Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Gegenüber aktiven Arbeitnehmern können die Betriebsparteien im Wege einer ablösenden Betriebsvereinbarung eine dem Sachlichkeitsgebot und der Grundrechtsbindung genügende Verschlechterung der aus einer früheren Betriebsvereinbarung resultierenden Entgelts- und Pensionsanwartschaften wirksam vornehmen (näher ArbSlg 11.099; 8 ObA 2200/96d; DRdA 2000/22 [Runggaldier]; DRdA 2001/25 [Runggaldier]; 8 ObA 236/01s). Wenn es auch kein Grundrecht auf Wahrung wohlerworbener Rechte gibt (RIS-Justiz RS0008687), haben sie bei der Minderung erworbener Rechte den Vertrauensschutz zu berücksichtigen (VfSlg 11.309; ZAS 1995/21; DRdA 2000/22; DRdA 2001/25; 8 ObA 236/01s). Sie müssen daher auf die durch die unterschiedliche Dauer der Betriebszugehörigkeit bedingten unterschiedlichen Vertrauenspositionen Bedacht nehmen (SZ 65/163; DRdA 2001/25). Die Vorinstanzen haben diese Rechtslage richtig erkannt und ausführlich dargelegt. Ihre Anwendung auf den konkreten Fall begründet - von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen - keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Liegt aber keine erhebliche Rechtsfrage vor, kann die Zulässigkeit der Revision auch nicht mit dem Hinweis begründet werden, dass einige weitere gleich oder ähnlich gelagerte Fälle anhängig sind.
Die umfangreichen Ausführungen der Revisionswerberin, mit denen sie einerseits das Fehlen von für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Feststellungen rügt und andererseits Kritik an den getroffenen Feststellungen übt, sind unbeachtlich, soweit darin eine Bekämpfung der Feststellungen der Vorinstanzen liegt. Eine Überprüfung dieser Feststellungen ist in dritter Instanz nicht mehr möglich.
Die Rechtsausführungen, mit denen die zweite Instanz das Fehlen von für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Feststellungen verneint, sind jedenfalls nicht unvertretbar.
Dass die Frage ob die von den Betriebsparteien vereinbarte Schlechterstellung der Arbeitnehmer sachlich ist und der Grundrechtsbindung genügt, nicht nur mit dem Hinweis auf die Mitwirkung von Gutachtern und Vertretern der Interessenvertretungen (hier: Gewerkschaft und Arbeiterkammer) bejaht werden kann, ist der Revisionswerberin zuzugestehen. Dass sich die maßgebenden Rechtsausführungen der Vorinstanzen in diesem Hinweis erschöpfen, trifft aber ohnedies nicht zu. Im Übrigen ist aber der Umstand, dass die der Betriebsvereinbarung 1996 vorangegangenen Verhandlungen unter laufender Beratung durch Vertreter der Arbeiterkammer und der Gewerkschaft geführt wurden, sehr wohl ein Hinweis darauf, dass der Betriebsvereinbarung eine sorgfältige und verantwortungsbewusste Einschätzung der Situation voranging.
Das von den Betriebsparteien zu beachtende Sachlichkeitsgebot ist bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Interessen des Betriebs erfüllt (8 ObA 61/97x uva). Dass solche Interessen dann bestehen, wenn der Betrieb - wie nach den Feststellungen die Beklagte - „ein Sanierungsfall" bzw „überschuldet" und „insolvenzgefährdet" ist, kann nicht zweifelhaft sein.
Die Behauptung der Revisionswerberin, seit der (nun abgeänderten) Betriebsvereinbarung 1994 habe sich die wirtschaftliche Situation der Beklagten nicht verschlechtert, steht mit den Feststellungen nicht in Einklang, weil sie nur auf das zunächst völlig unrichtig eingeschätzte Rückstellungserfordernis für die Pensionen abstellt, die Feststellungen über die weiteren finanziellen Schwierigkeiten der Beklagten (Seiten 10 f des Ersturteils) aber ignoriert. Selbst wenn es aber zuträfe, dass die wirtschaftliche Lage in Wahrheit bereits bei Abschluss der Betriebsvereinbarung 1994 so schlecht wie 1996 gewesen wäre, die Betriebsparteien dies damals aber nicht erkannt hätten, könnte dies nichts daran ändern, dass die 1996 feststehende Konkursreife als wichtiges betriebliches Interesse an einer Verschlechterung der Betriebsvereinbarung 1994 gewertet werden müsste.
Allgemein gültige Aussagen des Obersten Gerichtshofes, in welchem prozentuellen Ausmaß ein Eingriff in bestehende Rechtspositionen erfolgen kann, ohne unverhältnismäßig zu sein, sind nicht möglich. Die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs hat auf Grund der Gegenüberstellung der Interessen der Arbeitnehmer mit den betrieblichen Interessen zu erfolgen und kann daher immer nur unter Beachtung der konkreten Umstände des Einzelfalls erfolgen. Es kann aber nicht zweifelhaft sein, dass dann, wenn das Unternehmen - wie nach den Feststellungen die Beklagte - „konkursreif" bzw ein „Sanierungsfall" ist, auch schmerzhafte Eingriffe als verhältnismäßig gewertet werden müssen. Dass einer der Gesellschafter der Beklagten der Bund ist, kann daran nichts ändern, weil daraus nicht abgeleitet werden kann, dass der Bund uneingeschränkt zu wirtschaftlich nicht vertretbaren Nachschüssen verpflichtet wäre.
Dass die Vorinstanzen den hier zu beurteilenden Eingriff als verhältnismäßig qualifiziert haben, ist eine jedenfalls nicht unvertretbare Lösung des zu beurteilenden Einzelfalls. Die dagegen vorgebrachten Einwände lassen die Feststellungen der Vorinstanzen unbeachtet, nach denen die Beklagte konkursreif war und bereits 100 Arbeitnehmer im Rahmen des Frühwarnsystems zur Kündigung angemeldet waren. Zudem argumentiert die Beklagte bei ihrer Kritik an der Barabfindung der Pensionsansprüche (bei der Klägerin S 439.956, die sie auch angenommen hat), immer wieder mit der Höhe des Prozentsatzes von nur 22,5 % des versicherungsmathematisch ermittelten Barwerts der Pensionsanwartschaft bzw des Pensionsanspruchs. Damit lässt sie aber außer Acht, dass im Hinblick auf die günstigere steuerliche Behandlung der Barabfindung die Nettoabfindung in Wahrheit deutlich höher (nämlich zwischen 30 und 40 %) liegt. Der Oberste Gerichtshof verkennt nicht, dass auch darin ein sehr schmerzhafter Eingriff in die Rechtsposition der Klägerin liegt. Angesichts der katastrophalen und unmittelbar existenzgefährdenden finanziellen Situation der Beklagten ist aber die Bewertung dieses Eingriffs durch die Vorinstanzen nicht unvertretbar.
Die Behauptung der Klägerin, sie hätte im Wege eines (Zwangs-)ausgleichs mehr erhalten, als die ihr ausgezahlte Pensionsabfindung, ist Spekulation und außerdem rechtlich nicht relevant, weil das die Kürzungsvereinbarung rechtfertigende betriebliche Interesse ja gerade darin liegt, die Insolvenz zu vermeiden.
Dass die Sanierung der Beklagten ausschließlich im Wege der Kürzung der Pensionsansprüche erfolgte, trifft schon nach den Feststellungen nicht zu. Ob sie überwiegend oder ausschließlich durch Einsparungen im Bereich der Arbeitnehmer stattfand, kann nach den Feststellungen nicht beurteilt werden. Insofern liegt aber kein Feststellungsmangel vor, weil schlüssiges Vorbringen, ob andere Möglichkeiten bestanden, aber ungenützt blieben, nicht erstattet wurde.
Ob die Betriebsparteien mit der Betriebsvereinbarung 1996 auf die durch die unterschiedliche Dauer der Betriebszugehörigkeit bedingten unterschiedlichen Vertrauenspositionen - vor allem also auf die Rechte der älteren Arbeitnehmer - hinreichend Bedacht genommen haben, ist ebenfalls eine Frage des Einzelfalls, deren Bejahung durch die Vorinstanzen jedenfalls nicht unvertretbar ist. Grund für die Verpflichtung der Betriebsparteien, die besondere Situation der älteren Arbeitnehmer zu berücksichtigen, ist deren schützenswerte Vertrauensposition: Das Vertrauen der Arbeitnehmer, die dem Betrieb im Hinblick auf die zugesagte Betriebspension schon durch lange Zeit die Treue gehalten haben, ist stärker zu schützen, als jenes von Arbeitnehmern, die kürzer beschäftigt sind (SZ 65/163 mwN). Daher kann hier nicht unbeachtet bleiben, dass - wie die Beklagte zu Recht geltend macht - die Klägerin überhaupt erst durch die Betriebsvereinbarung 1994 einen durch den Arbeitgeber einseitig nicht widerrufbaren Rechtsanspruch erworben hat (dazu im Detail die ebenfalls die Beklagte betreffende Entscheidung 8 ObA 120/01g). In der vorher geltenden Betriebsvereinbarung 1978 wurde ausdrücklich festgehalten, dass kein Rechtsanspruch auf laufende Zuwendungen besteht. In der Regel begründet aber die Zusage einer Zuwendung des Arbeitgebers mit dem Hinweis, dass auf sie kein Rechtsanspruch bestehe, keinen Anspruch des Arbeitnehmers (9 ObA 15/97i; DRdA 1992/16 [Apathy]; DRdA 1994/12 [Apathy]). Ob dies auch für die Betriebsvereinbarung 1978 uneingeschränkt gilt oder ob die Auslegung der Vereinbarung dazu führt, den Ausschluss des Rechtsanspruchs iS der jederzeitigen Widerruflichkeit einer durch die Vereinbarung begründeten Rechtsposition des Arbeitnehmers zu werten (dazu allgemein 9 ObA 15/97i mwN), muss hier nicht erörtert werden. Fest steht jedenfalls, dass die Klägerin aus der Betriebsvereinbarung 1978 keine dauerhaft gesicherte Rechtsposition erworben hat, was bei Beurteilung und Gewichtung des schützenswerten Vertrauens der Klägerin nicht unberücksichtigt bleiben kann. Dazu kommt, dass - wie die Beklagte zutreffend geltend macht - die in der Betriebsvereinbarung 1996 vereinbarte Vorgangsweise bei den Kürzungen jedenfalls insofern eine Berücksichtigung der Situation der älteren Arbeitnehmer gewährleistet, als die vereinbarten Barabfindungen nach versicherungsmathematischen Grundsätzen unter Berücksichtigung sowohl der Höhe des Einkommens der Betroffenen als auch ihrer Dienstjahre bei der Beklagten berechnet wurden.
Dass - wie die Revisionswerberin geltend macht - eine unzulässige Besserstellung der jüngeren Arbeitnehmer daraus resultiere, dass diese in den Genuss einer neu geschaffenen, auch durch den Verzicht der Klägerin finanzierten Pensionskassenregelung gekommen seien, von der die älteren Arbeitnehmer naturgemäß nicht profitieren könnten, ist durch die Feststellungen nicht gedeckt. Nach diesen fehlt es nämlich am von der Klägerin behaupteten Zusammenhang zwischen der Pensionskassenregelung und der Betriebsvereinbarung 1996. Die Betriebsvereinbarung über das Pensionskassenmodell wurde erst 1999 abgeschlossen, wobei die Voraussetzung für den Vertragsabschluss der Verzicht der Mitarbeiter auf eine Jahresprämie für 1998 im Ausmaß von insgesamt S 12 Mio war.
Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass die Revisionswerberin keine die Zulässigkeit der Revision rechtfertigende Rechtsfrage aufzeigen kann. Ihr Vorwurf, das Berufungsgericht vertrete die Rechtsauffassung, die Betriebsparteien könnten Pensionsvereinbarungen unbegrenzt und schrankenlos wieder aufheben, trifft nicht zu. Vielmehr hat das Berufungsgericht die maßgebende Rechtslage im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung wiedergegeben und sie in einer jedenfalls nicht unvertretbaren Weise auf den hier zu beurteilenden Fall angewendet. Schon deshalb ist die Revision zurückzuweisen, sodass auf die Rechtsausführungen der Vorinstanzen zum Umstand, dass die Klägerin der Barabfindung ihrer Ansprüche ausdrücklich zugestimmt hat, nicht mehr eingegangen werden muss.
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