European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0459:2025:01200R00004.25G.0220.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 587,09 (darin EUR 97,85 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Rekurs ist zulässig.
Begründung:
Die Beklagte hat von der Klägerin mit Kaufvertrag vom 22. März/13. April 2021 ein Grundstück samt dem darauf zu errichtenden und bezugsfertig herzustellenden Chalet zu einem Kaufpreis von EUR 1.198,200,00 brutto erworben. Die Abwicklung wurde über ein Treuhandkonto mit Auszahlung einem Ratenplan A nach § 10 BTVG entsprechend vereinbart.
Mit der am 2. August 2023 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin zunächst die Zahlung von EUR 322.397,30 – bestehend aus EUR 304.536,00 restlichem Kaufpreis und EUR 17.861,30 kapitalisierten Verzugszinsen – samt Zinsen und brachte vor, der Kaufpreis sei trotz mehrfacher Aufforderung und Übermittlung der Baufortschrittsanzeigen nicht (entsprechend dem Ratenplan) beglichen worden.
Die Beklagte bestritt, beantragte die Abweisung der Klage und brachte vor, die Raten seien nach Eintritt und Nachweis der vereinbarten Bedingungen bezahlt worden; die Bedingungen für weitere Zahlungen seien nicht eingetreten; insbesondere könne das Chalet entgegen der Zusagen formell nicht vermietet werden; eine ordnungs- und vereinbarungsgemäße Nutzung des „Parks“ sei nicht möglich; steuerrechtliche Fragen seien nicht abgeklärt worden.
Nach Bezahlung des restlichen Kaufpreises schränkte die Klägerin das Klagebegehren zuletzt mit Schriftsatz vom 22. Juli 2024 (ON 36) auf Verzugszinsen von EUR 65.146,27 sA und Kosten ein.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht dem Klagebegehren Folge gegeben. Der Entscheidung liegt – zusammengefasst – folgender weiterer Sachverhalt zugrunde:
Mit E-Mails vom 22. September 2021, 14.01 und 14.16 Uhr forderte der Treuhänder die Beklagte zur Überweisung der ersten drei Raten in Höhe von EUR 838.740,00 auf und übermittelte dieser die entsprechenden Baufortschrittsanzeigen.
Mit E-Mails vom 19. November 2021, (jeweils) 12.04 Uhr urgierte der Treuhänder die Zahlung der ersten drei Raten, forderte die Beklagte zur Überweisung des restlichen Kaufpreises von insgesamt EUR 359.460,00 auf und übermittelte dieser die weiteren Baufortschrittsanzeigen.
Der Geschäftsführer der Beklagten vertröstete die Klägerin immer wieder mit verschiedenen Ausreden. Mängel im Zusammenhang mit dem Bauprojekt machte er gegenüber der Klägerin als Gründe für die Nichtzahlung nicht geltend. Erst nach über einem Jahr ohne Zahlung berief er sich darauf, dass er sein Chalet nicht vermieten könne.
In dem von der Klägerin errichteten Chaletdorf ist nur das Chalet der Beklagten nicht touristisch vermietet. Der Geschäftsführer der Klägerin hatte dem Geschäftsführer der Beklagten die Vermietung untersagt, solange der gesamte Kaufpreis nicht beglichen war. Es kann nicht festgestellt werden, [gemeint:] dass die Beklagte das Chalet aus anderen Gründen – etwa Problemen mit Behörden oder gesetzlichen Vorschriften – nicht vermieten konnte und [gemeint:] dass die Klägerin gegenüber der Beklagten getätigte Zusagen nicht eingehalten hat.
In rechtlicher Beurteilung des Sachverhalts ist das Erstgericht zum Ergebnis gekommen, der Beklagten sei der Beweis gravierender Mängel nicht gelungen, die ein Zurückbehaltungsrecht für auch nur irgendeine Rate gerechtfertigt hätten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem auf Klagsabweisung gerichteten Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, die Berufung als verspätet zurückzuweisen, in eventu diese „abzuweisen“.
Die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu behandelnde Berufung ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
1 In der Argumentation zu ihrem Antrag auf Zurückweisung der Berufung als verspätet übersieht die Klägerin, dass sie ihr Klagebegehren nicht auf bloße Kosten eingeschränkt hat, sondern weiterhin Zinsen aus der Hauptforderung geltend gemacht hat, und die Berufungswerberin die Entscheidung (nur) im Zinsenzuspruch bekämpft.
Die Berufung ist daher rechtzeitig.
2.1 Gemäß § 501 Abs 1 ZPO kann ein Urteil nur wegen Nichtigkeit und wegen einer ihm zugrunde liegenden unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache angefochten werden, wenn das Erstgericht über einen Streitgegenstand entschieden hat, der EUR 2.700 nicht übersteigt.
2.2 Maßgeblich ist dabei nicht der Streitwert nach RATG, sondern jener nach der JN, nach deren § 54 Abs 2 bei der Wertberechnung (insbesondere) Zinsen unberücksichtigt bleiben, die als Nebenforderung geltend gemacht werden. Für die Beurteilung, ob Zinsen als Haupt- oder als Nebenforderung geltend gemacht werden, ist der Zeitpunkt der Klagseinbringung maßgeblich (vgl etwa Obermaier, Kostenhandbuch4 Rz 2.9).
Als Nebenforderungen werden Zinsen dann geltend gemacht, wenn sie in der Klage gemeinsam mit der ihnen zugrundeliegenden Hauptforderung (oder auch nur einem Teil davon) begehrt werden, und zwar unabhängig davon, ob sie als eine durch Kapitalbetrag, Zinsfuß und Zeit umschriebene Größe oder als kapitalisierter Betrag geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042759 [T12]). Werden Zinsen als Nebenforderungen eingeklagt und wird die Klage erst im Laufe des Verfahrens auf Zinsen (und Kosten) eingeschränkt, so bedeutet dies nicht, dass die Zinsen und Kosten nunmehr selbständig eingeklagt wären (RIS-Justiz RS0046466 [T4]).
Wird die Klage auf Zinsen und Kosten eingeschränkt, sinkt der Streitwert demgemäß auf Null (RIS-Justiz RS0042793).
2.3 Die Tatsachenrüge ist daher unzulässig (vgl etwa Pimmer in Fasching/Konecny 3 § 501 ZPO Rz 11). Überdies ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht erkennen lässt, aus welchen Gründen das Erstgericht den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin nicht folgen hätte dürfen und stattdessen jene des Geschäftsführers der Beklagten seinen Feststellungen zugrunde legen hätte müssen (vgl RIS-Justiz RS0041835, insb [T5]).
3 In der Rechtsrüge behauptet die Berufungswerberin keine unrichtige rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts, sondern ausschließlich sekundäre Feststellungsmängel.
Dabei geht sie jedoch nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, weil das Erstgericht sowohl Feststellungen zur Mitteilung der „die Ratenzahlungen auslösenden Baufortschritte“ – nämlich durch Übermittlung der Baufortschrittsanzeigen – als auch (gemeint: [vgl Urteil S 13]) negative Feststellungen zum Vorliegen der behaupteten Mängel getroffen hat.
Auch die Rechtsrüge ist damit nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RIS-Justiz RS0043312 [T1]).
4 Die Berufung war daher zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0041863, RS0041861).
5 Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Berufung hingewiesen. Weil jedoch Zinsen als Nebenforderungen den Streitwert nach RATG nicht erhöhen, selbst wenn sie kapitalisiert werden (vgl Obermaier, Kostenhandbuch4 Rz 2.9), ist gemäß § 12 Abs 4 lit b RATG von einem Streitwert von EUR 1.000,00 auszugehen (vgl OGH 7 Ob 201/20i [Rz 12]).
6 Der Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ohne Rücksicht auf den Streitwert und unabhängig von der Erheblichkeit der geltend gemachten Rechtsfragen zulässig (vgl nur RIS-Justiz RS0043893, insb [T7]; RS0043882, insb [T1, T3]; RS0043886, insb [T1, T4]).
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