European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0459:2025:01200R00007.25Y.0424.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung aus anderen Gründen
Spruch:
Der Kostenrekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten der Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
BEGRÜNDUNG:
Mit Kaufvertrag vom 15. April 2022 hat die Klägerin von der Beklagten ein Kfz der Marke C*, Modell **, Fahrgestellnummer **, zu einem Kaufpreis von brutto EUR 61.310,12 erworben.
Mit Klage vom 12. Jänner 2024 begehrte die Klägerin die Rückzahlung dieses Kaufpreises abzüglich eines Benützungsentgelts von EUR 8.108,04, somit EUR 53.202,08 sA. Das Fahrzeug sei mit zahlreichen Elektronik-Fehlern behaftet, insbesondere bestehe eine Fehlfunktion des automatischen Abstandhaltungs- und Bremssystems und des Fensterschließsystems.
Nach Erstattung eines kfz-technischen Sachverständigengutachtens (ON 24) erfolgte die Klagseinschränkung auf Kosten. Die Beklagte habe, als sich das Fahrzeug zur Begutachtung durch den Sachverständigen bei ihr befunden habe, eine Reparatur vorgenommen und den groben Mangel an der Sensorik behoben, sodass es jetzt zu keinem abrupten Abbremsen mehr komme. Ursprünglich sei das Begehren aber berechtigt gewesen. Zum Beweis der zwischenzeitigen Fehlerbehebung wurden die Einvernahme des Gatten der Klägerin und des bei der Befundaufnahme anwesenden und für die Kundenbetreuung bei der Beklagten zuständigen E* F* (ON 31).
Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung und bestritt eine Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs. Alle Beanstandungen seien geprüft und bereits vor Klagseinbringung behoben worden. Zu einer automatischen Abbremsung komme es nur, wenn ein Überholmanöver ohne Setzen des Blinkers durchgeführt werde. Auch bei einem baugleichen Ersatzfahrzeug habe die Klägerin dieselben Fehlfunktionen moniert. Schon bei der ersten Befundaufnahme durch den Sachverständigen seien die Tests sowohl des Parkassistenten als auch des Abstandhaltungs- und Bremsassistenzsystems ohne jeglichen Fehlerbefund verlaufen.
Das Erstgericht befragte in der Tagsatzung vom 4. Februar 2025 den Zeugen F* – der Zeuge B* war unter Hinweis auf die notwendige Pflege seines erkrankten Sohnes nicht erschienen – und verpflichtete in seinem Urteil die Klägerin zum Ersatz der Prozesskosten in Höhe von EUR 6.450,55 an die Beklagte. Zusammengefasst wurde diese Entscheidung auf folgende Sachverhaltsfeststellungen gestützt:
Anlässlich der ersten Befundaufnahme durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen am 13. August 2024 wurde festgestellt, dass das Fahrzeug Fremdsender wie zB Radarsender oder unbekannte Strahlungen aufnimmt, welche als Störquelle zu Fehlermeldungen führen und abgespeichert werden. Im Bereich der Parktronik wurden Fehlermeldungen „vorne links und hinten rechts“ aufgezeichnet, deren Ursache nicht festgestellt werden kann, da diesbezüglich verschiedene Ursachen wie zB eine Verschmutzung, Verschiebung oder Beschädigung der Parksensoren, eine Unterbrechung der Kabelverbindung, eine Strom-Spannungsunterversorgung oder eine Verschmutzung der Kameras in Frage kommen. Nachdem eine Zuordnung zu einem bestimmten Bauteil nicht möglich war, wurde mit den Anwesenden, wobei für die Klägerin deren Ehegatte an der Befundaufnahme teilnahm, vereinbart, vorsorglich das Parktronik-Steuergerät zu tauschen. Dieser Tausch sowie die Reinigung der Kamera hinter der Windschutzscheibe und eine Überprüfung der Parksensoren fand unmittelbar vor der zweiten Befundaufnahme durch den gerichtlichen Sachverständigen am 23. September 2024 statt.
Es kann nicht festgestellt werden, ob das neu eingebaute Steuergerät die gleiche Bauart aufweist wie das ausgebaute Bauteil. Es kann auch nicht festgestellt werden, ob der Austausch des Parktronik-Steuergeräts irgendwelche Auswirkungen gehabt hat. Zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs oder später ist eine Mangelhaftigkeit oder fehlerhafte Funktion weder der elektrischen Fensterhebereinrichtung des Fahrzeugs samt Schließmechanismus noch der automatischen Abstandshaltungs- und Bremssystemeinrichtung feststellbar.
In seiner rechtlichen Beurteilung gelangte das Erstgericht zu dem Schluss, dass aus den Sachverhaltsfeststellungen nicht abgeleitet werden könne, dass die von der Klägerin behaupteten Mängel jemals vorgelegen seien. Somit habe die Klägerin nicht unter Beweis stellen können, dass ihr Klagsanspruch bis zum Tausch des Parktronik-Steuergeräts im September 2024 zu Recht bestanden habe. Der Beklagten stehe als vollständig obsiegend voller Kostenersatz zu.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der rechtzeitige Kostenrekurs der Klägerin wegen „unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Vorliegens eines wesentlichen Verfahrensmangels“ mit dem Antrag, die Kostenentscheidung dahin abzuändern, dass ihr die Beklagte Kostenersatz leisten müsse. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung die Bestätigung des Kostenzuspruchs an sie.
Der Rekurs ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
1 Die Klägerin macht geltend, das Erstgericht habe „infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung“ festgestellt, dass nicht festgestellt werden könne, dass die klagsgegenständlichen Mängel bei dem von der beklagten Partei erworbenen Fahrzeug je vorgelegen seien. Die getroffenen (kursiv wiedergegebenen) Negativfeststellungen wären „bei richtiger Würdigung der Beweisergebnisse nicht zu treffen gewesen“ und stellten „sekundäre Feststellungsmängel aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung dar“. Das Erstgericht begründe die Negativfeststellungen mit fehlenden Beweisergebnissen und das Unterbleiben der Einvernahme des Zeugen B* damit, dass die Frage, ob der Austausch des Steuergeräts im September 2024 davor vorhandene Mängel behoben habe, nicht durch den Zeugen zu klären sei. Tatsächlich sei der Zeuge aber zum Beweis dafür beantragt worden, dass vor dem Austausch Mängel vorgelegen seien, danach aber nicht mehr. Ein wesentlicher Verfahrensmangel iSd § 491 (gemeint: 496) Abs 1 Z 3 ZPO sei darin zu erblicken, dass rechtlich verfehlt von der Einvernahme des Zeugen abgesehen worden sei. Dessen Einvernahme hätte zusammen mit der Beilage ./B (Schadenshistorie 10. Mai 2022 bis 26. Juni 2023) ergeben, dass der Austausch des Steuergeräts ursächlich für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Fahrzeugs gewesen sei.
2 Da das Erstgericht – wenn auch nicht die von der Klägerin gewünschten – Feststellungen zur Mangelhaftigkeit des Klagsfahrzeugs getroffen hat, kann kein Verfahrensmangel im Sinn des § 496 Abs 1 Z 3 ZPO vorliegen.
2.1 Diese Bestimmung regelt nämlich rechtliche bzw sekundäre Feststellungsmängel, die daraus resultieren, dass aufgrund einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung zu rechtlich relevanten Tatsachen keine Feststellungen getroffen wurden (RIS-Justiz RS0053317; vgl A. Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO5 § 496 Rz 10). Auch wenn das Erstgericht einen bestimmten Sachverhalt ausschließt oder eine Feststellung darüber nicht treffen kann („Negativfeststellung“), handelt es sich um eine Feststellung; in all diesen Fällen liegt kein Feststellungsmangel aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung vor (Pimmer in Fasching/Konecny³ § 496 ZPO Rz 53; vgl RIS-Justiz RS0053317 [T3]).
2.2 Hat das Gericht zwar Feststellungen getroffen, die aber nach Ansicht des Berufungswerbers unrichtig sind, dann muss er sie mit Beweisrüge bekämpfen, wenn sie auf unrichtiger Beweiswürdigung beruhen. Falls aufgrund eines primären Verfahrensmangels, etwa der Zurückweisung von Beweisanträgen, andere als die vom Beweisführer behaupteten Tatsachen festgestellt wurden, ist dies mit Mängelrüge (§ 496 Abs 1 Z 2 ZPO) geltend zu machen (Pimmer in Fasching/Konecny³ § 496 ZPO Rz 56 f).
2.3 Daraus folgt, dass die Klägerin in Wahrheit nur eine Mängelrüge erhoben bzw einen primären Verfahrensmangel (Nichteinvernahme des Zeugen B*) geltend gemacht hat und die Ausführungen dazu fälschlicherweise als Rechtsrüge bezeichnet.
Dass die rechtlich erforderlichen Feststellungen fehlen oder dass das Erstgericht ausgehend von den getroffenen Feststellungen zu einem unrichtigen rechtlichen Schluss gekommen wäre (vgl RIS-Justiz RS0043312), lässt sich den Rekursausführungen nicht entnehmen.
3 Bleibt zu klären, ob der Rekursgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens bei einer Klagseinschränkung auf Kosten geltend gemacht werden kann.
3.1 Wird eine Klage auf Kosten eingeschränkt, sinkt der Streitgegenstand des Verfahrens gemäß § 54 Abs 2 JN auf null (RIS-Justiz RS0042793, RS0046466; Sloboda in Fasching/Konecny³ § 517 ZPO Rz 3; A. Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO5 § 517 Rz 5; Mayr in Rechberger/Klicka, ZPO5 § 54 JN Rz 3; vgl Gitschthaler in Fasching/Konecny³ § 54 JN Rz 28).
Ein Kostenrekurs ist gemäß § 517 Abs 1 Z 5 ZPO unabhängig vom Streitwert zulässig. Unzulässig ist er nur dann, wenn der Betrag, dessen Zuspruch oder Aberkennung beantragt wird, EUR 50 nicht übersteigt (§ 517 Abs 3 ZPO). Dies ist hier nicht der Fall.
3.2 Zusätzlich ist der Kostenrekurs aber den (Berufungs-)Beschränkungen des § 501 ZPO zu unterwerfen, weil die Überprüfungsmöglichkeit im Rekursverfahren nicht weiter gehen soll als bei einem Urteil. § 501 Abs 1 ZPO findet daher auf alle Kostenentscheidungen nach Klagseinschränkung auf Kosten sinngemäß Anwendung (RIS-Justiz RW0001105 = OLG Wien 16 R 242/23k unter Hinweis auf 11 R 20/24b; OLG Linz 11 R 1/25h, 12 R 4/25g; Sloboda in Fasching/Konecny³ § 517 ZPO Rz 8 mwN zum Meinungsstand und zur überwiegenden, eine analoge Anwendung des § 501 ZPO im Rekursverfahren bejahende Judikatur; ebenso wenn auch länger zurückliegend RIS-Justiz RS0039545, vgl aber RS0039629).
3.3 Somit kann ein (Kosten-)Urteil nur aus den Rekursgründen der Nichtigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung angefochten werden. Die Ausführungen der Klägerin in ihrer unzulässigen Mängelrüge sind daher unbeachtlich. Eine Beweisrüge zur Bekämpfung der Negativfeststellungen wäre im Übrigen auch unzulässig.
4 Wird ein Rechtsmittel nur auf einen unzulässigen Rechtsmittelgrund gestützt, ist es zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0041861, RS0041863, RS0042599).
5 Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Für die Rekursbeantwortung steht kein Kostenersatz zu, da die Beklagte auf die Anfechtungsbeschränkungen des § 501 ZPO nicht hingewiesen hat (Obermaier, Kostenhandbuch4 Rz 1.464 f; vgl zur Revisionsbeantwortung RIS-Justiz RS0035962, RS0035979).
6 Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig, da auch eine Formalentscheidung, die die meritorische Erledigung eines Rechtsmittels gegen eine Entscheidung über den Kostenersatz ablehnt, eine „Entscheidung über den Kostenpunkt“ darstellt (RIS-Justiz RS0044963 [T1]).
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