Normen
AlVG 1977 §36 Abs2;
NotstandshilfeV §2 Abs1;
NotstandshilfeV §2 Abs2;
AlVG 1977 §36 Abs2;
NotstandshilfeV §2 Abs1;
NotstandshilfeV §2 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer Notstandshilfe ab 10. April 2005 in näher bezeichneter Höhe zuerkannt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, am 10. April 2005 habe der Beschwerdeführer bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice die Gewährung von Notstandshilfe beantragt. In diesem Antrag habe er als Familienstand "ledig" angegeben und weiters "Lebensgemeinschaft" mit dem Zusatz "getrennte Finanzen, keine eheähnliche Lebensgemeinschaft". Als im gemeinsamen Haushalt lebend habe der Beschwerdeführer Frau L. als Lebensgefährtin angegeben, ebenso den gemeinsamen Sohn Kevin. Im Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld vom 17. November 2004 habe der Beschwerdeführer eine Lebensgemeinschaft mit L. ohne Einschränkungen angeführt. L. habe in einem Antrag vom 29. Oktober 2004 ebenfalls die Lebensgemeinschaft mit dem Beschwerdeführer ohne jegliche Einschränkungen angegeben, erst im Antrag vom 4. Mai 2005 habe sie mit einem Zusatz angeführt "keine eheähnliche Lebensgemeinschaft". Auch L. habe als im gemeinsamen Haushalt lebend den Beschwerdeführer als Lebensgefährten und den gemeinsamen Sohn genannt. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice sei davon ausgegangen, dass es sich bei den Zusätzen um reine Schutzbehauptungen handle, um der Anrechnung des Einkommens des Lebensgefährten auf die Notstandshilfe zu entgehen. Der Beschwerdeführer lebe mit seiner Lebensgefährtin L. und dem gemeinsamen Sohn Kevin, geboren am 29. April 2002, im gemeinsamen Haushalt. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers habe seit 29. Oktober 2004 Arbeitslosengeld inklusive eines Familienzuschlages für den gemeinsamen Sohn bezogen. Mit 1. April 2005 sei der Familienzuschlag bei dem Leistungsbezug der Lebensgefährtin aberkannt und beim Leistungsbezug des Beschwerdeführers zuerkannt worden, um die Anrechnung des Arbeitslosengeldes auf die Notstandshilfe geringer zu halten. Stünden beide Partner im Bezug der Notstandshilfe, sei die niedrigere Notstandshilfe auf die höhere Notstandshilfe anzurechnen, im vorliegenden Fall die Notstandshilfe von L. auf die Notstandshilfe des Beschwerdeführers.
Rückzahlungsverpflichtungen habe der Beschwerdeführer keine nachgewiesen. Als erhöhte Aufwendungen habe er die Schwangerschaft seiner Lebensgefährtin angegeben. Der Beschwerdeführer habe gegen die Bemessung der Notstandshilfe Berufung erhoben, da zwischen ihm und L. keine Lebensgemeinschaft bestehe. L. sei dreimal von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Zeugeneinvernahme vorgeladen worden. Sie sei zu keiner Vernehmung erschienen und habe trotz Aufforderung keinen Nachweis darüber erbracht, weshalb sie den Ladungen nicht Folge geleistet habe. Der Beschwerdeführer sei zweimal zur Einvernahme vorgeladen worden. Das erste Mal habe er bekannt gegeben, dass er den Termin wegen einer anderen Verhandlung nicht wahrnehmen könne. Für den zweiten Termin sei der Beschwerdeführer gebeten worden, einen Nachweis über die andere Verhandlung sowie die Anerkenntnisse der Vaterschaft seiner Kinder vorzulegen. Bei beiden Terminen sei dem Beschwerdeführer angeboten worden, L. als Zeugin zur Einvernahme mitzubringen. Beim zweiten Termin sei der Beschwerdeführer ohne Angabe von Gründen nicht erschienen. Der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice habe der Beschwerdeführer die Geburt seiner Tochter Tamara am 18. September 2005 bekannt gegeben. Sowohl der Beschwerdeführer als auch L. hätten bis zum Zeitpunkt des Notstandshilfeantrages immer eine Lebensgemeinschaft angegeben. Die Lebensgemeinschaft dauere nun schon über Jahre (so seien beide bereits in Sch. 45 an gleicher Adresse gemeldet gewesen), der gemeinsame Wohnsitz sei aufrecht und somit auch das Merkmal der Wohnungsgemeinschaft erfüllt. Der gemeinsame Sohn zeuge davon, dass zwischen den Lebensgefährten "das geforderte geschlechtliche Merkmal einer Lebensgemeinschaft" vorhanden sei, wofür auch die neuerliche Schwangerschaft von L. bzw. die Geburt des zweiten gemeinsamen Kindes spreche. In einem Antrag an den Verfassungsgerichtshof habe der Beschwerdeführer selbst angegeben, dass er im Laufe der Jahre mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt habe, wobei seine Zahlungsschwierigkeiten noch immer anhielten. L. habe per Adresse des Beschwerdeführers ständig Zahlungen, die der Beschwerdeführer auf Grund interner Vereinbarungen und Vertragserfüllungen gegenüber Dritten habe leisten müssen, getätigt. Schon auf Grund dieser Aussage des Beschwerdeführers sei von einer gegenseitigen Unterstützung auszugehen. Die Angabe, dass keine finanzielle Unterstützung in Zeiten der Not bestehe, sei nicht glaubwürdig. Die Aussage, seit Antragstellung auf Notstandshilfe bestehe keine Lebensgemeinschaft mehr, sei als reine Schutzbehauptung zu werten, um der Anrechung zu entgehen. Das Einkommen von L. sei daher auf die Notstandshilfe des Beschwerdeführers anzurechnen. Des Weiteren wird in der Bescheidbegründung die Bemessung der Notstandshilfe dargelegt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 27. Februar 2006, Zl. B 3624/05-3, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.
In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde begehrt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 2 AlVG ist Voraussetzung für die Gewährung der Notstandshilfe u.a., dass sich der Arbeitslose in Notlage befindet.
Gemäß § 2 Abs. 1 der Notstandshilfeverordnung liegt Notlage vor, wenn das Einkommen des Arbeitslosen und das seines Ehepartners bzw. Lebensgefährten oder seiner Lebensgefährtin zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Arbeitslosen nicht ausreicht.
Die Vorgangsweise bei Heranziehung des Einkommens des Ehepartners bzw. des Lebensgefährten oder der Lebensgefährtin für die Beurteilung der Notlage ist näher im § 6 der Notstandshilfeverordnung geregelt.
Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die konkrete Berechnung der Höhe der Notstandshilfe. Er bekämpft aber die Auffassung, dass überhaupt eine Lebensgemeinschaft vorliege, die zur Anrechnung führe.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Wesen einer Lebensgemeinschaft in einem eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im Allgemeinen die Geschlechts-, Wohnungs- und (vor allem) Wirtschaftsgemeinschaft, wobei aber, wie auch bei einer Ehe, das eine oder andere Merkmal weniger ausgeprägt sein oder ganz fehlen kann. Jenes Element, um dessentwillen die Lebensgemeinschaft im konkreten Regelungszusammenhang von Bedeutung ist, nämlich das gemeinsame Wirtschaften, ist jedoch unverzichtbar (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 4. Oktober 2001, Zl. 96/08/0312, mwN, und vom 14. Jänner 2004, Zl. 2002/08/0038).
Unter dem Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft ist zu verstehen, dass beide Partner einander Beistand und Dienste leisten und an den zur Bestreitung des Unterhaltes, der Zerstreuung und Erholung zur Verfügung stehenden Gütern teilnehmen lassen, etwa auch die Freizeit weitgehend gemeinsam verbringen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 1990, Zl. 89/08/0318).
Der Berücksichtigung des Einkommens des Lebensgefährten liegt offenkundig die Annahme zu Grunde, dass dieser wegen der Lebens- (Wohn-)Gemeinschaft auch zum gemeinsamen Wirtschaften zumindest zum Teil (etwa durch Mitfinanzierung der Miete oder der Ernährung) beiträgt. Gemeinsames Wohnen allein begründet auch zwischen Personen, die gemeinsame Kinder haben, noch keine Lebensgemeinschaft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2001, Zl. 2001/08/0101).
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kommt es bei der Beurteilung der Frage, ob eine Lebensgemeinschaft vorliegt, im hier maßgeblichen Zusammenhang nicht auf die seelische Gemeinschaft und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Partner an und auch nicht auf die Dauerhaftigkeit und den Willen, für längere Zeit zusammen zu bleiben.
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist -
die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in die Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie u.a. den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Unter Beachtung der nämlichen Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, einer Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, mit der Begründung entgegenzutreten, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre. Die belangte Behörde ist zwar gehalten, in der Begründung ihres Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebende Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen (§ 60 AVG), sie ist aber nicht verpflichtet, allen sonst noch denkbaren, schlüssig begründbaren Sachverhaltsvarianten im Einzelnen nachzugehen, wenn sie sich nur mit allen Umständen schlüssig und nachvollziehbar auseinander gesetzt hat, die für und wider die von ihr tatsächlich getroffenen Sachverhaltsfeststellungen sprechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2004, Zl. 2000/08/0130, mwN).
Unter Beachtung der genannten Grundsätze kann es der belangten Behörde nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn sie im vorliegenden Fall das Bestehen einer Lebensgemeinschaft angenommen hat:
Auf die Geschlechtsgemeinschaft geht der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht näher ein, es ist aber nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde angesichts der Geburt zweier gemeinsamer Kinder auch vom Bestehen einer Geschlechtsgemeinschaft ausgegangen ist.
In Bezug auf die Wohnungsgemeinschaft kritisiert der Beschwerdeführer zwar, dass keine nachvollziehbare Begründung dafür vorliege und der Beschwerdeführer in Sch. lediglich mit Zweitwohnsitz gemeldet gewesen sei, dort jedoch maximal drei Tage im Monat anwesend gewesen sei. Zum Wohnsitz in Sch. wäre ihm außerdem Parteiengehör einzuräumen gewesen. Diese Ausführungen des Beschwerdeführers können die Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg führen, weil er nicht bestreitet, dass nunmehr jedenfalls an seiner gegenwärtigen Anschrift eine gemeinsame Wohnung vorliegt. Allfälligen diesbezüglichen Verfahrensmängeln kommt daher auch keine Relevanz zu.
Des Weiteren wird in der Beschwerde dargelegt, der Beschwerdeführer habe, um die Rückzahlungen an L. zu gewährleisten, diese mit einer Vielzahl an Abtretungen besichert, damit die Schulden gedeckt seien. Daraus eine Wirtschaftsgemeinschaft abzuleiten, sei vollkommen "absurd", zumal der Beschwerdeführer nicht an den Gütern der Partnerin teilhaben könne, sondern seine Schulden vielmehr zurückbezahlen müsse und somit eine derartige Unterstützung, wie sie Ehepartnern vom Gesetz auferlegt werde, niemals vorliegen könne. Ein Zusammengehörigkeitsgefühl der Partner könne nicht gegeben sein, wenn Zahlungen zurückgefordert würden und keinerlei unentgeltliche Unterstützung zu erwarten sei.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass, wie auch aus der Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides hervorgeht, L. Zahlungen für ihn geleistet hat. Mit einer solchen Vorgangsweise verbunden ist allerdings die Konsequenz, dass dem Beschwerdeführer mehr von seinem eigenen Geld verblieb, sei es, dass er dies für die gemeinsame Wohnung (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 17. Mai 2006, Zl. 2004/08/0263, und vom 17. Mai 2006, Zl. 2005/08/0153), für die gemeinsamen Kinder oder für sich aufwenden konnte oder sich die Aufnahme eines Kredites von einem Dritten erspart hat. Dass angesichts einer gemeinsamen Wohnung und gemeinsamer Kinder unter diesen Umständen von der belangten Behörde das Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft bejaht wurde, ist in keiner Weise unschlüssig. Nicht ausschlaggebend ist es, ob der Beschwerdeführer bei diesen Gegebenheiten in weiterer Folge eine Rückzahlung an L. hätte leisten müssen (vgl. dazu auch das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 17. Mai 2006, Zl. 2004/08/0263).
Soweit der Beschwerdeführer Verfahrensmängel rügt, legt er deren Relevanz nicht dar. Sein Vorbringen über die Anwesenheit in Sch. wäre, wie bereits erwähnt, nicht geeignet gewesen, einen anderslautenden Bescheid herbeizuführen. Es wird auch vom Beschwerdeführer nicht näher ausgeführt, was L. als Zeugin hätte aussagen können, das zu einem anderen Bescheid hätte führen können. Da sich keine sachlichen Bedenken gegen den vorliegenden Bescheid ergeben, geht auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, mit dem er an der Unbefangenheit der belangten Behörde zweifelt, ins Leere.
Soweit der Beschwerdeführer Verletzungen des Art. 6 EMRK betreffend ein faires Verfahren und die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor den Verwaltungsbehörden rügt, besteht keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes, darüber zu befinden. Diese verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 B-VG wahrzunehmen. Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch die Behandlung der vom Beschwerdeführer zunächst an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, wobei jedoch Kostenersatz nur im ausdrücklich beantragten Ausmaß zuzusprechen war.
Wien, am 25. April 2007
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