OGH 9ObA72/23p

OGH9ObA72/23p26.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Hargassner und die Hofrätin Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Stelzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Herbert Böhm (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. I*, vertreten durch Mag. Michael Mössler, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung) Minoritenplatz 5, 1014 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17–19, 1011 Wien, wegen 1.526 EUR sA und Feststellung (Streitwert 15.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Mai 2023, GZ 7 Ra 103/22a‑24, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits‑ und Sozialgerichts Wien vom 11. Mai 2022, GZ 35 Cga 115/21v‑19, Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:009OBA00072.23P.0626.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Arbeitsrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin studierte Lehramt Mathematik und Physik und war ab 1. 9. 2013 Vertragsbedienstete nach dem VBG und als solche als Vertragslehrerin bei der Beklagten bei der Bildungsdirektion * beschäftigt. Von 1. 12. 2017 bis einschließlich 5. 9. 2022 wurde ihr ein Karenzurlaub unter Entfall der Bezüge gewährt. Von 1. 12. 2017 bis 30. 11. 2020 arbeitete sie an der Universität *. Die Klägerin hatte um die Karenzierung ersucht, weil es sich dabei um eine befristete Tätigkeit handelte und sie die Sicherheit wollte, dass sie wieder an die Schule zurückkehren kann.

[2] Seit 1. 12. 2020 arbeitet die Klägerin wieder für die Beklagte als Vertragsbedienstete für das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung an der Pädagogischen Hochschule *. Diese Stelle war befristet bis 31. 8. 2022 ausgeschrieben. Es wurde ein neuer Dienstvertrag unterfertigt, in dem der Dienstbeginn mit 1. 12. 2020 angegeben und festgehalten ist, dass das Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit bis 31. 8. 2022 eingegangen ist. Die Karenzierung ihres Dienstverhältnisses zur Bildungsdirektion * blieb aufrecht. Anlässlich des neuen Dienstvertrags wurde eine Neuberechnung des Besoldungsdienstalters vorgenommen.

[3] Aufgrund des ursprünglichen Dienstvertrags wurden der Klägerin bei Festsetzung des Besoldungsdienstalters am 7. 9. 2015 1.106 Tage angerechnet, darunter auch Zeiten einer Tätigkeit vor Beginn des Dienstverhältnisses.

[4] Zum 1. 12. 2020 errechnete die Beklagte 2.739 Tage an Vordienstzeiten und zwar die Tätigkeit als wissenschaftliche Projektmitarbeiterin von 1. 3. 2013 bis 31. 8. 2013 als einschlägige Berufstätigkeit zu 50 % mit 92 Tagen; die Tätigkeit als Vertragslehrerin von 2. 9. 2013 bis 30. 11. 2017 mit 1.551 Tagen und die Tätigkeit an der Universität von 1. 12. 2017 bis 30. 11. 2020 mit 1.096 Tagen. Weitere Tätigkeiten vor dem 2. 9. 2013, die bei der früheren Berechnung als Vordienstzeiten anerkannt worden waren, wurden nicht mehr berücksichtigt.

[5] Die Klägerin begehrte die Zahlung von 1.526 EUR brutto sA und die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr auch weiterhin Bezüge in jener Höhe zu zahlen, die sich daraus ergeben, dass Vordienstzeiten im Gesamtausmaß von 3.017 Tagen angerechnet werden, sodass zum Stichtag 1. 12. 2020 die Einstufung in die Entlohnungsstufe/Gehaltsstufe 5 in der Entlohnungsgruppe ph1 mit nächster Vorrückung am 1. 9. 2022 gegeben gewesen sei. Sie bringt vor, mit Beginn ihrer Tätigkeit im Bereich der Pädagogischen Hochschule * habe sie bei einer anderen nachgelagerten Dienststelle der Beklagten zu arbeiten begonnen, wobei ein neuer Dienstvertrag abgeschlossen worden und ihr Besoldungsdienstalter neu berechnet worden sei. Bei dieser Berechnung seien Vordienstzeiten nicht berücksichtigt worden, die ihr bei ihrem vorangegangenen Dienstverhältnis angerechnet worden seien. Dies widerspreche § 26 Abs 7 VBG, nach dem die im vorangegangenen Bundesdienstverhältnis bereits angerechneten Zeiten jedenfalls wieder anzurechnen seien. Das habe auch dann zu gelten, wenn – wie nach Ansicht der Beklagten – kein unmittelbar vorangegangenes, sondern ein parallel laufendes Dienstverhältnis vorliege. Bei den nicht angerechneten Zeiten handle es sich darüber hinaus um berufseinschlägige (nunmehr nützliche) Vordienstzeiten. Die Anrechnung sei zuvor nach § 26 Abs 3 VBG idgF vorgenommen worden. Ihr hätten daher weitere 278 Tage jedenfalls angerechnet werden müssen, was in Summe 3.017 Tage ergebe.

[6] Die Entgeltdifferenz daraus betrage von Dezember 2020 bis Mai 2021 1.526 EUR brutto. Sie habe Anspruch auf diese Differenz sowie auf die Feststellung, dass ihr die Bezüge nach einer Einstufung auf Basis des richtig errechneten Besoldungsdienstalters zustünden.

[7] Die Beklagte bestreitet. Vordienstzeiten seien nach § 26 Abs 7 VBG nur anzurechnen, wenn sie bereits im unmittelbar vorangegangenen Bundesdienstverhältnis angerechnet worden seien. Das Dienstverhältnis zur Bildungsdirektion für * sei von 1. 12. 2017 bis 5. 9. 2021 karenziert und damit zum Dienstbeginn am 1. 12. 2020 nicht beendet gewesen. Die Zeiten vor dem 1. 3. 2013 seien für das nunmehrige Dienstverhältnis nicht einschlägig. Eine Anrechnung scheitere daran, dass die Dienstzeiten sehr lange zurücklägen, nur von sehr kurzer Dauer seien und es sich um Tätigkeiten mit einem zu geringfügigen Beschäftigungsausmaß handle. Es sei daher auch nicht von der Ausübung von nützlichen Tätigkeiten gemäß § 26 Abs 3 VBG auszugehen.

[8] Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klagebegehren ab. Gemäß § 26 Abs 7 VBG seien Vordienstzeiten jedenfalls anzurechnen, wenn sie bereits im unmittelbar vorangegangenen Bundesdienstverhältnis angerechnet worden seien. Damit werde zum einen der Zweck verfolgt, dass neue Dienstverhältnisse, bei denen die Tätigkeit im Wesentlichen gleich bleibe, als durchgehend ausgeübt angesehen würden und zum anderen, dass durch eine kurzzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses, in denen sich die besoldungsrechtliche Stellung bei einer Neuberechnung verbessern würde, die Bestimmungen nicht umgangen werden könnten. § 26 Abs 7 VBG gelange nur zur Anwendung, wenn das neue Dienstverhältnis „unmittelbar“ nach dem früheren, vorangegangenen Dienstverhältnis begründet werde. Hier habe sich die Klägerin unstrittig im Karenzurlaub befunden. Während einer Karenz ruhe das Arbeitsverhältnis und sei nicht beendet. Ein unbeendetes Arbeitsverhältnis stelle daher nicht ein „unmittelbar vorangegangenes“ dar. § 26 Abs 7 VBG finde daher keine Anwendung.

[9] Die Vortätigkeiten vor dem 1. 3. 2013 seien auch nicht von derart qualifizierter Bedeutung, dass der Verwendungserfolg in der nunmehrigen Tätigkeit ohne diese in beträchtlich geringerem Ausmaß gegeben gewesen wäre. Außerdem lägen die – überdies nur kurzfristig ausgeübten – Tätigkeiten zu lange zurück. In der Gesamtbetrachtung komme daher eine Anrechnung dieser Vordienstzeiten auch nach Abs 3 des § 26 VBG nicht in Betracht.

[10] Das Berufungsgericht änderte infolge Berufung der Klägerin diese Entscheidung dahin ab, dass es der Klage statt gab. Bei Antritt des Beschäftigungsverhältnisses am 7. 9. 2015 seien die gegenständlichen Vordienstzeiten gemäß § 26 Abs 3 VBG als anrechenbar qualifiziert worden. Dass das „unmittelbar vorangegangene Bundesdienstverhältnis“ iSd § 26 Abs 7 VBG bei Begründung des neuen Bundesdienstverhältnisses zwingend beendet sein müsse, ergebe sich aus der Bestimmung nicht. Gerade der Umstand der Neubegründung des nunmehrigen Dienstverhältnisses spreche gegen eine im Wesentlichen unveränderte Fortsetzung des bisherigen, karenzierten Dienstverhältnisses. Von der Erforderlichkeit einer Neubemessung des Besoldungsdienstalters sei die Beklagte selbst ausgegangen.

Rechtliche Beurteilung

[11] Die Revision wurde vom Berufungsgericht zugelassen, weil zur Anwendung des § 26 Abs 7 VBG, bei einer Karenzierung des bisherigen Bundesdienstverhältnisses oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht vorliege.

[12] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen.

[13] Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

[14] Die Revision ist zur Klarstellung zulässig und im Sinn des jeden Abänderungsantrags immanenten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

[15] 1. Die Klägerin hat ihre Ansprüche primär auf § 26 Abs 7 VBG gestützt. Nach dieser Bestimmung sind Vordienstzeiten jedenfalls anzurechnen, wenn sie bereits im unmittelbar vorangegangenen Bundesdienstverhältnis angerechnet worden sind. Wurde beim unmittelbar vorangegangenen Bundesdienstverhältnis das Besoldungsdienstalter infolge einer Überleitung nach den Bestimmungen des § 94a VBG pauschal bemessen, so unterbleibt eine Ermittlung und die Einstufung hat auf Grundlage des bisherigen pauschal bemessenen Besoldungsdienstalters zu erfolgen.

[16] 2. Voraussetzung für die Anrechnung nach dem hier relevanten 1. Fall des § 26 Abs 7 VBG ist daher ein „unmittelbar vorangegangenes Bundesdienstverhältnis“.

[17] Die Klägerin befindet sich seit 2. 9. 2013 durchgehend in einem Dienstverhältnis zur Beklagten. Beginnend mit 1. 12. 2017 war ihr ein Karenzurlaub gegen Entfall der Bezüge bewilligt worden, wodurch das Dienstverhältnis nicht endete. Nach ständiger Rechtsprechung bewirkt eine Karenzierung des Arbeitsverhältnisses die vorübergehende Sistierung seiner Hauptpflichten, nämlich der Arbeitspflicht und Entgeltpflicht, bei gleichzeitigem Weiterbestehen des Arbeitsvertrags, der weder beendigt noch unterbrochen wird (RS0028497 [T5]).

[18] 3. Die Revision der Beklagten geht davon aus, dass durch den „neuen Dienstvertrag“ beginnend mit 1. 12. 2020 neben dem ursprünglichen (karenzierten) Dienstverhältnis ein zweites Vertragsbedienstetenverhältnis begründet wurde.

[19] Die Aufspaltung der Rechtsbeziehung zwischen denselben Vertragsparteien, die verschiedene Tätigkeiten in persönlicher Abhängigkeit umfasst, in mehrere Arbeitsverträge ist in aller Regel unzulässig (Rebhahn in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 1151 Rz 72 mwN). Zum vergleichbaren Problemkreis, inwieweit Arbeitsvertrag und freier Dienstvertrag zwischen denselben Parteien nebeneinander bestehen können, hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsauffassung vertreten, dass dies nicht grundsätzlich ausgeschlossen sei, es für die Bejahung einer rechtswirksamen Trennung solcher Rechtsverhältnisses aber entscheidend auf den Parteiwillen, die objektive Trennbarkeit und Überlegungen unter dem Gesichtspunkt arbeitsrechtlicher Schutzprinzipien ankomme (VwGH 99/08/0125 mwN; Ra 2015/08/0156).

[20] 4. Das VBG schließt zwar mehrere nebeneinander bestehende Dienstverhältnisse nicht ausdrücklich aus. Es geht allerdings auch bei Tätigwerden in unterschiedlichen Bereichen des öffentlichen Dienstes erkennbar von einem einheitlichen Dienstverhältnis zum Bund aus, ohne dass eine Aufspaltung in verschiedene Dienstverträge vorgesehen ist. Das Gesetzenthält dabei umfassende Vorschriften über die Voraussetzungen für Versetzungen, Verwendungsänderungen, Dienstzuteilungen und Ressortwechsel und auch über die damit verbundenen besoldungsrechtlichen Folgen. Keine dieser Bestimmungen sieht jedoch zwei nebeneinander bestehende Vertagsbedienstetenverhältnisse vor.

[21] Es ist daher fraglich, ob dass VBG das gleichzeitige Bestehen mehrerer Dienstverhältnisse überhaupt zulässt, selbst wenn das von den Parteien ausdrücklich gewollt und vereinbart wird.

[22] 5. Letztlich kann aber im konkreten Fall dahingestellt bleiben, ob zwei parallel laufende Dienstverhältnisse zwischen denselben Vertragsparteien oder nur ein einziges durchgehendes Dienstverhältnis mit geänderter Verwendung vorliegt.

[23] Dienstrechtsgesetze für öffentlich Bedienstete wie das VBG sind dadurch gekennzeichnet, dass sie für die Dienstverhältnisse zu bestimmten Körperschaften den wesentlichen Inhalt des Dienstvertrags zwingend, also weder durch Kollektivvertrag noch Betriebsvereinbarung noch Einzelvertrag abdingbar, festlegen (RS0050823 [T1]). Die gesetzlichen Rechte und Pflichten von Vertragsbediensteten können daher nur unter den im Gesetz vorgesehenen Rahmenbedingungen geändert werden (RS0029331 [T3]). Die Entlohnung von Vertragsbediensteten hat grundsätzlich nach den jeweils geltenden einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, also nach den jeweils geltenden zwingenden Einstufungs- und Entlohnungsvorschriften zu erfolgen (9 ObA 112/22v Rz 25 mwH). Von diesen zwingenden Vorschriften können nach § 36 VBG nur in Ausnahmefällen abweichende Regelungen getroffen werden. Derartige Dienstverträge sind als Sonderverträge zu bezeichnen und bedürfen der Genehmigung der Bundesministerin oder des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport. Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Abschluss von Sonderverträgen sind Schutzvorschriften zu Gunsten des öffentlich-rechtlichen Dienstgebers (RS0029314 [T5]; RS0115297 [T8]).

[24] 6. Auch die Auswirkungen einer Verwendungsänderung auf die Besoldung ist im Gesetz ausdrücklich geregelt (vgl § 69 VBG): Dabei ist für den Fall einer bloßen Verwendungsänderung eine nachträgliche Neubemessung des Ausmaßes der anzurechnenden Vordienstzeiten nicht vorgesehen (Fellner, BDG, § 26 VBG VI D 3b). Diese zwingenden besoldungsrechtlichen Bestimmungen würden umgangen, wenn durch Abschluss eines zweiten Dienstvertrags unter Aufrechterhaltung des bisherigen Dienstverhältnisses, bei gleichzeitiger Karenzierung, eine Neuberechnung des Besoldungsdienstalters ermöglicht würde und zu einer anderen – sei es günstigeren oder ungünstigeren – Einstufung führen würde als bei Annahme eines einheitlichen durchgehenden Dienstverhältnisses.

[25] Besoldungsrechtlich ist daher der Vertragsbedienstete so zu stellen, wie er bei einem durchgehenden Dienstverhältnis allenfalls mit geänderter Verwendung einzustufen wäre. Eine Neuberechnung des Besoldungsdienstalters hat nicht zu erfolgen. Auf § 26 Abs 7 VBG kommt es daher nicht an.

[26] 7. Für den konkreten Fall bedeutet das, dass die Klägerin, mit der auch bei Wiederaufnahme der Tätigkeit kein Sondervertrag abgeschlossen wurde, ab diesem Zeitpunkt besoldungsrechtlich so zu stellen ist, als wäre sie (unter Berücksichtigung der Karenzierung) durchgehend bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Es ist daher zunächst vom bereits ursprünglich ermittelten Besoldungsdienstalter auszugehen. In diesem waren aber die von der Klägerin enthaltenen Vordienstzeiten im geltend gemachten Umfang berücksichtigt. Sie sind daher auch bei der nunmehrigen Einstufung zu berücksichtigen.

[27] 8. Die Rechtssache ist aber noch nicht spruchreif. Die Beklagte hat aufgrund der Annahme, dass wegen des Abschlusses eines zweiten Dienstverhältnisses eine Neuberechnung des Besoldungsdienstalters durchzuführen ist, ihrer Berechnung überwiegend andere Zeiten als bei der erstmaligen Bemessung zugrunde gelegt. Die Einbeziehung oder Nichteinbeziehung dieser Zeiten ist aber für die Berechtigung des Klagebegehrens ebenso von Bedeutung wie die Berücksichtigung der Zeiten vor Beginn des Dienstverhältnisses.

[28] 9. Nach § 182a ZPO muss das Gericht das Sach‑ und Rechtsvorbringen der Parteien erörtern und darf seine Entscheidung in der Hauptsache auf rechtliche Gesichtspunkte, die eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, nur stützen, wenn es diese mit den Parteien erörtert und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat. Dementsprechend darf das Gericht die Parteien nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die sie nicht beachtet haben und auf die sie das Gericht nicht aufmerksam gemacht hat (RS0037300; RS0108816). Den Parteien darf nämlich nicht die Möglichkeit entzogen werden, zu diesem neuen rechtlichen Gesichtspunkt Tatumstände und Rechtsansichten vorzubringen (RS0037300 [T14, T20]). Das Überraschungsverbot gilt auch im Revisionsverfahren.

[29] Den Parteien ist daher die Möglichkeit zu geben, zum (Nicht-)Vorliegen von weiteren anrechenbaren Zeiten Stellung zu nehmen und Vorbringen zu erstatten. Bei Beurteilung der Berücksichtigung solcher Zeiten werden dabei insbesondere auch die gesetzlichen Regelungen über die Auswirkungen einer Karenzierung für zeitabhängige Rechte zu beachten sein.

[30] 10. Der Revision war daher Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben.

[31] 11. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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