Normen
AVG §66 Abs4;
B-VG Art89 Abs1;
StVO 1960 §52 lita Z10a;
VStG §24;
VStG §44a Z1;
VStG §51 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art89 Abs1;
StVO 1960 §52 lita Z10a;
VStG §24;
VStG §44a Z1;
VStG §51 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzten.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 7. März 2001 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 14. Juni 2000, um ca. 13.49 Uhr als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten PKW auf der Südautobahn (A 2) aus Richtung Villach kommend in Richtung Klagenfurt im Baustellenbereich Wernberg - Velden/West die Fahrgeschwindigkeit nicht den durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen angepasst zu haben, indem er laut geeichtem Geschwindigkeitsmessgerät (ProVida-Anlage) abzüglich der Messfehlertoleranz die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h von BKm. 345,3 bis 345,6 um bis zu ca. 35 km/h, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h von BKm. 345,6 bis BKm. 345,9 um bis zu ca. 58 km/h und die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h von BKm. 345,9 bis 350,0 um bis zu ca. 69 km/h überschritten habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 begangen, weshalb gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
In der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung wendete der Beschwerdeführer u.a. ein, dass Verfolgungsverjährung eingetreten sei, weil sich die Verfolgungshandlung auf keine ausreichend konkretisierte Tat bezogen habe und auch im Spruch des Straferkenntnisses die Tat nur unzureichend konkretisiert sei.
Die belangte Behörde gab dieser Berufung mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge, änderte aber den Spruch des Straferkenntnisses dahin ab, dass dem Beschwerdeführer angelastet werde, er habe am 14. Juni 2000 zwischen ca. 13:49:46 Uhr und 13:50:14 Uhr als Lenker des Kfz mit einem näher bestimmten Kennzeichen, auf der Südautobahn (A-2), Richtungsfahrbahn Wien, in Richtung Klagenfurt fahrend, im Baustellen- und Gegenverkehrsbereich Wernberg - Velden/West, die in diesem Bereich kundgemachte gestaffelte Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h (Km. 353,970 bis Km. 353,770), 80 km/h (Km. 353,770 bis Km. 353,220) und 60 km/h (Km. 353,220 bis Km. 352,860) missachtet, indem er den gesamten angeführten Beschränkungsbereich in einem Zug durchfahren und dabei die erlaubten Höchstgeschwindigkeiten ohne Unterbrechung jeweils über die gesamte Länge des Beschränkungsbereiches erheblich überschritten habe.
Mit der erfolgten Spruchneufassung sei unter Bedachtnahme auf die Ergebnisse des Berufungsverfahrens eine Konkretisierung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Geschwindigkeitsübertretung den Begleitumständen und dem Tatort nach vorgenommen worden, wobei die Anführung des Überschreitungsausmaßes unterbleiben habe können, zumal es sich dabei um kein Tatbestandsmerkmal in Ansehung des dem Beschuldigten zur Last gelegten Verstoßes gegen § 52 lit. a Z 10a StVO 1960 handeln würde. Die belangte Behörde führte ferner aus, die Verbesserung des fehlerhaften Spruches des erstinstanzlichen Bescheides sei zulässig, weil sich das im Rahmen des eingeräumten Parteiengehörs am 17. November 2000 und damit noch innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist erfolgte Zur-Kenntnis-Bringen des gesamten Verwaltungsstrafaktes als eine den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung erweise. Bereits auf Grund der Anzeigeangaben in Verbindung mit der dieser angeschlossenen Lichtbildbeilage sei für den Beschwerdeführer - gemessen an den Rechtsschutzüberlegungen - hinreichend erkennbar, wofür er verfolgt werde. Es würde sich daraus unmissverständlich der wider ihn erhobene Vorwurf ergeben, im Baustellen - und Gegenverkehrsbereich von Wernberg - Velden/West auf der Richtungsfahrbahn Klagenfurt die in diesem Bereich kundgemachte gestaffelte Geschwindigkeitsbeschränkung (100/80/60 km/h) innerhalb des angeführten Zeitraumes (13:49:46 bis 13:50:14 Uhr) in einem Zug mit einer gegenüber diesen verschiedenen erlaubten Höchstgeschwindigkeiten überhöhten Geschwindigkeit befahren zu haben. Da es zum Tatzeitpunkt im angeführten Bereich der A-2 Südautobahn auf der vom Beschwerdeführer benützten Richtungsfahrbahn Klagenfurt nur eine solche gestaffelte Geschwindigkeitsbeschränkung gegeben habe, der Beschwerdeführer darüber hinaus - wie dies aus den unbestritten gebliebenen Anzeigeangaben zu entnehmen sei - danach angehalten worden sei, sei nach Auffassung des erkennenden Senates innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine hinreichende Tatkonkretisierung erfolgt und dadurch der Eintritt der Verfolgungsverjährung gehemmt worden. Dass dabei die Kilometerbezeichnung unrichtig wiedergegeben worden sei, sei auf Grund der Begleitumstände ohne Relevanz und würde die diesbezüglich im nunmehr neugefassten Bescheidspruch erfolgte Richtigstellung der angegebenen Kilometrierung keine unzulässige Tatortauswechslung darstellen, zumal die Kilometerbezeichnung zur unverwechselbaren Konkretisierung des Tatortes bzw. Tatvorwurfes nicht unbedingt anzuführen gewesen wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig abzuweisen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Vewaltungsstrafverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Es bedarf daher im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschriften erforderlich sind. Wesentlich für die Bezeichnung der Tat ist der Ausspruch über Zeit und Ort der Begehung. So hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. Nr. 11.466/A, ausgesprochen, dass es nach § 44a lit. a VStG rechtlich geboten ist, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und dass 2) die Identität der Tat insbesondere nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Was den Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat), so muss a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen zu widerlegen und b) der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11.894/A, dargetan, dass nach diesen, aber nur nach diesen Gesichtspunkten in jedem konkreten Fall zu beurteilen ist, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a lit. a (nunmehr Z. 1) VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt. Es wird daher das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein.
Ferner muss der Tatort einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit so umschrieben sein, dass geprüft werden kann, ob er unter den örtlichen Anwendungsbereich einer gehörig kundgemachten Verordnung über eine zulässige Höchstgeschwindigkeit fällt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1984, Zl. 83/03/0271).
Im vorliegenden Fall ist daher zu berücksichtigen, dass sämtliche im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren dem Beschwerdeführer vorgehaltenen Tatortumschreibungen nicht in den Geltungsbereich der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 10. April 2000, Zl. 138002/14/- II/B/8/00 fallen. Erst anlässlich der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 9. Oktober 2001 gestand der Meldungsleger zu, dass die bis dahin dem Beschwerdeführer vorgehaltenen Tatortangaben auf einem Irrtum beruhten.
Der Beschwerdeführer rügt, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die unrichtige Tatortumschreibung dahin zu sanieren versuche, dass sie das am 17. November 2000 wahrgenommene Parteiengehör als eine die Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung ansehe, weil anlässlich dieser Akteinsicht der gesamte Verwaltungsstrafakt dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gelangt wäre und es dadurch zu einer hinreichenden Tatkonkretisierung und somit zur Unterbrechung der Verfolgungsverjährung gekommen sei. Der Beschwerdeführer führt weiter aus, dass es zwar richtig sei, dass er durch diese Akteneinsicht vom zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Inhalt des Verwaltungsstrafaktes Kenntnis erlangt habe, er jedoch keine Kenntnis von der Ministerialverordnung vom 10. April 2000 und dem dazugehörigen Verkehrszeichenplan erlangt habe. Zum Zeitpunkt des Parteiengehörs am 17. November 2000 habe sich der Beschwerdeführer dem Vorwurf ausgesetzt gesehen, im Bereich zwischen Baukm 345,4 und 350,0 Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen zu haben. Der zum Zeitpunkt der Akteinsicht vorhandene Akteninhalt würde keinesfalls ausreichen, hinreichend erkennen zu können, wofür konkret der Beschwerdeführer verfolgt werde. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 24 VStG ist die Berufungsbehörde berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäss den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Sie darf aber dem Beschuldigten keine andere Tat anlasten, als diejenige, die bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen ist. Wechselt sie die von der Erstinstanz als erwiesen angenommene Tat aus, dann nimmt sie damit eine Befugnis in Anspruch, die durch § 66 Abs. 4 AVG nicht gedeckt ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1975, Slg. Nr. 8864/A).
Im vorliegenden Fall wurde dem Beschwerdeführer während des gesamten erstinstanzlichen Strafverfahrens eine Geschwindigkeitsübertretung am Tatort " Bkm 345,4 bis 350,0 der A 2 Südautobahn" vorgeworfen. Indem die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides den Tatort auswechselte, erkannte sie den Beschwerdeführer einer anderen Tat schuldig, als ihm im erstinstanzlichen Straferkenntnis zur Last gelegt worden war.
Ob es - wie die belangte Behörde geltend macht - zum Tatzeitpunkt im Baustellen- und Gegenverkehrsbereich von Werberg-Velden/West auf der Richtungsfahrbahn Klagenfurt nur eine kundgemachte gestaffelte Geschwindigkeitsbeschränkung gab, spielt dabei keine Rolle.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. Februar 2004
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