Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
StGG Art2
AuslBG §2, §3, §4, §18, §20f, §28 Abs1 Z1
Lohn- und Sozialdumping-BekämpfungsG §19
AEUV Art56
Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz §7i
ArbeitskräfteüberlassungsG §3, §18
VfGG §7 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:G123.2021
Spruch:
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG gestützten Antrag begehrt der Verwaltungsgerichtshof,
"die Wortfolge 'für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer' in §28 Abs1 Z1 dritter Strafsatz Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl Nr 218/1975, in der Fassung BGBl I Nr 98/2020, in eventu die Wortfolge 'von 2 000 Euro' in §28 Abs1 Z1 dritter Strafsatz Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl Nr 218/1975, in der Fassung BGBl I Nr 98/2020, in eventu §28 Abs1 Z1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl Nr 218/1975, in der Fassung BGBl I Nr 98/2020, zur Gänze, als verfassungswidrig aufzuheben."
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), §§2 und 4 AuslBG, BGBl 218/1975, idF BGBl I 56/2018, §§3 und 18 AuslBG, BGBl 218/1975, idF BGBl I 104/2019 und §28 AuslBG, BGBl 218/1975, idF BGBl I 98/2020, lauten auszugsweise wie folgt (die im Hauptantrag angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):
"Begriffsbestimmungen
§2. (1) Als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.
(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung
a) in einem Arbeitsverhältnis,
b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,
c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach §3 Abs5,
d) nach den Bestimmungen des §18 oder
e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des §3 Abs1 und 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl Nr 196/1988, und des §5a Abs1 des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl Nr 287.
(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind
a) in den Fällen eines arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnisses (Abs2 litb) der Vertragspartner,
b) in den Fällen des Abs2 litc und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, sofern nicht litd gilt, oder der Veranstalter,
c) in den Fällen des Abs2 lite auch der Beschäftiger im Sinne des §3 Abs3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und des §5a Abs3 des Landarbeitsgesetzes 1984,
d) der ausländische Dienstleistungserbringer, dem eine EU‑Entsendebestätigung nach Maßgabe des §18 Abs12 auszustellen ist und
e) der Inhaber der Niederlassung, die einen unternehmensintern transferierten Arbeitnehmer (§2 Abs13) beschäftigt.
[…]
(9) Drittstaaten sind Staaten, die nicht Vertragspartei des EWR‑Abkommens sind. Drittstaatsangehörige sind Ausländer, die nicht EWR‑Bürger sind.
[…]
(13) Als unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer gelten Ausländer, die von ihrem ausländischen Arbeitgeber mit Sitz außerhalb der Europäischen Union während ihres Arbeitsverhältnisses
1. als Führungskraft, die die aufnehmende Niederlassung oder eine Abteilung oder Unterabteilung dieser Niederlassung leitet und hauptsächlich unter der allgemeinen Aufsicht des Leitungsorgans oder der Anteilseigner oder gleichwertiger Personen des transferierenden Unternehmens, der transferierenden Unternehmensgruppe oder der aufnehmenden Niederlassung steht oder von ihnen allgemeine Weisungen erhält, oder
2. als Spezialist, der über unerlässliche Spezialkenntnisse für die Tätigkeitsbereiche, die Verfahren oder die Verwaltung der aufnehmenden Niederlassung und über ein hohes Qualifikationsniveau für bestimmte Arbeiten oder Tätigkeiten mit spezifischen technischen Kenntnissen, einschließlich einer angemessenen Berufserfahrung, verfügt, oder
3. als Trainee mit einem Hochschulabschluss, der in seiner beruflichen Entwicklung gefördert wird oder sich branchenspezifisch, technisch oder methodisch fortbildet,
in eine oder mehrere Niederlassungen, die zum gleichen Unternehmen oder zur gleichen Unternehmensgruppe gehören und ihren Sitz im Bundesgebiet haben, vorübergehend abgestellt und dort entsprechend tätig werden. Ausländer, die von Arbeitsvermittlern, Arbeitskräfteüberlassern oder sonstigen Unternehmen, die Arbeitnehmer zur Arbeit unter der Aufsicht und Leitung eines anderen Unternehmens zur Verfügung stellen, abgestellt werden, gelten nicht als unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer.
(14) Als Volontäre gelten Ausländer, die ausschließlich zum Zwecke der Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis ohne Arbeitspflicht und ohne Entgeltanspruch bis zu drei Monaten im Kalenderjahr beschäftigt werden und dabei keine Hilfsarbeiten, einfache angelernte Tätigkeiten oder Arbeiten auf Baustellen verrichten.
(15) Als Ferial- oder Berufspraktikanten gelten Schüler, die eine im Rahmen eines geregelten Lehr- oder Studienganges an einer inländischen Bildungseinrichtung mit Öffentlichkeitsrecht vorgeschriebene Tätigkeit verrichten.
(16) Als Praktikanten im Sinne der Richtlinie (EU) 2016/801 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au‑pair-Tätigkeit (im Folgenden: Forscher- und Studenten-Richtlinie), ABl. Nr L 132 vom 21.05.2016 S. 21 gelten Ausländer, die in einem Drittstaat ein Studium absolvieren, das zu einem Hochschulabschluss führt, oder vor nicht mehr als zwei Jahren einen Hochschulabschluss erlangt haben und im Rahmen einer Vereinbarung eines studienbezogenen Praktikums mit einer aufnehmenden Einrichtung auf entsprechendem Qualifikationsniveau für die Dauer von 91 bis 180 Tagen beschäftigt werden, um sich Wissen, praktische Kenntnisse und Erfahrungen in einem beruflichen Umfeld anzueignen.
(17) Als Forscher im Sinne der Forscher- und Studenten-Richtlinie gelten Ausländer, die über einen Doktorgrad oder einen geeigneten Hochschulabschluss, der diesen den Zugang zu Doktoratsprogrammen ermöglicht, verfügen und im Rahmen einer Forschungseinrichtung eine wissenschaftliche Tätigkeit verrichten, für die normalerweise ein solcher Abschluss erforderlich ist.
Voraussetzungen für die Beschäftigung von Ausländern
§3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige 'Rot‑Weiß‑Rot – Karte', 'Blaue Karte EU, Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer ('ICT'), Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer ('mobile ICT'), Aufenthaltsbewilligung 'Familiengemeinschaft' mit Zugang zum Arbeitsmarkt (§20f Abs4)' oder 'Niederlassungsbewilligung – Künstler' oder eine 'Rot‑Weiß‑Rot – Karte plus', eine 'Aufenthaltsberechtigung plus', einen Befreiungsschein (§4c) oder einen Aufenthaltstitel 'Familienangehöriger' oder 'Daueraufenthalt – EU' besitzt.
[…]
(5) Ausländer, die als Volontäre (§2 Abs14), Ferial- oder Berufspraktikanten (§2 Abs15) oder Praktikanten (§2 Abs16) beschäftigt werden, bedürfen keiner Beschäftigungsbewilligung. Die Beschäftigung ist vom Inhaber des Betriebs, in dem der/die AusländerIn beschäftigt wird, spätestens drei Wochen vor Beginn der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice und der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz des Amtes für Betrugsbekämpfung anzuzeigen. Die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zweier Wochen eine Anzeigebestätigung auszustellen. Nach Ablauf dieser Frist darf die Beschäftigung aber auch vor Ausstellung der Anzeigebestätigung aufgenommen werden. Bei einer allfälligen Ablehnung der Anzeigebestätigung nach Ablauf dieser Frist ist die bereits begonnene Beschäftigung umgehend, spätestens jedoch binnen einer Woche nach Zustellung der Ablehnung, zu beenden. Die Anzeigebestätigung ist nur auszustellen, wenn die Gewähr gegeben ist, dass der wahre wirtschaftliche Gehalt der beabsichtigten Beschäftigung dem eines Volontariates (§2 Abs14) oder eines Praktikums (§2 Abs15 oder 16) entspricht.
(6) Der Arbeitgeber hat die ihm nach diesem Bundesgesetz erteilten Bewilligungen oder Bestätigungen im Betrieb, der Ausländer die ihm nach diesem Bundesgesetz und nach dem NAG erteilten Bewilligungen oder Bestätigungen an seiner Arbeitsstelle zur Einsichtnahme bereitzuhalten.
[…]
Beschäftigungsbewilligung
Voraussetzungen
§4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und
1. der Ausländer über ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG oder dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl I Nr 100, verfügt, das die Ausübung einer Beschäftigung nicht ausschließt, oder seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen ist und über einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht gemäß den §§12 oder 13 AsylG 2005 verfügt oder über ein Aufenthaltsrecht gemäß §54 Abs1 Z2 oder 3 AsylG 2005 verfügt oder gemäß §46a FPG geduldet ist und zuletzt gemäß §1 Abs2 lita vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen war,
2. die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält,
3. keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate,
4. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,
5. der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beschäftigt hat,
6. die Vereinbarung über die beabsichtigte Beschäftigung (§2 Abs2) nicht aufgrund einer gemäß dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl Nr 31/1969, unerlaubten Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeitgeber dies wusste oder hätte wissen müssen,
7. der Arbeitgeber den Ausländer auf einem Arbeitsplatz seines Betriebes beschäftigen wird, wobei eine Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte unbeschadet des §6 Abs2 nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb gilt,
8. die Erklärung über die Verständigung des Betriebsrates oder der Personalvertretung von der beabsichtigten Einstellung des Ausländers vorliegt,
9. der Arbeitgeber nicht hinsichtlich des antragsgegenständlichen oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes innerhalb von sechs Monaten vor oder im Zuge der Antragstellung
a) einen Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, gekündigt hat oder
b) die Einstellung eines für den konkreten Arbeitsplatz geeigneten Arbeitnehmers, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, abgelehnt hat,
es sei denn, er macht glaubhaft, dass die Kündigung oder die Ablehnung der Einstellung nicht aufgrund des Alters des Arbeitnehmers erfolgt ist,
10. der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß §5 während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländern eine nicht ortsübliche Unterkunft zur Verfügung gestellt hat und
11. der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß §5 bestätigt, dass dem Ausländer für die beabsichtigte Dauer der Beschäftigung eine ortsübliche Unterkunft zur Verfügung stehen wird und, sofern die Unterkunft vom oder über den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird, die Miete nicht automatisch vom Lohn abgezogen wird.
(2) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen ausländischen Lehrling zu erteilen, wenn die Lage auf dem Lehrstellenmarkt dies zulässt (Arbeitsmarktprüfung), keine wichtigen Gründe hinsichtlich der Lage und Entwicklung des übrigen Arbeitsmarktes entgegenstehen und die Voraussetzungen des Abs1 Z1 bis 9 vorliegen.
(3) Die Beschäftigungsbewilligung darf dem Arbeitgeber bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen gemäß Abs1 und 2 nur erteilt werden, wenn
1. der Regionalbeirat die Erteilung einhellig befürwortet oder
(Anm: Z2 bis 4 aufgehoben durch BGBl I Nr 72/2013)
5. der Ausländer gemäß §5 befristet beschäftigt werden soll oder
6. der Ausländer über eine Aufenthaltsbewilligung als Schüler (§63 NAG) oder Student (§64 Abs1 und 4 NAG) verfügt oder Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels 'Student' eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union ist und im Rahmen eines Unions- oder multilateralen Programms mit Mobilitätsmaßnahmen oder einer Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen einen Teil des Studiums in einer inländischen Hochschuleinrichtung absolviert oder
7. der Ausländer Betriebsentsandter ist (§18) oder
(Anm: Z8 aufgehoben durch Art1 Z8, BGBl I Nr 66/2017)
9. der Ausländer gemäß §57 AsylG 2005 besonderen Schutz genießt oder
10. für den Ausländer eine Bewilligung zur grenzüberschreitenden Überlassung gemäß §16 Abs4 AÜG bzw §40a Abs2 des Landarbeitsgesetzes 1984 vorliegt oder, sofern eine solche Bewilligung gemäß §16a AÜG bzw §40a Abs6 des Landarbeitsgesetzes 1984 nicht erforderlich ist, die Voraussetzungen des §16 Abs4 Z1 bis 3 AÜG bzw §40a Abs2 Z1 bis 3 des Landarbeitsgesetzes 1984 sinngemäß vorliegen oder
11. der Ausländer auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder zwischenstaatlicher Vereinbarungen zu einer Beschäftigung zuzulassen ist oder
12. der Ausländer Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl Nr 609, hat oder
13. der Ausländer nicht länger als sechs Monate als Künstler (§14) beschäftigt werden soll oder
14. der Ausländer einer Personengruppe gemäß einer Verordnung nach Abs4 angehört.
[…]
(5) Bei Vorliegen einer Bewilligung zur grenzüberschreitenden Überlassung gemäß §16 Abs4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes oder gemäß §40a Abs2 des Landarbeitsgesetzes 1984 entfallen die Arbeitsmarktprüfung nach Abs1 und die Anhörung des Regionalbeirates.
[…]
Betriebsentsendung und grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung
§18. (1) Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.
(2) Für Ausländer nach Abs1, die ausschließlich im Zusammenhang mit kurzfristigen Arbeitsleistungen, für die ihrer Art nach inländische Arbeitskräfte nicht herangezogen werden, wie geschäftliche Besprechungen, Besuche von Messeveranstaltungen und Kongressen und dergleichen, beschäftigt werden, ist eine Be-schäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung nicht erforderlich.
(3) Für Ausländer, die
1. von ihrem ausländischen Arbeitgeber im Rahmen eines Joint Venture und auf der Grundlage eines betrieblichen Schulungsprogramms nicht länger als sechs Monate zur betrieblichen Einschulung in einen Betrieb mit Betriebssitz im Bundesgebiet oder
2. im Rahmen eines international tätigen Konzerns auf Basis eines qualifizierten konzerninternen Aus- und Weiterbildungsprogramms von einem ausländischen Konzernunternehmen nicht länger als 50 Wochen in das Headquarter im Bundesgebiet oder
3. von ihrem international tätigen Dienstgeber als der Unternehmensleitung zugeteilte qualifizierte Mitarbeiter, die zur innerbetrieblichen Aus- oder Weiterbildung (Führungskräftenachwuchs) und zu Rotationen im Hinblick auf den Dienstort verpflichtet sind, nicht länger als 24 Monate in eine zum gleichen Unternehmen oder zur gleichen Unternehmensgruppe gehörende Niederlassung im Bundesgebiet
entsandt werden, ist keine Entsendebewilligung oder Beschäftigungsbewilligung erforderlich. Die Schulungs- bzw Aus- und Weiterbildungsmaßnahme ist spätestens zwei Wochen vor Beginn vom Inhaber des inländischen Schulungsbetriebes (Z1), vom Headquarter (Z2) bzw von der inländischen Niederlassung (Z3) der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice unter Nachweis des Joint Venture-Vertrages und des Schulungsprogramms bzw des Aus- und Weiterbildungsprogramms, in dem Zielsetzungen, Maßnahmen und Dauer der Schulung bzw Ausbildung angegeben sind, anzuzeigen. Die regionale Geschäftsstelle hat binnen zwei Wochen eine Anzeigebestätigung auszustellen. Die Einschulung bzw Aus- und Weiterbildung darf erst nach Vorliegen der Anzeigebestätigung begonnen werden.
(3a) Für Ausländer, die als Vertreter repräsentativer ausländischer Interessenvertretungen im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses in das Bundesgebiet abgestellt werden und deren Arbeitsvertrag Rotationen im Hinblick auf den Dienstort vorsieht, gilt Abs3 mit der Maßgabe, dass die aufnehmende Niederlassung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice die Beschäftigung unter Nachweis des Arbeitsvertrags und des Abordnungsschreibens anzuzeigen hat.
(4) Dauert die im Abs1 genannte Beschäftigung länger als vier Monate, so ist eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich. Der Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung ist jedenfalls noch vor Ablauf des vierten Monates nach Aufnahme der Arbeitsleistung vom Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeits-marktservice einzubringen. Im Falle der Ablehnung der Beschäftigungsbewilligung ist die Beschäftigung spätestens zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung zu beenden.
(5) Für Ausländer nach Abs1, die im Rahmen zwischenstaatlicher Kulturabkommen beschäftigt werden, ist eine Entsendebewilligung nicht erforderlich. Die Beschäftigung ist von der Einrichtung, in der die Arbeitsleistungen erbracht werden, bzw vom Veranstalter spätestens am Tage der Arbeitsaufnahme der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice anzuzeigen.
(6) Für Ausländer nach Abs1, die bei Ensemblegastspielen im Theater beschäftigt werden, ist eine Entsendebewilligung nicht erforderlich, wenn die Beschäftigung nicht länger als eine Woche dauert. Die Beschäftigung ist vom Veranstalter spätestens am Tage der Arbeitsaufnahme der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice anzuzeigen.
(7) Dauert die Beschäftigung nach Abs6 länger als eine Woche, so ist der Antrag auf Erteilung der Entsendebewilligung ab Kenntnis dieses Umstandes, jedenfalls jedoch vor Ablauf einer Woche nach Aufnahme der Beschäftigung, vom Veranstalter bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einzubringen.
(8) Bei Erteilung einer Entsendebewilligung oder einer Beschäftigungsbewilligung für einen betriebsentsandten Ausländer kann für den Fall, daß es sich um Arbeitsleistungen handelt, die von Inländern nicht erbracht werden können, von der Prüfung, ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt, abgesehen werden.
(9) Die Dauer der Arbeitsleistungen bzw der Beschäftigung ist unabhängig von der Dauer des Einsatzes des einzelnen Ausländers bei diesen Arbeitsleistungen bzw Beschäftigungen festzustellen.
(10) Die Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß §4 Abs1 Z2 und §8 Abs1 sind als erfüllt anzusehen, wenn die Beschäftigung keine Gefährdung der Lohn- und Arbeitsbedingungen der inländischen Arbeitnehmer mit sich bringt.
(11) Für Arbeiten, die im Bundesgebiet üblicherweise von Betrieben der Wirtschaftsklassen Hoch- und Tiefbau, Bauinstallation, sonstiges Baugewerbe und Vermietung von Baumaschinen und Baugeräten mit Bedienungspersonal gemäß der Systematik der ÖNACE erbracht werden, kann eine Entsendebewilligung nicht erteilt werden.
(12) Für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt oder überlassen werden, ist keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn
1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung oder Überlassung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind,
2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß §3 Abs3 bis 6, §4 Abs2 bis 5 und §5 des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD‑BG), BGBl Nr 44/2016, im Fall der Überlassung gemäß §10 AÜG, §3 Abs4, §4 Abs2 und 5 und §6 LSD‑BG sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden und
3. im Fall der Überlassung kein Untersagungsgrund gemäß §18 Abs1 AÜG vorliegt.
Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz des Amtes für Betrugsbekämpfung (Zentrale Koordinationsstelle) hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter oder überlassener Ausländer gemäß §19 Abs2 bis 4 LSD‑BG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber oder Beschäftiger, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU‑Entsendebestätigung bzw EU‑Überlassungsbestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung oder Überlassung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß §19 Abs2 bis 4 LSD‑BG sowie sonstiger Pflichten nach dem AÜG, darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU‑Entsendebestätigung bzw EU‑Überlassungsbestätigung begonnen werden.
(13) Abs12 gilt sinngemäß für unternehmensintern transferierte Ausländer (§2 Abs13), die bereits einen gültigen Aufenthaltstitel für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer mit dem Vermerk 'ICT' eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union innehaben und bis zu 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen in eine oder mehrere Niederlassungen des gleichen Unternehmens oder der gleichen Unternehmensgruppe mit Sitz im Bundesgebiet vorübergehend abgestellt und dort entsprechend tätig werden. Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist eine EU‑Entsendebestätigung auszustellen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen ist die Entsendung zu untersagen und die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, der einen Aufenthaltstitel für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer mit dem Vermerk 'ICT' ausgestellt hat, von der Untersagung zu verständigen.
Strafbestimmungen
§28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§28c), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,
1. wer
a) entgegen §3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige 'Rot‑Weiß‑Rot – Karte', 'Blaue Karte EU, Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer ('ICT'), Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer ('mobile ICT'), Aufenthaltsbewilligung 'Familiengemeinschaft' mit Zugang zum Arbeitsmarkt (§20f Abs4)' oder 'Niederlassungsbewilligung – Künstler' oder keine 'Rot‑Weiß‑Rot – Karte plus', keine 'Aufenthaltsberechtigung plus', keinen Befreiungsschein (§4c) oder keinen Aufenthaltstitel 'Familienangehöriger' oder 'Daueraufenthalt – EU' besitzt, oder
b) entgegen §18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde,
(Anm: litc aufgehoben durch Art1 Z2, BGBl I Nr 98/2020)
bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis 50 000 Euro;
2. wer
a) entgegen §3 Abs4 einen Ausländer beschäftigt, ohne die Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice anzuzeigen, oder
b) entgegen §18 Abs5 oder 6 die Arbeitsleistungen eines Ausländers in Anspruch nimmt, ohne die Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice rechtzeitig anzuzeigen, oder
c) seinen Verpflichtungen gemäß §26 Abs1 nicht nachkommt oder
d) entgegen §26 Abs2 den im §26 Abs1 genannten Behörden und Rechtsträgern den Zutritt zu den Betriebsstätten, Betriebsräumen, auswärtigen Arbeitsstellen und Aufenthaltsräumen der Arbeitnehmer oder das Befahren von Privatstraßen nicht gewährt, oder
e) entgegen §26 Abs3 die Durchführung der Amtshandlung beeinträchtigt oder
f) entgegen dem §26 Abs4 oder 4a die Durchführung der Amtshandlungen beeinträchtigt,
mit Geldstrafe von 150 Euro bis 5 000 Euro, im Fall der litc bis f mit Geldstrafe von 2 500 Euro bis 8 000 Euro;
3. wer
a) entgegen §3 Abs6 einen Ausländer beschäftigt, ohne die ihm nach diesem Bundesgesetz erteilten Bewilligungen oder Bestätigungen im Betrieb zur Einsichtnahme bereitzuhalten, oder
b) die im §26 Abs5 vorgesehenen Meldungen nicht erstattet,
mit Geldstrafe bis 2 000 Euro;
4. wer
a) entgegen §18 Abs12 oder 13 als Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes einen Ausländer im Inland beschäftigt oder
b) entgegen §18 Abs12 oder 13 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt, überlassen oder im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers vorübergehend abgestellt wird, in Anspruch nimmt,
obwohl §18 Abs12 Z1 oder 2, im Fall der Überlassung zusätzlich Z3, nicht erfüllt ist und – im Fall der litb – auch keine EU-Entsendebestätigung oder EU‑Überlassungsbestätigung ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis 50 000 Euro.
(Anm: Z5 aufgehoben durch Art1 Z3, BGBl I Nr 98/2020)
(Anm: Abs2 aufgehoben durch BGBl I Nr 113/2015)
(3) Die Eingänge aus den gemäß Abs1 verhängten Geldstrafen fließen dem Arbeitsmarktservice zu.
(4) Abs1 ist nicht anzuwenden, wenn die Zuwiderhandlung vom Organ einer Gebietskörperschaft begangen worden ist. Besteht bei einer Bezirksverwaltungsbehörde der Verdacht einer Zuwiderhandlung durch ein solches Organ, so hat sie, wenn es sich um ein Organ des Bundes oder eines Landes handelt, eine Anzeige an das oberste Organ, dem das der Zuwiderhandlung verdächtige Organ untersteht (Art20 Abs1 erster Satz B‑VG), zu erstatten, in allen anderen Fällen aber an die Aufsichtsbehörde.
(5) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat bei Übertretungen nach Abs1 Z1 die unberechtigte Beschäftigung eines Ausländers zu schlechteren Lohn- und Arbeitsbedingungen als sie die jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung vorsehen, bei der Strafbemessung als besonders erschwerend zu berücksichtigen.
(6) Ein Unternehmen, welches die Erbringung einer Leistung an ein anderes Unternehmen ganz oder teilweise weitergibt, ist neben dem beauftragten Unternehmen gemäß Abs1 Z1 zu bestrafen, wenn es
1. die Übertretung des von ihm unmittelbar beauftragten oder – im Fall der Auftragsweitergabe – jedes weiteren beauftragten Unternehmens bei der Auftragserfüllung wissentlich geduldet hat, oder
2. seiner Verpflichtung gemäß §26 Abs6 nicht nachgekommen ist.
(7) Wird ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen, die im allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, ist das Vorliegen einer nach diesem Bundesgesetz unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne weiteres anzunehmen, wenn der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, daß eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt.
(8) In den Fällen der Betriebsentsendung, der grenzüberschreitenden Überlassung oder des unternehmensinternen Transfers gilt die Verwaltungsübertretung als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Arbeits(Einsatz)ort der nach Österreich entsandten, überlassenen oder unternehmensintern transferierten Arbeitnehmer liegt, bei wechselnden Arbeits(Einsatz)orten am Ort der Kontrolle."
2. §3 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG), BGBl 196/1988, und §18 AÜG, BGBl 196/1988, idF BGBl I 98/2012 lauten wie folgt:
"Begriffsbestimmungen
§3. (1) Überlassung von Arbeitskräften ist die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte.
(2) Überlasser ist, wer Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an Dritte vertraglich verpflichtet.
(3) Beschäftiger ist, wer Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt.
(4) Arbeitskräfte sind Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbständig sind.
Untersagung
§18. (1) Die Überlassung von Arbeitskräften durch Überlasser, die gemäß §135 Abs2 GewO kein reglementiertes Gewerbe gemäß §94 Z72 GewO ausüben, ist zu untersagen, wenn der Überlasser die ihm auf Grund des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes obliegenden Verpflichtungen, insbesondere gegenüber einer Arbeitskraft, erheblich oder wiederholt verletzt hat und trotz schriftlicher Androhung der Untersagung neuerlich verletzt.
(2) Die Verträge zwischen dem Überlasser und den überlassenen Arbeitskräften werden durch die Untersagung der Überlassung von Arbeitskräften nicht berührt. Die Untersagung bildet jedoch für die überlassenen Arbeitskräfte binnen drei Monaten ab Kenntnis einen wichtigen, vom Überlasser verschuldeten Grund zur vorzeitigen Vertragsauflösung."
3. §19 Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD‑BG), BGBl I 44/2016, idF BGBl I 64/2017 lautet auszugsweise wie folgt:
"Formale Verpflichtungen bei grenzüberschreitendem Arbeitseinsatz
Meldepflicht bei Entsendung oder Überlassung aus einem EU-Mitgliedstaat oder
EWR‑Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft
§19. (1) Arbeitgeber und Überlasser mit Sitz in einem EU‑Mitgliedstaat oder EWR‑Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft haben die Beschäftigung von nach Österreich entsandten Arbeitnehmern und nach Österreich überlassenen Arbeitskräften zu melden. Die Meldung hat für jede Entsendung oder Überlassung gesondert zu erfolgen. Nachträgliche Änderungen bei den Angaben gemäß Abs3 oder Abs4 sind unverzüglich zu melden. Ein Beschäftiger, der einen Arbeitnehmer zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsendet, gilt in Bezug auf die Meldepflichten nach diesem Absatz und den Abs2 und 3 als Arbeitgeber.
(2) Die Entsendung oder Überlassung im Sinne des Abs1 ist vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle zu melden. Im Fall von mobilen Arbeitnehmern im Transportbereich ist die Meldung vor der Einreise in das Bundesgebiet zu erstatten. Die Meldung hat ausschließlich automationsunterstützt über die elektronischen Formulare des Bundesministeriums für Finanzen zu erfolgen. Arbeitgeber haben im Fall einer Entsendung der Ansprechperson nach §23 oder, sofern nur ein Arbeitnehmer entsandt wird, diesem die Meldung in Abschrift auszuhändigen oder in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen.
[…]
(4) Die Meldung nach Abs1 hat für jede Überlassung gesondert zu erfolgen und hat folgende Angaben zu enthalten; nachträgliche Änderungen bei den Angaben sind unverzüglich zu melden:
1. Name und Anschrift des Überlassers,
2. Name und Anschrift des zur Vertretung nach außen Berufenen des Überlassers,
3. Name und Anschrift des Beschäftigers sowie dessen Umsatzsteueridentifikationsnummer und dessen Gewerbebefugnis oder Unternehmensgegenstand,
4. Name, Anschriften, Geburtsdaten, Sozialversicherungsnummern und Sozialversicherungsträger sowie Staatsangehörigkeit der überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen,
5. Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung der einzelnen überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Personen beim Beschäftiger,
6. Orte der Beschäftigung, jeweils unter genauer Angabe der Anschrift, in Österreich,
7. in den Fällen des §21 Abs3 Angabe der Person (genaue Anschrift) oder der Zweigniederlassung (genaue Anschrift), bei der die Meldeunterlagen und Lohnunterlagen bereitgehalten werden,
8. Höhe des jedem einzelnen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Person nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts,
9. Art der Tätigkeit und Verwendung der einzelnen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen unter Berücksichtigung des maßgeblichen österreichischen Kollektivvertrages,
10. sofern für die Beschäftigung der überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen im Sitzstaat des Überlassers eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung,
11. sofern die überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen im Sitzstaat des Überlassers eine Aufenthaltsgenehmigung benötigen, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung.
[…]"
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Beim Verwaltungsgerichtshof ist eine Revision gegen ein Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 6. Oktober 2020 anhängig, mit dem der Geschäftsführer einer in Österreich ansässigen Gesellschaft in seiner Eigenschaft als iSd §9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener auf Grundlage des §28 Abs1 Z1 lita in Verbindung mit §3 Abs1 AuslBG bestraft wurde. Ihm wurde zur Last gelegt, die Gesellschaft habe neun von einem ebenfalls in Österreich ansässigen Unternehmen überlassene Drittstaatsangehörige beschäftigt, obwohl für diese keine arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich verhängte eine Gesamtstrafe von € 7.000,–, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 117 Stunden und setzte die Verfahrenskosten mit € 700,– fest. Die Bemessung der Strafe begründete das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 12. September 2019, Rs. C‑64/18 ua, Maksimovic (im Folgenden: Maksimovic) und die in weiterer Folge ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
In seiner gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision bringt der Bundesminister für Finanzen vor, der Verhängung einer Gesamtstrafe fehle eine gesetzliche Grundlage, die Entscheidung Maksimovic des Gerichtshofes der Europäischen Union sei auf reine Inlandssachverhalte nicht anwendbar. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hätte die Höhe der Strafe anhand der Anzahl der unerlaubt beschäftigten Arbeitnehmer zu berechnen gehabt. Der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und nunmehrige Mitbeteiligte vor dem Verwaltungsgerichtshof macht in seiner Revisionsbeantwortung geltend, dass es im Falle der Nichtanwendung der Entscheidung Maksimovic zu einer unzulässigen Inländerdiskriminierung käme.
2. Der Verwaltungsgerichtshof legt die Bedenken, die ihn zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:
"Der Verwaltungsgerichtshof hegt aus den folgenden Erwägungen im Hinblick auf das aus dem Gleichheitsgrundsatz ableitbare Sachlichkeitsgebot Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der im Spruch angeführten Wortfolge des §28 Abs1 Z1 AuslBG:
§28 Abs1 Z1 AuslBG stellt seit der Novelle BGBl Nr 231/1988 für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer eine eigene Strafdrohung auf (siehe dazu etwa VwGH 13.12.1990, 90/09/0170).
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 12. September 2019, Maksimovic, C‑64/18 , ua, in Fällen von Bestrafungen nach §7i Abs4 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) und §28 Abs1 Z1 lita AuslBG infolge grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung entschieden, dass der die Dienstleistungsfreiheit gewährleistende Art56 AEUV nationalen Regelungen wie den genannten, die für den Fall der Nichteinhaltung arbeitsrechtlicher Verpflichtungen in Bezug auf die Bereithaltung von Lohnunterlagen und auf die Einholung verwaltungsbehördlicher Genehmigungen die Verhängung von Geldstrafen vorsehen, die einen im Vorhinein festgelegten Betrag nicht unterschreiten dürfen, die für jeden betreffenden Arbeitnehmer kumulativ und ohne Beschränkung verhängt werden, zu denen im Fall der Abweisung einer gegen den Strafbescheid erhobenen Beschwerde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Strafe hinzutritt und die im Fall der Uneinbringlichkeit in Ersatzfreiheitsstrafen umgewandelt werden, entgegensteht.
Diese Rechtsprechung wurde vom Gerichtshof der Europäischen Union seitdem auch auf das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD‑BG) übertragen (EuGH 19.12.2019, NE/Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld, C‑645/18 ; 19.12.2019, EX, C‑140/19 , ua), und in diesem Zusammenhang einen Verstoß gegen Art20 der Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems ('IMI‑Verordnung') konstatiert.
Der Verwaltungsgerichtshof judiziert dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 12. September 2019, Maksimovic, C‑64/18 , ua, folgend in Fällen grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung seither, dass die Wortfolge 'für jede/n Arbeitnehmer/in' in §7i Abs4 AVRAG unangewendet zu bleiben hat (VwGH 15.10.2019, Ra 2019/11/0033, 0034), und Entsprechendes für §28 LSD‑BG (VwGH 18.2.2020, Ra 2019/11/0195). Einen Anwendungsvorrang des Unionsrechts sieht auch der Verfassungsgerichtshof in seiner dazu ergangenen Rechtsprechung (VfGH 27.11.2019, E2047‑2049/2019; E2893‑2896/2019; E3530‑3531/2019; 26.6.2020, E4329/2019).
Liegt ein rein innerstaatlicher Sachverhalt vor, kommt es zu keiner Verdrängung nationalen Rechts durch das Unionsrecht. Dies ist in Fällen, in welchen einer nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unzulässigen Beschäftigung keine Dienstleistung in Form einer Zurverfügungstellung der unerlaubt beschäftigten Arbeitnehmer zugrunde liegt, schon mangels Vorliegens eines vergleichbaren Sachverhalts nicht weiter problematisch (siehe etwa VwGH 13.11.2020, Ra 2020/09/0039; 2.7.2020, Ra 2020/09/0025).
Im vorliegenden Fall legte das Landesverwaltungsgericht seiner Entscheidung jedoch als unstrittigen Sachverhalt zugrunde, dass die neun nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unerlaubt von dem vom Mitbeteiligten vertretenen Unternehmen beschäftigten Ausländer diesem von einer ebenfalls in Österreich ansässigen Gesellschaft überlassen wurden. Abgesehen davon, dass ein reiner Inlandssachverhalt gegeben ist, liegt im Übrigen – insbesondere im Hinblick auf die Dienstleistung der Zurverfügungstellung der Arbeitnehmer durch ein anderes Unternehmen – ein Sachverhalt vor, der jenem gleicht, den der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 12. September 2019, Maksimovic, C‑64/18 , ua, zu entscheiden hatte.
Mit anderen Worten: Wären die Arbeitnehmer der vom Mitbeteiligten vertretenen Gesellschaft von einem Unternehmen in einem anderen Mitgliedsstaat überlassen worden, käme es nach der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu vergleichbaren Bestimmungen zu einer Verdrängung der nationalen Regelung in §28 Abs1 Z1 dritter Strafsatz AuslBG, dass für jeden Ausländer eine Strafe zu verhängen ist. Ohne diesen Anwendungsvorrang des Unionsrechts ist jedoch diese Bestimmung anzuwenden und bei mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer eine Geldstrafe von 2.000 Euro bis 20.000 Euro zu verhängen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Schlechterstellung österreichischer Staatsbürger im Verhältnis zu Ausländern am Gleichheitssatz zu messen und bedarf daher einer sachlichen Rechtfertigung. Diesen Gedanken hat der Verfassungsgerichtshof – unter Hinweis auf die 'doppelte Bindung' des Gesetzgebers bei der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht – auch auf die so genannte 'Inländerdiskriminierung' übertragen. Wenn es dabei auch nicht um Diskriminierungen nach dem Kriterium der Staatsbürgerschaft geht, sondern um die Benachteiligung rein innerstaatlicher Sachverhalte im Verhältnis zu Sachverhalten mit Gemeinschaftsbezug, so sind inländische Staatsbürger davon doch meist besonders betroffen. Dies gilt für Fälle, in denen bereits die österreichischen Normen zwischen rein innerstaatlichen Sachverhalten und solchen mit Gemeinschaftsbezug differenzieren, wie für Fälle, wenn sich eine solche Differenzierung erst aus dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts ergibt (vgl zum Ganzen VfGH 8.6.2005, G159/04, ua, VfSlg 17.554).
Aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofes besteht bei Vorliegen eines vergleichbaren Sachverhalts keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass der Beschäftiger ihm überlassener unberechtigt beschäftigter Ausländer sich einer unterschiedlich hohen Strafdrohung gegenübersieht, je nachdem ob der Überlasser der Arbeitskräfte seinen Sitz im Inland oder in einem anderen Mitgliedsstaat hat. Im ersten Fall ist für jeden Ausländer – ohne Begrenzung der Gesamtstrafen – eine Geldstrafe zu verhängen, im anderen Fall nur eine in ihrer Höhe begrenzte Gesamtstrafe. Durch Aufhebung der angefochtenen Bestimmung könnten auch diese innerstaatlichen Sachverhalte so behandelt werden, wie es für Fälle mit Unionsbezug unionsrechtlich geboten ist.[…]" (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:
"2. Zur Zulässigkeit
Für die Bundesregierung sind keine Anhaltspunkte erkennbar, die gegen die Zulässigkeit des Antrages und die Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen sprächen.
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die vom antragstellenden Gericht ins Treffen geführte Verdrängungswirkung für den Fall, dass die dem bestraften inländischen Beschäftiger überlassenen Arbeitskräfte von einem Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat überlassen worden wären (Rz. 16 des Antrages), nicht in §28 Abs1 Z1 dritter Strafsatz AuslBG, sondern allenfalls in §28 Abs1 Z4 dritter Strafsatz AuslBG einträte (vgl dazu die folgenden Ausführungen unter III./4.).
III. In der Sache:
1. Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.
2. Das antragstellende Gericht führt nach Darstellung der Entwicklung der Rechtsprechung seit dem Urteil des EuGH in den verbundenen Rechtssachen Maksimovic ua aus, der dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegende Sachverhalt gleiche insofern jenem, den der EuGH in diesen Rechtssachen zu entscheiden hatte, als es sich verfahrensgegenständlich ebenfalls um einen Fall von Arbeitskräfteüberlassung handle. Unterschiedlich sei bloß, dass der gegenständliche Sachverhalt keine grenzüberschreitenden Bezüge aufweise, da es sich sowohl beim Arbeitskräfteüberlasser als auch beim Beschäftiger um im Inland ansässige Unternehmen handle. Dieser Unterschied führe auf Grund des Anwendungsvorranges des Unionsrechts dazu, dass sich der (inländische) Beschäftiger einer unterschiedlichen Strafdrohung ausgesetzt sehe, je nachdem ob der Sitz des die Arbeitskräfte überlassenden Unternehmens im Inland oder in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union gelegen sei. Dafür gebe es nach Auffassung des antragstellenden Gerichts keine sachliche Rechtfertigung.
3. Dazu weist die Bundesregierung vorab auf Folgendes hin:
Der EuGH ist in seinem Urteil in den verbundenen Rechtssachen Maksimovic ua zum Ergebnis gekommen, dass Art56 AEUV einer nationalen Regelung entgegensteht, die für den Fall der Nichteinhaltung arbeitsrechtlicher Verpflichtungen in Bezug auf die Einholung verwaltungsbehördlicher Genehmigungen und auf die Bereithaltung von Lohnunterlagen die Verhängung von Geldstrafen vorsieht, die einen im Vorhinein festgelegten Betrag nicht unterschreiten dürfen, die für jeden betreffenden Arbeitnehmer kumulativ und ohne Beschränkung verhängt werden, zu denen im Fall der Abweisung einer gegen den Strafbescheid erhobenen Beschwerde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Strafe hinzutritt und die im Fall der Uneinbringlichkeit in Ersatzfreiheitsstrafen umgewandelt werden.
Nach Ansicht der Bundesregierung folgt daraus, dass der Gesetzgebung im Hinblick auf die unionsrechtskonforme Gestaltung der Rechtslage Sachverhalte betreffend, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, ein entsprechender Gestaltungsspielraum zukommt.
4. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Sachlichkeitsgebot
4.1. Dem gegenständlichen Antrag liegt die Annahme zu Grunde, dass Fälle grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung, in welchen der Überlasser seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, mit solchen der Arbeitskräfteüberlassung im Inland vergleichbar sind.
Dazu ist Folgendes zu bemerken:
Die Arbeitskräfteüberlassung (vgl zur Definition §3 Abs1 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes – AÜG, BGBl Nr 196/1988) ist bereits seit der Stammfassung des AuslBG als eine von mehreren bewilligungspflichtigen Beschäftigungsformen von Ausländern im AuslBG definiert (vgl §2 Abs2 lite AuslBG). Neben dem Überlasser (§3 Abs2 AÜG) sind grundsätzlich auch die jeweiligen Beschäftiger (§3 Abs3 AÜG) Adressaten der arbeitsmarktrechtlichen Gebotsnormen des AuslBG und unterliegen sohin auch der Strafdrohung im Falle deren Nichterfüllung (vgl §2 Abs3 litc AuslBG, wonach die Beschäftiger den Arbeitgebern gleichzuhalten sind). Die verfahrensgegenständliche Strafdrohung des §28 Abs1 Z1 lita AuslBG galt dabei
lange Zeit für inländische Beschäftiger sowohl in Fällen der Arbeitskräfteüberlassung im Inland als auch in Fällen grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung aus dem EWR.
Erst auf Grund unionsrechtlicher Vorgaben wurde das AuslBG mit dem Bundesgesetz BGBl I Nr 66/2017 geändert und wurden Fälle grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung von ordnungsgemäß in anderen EWR‑Staaten beschäftigten Ausländern mit Fällen der Entsendung gleichgestellt (vgl §18 Abs12 AuslBG). Seither sind für Überlassungen aus dem EWR lediglich die Voraussetzungen für eine EU‑Überlassungsbestätigung zu prüfen und ist keine Beschäftigungsbewilligungen mehr zu erteilen.
Während im Falle einer Arbeitskräfteüberlassung im Inland sohin weiterhin sowohl der Arbeitgeber (Überlasser) als auch der Beschäftiger eine bescheidmäßig zu erteilende Beschäftigungsbewilligung für die überlassene Arbeitskraft benötigt, welche wiederum eine umfangreiche arbeitsmarktrechtliche Prüfung durch das Arbeitsmarktservice (AMS) erforderlich macht, gestaltet sich die Rechtslage für einen inländischen Beschäftiger, dem eine ausländische Arbeitskraft von einem Unternehmen mit Sitz im EWR überlassen wird, gänzlich anders: In diesen Fällen ist es nämlich in erster Linie am ausländischen Überlasser gelegen, dem AMS im Wege einer Meldung (sogenannte ZKO‑Meldung) nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für eine EU‑Überlassungsbestätigung vorliegen. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen stellt im Gegensatz zu den Bedingungen, die an den Erhalt einer Beschäftigungsbewilligung geknüpft sind, eine vergleichsweise geringe Hürde dar, muss doch der Überlasser im Wesentlichen lediglich darlegen, dass er die zu überlassenden ausländischen Arbeitskräfte ordnungsgemäß beschäftigt und die entsprechenden österreichischen arbeitsrechtlichen Bedingungen eingehalten werden (vgl zu den Voraussetzungen zum Erhalt einer Beschäftigungsbewilligung §4 AuslBG; zu jenen zum Erhalt einer EU‑Überlassungsbestätigung §18 Abs12 AuslBG). Den inländischen Beschäftiger trifft im Zusammenhang mit einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung aus dem EWR hingegen im Wesentlichen bloß die Pflicht, zu prüfen, ob für die ihm überlassenen Arbeitskräfte eine EU‑Überlassungsbestätigung erteilt wurde bzw – wenn eine solche nicht ausgestellt wurde – die Voraussetzungen des §18 Abs12 AuslBG vorliegen (vgl dazu §28 Abs1 Z4 AuslBG, wonach der inländische Beschäftiger straffrei bleibt, sofern eine EU‑Überlassungsbestätigung ausgestellt wurde, selbst wenn die Voraussetzungen dafür nicht vorgelegen sind; vgl auch §18 Abs12 letzter Satz AuslBG, wonach die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen des §18 Abs12 AuslBG auch ohne EU‑Überlassungsbestätigung begonnen werden darf). Eine EU‑Überlassungsbestätigung hat sohin eine rein deklarative Wirkung, wohingegen eine Beschäftigungsbewilligung − welche im Falle einer inländischen Arbeitskräfteüberlassung sowohl dem Beschäftiger als auch dem Überlasser erteilt werden muss − konstitutiv wirkt.
Die dargestellten Unterschiede, insbesondere aus Sicht des inländischen Beschäftigers, finden auch ihren Niederschlag in unterschiedlichen Strafbestimmungen: §28 Abs1 Z1 lita AuslBG, der Verstöße gegen die Bewilligungspflicht nach dem AuslBG zur Verwaltungsübertretung erklärt, findet − infolge des Wegfalls der Notwendigkeit, für derartige Fälle eine Beschäftigungsbewilligung einzuholen − auf inländische Beschäftiger in Fällen grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung keine Anwendung mehr. Diese Fälle werden nunmehr von der spezielleren Strafnorm des §28 Abs1 Z4 litb AuslBG erfasst.
Zusammengefasst ist sohin festzuhalten, dass die Gesetzgebung zwischen der innerstaatlichen und der grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung aus dem EWR im Hinblick auf die daran geknüpften arbeitsmarktrechtlichen Voraussetzungen differenziert und diese Tatbestände sohin nach Auffassung der Bundesregierung nicht unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes zueinander in Beziehung zu setzen sind. Der im gegenständlichen Antrag herangezogene Vergleichsmaßstab erschiene insofern von Vornherein ungeeignet, eine etwaige Gleichheitswidrigkeit aufzuzeigen.
4.2. Selbst unter der Annahme der Gleichartigkeit der betreffenden Sachverhalte ist deren unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die jeweiligen Strafdrohungen nach Ansicht der Bundesregierung aber gerechtfertigt:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Schlechterstellung österreichischer Staatsbürger gegenüber Unionsbürgern am Gleichheitssatz zu messen und bedarf daher einer besonderen sachlichen Rechtfertigung.
Den Gedanken einer besonderen sachlichen Rechtfertigung hat der Verfassungsgerichtshof – unter Hinweis auf die 'doppelte Bindung' der Gesetzgebung bei der Umsetzung von Unionsrecht – auch auf die sogenannte 'Inländerdiskriminierung' übertragen. Wenn es dabei auch nicht um Diskriminierungen nach dem Kriterium der Staatsbürgerschaft geht, sondern um die Benachteiligung rein innerstaatlicher Sachverhalte im Verhältnis zu Sachverhalten mit Unionsbezug, so sind inländische Staatsbürger davon doch meist besonders betroffen. Diese 'doppelte Bindung' lässt es daher im Allgemeinen nicht zu, den Umstand, dass eine bestimmte Regelung unionsrechtlich geboten ist, als alleinige sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung von Inländern und Unionsbürgern bei Anwendung einer Norm heranzuziehen. Dies gilt entsprechend für die Differenzierung zwischen rein innerstaatlichen Sachverhalten und – jeweils bezogen auf Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes – grenzüberschreitenden Sachverhalten bzw Sachverhalten mit Bezügen zum Unionsrecht (vgl anstelle vieler VfSlg 20.335/2019).
Die Bundesregierung stellt die im gegenständlichen Antrag aufgezeigte Schlechterstellung des inländischen Beschäftigers im Hinblick auf die ihm drohende Verwaltungsstrafe in Sachverhaltskonstellationen, wie sie dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegen, im Verhältnis zu jenen mit Unionsrechtsbezug nicht in Abrede. Sie hält sie aber im Hinblick auf die unterschiedlichen an den inländischen Beschäftiger adressierten arbeitsmarktrechtlichen Verpflichtungen für sachlich gerechtfertigt.
Wie bereits ausgeführt, trifft den inländischen Beschäftiger gemäß §3 Abs1 iVm §4 Abs1 AuslBG (ebenso wie den inländischen Überlasser) im Falle einer geplanten Arbeitskräfteüberlassung im Inland die Pflicht, eine Beschäftigungsbewilligung für ausländische Arbeitskräfte einzuholen. Ein derartiger Antrag ist an umfangreiche Voraussetzungen geknüpft und zieht eine umfassende arbeitsmarktrechtliche Prüfung durch das AMS nach sich. Im Falle einer – wie vom antragstellenden Gericht als Vergleichsmaßstab ins Treffen geführten − grenzüberschreitenden Überlassung hingegen ist der inländische Beschäftiger lediglich verpflichtet, das Vorliegen einer EU‑Überlassungsbestätigung oder der Voraussetzungen für deren Ausstellung durch das AMS zu überprüfen. Die dafür erforderlichen Nachweise hat der jeweilige ausländische Überlasser zu erbringen (vgl §18 Abs12 AuslBG).
Im Hinblick darauf und unter besonderer Berücksichtigung des Umstandes, dass die Übertretung der Verpflichtung zur Einholung einer Beschäftigungsbewilligung durch einen vergleichsweise höheren Unrechtsgehalt gekennzeichnet ist als das Unterlassen der Überprüfung, ob eine EU‑Überlassungsbestätigung ausgestellt wurde bzw auszustellen wäre, erachtet die Bundesregierung die unterschiedliche Bestrafung des inländischen Beschäftigers abhängig davon, ob es sich um einen Fall der Arbeitskräfteüberlassung im Inland oder um eine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung handelt, als sachlich gerechtfertigt.
4.3. Ergänzend weist die Bundesregierung darauf hin, dass der Gesetzgebung außerhalb des Anwendungsbereichs des Unionsrechts und innerhalb der durch den Gleichheitsgrundsatz gesteckten Grenzen zur Verwirklichung der Ziele eines geordneten Arbeitsmarktes und eines geregelten Fremdenwesens ein entsprechender Gestaltungsspielraum im Hinblick auf die Wahl der dafür erforderlichen gesetzlichen Mittel zukommen muss.
Die Arbeitskräfteüberlassung betreffend ist dabei insbesondere zu berücksichtigen, dass ausländische Arbeitskräfte, die von einem inländischen Arbeitgeber beschäftigt werden, in der Regel die Absicht einer dauerhaften Niederlassung in Österreich haben, während bei jenen, deren Arbeitgeber seinen Sitz im Ausland hat, von einem bloß vorübergehenden Aufenthalt im Inland auszugehen ist.
4.4. Die Bundesregierung weist zudem darauf hin, dass es sich bei der Arbeitskräfteüberlassung um eine Beschäftigungsform handelt, welche sowohl zum Schutz der betroffenen Arbeitskräfte als auch zum Schutz des inländischen Arbeitsmarkts besondere legislative Vorkehrungen erforderlich macht. Das Absehen vom bisherigen Bestrafungssystem auch in rein innerstaatlichen Konstellationen ohne Unionsrechtsbezug würde nun dazu führen, dass ausgerechnet jene Beschäftigungsform innerhalb des Regimes des AuslBG im Verhältnis zu den sonstigen vom AuslBG erfassten Beschäftigungsformen im Hinblick auf die Strafdrohung privilegiert wird (vgl dazu ua VwGH vom 13.11.2020, Ra 2020/09/0039, wonach in rein innerstaatlichen Fällen, denen keine Arbeitskräfteüberlassung zu Grunde liegt, weiterhin Einzelstrafen zu verhängen sind) und als Folge davon Einbußen im Hinblick auf die generalpräventive Wirkung der Strafdrohung nicht auszuschließen sind.
5. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Bestimmungen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B‑VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
Es ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität der angefochtenen Gesetzesstelle zweifeln ließe.
1.2. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2. Der Antrag ist nicht begründet.
2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen die angefochtene Wortfolge in §28 Abs1 Z1 AuslBG Bedenken im Hinblick auf Art7 B‑VG: Die Bestimmung knüpfe in Bezug auf die Strafhöhe an die Anzahl der unberechtigt beschäftigten Arbeitnehmer an, da die Geldstrafen "pro Arbeitnehmer" zu verhängen seien. Der Gerichtshof der Europäischen Union habe zu grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung in der Rechtssache Maksimovic in Fällen von Bestrafungen nach §7i Abs4 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) und §28 Abs1 Z1 lita AuslBG entschieden, dass derartige Regelungen der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art56 AEUV entgegenstehen würden. Die Rechtsprechung sei auch auf das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD‑BG) übertragen worden (EuGH 19.12.2019, Rs. C‑645/18 , NE). Sowohl der Verwaltungsgerichtshof als auch der Verfassungsgerichtshof gingen davon aus, dass die betreffenden Regelungen durch unmittelbar anwendbares Unionsrecht verdrängt würden: Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe die Wortfolge "für jede/n Arbeitnehmer/in" in §7i Abs4 AVRAG unangewendet zu bleiben; entsprechendes gelte für §28 LSD‑BG.
In dem dem Gerichtsantrag zugrundeliegenden Verfahren seien Arbeitnehmer eines Unternehmens mit Sitz in Österreich an ein anderes Unternehmen mit Sitz in Österreich überlassen worden. Abgesehen von dem mangelnden grenzüberschreitenden Element gleiche der Sachverhalt somit jenen Sachverhalten, die auch den genannten Entscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Union zugrunde gelegen seien. Da bei rein innerstaatlichen Sachverhalten im Hinblick auf die Strafhöhe nach der angefochtenen Bestimmung weiterhin an die Anzahl der unerlaubt beschäftigten Arbeitnehmer anzuknüpfen sei, komme es zu einer ungerechtfertigten Schlechterstellung dieser Sachverhalte im Vergleich zu jenen mit Unionsrechtsbezug. Es liege daher eine verfassungswidrige Inländerdiskriminierung vor.
2.4. Dem hält die Bundesregierung zum einen entgegen, dass die rein inländische Arbeitskräfteüberlassung und jene aus dem EWR unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht zueinander in Beziehung zu setzen seien: So benötigten bei Überlassungen im Inland sowohl der Beschäftiger als auch der Überlasser eine Beschäftigungsbewilligung, der eine umfangreiche Arbeitsmarktprüfung vorangehe. Bei Arbeitskräfteüberlassungen aus dem EWR nach Österreich müsse der Überlasser hingegen im Wege einer Meldung an das Arbeitsmarktservice (AMS) lediglich nachweisen, dass er die österreichischen arbeitsrechtlichen Bedingungen einhalte, während der Beschäftiger in dem Fall schlicht zu prüfen habe, ob für die überlassenen Arbeitnehmer eine EU‑Überlassungsbestätigung ausgestellt worden sei bzw ob die Voraussetzungen für die Ausstellung einer solchen Bestätigung vorlägen. Verstöße gegen die jeweiligen Anforderungen würden auch in unterschiedlichen Strafbestimmungen geahndet werden. Der vom antragstellenden Gericht herangezogene Vergleichsmaßstab sei daher von vorneherein ungeeignet, eine etwaige Gleichheitswidrigkeit aufzuzeigen.
Zum anderen bringt die Bundesregierung vor, auch eine unterschiedliche Behandlung der betreffenden Sachverhalte wäre gerechtfertigt: Zwar sei der Beschäftiger bei reinen Inlandsüberlassungen im Hinblick auf die Strafhöhe schlechter gestellt. Allerdings sei diese Ungleichbehandlung im Hinblick auf die ihn treffenden unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Verpflichtungen gerechtfertigt. So sei die unterlassene Einholung einer Beschäftigungsbewilligung mit einem weitaus höheren Unrechtsgehalt behaftet als die mangelnde Überprüfung, ob eine EU‑Überlassungsbewilligung ausgestellt worden sei bzw auszustellen wäre.
Schließlich komme dem Gesetzgeber bei rein innerstaatlichen Sachverhalten vor dem Hintergrund der Verwirklichung eines geordneten Arbeitsmarktes und eines geregelten Fremdenwesens ein entsprechender Gestaltungsspielraum zu.
2.5. Die hier relevanten Bestimmungen des §28 AuslBG legen fest, dass das dort jeweils geregelte Verhalten eine Verwaltungsübertretung darstellt: Zum einen begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keines der näher bezeichneten Aufenthaltsrechte besitzt (§28 Abs1 Z1 lita AuslBG). Zum anderen begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einen aus dem EWR überlassenen Ausländer beschäftigt, für den entgegen §18 Abs12 AuslBG keine EU‑Überlassungsbestätigung ausgestellt wurde und die Voraussetzungen für die Ausstellung einer derartigen Bestätigung auch nicht vorliegen (§28 Abs1 Z4 litb AuslBG).
Als Sanktion für die Verwirklichung einer der genannten Verwaltungsübertretungen sehen die betreffenden Bestimmungen jeweils eine Geldstrafe vor, deren Höhe an die Anzahl der Arbeitnehmer geknüpft ist: Für den dem Gerichtsantrag zugrunde liegenden Fall, dass mehr als drei Arbeitnehmer betroffen sind, wird die Geldstrafe mit € 2.000,– bis € 20.000,– pro Arbeitnehmer festgesetzt (§28 Abs1 Z1 dritter Strafsatz AuslBG).
In der Rechtssache Maksimovic hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art56 AEUV einer nationalen Regelung entgegensteht, wie sie in den §§7d und 7i Abs4 AVRAG und in §28 Abs1 Z1 lita iVm §3 Abs1 AuslBG festgelegt ist. Dem Gerichtshof der Europäischen Union zufolge sind derartige Vorschriften, die nicht unmittelbar Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen betreffen, sondern der Wirksamkeit von Kontrollen dienen, die zur Wahrung und Einhaltung dieser Bedingungen durchgeführt werden können, nicht mit dem Unionsrecht vereinbar, weil für den Fall der Nichtbeachtung arbeitsrechtlicher Verpflichtungen in Bezug auf die Einholung verwaltungsbehördlicher Genehmigungen und auf die Bereithaltung von Lohnunterlagen die Verhängung von Geldstrafen vorgesehen ist, die einen im Vorhinein festgelegten Betrag nicht unterschreiten dürfen, für jeden betreffenden Arbeitnehmer kumulativ und ohne Beschränkung zu verhängen sind, im Fall der Abweisung einer gegen den Strafbescheid erhobenen Beschwerde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Strafe hinzutritt und die im Fall der Uneinbringlichkeit in Ersatzfreiheitsstrafen umgewandelt werden (EuGH 12.9.2019, Rs. C‑64/18 ua, Maksimovic, Rz 50; zu den Sanktionsbestimmungen iZm Melde- und Bereithaltungspflichten nach §§26 bis 28 LSD‑BG, die Nachfolgebestimmungen der zuvor im AVRAG geregelten Pflichten sind, EuGH 19.12.2019, Rs. C‑645/18 , NE und vom selben Tag, Rs. C‑140/19 ua, EX).
Allerdings findet das Unionsrecht auf rein innerstaatliche Sachverhalte, die keinen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen, keine Anwendung (vgl etwa EuGH 15.5.2003, Rs. C‑300/01 , Salzmann II, Rz 32).
2.6. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Schlechterstellung österreichischer Staatsbürger gegenüber (EU‑)Ausländern am Gleichheitssatz zu messen und bedarf daher einer besonderen sachlichen Rechtfertigung (vgl mwN VfSlg 20.335/2019).
Den Gedanken einer besonderen sachlichen Rechtfertigung hat der Verfassungsgerichtshof – unter Hinweis auf die "doppelte Bindung" des Gesetzgebers bei der Umsetzung von Unionsrecht – auch auf die sogenannte "Inländerdiskriminierung" übertragen (VfSlg 14.863/1997, 14.963/1997, 15.683/1999). Wenn es dabei auch nicht um Diskriminierungen nach dem Kriterium der Staatsbürgerschaft geht, sondern um die Benachteiligung rein innerstaatlicher Sachverhalte im Verhältnis zu Sachverhalten mit Unionsbezug, so sind inländische Staatsbürger davon doch meist besonders betroffen (vgl VfSlg 17.150/2004, mit Verweis auf Öhlinger/Potacs, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht², [2001], 82 ff.; Holoubek, "Inländerdiskriminierung" im Wirtschaftsrecht, in: Aicher/Holoubek/Korinek [Hrsg.], Gemeinschaftsrecht und Wirtschaftsrecht [2000], 159 ff.; Baumgartner, EU‑Mitgliedschaft und Grundrechtsschutz, 1997, 208 ff.).
Die "doppelte Bindung" des Gesetzgebers lässt es daher im Allgemeinen nicht zu, den Umstand, dass eine bestimmte Regelung unionsrechtlich geboten ist, als alleinige sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung von Inländern und Unionsbürgern bei Anwendung einer Norm heranzuziehen. Dies gilt entsprechend für die Differenzierung zwischen rein innerstaatlichen Sachverhalten und – jeweils bezogen auf Mitgliedstaaten der EU bzw des EWR – grenzüberschreitenden Sachverhalten bzw Sachverhalten mit Bezügen zum Unionsrecht (vgl VfSlg 19.529/2011).
2.7. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes liegen bei der grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung aus dem Unionsgebiet bzw dem EWR und einer rein innerstaatlichen Arbeitskräfteüberlassung aus dem hier entscheidenden Blickwinkel der Arbeitsmarktpolitik keine gleichen Sachverhalte vor; vielmehr bestehen zwischen den beiden Konstellationen wesentliche Unterschiede, weshalb keine verfassungswidrige Inländerdiskriminierung vorliegt:
2.7.1. Wie dargelegt, darf ein Ausländer in Österreich, der rein innerstaatlich überlassen wird, nur beschäftigt werden, wenn die in §28 Abs1 Z1 lita AuslBG taxativ aufgezählten Voraussetzungen erfüllt sind: Konkret muss für die betreffende Person eine Beschäftigungsbewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden sein oder sie muss eine für diese Beschäftigung gültige „Rot‑Weiß‑Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“, Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer ("ICT"), Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer ("mobile ICT"), Aufenthaltsbewilligung „Familiengemeinschaft“ mit Zugang zum Arbeitsmarkt (§20f Abs4 AuslBG) oder „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot‑Weiß‑Rot – Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§4c AuslBG) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzen.
2.7.2. Bei Beschäftigung im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung im Inland liegt also typischerweise ein dauerhafter Aufenthalt und eine Eingliederung von Drittstaatsangehörigen in den österreichischen Arbeitsmarkt vor. Dementsprechend sind ihr in aller Regel umfassende behördliche Prüfungen vorgeschaltet: Drittstaatsangehörige dürfen entweder nur nach Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung überlassen werden, im Rahmen derer insbesondere geprüft wird, ob Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulassen (Arbeitsmarktprüfung) und ob wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen (§4 Abs1 AuslBG) oder die Drittstaatsangehörigen verfügen über eines der genannten Aufenthaltsrechte, bei deren Erteilung das AMS regelmäßig eingebunden ist: so etwa bei den Aufenthaltstiteln „Rot‑Weiß‑Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“, „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ (§20d AuslBG), „Rot‑Weiß‑Rot – Karte plus“ (§20e AuslBG) oder bei der Aufenthaltsbewilligung für (mobile) ICT samt Familienangehörige (§20f AuslBG). Der Gesetzgeber hat sohin strenge Voraussetzungen für den innerstaatlichen Zugang Drittstaatsangehöriger zum österreichischen Arbeitsmarkt geschaffen.
2.7.3. Demgegenüber gelten für die grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung keine derartigen Anforderungen: So ist nach den in §18 Abs12 AuslBG festgelegten Erfordernissen gerade keine Beschäftigungsbewilligung erforderlich. Vielmehr hat der Überlasser die Beschäftigung von nach Österreich überlassenen Arbeitnehmern zu melden (§19 LSD‑BG), woraufhin das AMS bei Vorliegen aller Voraussetzungen eine EU‑Überlassungsbestätigung ausstellt; liegen die Voraussetzungen nicht vor, wird die Überlassung untersagt. Die Regelung trägt der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union Rechnung, wonach die Dienstleistungsfreiheit auch verlangt, dass Drittstaatsangehörige von einem Mitgliedstaat in einen anderen überlassen werden dürfen, ohne dass hiefür eine Beschäftigungsbewilligung eingeholt werden muss (EuGH 11.9.2014, Rs. C‑91/13 , Essent Energie Productie BV, Rz 56; vgl auch EuGH 9.8.1994, Rs. C‑43/93 , Vander Elst). Gleichwohl wird den Mitgliedstaaten eingeräumt, sich zu vergewissern, dass die Arbeitnehmer im Sitzstaat legal aufhältig, arbeitsberechtigt und sozial abgesichert sind (vgl EuGH 21.9.2006, Rs. C‑168/04 , Kommission gegen Republik Österreich; RV 215 BlgNR 23. GP , 5). Österreich bleibt es daher verwehrt, eine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung unter den Vorbehalt einer Arbeitsmarktprüfung zu stellen; es darf lediglich sicherstellen, dass die betreffenden drittstaatsangehörigen Arbeitnehmer in dem Mitgliedstaat, von dem aus sie überlassen werden, über eine Arbeitserlaubnis verfügen. Demgemäß ist die EU‑Überlassungsbestätigung nach §18 Abs12 AuslBG auszustellen, wenn die überlassenen Arbeitnehmer in dem jeweiligen Mitgliedstaat, von dem aus sie nach Österreich überlassen werden, über die Dauer der Überlassung hinaus zur Beschäftigung zugelassen sind (Z1), die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden (Z2) und kein Untersagungsgrund gemäß §18 Abs1 AÜG vorliegt (Z3). Unbeschadet der Verpflichtung zur Meldung der Überlassung gemäß §19 LSD‑BG sowie sonstiger Pflichten nach dem AÜG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU‑Überlassungsbestätigung begonnen werden (§18 Abs12 AuslBG). Die EU‑Überlassungsbestätigung hat daher – wie auch die Bundesregierung anmerkt – im Gegensatz zur konstitutiven Beschäftigungsbewilligung gemäß §4 AuslBG eine rein deklarative Wirkung. Strafbar macht sich der inländische Beschäftiger nur, sofern keine EU‑Überlassungsbestätigung für die überlassenen Arbeitnehmer ausgestellt wurde und die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Bestätigung auch nicht vorliegen (§28 Abs1 Z4 litb AuslBG).
2.7.4. Zwar gebietet die Dienstleistungsfreiheit, dass eine Prüfung der heimischen Arbeitsmarktlage bei grenzüberschreitend überlassenen Drittstaatsangehörigen zu unterbleiben hat, sofern diese im Mitgliedstaat, von dem aus sie nach Österreich überlassen werden, über einen legalen Arbeitsmarktzugang verfügen. Es bleibt dem Gesetzgeber jedoch unbenommen, die rein innerstaatliche Beschäftigung Drittstaatsangehöriger – gleichgültig, ob in direkter Anstellung oder im Wege der Arbeitskräfteüberlassung – unter strengere Voraussetzungen zu stellen, um einen funktionierenden Arbeitsmarkt und die dafür erforderliche Begrenzung der Beschäftigung Drittstaatsangehöriger zu gewährleisten. Rein inländische Arbeitskräfteüberlassungen und jene aus dem Unionsgebiet bzw dem EWR betreffen unterschiedliche Personenkreise und Sachverhalte, für die der Gesetzgeber unterschiedliche Regelungsregime geschaffen hat. Insofern bestehen auch keine gleichheitsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die unterschiedliche Bemessung der Strafhöhe, zumal die verschiedenen Verwaltungsübertretungen – den divergierenden Regelungsregimen entsprechend – einen unterschiedlichen Unrechtsgehalt aufweisen. Es liegt sohin kein Fall einer verfassungswidrigen Inländerdiskriminierung vor.
V. Ergebnis
1. Die ob der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer" in §28 Abs1 Z1 dritter Strafsatz AuslBG erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)