vom 3. November 2006 legte die Bezirkshauptmannschaft W (BH) dem Beschwerdeführer folgende Verwaltungsübertretung zur Last:

"Straferkenntnis

Tatzeit: 03.06.2005

Tatort: XXXX K, KG F, Bezirk W, Lagerhalle, auf

Grundstücksnummer 7/1

Ihre Funktion: Handelsrechtliche(r)

Geschäftsführer(in) und daher als gem. § 9 Abs. 1 VStG Verantwortlicher

1. Übertretung

Sie sind in Ihrer Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer bzw. als Gesellschafter und Geschäftsführer bzw. als § 9 VStG Verantwortlicher der Firma P.C. sarl, 1 a, Rue du P, XXXX M, Luxemburg, bzw. G 186, XXXX P, Bezirk W, XXXX K, KG. F, Ihrer Verpflichtung für die Einhaltung des Pflanzenschutzmittelgesetzes zu sorgen nicht nachgekommen. Im Zuge einer gem § 28 (1) PMG 1997 idgF durchgeführten Kontrolle des Bundesamtes für Ernährungssicherheit im kontrollierten Betrieb Z.-GmbH, Landesprodukte - Pflanzenschutz, G 186, …, am 03.06.2005 wurde Folgendes festgestellt:

Es wurde ein Verstoß gegen die Pflichten als Geschäfts- und Betriebsinhaber festgestellt. Es konnte keine Person namhaft gemacht werden, welche die Pflichten im Absatz 1 der oben genannten Rechtsvorschrift während Ihrer Abwesenheit erfüllt hat.

Bei der gegenständlichen Kontrolle wurde festgestellt, dass Herr Beschwerdeführer keinen beauftragten Stellvertreter oder von ihm berufenen Beauftragten hat, der die Pflichten lt.

§ 30 Abs 1 und 2 PMG 1997 erfüllt hat.

Dadurch wurde(n) folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 34 Abs 1 Z 1f Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, BGBI. I

Nr. 60/1997 idgF iVm. § 30 Abs. 1 und 2 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, BGBl. I Nr. 60/1997 idgF.

Geldstrafe: EUR 800,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 34 Abs 1 Z 1f Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, BGBl. I Nr. 60/1997 idgF"

Der Beschwerdeführer berief und machte im Wesentlichen geltend, dass die Bestimmungen des PMG nicht anzuwenden seien und dass er nicht verpflichtet sei, einen beauftragten Stellvertreter oder von ihm berufenen Beauftragten zu nennen, da die P.C. sarl nicht Inhaber von Geschäften und Betrieben in Österreich sei. Aus dem Straferkenntnis der BH gehe weiters nicht hervor, welche Fragen nicht beantwortet bzw. welche notwendigen Unterlagen nicht vollständig zur Verfügung gestellt worden seien. Festzuhalten sei nämlich, dass Herr S. der AGES (jeweils gemeint: BAES) den Zutritt zum Lager, Büro und den Buchhaltungsunterlagen sehr wohl ermöglicht habe. Die Aussage des Herrn S., dass er nicht Stellvertreter des Beschwerdeführers sei, sei so zu verstehen, dass er nicht stellvertretender Geschäftsführer sei.

Am 4. Juli 2007 fand vor der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer angab, bei den Kontrollen am 2. und 3. Juni 2005 nicht anwesend gewesen zu sein. Richtig sei, dass Herr S. vor Ort gewesen sei. Dieser sei Lagerverantwortlicher der Z.-GmbH, aber auch Gefahrenschutzbeauftragter etc. Da im Speditionslager M. Waren der P.C. sarl lediglich gelagert worden und nicht zum Verkauf gestanden seien, hätte er es nicht für nötig empfunden, einen Beauftragten im Sinne des PMG zu bestellen bzw. vor Ort zu haben. Er habe am 2. oder 3. Juni glaublich dreimal mit Herrn S. telefoniert und daher auch erfahren, dass Waren der P.C. sarl beschlagnahmt worden seien bzw. werden sollten. Er habe Herrn S. gesagt, dass er auch bezüglich der P.C. sarl soweit möglich sämtliche Fragen beantworten und Auskünfte erteilen und auch den Organen die etwaigen gewünschten Unterlagen soweit möglich zur Verfügung stellen solle. Dies habe insbesondere die Bestandsliste betroffen. Die Lieferscheine und Eingangsrechnungen seien in Luxemburg gewesen. In weiterer Folge zu einem späteren Zeitpunkt habe sich dann klar herausgestellt, welche Unterlagen von der AGES verlangt würden und habe er diese dann in Zusammenarbeit mit seinem Rechtsvertreter in Luxemburg herausgesucht bzw. dort angefordert und dann unmittelbar an die AGES weitergeleitet. Dies dürfte zwei Wochen nach dem 3. Juni 2005 gewesen sein und hätte man die vorerst am 3. Juni 2005 nicht vorhandenen Unterlagen sämtlich der AGES zur Verfügung gestellt.

Herr S. sagte anlässlich der mündlichen Verhandlung zusammengefasst aus, dass es sicherlich keine konkreten Fragen hinsichtlich einzelner Produkte gegeben habe, so beispielsweise keine Fragen über die Herkunft eines Produkts. Ob er nach Lieferscheinen gefragt worden sei, könne er nicht mehr sagen. Es habe eine Bestandsliste der vorhandenen Waren der P.C. sarl gegeben. Lieferscheine oder Ähnliches bezüglich der Waren der P.C. sarl habe es vor Ort keine gegeben. Jedenfalls habe er sämtliche Fragen und Auskünfte auch hinsichtlich der P.C. sarl den Organen vor Ort beantwortet bzw. erteilt.

Das Kontrollorgan des BAES Ing. B. gab an, dass die Waren der P.C. sarl beschlagnahmt worden seien, weil keine Nachweise erbracht hätten werden können, dass sie für den Export bzw. für die Anwendung in anderen Mitgliedsstaaten bestimmt gewesen seien. Herr S. sei gefragt worden, für wen die Waren bestimmt seien bzw. ob Nachweise für den Export etc. vorhanden seien und ob er für die P.C. sarl verantwortlich sei. Nachweise habe Herr S. nicht vorlegen können. Zum damaligen Zeitpunkt sei auch nicht bekannt gewesen, wer für die P.C. sarl vor Ort Ansprechpartner bzw. verantwortlich sei. Herr S. sei Näheres zur P.C. sarl gefragt worden, habe jedoch keine konkreten Auskünfte erteilen können. Er habe eine Bestandsliste der vor Ort befindlichen Waren angefertigt. Lieferscheine oder weitere Geschäftspapiere habe es vor Ort keine gegeben bzw. seien ihm solche nicht vorgelegt worden; gefragt hätte er aber danach (Geschäftsanschrift, Geschäftsführung, Herkunft der Waren, Firmensitz, begleitende Unterlagen, Lieferpapiere, Rechnungen, Nachweise etc.).

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers dem Grunde nach ab und gab der Berufung hinsichtlich der verhängten Strafe dahingehend Folge, dass über den Beschwerdeführer gemäß § 19 VStG eine Strafe von je EUR 200,-- , insgesamt somit von EUR 400,-- (je 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe), verhängt werde.

Der Spruch des Straferkenntnisses der BH wurde folgendermaßen neu gefasst:

"Sie sind als Geschäftsführer und damit zur Vertretung nach außen berufene Person der Firma P.C. sarl, 1 a, Rue du P, XXXX M, Luxemburg, sowie als Geschäftsführer und Inhaber der Firma Z.-GmbH, G Nr. 186, XXXX P, Bezirk W, Ihrer Verpflichtung, für die Einhaltung des Pflanzenschutzmittelgesetzes zu sorgen, nicht nachgekommen. Im Zuge einer gemäß § 28 Abs 1 Pflanzenschutzmittelgesetz (im Folgenden PMG) durchgeführten Kontrolle des Bundesamtes für Ernährungssicherheit im kontrollierten Betrieb Z.-GmbH, Landesprodukte-Pflanzenschutz, G Nr. 186, XXXX P, Ort der Amtshandlung: XXXX K, Katastralgemeinde F, Lagerhalle auf Grundstück Nr. 7/l, Zeitpunkt der Kontrolle: am 03.06.2005, wurde Folgendes festgestellt:

Es wurde ein Verstoß gegen die Pflichten als Geschäfts- und Betriebsinhaber festgestellt. So hat Herr Beschwerdeführer keinen Stellvertreter oder Beauftragten namhaft gemacht, der die nachstehenden Pflichten während seiner Abwesenheit ausreichend erfüllt hat.

Es konnten

1.) keine notwendigen Auskünfte über die Herkunft und die Absatzwege der Pflanzenschutzmittel der Firma P.C. sarl erteilt werden, obwohl dies möglich und zumutbar gewesen war und

2.) keine Lieferscheine und Geschäftsaufzeichnungen jener Pflanzenschutzmittel der Firma P.C. sarl vorgelegt und auch nicht binnen angemessener Frist nachgereicht werden, die am Vortag in der Verkaufshalle vorrätig gehalten wurden.

Dadurch wurden folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu Punkt l.) § 34 Abs 1 Z 1 lit f Pflanzenschutzmittelgesetz iVm § 30 Abs 1 Z 2 und Abs 2 Pflanzenschutzmittelgesetz und

zu Punkt 2.) § 34 Abs 1 Z 1 lit f Pflanzenschutzmittelgesetz iVm § 30 Abs 1 Z 3 und Abs 2 Pflanzenschutzmittelgesetz

und wird hiefür (wie bereits ausgeführt) je eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 200,00 (je 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 34 Abs 1 Z 1 lit f Pflanzenschutzmittelgesetz verhängt."

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass im Lager M. am 2. Juni 2005 sowohl Pflanzenschutzmittel der Z.-GmbH als auch der P.C. sarl ohne räumliche Trennung gelagert worden seien. Weiters finde in dieser Lagerhalle auch der Verkauf von Pflanzenschutzmitteln der Z.-GmbH statt, wobei dies unter anderem auch zum Aufgabenbereich von Herrn S. gehöre. Auf Grund der vermischten Lagerung der Waren der P.C. sarl bzw. Z.-GmbH am 2. Juni 2005 sei auch ein Verkauf von Pflanzenschutzmitteln der P.C. sarl möglich gewesen. Es erscheine daher folgerichtig, dass von den Kontrollorganen am 3. Juni 2005 entsprechende Fragen hinsichtlich der Pflanzenschutzmittel der P.C. sarl gestellt worden seien. Unbestritten sei, dass maßgebliche Unterlagen wie Lieferscheine und Geschäftsaufzeichnungen hinsichtlich jener Pflanzenschutzmittel der P.C. sarl, die am Vortag in der genannten Verkaufshalle vorrätig gehalten worden seien, über Aufforderung nicht vorgelegt worden seien. Ebenso hätten keine Auskünfte über die Herkunft und die Absatzwege der Pflanzenschutzmittel erteilt werden können. Da der Beschwerdeführer sowohl am 2. als auch am 3. Juni 2005 ortsabwesend gewesen sei, hätte er in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P.C. sarl dafür Sorge tragen müssen, dass seine Verpflichtungen nach dem PMG auch in seiner Abwesenheit erfüllt würden. Der vor Ort anwesende Zeuge S. habe, wie das Ermittlungsverfahren ergeben habe, nur unzureichend dafür gesorgt, dass die Pflichten des Betriebsinhabers erfüllt würden. Diesbezüglich sei festzuhalten, dass Herr S. den Organen des BAES Zutritt zur Lagerhalle ermöglicht, über Aufforderung die Waren der Z.-GmbH bzw. P.C. sarl getrennt zusammen gestellt, den Organen auch die Entnahme von Proben der Pflanzenschutzmittel gestattet bzw. eine Bestandsliste der vor Ort zumindest bis 2. Juni 2005 vorrätig gehaltenen Pflanzenschutzmittel erstellt habe. Fragen über die Herkunft und Absatzwege der Pflanzenschutzmittel (für deren Export) hätten jedoch nicht beantwortet werden können. Dies wäre möglich und zumutbar gewesen, da Herr S. mehrmals mit dem Beschwerdeführer telefoniert habe, und zwar offensichtlich während der Kontrolle. Auch die für die Kontrolle maßgeblichen Unterlagen wie Lieferscheine und Geschäftsaufzeichnungen betreffend die gegenständlichen Pflanzenschutzmittel hätten nicht vorgelegt werden können. Weil die gegenständlichen Pflanzenschutzmittel der P.C. sarl in der Lagerhalle zum Verkauf vorrätig gehalten worden seien und der Beschwerdeführer als Mieter der Halle und Geschäftsführer (auch) der P.C. sarl uneingeschränkte Verfügungsmacht über diese Pflanzenschutzmittel besessen hätte, sei er als Betriebsinhaber des bei der Amtshandlung kontrollierten Bereiches anzusehen. Der Beschwerdeführer sei daher faktisch in der Lage gewesen, ein internationales Betriebs- und Zugriffssystem zu schaffen, mit dem auch hinsichtlich der Pflanzenschutzmittel der P.C. sarl die für die Kontrolle notwendigen Auskünfte an Ort und Stelle erteilt sowie Unterlagen wie Abschriften und Kopien spätestens binnen angemessener Frist nachgereicht werden könnten. Das Nachreichen der Unterlagen an die AGES sei erst ca. zwei Wochen nach der tatzeitlichen Kontrolle, was im elektronischen Zeitalter nicht mehr als binnen angemessener Frist angesehen werden könne, erfolgt. Bediene sich der Geschäftsführer eines ausländischen Unternehmens beim In-Verkehr-Bringen von Pflanzenschutzmitteln in Österreich inländischer Betriebsstrukturen, indem er durch die Gründung eines inländischen Betriebes und die Anmietung zugehöriger Lagerräume das In-Verkehr-Bringen der Mittel im Inland fördere, habe er in allen diesen Bereichen, die er etwa zum Vorrätighalten von Pflanzenschutzmitteln zu Verkaufszwecken verwende, die für die Kontrollen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Andernfalls könnten sich international tätige Betriebsinhaber bestimmter Pflanzenschutzmittel trotz ihres In-Verkehr-Bringens im Inland den Kontrollen des § 30 PMG entziehen, was mit dem Zweck dieser Bestimmung unvereinbar wäre. Zusammenfassend habe der Beschwerdeführer somit die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten, wobei der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu präzisieren gewesen sei, da der Beschwerdeführer nicht gegen sämtliche Pflichten laut § 30 Abs. 1 und 2 PMG verstoßen habe, wobei dies bei der Strafbemessung zu berücksichtigen gewesen sei. Da die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretungen auch getrennt begangen werden könnten, sei die Strafe zu teilen gewesen (zwei Übertretungen).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des PMG (vor der Novelle BGBl. I Nr. 55/2007) lauten:

"§ 28. (1) Die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes obliegt dem Bundesamt für Ernährungssicherheit. Das Bundesamt für Ernährungssicherheit hat den Aufsichtsorganen eine Ausweisurkunde auszustellen.

(2) Die Aufsichtsorgane sind berechtigt, während der üblichen Geschäfts- und Betriebszeiten - zu anderen Zeiten bei Gefahr im Verzug - alle für die Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes maßgeblichen Nachforschungen anzustellen, die entsprechenden Grundstücke, Gebäude und Beförderungsmittel zu betreten sowie unentgeltlich Proben der Pflanzenschutzmittel einschließlich ihrer Verpackungen, Merkblätter und Werbematerialien - im folgenden "Gegenstände" genannt - im erforderlichen Ausmaß zu entnehmen sowie in alle für die Kontrolle maßgeblichen Unterlagen, insbesondere Lieferscheine und Geschäftsaufzeichnungen, Einsicht zu nehmen.

......

§ 30. (1) Inhaber von Geschäften und Betrieben, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unterliegen, sowie ihre Stellvertreter oder Beauftragten haben den Aufsichtsorganen unverzüglich

1. alle Orte und Beförderungsmittel bekanntzugeben, die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unterliegenden Tätigkeiten dienen, und den Zutritt zu diesen Orten und Beförderungsmitteln sowie die unentgeltliche Entnahme von Proben der Pflanzenschutzmittel einschließlich ihrer Verpackungen, Merkblätter und Werbematerialien zu gestatten,

2. die zur Kontrolle erforderliche Unterstützung zu gewähren und die zur Kontrolle notwendigen Auskünfte - insbesondere über die Herstellung, die Herkunft und die Absatzwege der Pflanzenschutzmittel sowie über ihre Bestandteile - zu erteilen, soweit dies möglich und zumutbar ist,

3. die für die Kontrolle maßgeblichen Unterlagen, insbesondere Lieferscheine und Geschäftsaufzeichnungen, zur Einsichtnahme vorzulegen sowie Abschriften oder Kopien auf Verlangen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen oder binnen angemessener Frist nachzureichen und

4. bei der Besichtigung und Probenahme Personen, die mit den Betriebsverhältnissen vertraut sind, sowie erforderliche Geräte zur Verfügung zu stellen.

(2) Die Geschäfts- und Betriebsinhaber haben dafür zu sorgen, dass die im Abs. 1 genannten Pflichten auch während ihrer Abwesenheit zu den üblichen Geschäfts- oder Betriebszeiten erfüllt werden.

......

§ 34. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die

Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet

oder nach anderen Bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der

Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen

1. mit Geldstrafe bis zu 14 530 EUR, im Wiederholungsfall bis

29 070 EUR, wer

......

f) als Geschäfts- oder Betriebsinhaber oder als dessen

Stellvertreter oder Beauftragter den in § 30 Abs. 1 oder 2

festgelegten Verpflichtungen nicht nachkommt,

......"

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer handelsrechtlicher Geschäftsführer der P.C. sarl und als deren strafrechtlich Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG anzusehen ist. Unstrittig ist weiters, dass die P.C. sarl Pflanzenschutzmittel in Österreich zwischenlagert und sie bei Bedarf nach Luxemburg transportiert, um sie von dort aus zu verkaufen.

Der Beschwerdeführer bringt nun vor, die P.C. sarl habe in Österreich kein Unternehmen und auch keinen Betrieb. Daher sei auf sie keine Bestimmung des österreichischen PMG anzuwenden. Die belangte Behörde ignoriere, dass die P.C. sarl keine Betriebsstätte in Österreich habe und somit der Beschwerdeführer auch nicht Betriebsinhaber sein könne. Es gebe zahlreiche (näher beschriebene) Definitionen in Gesetzen und in der Rechtsprechung, wann eine Betriebsstätte gegeben sei. Die Waren der P.C. sarl seien für den Export bestimmt gewesen, was bekannt gegeben worden sei. Die belangte Behörde konstruiere unter Heranziehung unzutreffender Analogien in rechtlich nicht nachvollziehbarer Weise eine angebliche Auskunftspflicht des Beschwerdeführers.

Der Ansicht, die P.C. sarl unterliege als Gesellschaft mit Sitz im Ausland nicht dem PMG, ist nicht zu folgen. Wie schon in dem ebenfalls zur P.C. sarl ergangenen Erkenntnis vom 27. März 2008, 2007/07/0033, 0034, ausgeführt wurde, ist dem PMG nicht zu entnehmen, dass ausländische Gesellschaften als solche generell vom Geltungsbereich des PMG ausgenommen wären. Fest steht, dass die P.C. sarl in Österreich Pflanzenschutzmittel lagert, die sodann von Luxemburg aus verkauft werden sollen. Die P.C. sarl hält damit in Österreich Pflanzenschutzmittel für den Verkauf (in Luxemburg) vorrätig. Das Vorrätig-Halten zum Verkauf stellt einen spezifischen Tatbestand des In-Verkehr-Bringens gemäß § 2 Abs. 10 PMG dar und liegt auch bei vorgesehenen Lieferungen in einen anderen Mitgliedstaat der EU oder einen Drittstaat vor. Da die P.C. sarl in Österreich somit eine in den Regelungsbereich des PMG fallende Aktivität in Bezug auf Pflanzenschutzmittel ausübt, nämlich Pflanzenschutzmittel in Verkehr bringt, unterliegt sie auch dem PMG.

Dass die P.C. sarl mangels Betriebsstätte in Österreich nicht Geschäfts- bzw. Betriebsinhaberin im Sinne des § 30 Abs. 1 PMG sein könne, trifft nicht zu. Fest steht nämlich, dass die P.C. sarl mit Pflanzenschutzmitteln handelt und zu diesem Zweck auch in Österreich in Form von Lagertätigkeiten aktiv ist. Es kann auf Grund dieses Betätigungsfeldes daher keinesfalls in Abrede gestellt werden, dass sie auch Inhaberin eines Geschäftes bzw. Betriebes ist, das/der - wie eben dargelegt - angesichts der im Inland betriebenen Lagertätigkeit den Bestimmungen des PMG unterliegt. Als solche hat die P.C. sarl nun aber die in § 30 Abs. 1 und 2 PMG normierten Pflichten zu erfüllen. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten - zu § 4 ZustellG und § 87 JN ergangenen - Betriebsstättendefinitionen sowie § 46 GewO stehen in keinerlei Zusammenhang mit der in § 30 PMG geforderten Geschäfts- bzw. Betriebsinnehabung und sind schon daher für das vorliegende Verfahren nicht relevant.

Die Angabe der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a lit. a VStG hat in einer Weise zu erfolgen, dass keine Verhaltensweisen mit umfasst werden, die nicht der verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit. b VStG unterliegen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1984, 84/02B/0003). Der Beschwerdeführer ist daher mit seinem Vorbringen insoweit im Recht, als ihm die belangte Behörde die Unterlassung einer Verhaltensweise zum Vorwurf macht, die von den herangezogenen Bestimmungen des PMG so nicht umfasst ist. Dem Beschwerdeführer wird nämlich angelastet, keinen Stellvertreter oder Beauftragten namhaft gemacht zu haben, der die im Spruch näher beschriebenen Pflichten im Sinne des § 30 Abs. 1 Z. 2 und 3 PMG ausreichend erfüllt hätte. Eine solche Pflicht zur Namhaftmachung eines Stellvertreters oder Beauftragten kennt das PMG jedoch nicht. Vielmehr fordert § 30 Abs. 2 PMG, dass Geschäfts- und Betriebsinhaber dafür zu sorgen haben, dass die in Abs. 1 leg. cit. genannten Pflichten auch während ihrer Abwesenheit zu den üblichen Geschäfts- oder Betriebszeiten erfüllt werden. Wie die Erfüllung dieser Pflichten im Einzelfall auszusehen hat, bestimmt das PMG nicht und kann auch in anderer Form als durch die Namhaftmachung eines Stellvertreters oder Beauftragten erfolgen. Dies bleibt daher den jeweiligen Geschäfts- und Betriebsinhabern überlassen. Die Umschreibung des dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Tatverhaltens entspricht somit nicht § 44a Z 1 VStG.

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, dass sich keine der im Rahmen der Kontrolle gestellten Fragen auf die Z.-GmbH bezogen hätten, dass die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch nie auf die Z.-GmbH Bezug nehme und auch nicht darlege, warum der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Z.-GmbH gegen § 30 PMG verstoßen haben solle.

Auch damit ist der Beschwerdeführer im Recht.

Wie sich bereits aus der Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Bescheides ergibt, wird dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe keinen Stellvertreter oder Beauftragten bestellt, der Auskünfte gemäß § 30 Abs. 1 Z. 2 PMG betreffend Pflanzenschutzmittel der P.C. sarl erteilt und Unterlagen gemäß § 30 Abs. 1 Z. 3 PMG ebenfalls betreffend Pflanzenschutzmittel der P.C. sarl vorgelegt hätte. Die dem Beschwerdeführer angelastete Tat steht somit ausschließlich im Zusammenhang mit der P.C. sarl. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer Geschäftsführer beider Gesellschaften ist und dass beide Gesellschaften ihre Pflanzenschutzmittel in derselben Lagerhalle lagern, vermag keine strafrechtliche Verantwortung der Z.-GmbH und damit des Beschwerdeführers in seiner Rolle als Geschäftsführer dieser GmbH zu begründen.

Dieser Tatvorwurf erweist sich aber auch deshalb als rechtswidrig, weil die belangte Behörde den Beschwerdeführer erstmals und damit in Überschreitung des Tatvorwurfes des erstinstanzlichen Straferkenntnisses für diese Tat nicht nur als Geschäftsführer der P.C. sarl sondern auch als Geschäftsführer der Z.-GmbH zur Verantwortung gezogen hat.

Nun stellte es zwar keine unzulässige Änderung des Tatvorwurfs oder eine Überschreitung der Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde nach § 66 Abs 4 AVG dar, wenn die Berufungsbehörde den Beschuldigten als nach § 9 Abs 1 VStG strafrechtlich verantwortliche Person für eine andere Gesellschaft als jene in Anspruch genommen hat, für welche er im erstinstanzlichen Straferkenntnis verantwortlich gemacht worden war (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2007 2006/03/0018, mwN). Im vorliegenden Fall wurde aber im Spruch des angefochtenen Bescheides keine Korrektur in Bezug auf die Gesellschaft, deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, vorgenommen, sondern es wurde ein zusätzlicher Tatvorwurf (der Beschwerdeführer sei seinen Verpflichtungen auch als Geschäftsführer und Inhaber der Z.-GmbH nicht nachgekommen) aufgenommen.

Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung über die Berufung nur im Rahmen der von der erstinstanzlichen Behörde vorgeworfenen Sache zu einer Spruchänderung berechtigt. Die Berufungsbehörde darf dem Beschuldigten keine andere Tat anlasten, als diejenige, die bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen ist. Wechselt sie die von der Erstinstanz als erwiesen angenommene Tat aus, dann nimmt sie damit eine Befugnis in Anspruch, die durch § 66 Abs. 4 AVG nicht gedeckt ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2004, 2001/03/0436, mwN). Dies gilt auch für die Erweiterung des Tatvorwurfs durch die Berufungsbehörde im Gegensatz zu der von der Erstinstanz als erwiesen angenommenen Tat. Insoweit die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid eine Bestrafung des Beschwerdeführers (auch) als Geschäftsführer und Inhaber der Z-GmbH vornahm, belastete sie den Bescheid auch aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit.

Da sich der angefochtene Bescheid bereits aus den vorgenannten Gründen als inhaltlich rechtswidrig erweist, war er - ohne Eingehen auf das übrige Beschwerdevorbringen - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. April 2008

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