VwGH 2006/06/0166

VwGH2006/06/016624.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der W GmbH in K, vertreten durch Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kalchberggasse 6-8, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 26. April 2006, Zl. 001165/2006-7, betreffend Zurückweisung einer Bauanzeige, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3;
BauG Stmk 1995 §33;
AVG §13 Abs3;
BauG Stmk 1995 §33;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 3. Jänner 2006 erhob die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 13. Dezember 2005, mit dem ihr aufgetragen worden war, gemäß § 31 Abs. 3 Steiermärkisches Baugesetz eine Werbe- und Ankündigungseinrichtung auf dem Grundstück Nr. 435/7, EZ 1629, EZ S, binnen acht Tagen zu beseitigen, Berufung. Darin führte sie außerdem aus, lediglich eventualiter für den Fall, dass der Berufung kein Erfolg beschieden sein sollte, erstatte sie die nachstehende Bauanzeige: Es solle eine 16-Bogen mobile Plakattafel auf dem Grundstück Nr. 435/7, EZ 1629, KG S, errichtet werden. Hiezu werde ergänzend der technische Bericht der H. Ziviltechniker GmbH vom 27. Juni 2005 vorgelegt.

Über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den genannten Bescheid vom 13. Dezember 2005 wurde, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ausführt, mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. April 2006 entschieden.

Mit Schreiben vom 16. Jänner 2006 forderte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz die Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs. 3 AVG auf, der Bauanzeige binnen acht Tagen weitere Unterlagen im Sinne des § 33 Abs. 2 Z. 2 Steiermärkisches Baugesetz anzuschließen. Sollte die Frist ungenützt verstreichen, würde das Ansuchen zurückgewiesen.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 16. Februar 2006 wurde das Ansuchen betreffend die Errichtung einer Werbeanlage (16-Bogen mobile Plakattafel) auf der Liegenschaft Grundstück Nr. 435/7, EZ 1629, KG S, als mangelhaft belegt gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung, welcher mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde, gleichfalls vom 26. April 2006, keine Folge gegeben wurde. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei der Aufforderung zur Vorlage der fehlenden Pläne und Unterlagen innerhalb der gesetzten Frist und einer Fristerstreckung von weiteren drei Wochen nicht nachgekommen. Die Zurückweisung sei daher rechtens.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, werde ein Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, belaste dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit. Die Beschwerdeführerin habe primär beantragt, ihrer Berufung gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 13. Dezember 2005 Folge zu geben. Lediglich eventualiter sei eine Bauanzeige eingebracht worden. Über letztere sei daher erst nach rechtskräftiger Erledigung des Berufungsantrages zu entscheiden gewesen. Dennoch sei vom Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz ein Verfahren über die Bauanzeige durchgeführt worden, das mit der Zurückweisung der Anzeige geendet habe.

§ 33 Steiermärkisches Baugesetz in der Fassung

LGBl. Nr. 78/2003 lautet auszugsweise:

"§ 33 Anzeigeverfahren

(1) Vorhaben im Sinne des § 20 müssen der Behörde nachweislich schriftlich angezeigt werden.

(2) Der Anzeige sind folgende Unterlagen anzuschließen:

1. Bei Vorhaben im Sinne des § 20 Z. 1 alle Unterlagen gemäß § 22 Abs. 2. Die Baupläne müssen im Sinne des § 20 Z. 1 lit. b von den Nachbarn unterfertigt sein.

2. In den Fällen des § 20 Z. 2 bis 5 ein Lageplan im Maßstab 1:1000 (zweifach), die erforderlichen Grundrisse, Schnitte, Ansichten und Beschreibungen (zweifach), der Nachweis des Eigentums oder des Baurechtes an dem für die Bebauung vorgesehenen Grundstück in Form einer amtlichen Grundbuchabschrift oder in anderer rechtlich gesicherter Form, jeweils nicht älter als sechs Wochen, die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers oder des Bauberechtigten, wenn der Bauwerber nicht selbst Grundeigentümer oder Bauberechtigter ist, erforderlichenfalls der Nachweis nach § 22 Abs. 2 Z. 3.

...

(4) Die Behörde hat das angezeigte Vorhaben mit schriftlichem Bescheid innerhalb von acht Wochen zu untersagen, wenn

1. sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, dass

  1. a) das angezeigte Vorhaben bewilligungspflichtig nach §19 ist,
  2. b) ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan, zu einem Bebauungsplan, einer Bebauungsrichtlinie oder festgelegten Bebauungsgrundlagen vorliegt,
  3. c) die Abstandsbestimmungen verletzt werden,
  4. d) keine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung sichergestellt ist,
  5. e) das Vorhaben in einem offenkundigen Widerspruch zu sonstigen baurechtlichen Vorschriften steht oder

    2. eine Beeinträchtigung des Straßen , Orts und Landschaftsbildes festgestellt wird.

(5) Kann nicht zeitgerecht beurteilt werden,

(6) Liegen keine Untersagungsgründe vor, ist dem Bauwerber eine Ausfertigung der planlichen Darstellung und Baubeschreibung mit dem Vermerk ,Baufreistellung' zuzustellen. Das angezeigte Vorhaben gemäß § 20 gilt ab Zustellung als genehmigt. Das angezeigte Vorhaben gilt auch als genehmigt, wenn nicht binnen acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und mängelfreien Anzeige ein Untersagungsbescheid erlassen wird.

..."

§ 13 Abs. 3 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2004 lautet:

"(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht."

§ 13 Abs. 3 AVG ist auch im Anzeigeverfahren gemäß § 33 des Steiermärkischen Baugesetzes anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. November 2006, Zl. 2006/06/0134, mwN).

Aus dem Wortlaut der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 3. Jänner 2006 ergibt sich eindeutig, dass die Bauanzeige lediglich eventualiter für den Fall, dass der unter einem eingebrachten Berufung gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 13. Dezember 2005 kein Erfolg beschieden sein sollte, erstattet wurde.

Damit wurde ein Eventualantrag gestellt, dass die Behörde dann, wenn die Berufung erfolglos bleibt, im Sinne des § 33 Steiermärkisches Baugesetz vorgeht. Das Wesen eines solchen im Verwaltungsverfahren zulässigen Eventualantrages liegt darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird bereits dem Primärantrag stattgegeben, so wird der Eventualantrag gegenstandslos. Wird ein Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit. Eine solche Unzuständigkeit ist von der Berufungsbehörde von Amts wegen aufzugreifen; der erstinstanzliche Bescheid ist ersatzlos zu beheben (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 4. Februar 2009, Zl. 2008/12/0224, und das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2009, Zl. 2008/21/0561, mwN). Es liegt auch keine funktionelle Zuständigkeit vor, den Eventualantrag vor der Erledigung des Primärantrages zurückzuweisen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1999, Zl. 98/07/0170, und vom 20. März 2007, Zl. 2005/03/0141). Für die Behörde besteht schließlich keine Entscheidungspflicht im Sinne des § 73 AVG, über einen Eventualantrag vor Erledigung des Primärantrages abzusprechen (vgl. den hg. Beschluss vom 27. September 2001, Zl. 99/20/0469).

Im vorliegenden Fall ist es unbestritten, dass die Zurückweisung der Bauanzeige durch die erstinstanzliche Behörde mit Bescheid vom 16. Februar 2006 vor der Erledigung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Stadtsenates vom 13. Dezember 2005 erfolgte. Da die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 16. Februar 2006 mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben hat, belastete sie ihre Entscheidung somit entsprechend den obigen Ausführungen mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. März 2010

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