OLG Wien 34R75/14w

OLG Wien34R75/14w25.7.2014

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortbildmarke „Kitzbühelerin DAS MAGAZIN“, über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 6.12.2013, AM 1467/2013-5, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0009:2014:03400R00075.14W.0725.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung der Rechtsabteilung des Patentamts wird geändert und lautet:

«Die Wortbildmarke „Kitzbühelerin DAS MAGAZIN“ ist in das Markenregister für folgende Warenklassen einzutragen:

16: Zeitungen, Druckereierzeugnisse, Magazine, Fotografien.

35: Werbung, Vermittlung von Werbeflächen, Vermittlung von Zeitungsabonnements, Werbung für Zeitung, Zeitschriften und Magazine.»

 

Begründung

Der Antragsteller beantragte die Eintragung der Wortbildmarke

für die im Spruch genannten Waren- und Dienstleistungsklasse. (Zur ursprünglich beantragten Dienstleistungsklasse 41 spezifierte der Antragsteller die Dienstleistungen in der ihm gesetzten Frist nicht; diese Dienstleistungsklasse ist nicht vom Rekurs umfasst.)

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt die Eintragung aus dem Grund des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG ab, weil die beteiligten Verkehrskreise (Verbraucher, Konsumenten, kommerzielle Kunden) im vorliegenden Zeichen nur einen allgemeinen Hinweis auf die Zielgruppe eines beliebigen Druckereierzeugnisses sehen würden, nämlich Frauen der Stadtgemeinde Kitzbühel, und daher auf die Art und die Bestimmung der Waren schließen und die zu bezeichnenden Dienstleistungen der Klasse 35 als unmittelbar damit im Zusammenhang stehende Dienstleistungen qualifizieren würden. Da auch die grafische Ausgestaltung des Zeichens keine Besonderheiten aufweise, um im Geschäftsleben als Kennzeichen eines Unternehmens aufgefasst werden zu können, sei das Zeichen daher in seiner Gesamtheit nicht geeignet, als individualisierender Unternehmenshinweis zu dienen.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den Beschluss abzuändern, dass die Wortbildmarke in das Markenregister eingetragen werde, in eventu die Entscheidung aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

1.1 Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.

Ob einer Waren-/Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist wie bei beschreibungsverdächtigen Zeichen anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (Koppensteiner, Markenrecht4 Rz 42).

Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (EuGH C‑108/97 – Chiemsee; C‑104/00 P – Companyline; EuG T‑471/07 – Tame it,Rn 15 mwN; EuGH C‑398/08 – Audi; RIS-Justiz RS0118396; zuletzt etwa 4 Ob 10/14w –Jimi Hendrix).

Fehlt die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11 – Oxi-EffektmwN; 4 Ob 38/06a – Shopping CitymwN; RIS-Justiz RS0118396). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungs­hindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl OBm 1/13 – Malzmeister mwN). Dies bedeutet aber nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit sind Marken, deren Benutzung vor Gericht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte, nicht einzutragen (vgl EuGH C‑104/01 – Orange [Rn 58 und 59]; C‑64/02 – Das Prinzip der Bequemlichkeit).

1.2 Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG sind zwar nach der Rechtsprechung des EuGH gesondert zu prüfen (C‑304/06 – Eurohypo).

Die Unterscheidungskraft fehlt bei einer Wortmarke jedenfalls dann, wenn die maßgeblichen Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf ihre Herkunft (C‑304/06 P – Eurohypo[Rz 69]); eine beschreibende Marke im Sinne von § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig im Sinne des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG (C‑363/99 – Postkantoor [Rz 86]). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (Om 10/09 – Lümmeltütenparty; vgl 4 Ob 11/14t – Express­glass).

1.3 Die Beurteilung, ob das Eintragungshindernis feh­lender Unterscheidungskraft vorliegt, erfolgt anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schumacher, mar­ken.schutz² § 4 Rz 57). Die Eignung zur Erfüllung der Her­kunftsfunktion muss nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit geprüft werden (4 Ob 10/14w –Jimi HendrixmwN). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (Asperger aaO Rz 67 mwN der Rsp; EuGH C‑104/01 – Orange[Rn 46 und 63];RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS‑Justiz RS0114366 [T5]).

1.4 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelten Zeichen als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt sie müssen sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (vgl EuGH C‑326/01 – Universaltelefonbuch, Rn 33 mwN; C‑494/08 P – Pranahaus; Koppensteiner aaO mwN; Newerkla in Kucsko/Schumacher, mar­ken.schutz2 Rz 175 ff; RIS-Justiz RS0109431). Trifft das zu, kann auch Wortneubildungen die Unterscheidungskraft fehlen (4 Ob 38/06a – Shopping City; 4 Ob 28/06f – Firekiller; Ingerl/Rohnke, Markengesetz3, § 8 Rz 120 mwN).

Enthält das Zeichen dem gegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431 [T3]; OBm 1/12 – Die grüne Linie). Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, so lange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen.

Eine beschreibende Angabe liegt auch dann nicht vor, wenn ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff herstellt, ohne etwas Bestimmtes über die Herstellung oder die Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen (17 Ob 33/08i – happykaufmwN; OBm 3/12 – Lounge.at). Ist somit die angemeldete Marke nicht geeignet, beim Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art, Natur oder Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistungen hervorzurufen, ohne dass noch weitere Überlegungen über die mit einer bestimmten Bezeichnung erzielte Aussage erforderlich wären, besitzt sie Unterscheidungskraft (vgl OBm 3/11 – Atelier Prive; OBm 2/13 – Primera ua).

Somit sind vom Registrierungsverbot nur Zeichen betroffen, deren Begriffsinhalt die beteiligten Verkehrskreisen zwanglos, ohne komplizierte Schlussfolgerungen und ohne besondere Denkarbeit erschließen können. Der beschreibende Charakter muss für die angesprochenen Verkehrskreise allgemein, zwanglos und ohne besondere Gedankenoperation erkennbar sein (vgl Koppensteiner, aaO Rz 71 mwN; Newerkla aaO Rz 175 ff; RIS-Justiz RS0109431).

1.5 Genau so, wie die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann auch ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren oder Dienstleistungen nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (4 Ob 139/02y – Summer Splash; 4 Ob 10/03d – More).

1.6 Das Verbot, ausschließlich beschreibende Zeichen oder Angaben als Marken einzutragen, soll verhindern, dass Zeichen oder Angaben als Marken eingetragen werden, die wegen ihrer Übereinstimmung mit der üblichen Art und Weise, die betroffenen Waren oder Dienstleistungen oder ihre Merkmale zu bezeichnen, die Funktion, das sie vertreibende Unternehmen zu identifizieren, nicht erfüllen könnten und die daher nicht die Unterscheidungskraft besitzen, die diese Funktion voraussetzt. Darunter fallen nur solche Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch nach dem Verständnis des Verbrauchers die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können. Eine Marke, die entsprechend dieser Definition Zeichen oder Angaben enthält, kann außerdem nur dann von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn sie nicht noch weitere Zeichen oder Angaben enthält und wenn ferner die in ihr enthaltenen ausschließlich beschreibenden Zeichen oder Angaben nicht in einer Weise wiedergegeben oder angeordnet sind, die das Gesamtzeichen von der üblichen Art und Weise unterscheidet, die fraglichen Waren oder Dienstleistungen oder ihre wesentlichen Merkmale zu bezeichnen (vgl EuGH C‑383/99 – Baby-Dry; 17 Ob 4/08z; Om 10/09, OBm 4/12).

1.7 Zu beachten ist auch, dass ein Buch-, Zeitungs-, Zeitschriften-, oder Film-/Sendetitel, der als Marke registriert werden soll, in Bezug auf seine Unterscheidungskraft den oben dargestellten allgemeinen Grundsätzen des Markenrechts genügen muss. Diese gehen über die für den Werktitelschutz erforderliche geringere Unterscheidungskraft hinaus (vgl Newerkla aaO Rz 230 f).

2.1 Maßgeblich für die Frage, wie ein Kennzeichen aufgefasst wird, ist das Verständnis eines angemessen gut unterrichteten und angemessen aufmerksam und kritischen Mitglieds der angesprochenen Verkehrskreise.

2.2 Nach ständiger Rechtsprechung (vgl EUGH C‑104/00 – Companyline; C‑363/99 – Postkantoor ua) ist bei der Prüfung der Schutzfähigkeit das Zeichen in seiner Gesamtheit zu beurteilen. Für die damit erforderliche Berücksichtigung aller Elemente eines Zeichens ergibt sich auch die Notwendigkeit, die einzelnen Elemente zu betrachten.

3. Auf dieser Grundlage ist dem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen nicht abzusprechen.

3.1 Vorauszuschicken ist, dass Verbraucher Ortsangaben im Zusammenhang mit Druckereierzeugnissen seit langem gewohnt sind und in solchen Fällen nichts anderes annehmen, als dass das jeweilige Printmedium aus dem genannten Gebiet kommt (vgl Om 7/07 – Österreich). Zuzugestehen ist dem Antragsteller auch, dass die grafische Ausgestaltung durch die gewählte Schriftform auffällig ist und wegen des Buchstabenverbunds und der gewählten unterschiedlichen Strichstärken nicht einer werbeüblichen grafischen Ausgestaltung entspricht. Daher kann von vornherein nicht davon gesprochen werden, dass diese Wort-Bild-Kombination ausschließlich aus einer beschreibenden und somit nicht unterscheidungskräftigen Angabe besteht. Es liegt auch keine „bloße“ Beschreibung des Erscheinungs- oder Berichtsgebiets der betreffenden Waren und Dienstleistungen vor. In Bezug auf die beantragte Waren- und Dienstleistungsklasse ist auch kein Allgemeininteresse (auch nicht in der Zukunft) an der freien Verfügbarkeit im Sinne eines Freihaltebedürfnisses in besonderer Form anzunehmen, was einer Registrierung entgegenstehen würde.

3.2 Auf die Argumente der Antragstellerin in Bezug auf ähnliche Eintragungen ist nicht näher einzugehen, weil eine präjudizielle Bindung zu verneinen ist (4 Ob 11/14t – Jimi Hendrix; RIS-Justiz RS0125405; vgl auch Asperger aaO Rz 75 ff mwN; Koppensteiner, aaO 70).

3.3 Da die angemeldete Marke nicht geeignet ist, beim beteiligten Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art oder die Eigenschaft der damit bezeichneten Waren und Dienstleistungen hervorzurufen und er zudem gewohnt ist, eine darin enthaltene Ortsangabe mit dem jeweiligen Printmedium aus dem genannten Gebiet in Verbindung zu bringen, besitzt sie noch die erforderliche Unterscheidungskraft. Im Gesamteindruck fehlt ein unmittelbarer Bezug der angemeldeten Marke zu den beantragten Waren und Dienstleistungen. Abstrahiert wird der Sachzusammenhang auch noch dahingehend, dass auf die weibliche Bevölkerung dieses Ortes abgestellt wird und nicht rein auf die Ortsangabe an sich.

Das Rekursgericht vollzieht auch die Einschätzung des Patentamts nicht nach, wonach die Marke ausschließlich eine direkte Assoziation zur Zielgruppe des Produkts hervorrufen würde.

„Kitzbühelerin DAS MAGAZIN“ ist daher kennzeichnungskräftig und somit eintragungsfähig.

4. Gegen diese Entscheidung ist kein weiterer Rechts­zug vorgesehen. Ein Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands kann daher entfallen.

 

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