OGH 8ObA236/01s

OGH8ObA236/01s28.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Claus Bauer und Mag. Dr. Walter Zeiler als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Margarete K*****, vertreten durch Dr. Ruth Hütthaler-Brandauer, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Ö*****, vertreten durch Dr. Bernhard Hainz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert EUR 8.066,68), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. Juli 2001, GZ 8 Ra 161/01g-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 16. Mai 2000, GZ 20 Cga 43/00i-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an

das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin war seit dem 1. 2. 1966 Angestellte der Beklagten und hatte gemäß § 47 Abs 1 lit a einer auf das Dienstverhältnis anzuwendenden Betriebsvereinbarung einen Anspruch auf Ruhegenuss. Seit 1. 1. 2000 ist die Klägerin in Pension.

Die Betriebsvereinbarung a.F. enthielt unter anderem folgende

Bestimmung:

"§ 49 Automatikklausel

(1) Jede allgemeine Veränderung der Bezüge der aktiven Angestellten hat eine entsprechende Veränderung der Bezüge der Pensionisten zur Folge, sofern es sich nicht um eine Änderung der Aktivitätsbezüge im Zusammenhang mit geänderten dienstrechtlichen Verpflichtungen der Aktiven handelt".

Infolge Änderung der Betriebsvereinbarung im Jänner 1994 trat mit 1. 1. 1995 folgende Automatikklausel in Kraft:

"§ 49 Automatikkklausel.

(1) Jede allgemeine Veränderung der durch diese BV geregelten Bezüge der aktiven Angestellten hat eine entsprechende Veränderung der Bezüge der Pensionisten zur Folge, sofern es sich nicht um eine Änderung der Aktivitätsbezüge im Zusammenhang mit geänderten dienstlichen Verpflichtungen der aktiven Angestellten handelt."

Die bis zur Änderung der Betriebsvereinbarugn gewährte 15. Pensionszahlung betrug 91 % eines Monatsbezugs.

Nach Ergehen der die Pensionen nach der geänderten Betriebsvereinbarung betreffenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 8 ObA 20/99w bot die Beklagte den betroffenen Dienstnehmern als Übergangslösung an, von dieser 15. Pensionszahlung bei Beendigung des Dienstverhältnisses im Jahr 1996 80 %, bei Beendigung im Jahr 1997 60 %, bei Beendigung im Jahr 1998 40 % und bei Beendigung im Jahr 1999 20 % auszubezahlen.

Auf Grund der 24. Zusatzvereinbarung zur Betriebsvereinbarung vom 23. 12. 1999 wurde die Auslagerung der Pensionsanwartschaften der aktiven definitiv gestellten Arbeitnehmer in eine Pensionskasse vorgenommen. Dies wurde mit Schreiben vom 15. Dezember 1999 der Klägerin mitgeteilt. Es wurde ihr auch das Anbot unterbreitet, 20 % der 15. Pensionszahlung weiterhin zu leisten.

Der Klägerin steht eine Gesamtpension in Höhe von derzeit ATS 37.000 bis ATS 38.293 zu. Durch den Wegfall der 15. Pensionszahlung wird die Klägerin einen (Gesamt)Einkommensverlust von rund 6 % haben. Unter Einbeziehung des Anbots der Beklagten auf Weiterleistung von 20 % der

15. Pensionszahlung beträgt die Einkommenseinbuße der Klägerin ca 4,8

%.

Die Beklagte ist die Interessenvertretung der Sparkassen und der Sparkassenaktiengesellschaft Österreichs mit dem Sitz in Wien. Sie hat den Zweck, als Gesamtvertretung des österreichischen Sparkassenwesens dessen Interessen sowohl im Verhältnis der Mitglieder zueinander als auch nach außen hin jederzeit wahrzunehmen und die hiezu erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Über Vorschlag einer aus Experten und verschiedenen Sparkassendirektoren bestehenden Budgetkommmission beschließt die Vollversammlung über die Höhe der an die Beklagte zu leistenden Mitgliedsbeiträge. Schon ab dem Jahr 1994 wurden diese Beiträge eingefroren. Die Versuche der Organe der Beklagten, eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge zu erreichen, waren erfolglos. Seit 1993 beträgt der Gesamtbeitrag der Mitglieder an die Beklagte ATS 80 Mio. Seit 1994 werden auch Inflationskosten nicht abgegolten, während die Personalkosten von ATS 69,7 Mio im Mai 1994 auf ATS 75,4 Mio im Jahr 1995, ATS 77,7 Mio im Jahr 1996 und schließlich ATS 80,4 Mio im Jahr 1997 stiegen.

Die Beklagte erzielt zusätzliche Einnahmen aus Vermietung, Verpachtung sowie Schulungen. Ihr Gesamtbudget beträgt ATS 115 Mio. Diesen Einnahmen stehen Ausgaben für die Schulungen, Kosten des Betriebsstandorts und Personalkosten gegenüber.

Seit 1993 wurde der Personalstand der Beklagten von 65 auf 53 Mitarbeiter reduziert. Ende 1998 standen 47 aktive Mitarbeiter 43 Pensionisten gegenüber, wobei seit 1991 die Anzahl der Pensionisten gestiegen ist. Demgegenüber ist die Anzahl der Mitglieder der Beklagten infolge Fusionen seit Mitte der Achtzigerjahre geringer geworden. Während die Mitgliederzahl im Jahr 1980 145 betrug, lag sie im Jahr 1997 bei 71. Obwohl das Umsatzvolumen der einzelnen Sparkassen gestiegen ist, kam es zu einer Degression der Mitgliedsbeiträge.

Mit ihrer am 13. 3. 2000 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Feststellung, sie habe nach Maßgabe der tatsächlichen Bezüge der aktiven Angestellten der Beklagten Anspruch auf eine 15. Pension, fällig am 1. 7. jeden Jahres, beginnend mit 1. 7. 2001. Der 15. Monatsbezug werde von der Beklagten ihren Angestellten faktisch, jedoch nicht auf Grund einer Betriebsvereinbarung bezahlt. Durch die Änderung der Automatikklausel in der Betriebsvereinbarung mit Stichtag 1. 1. 1995 seien nun die Pensionsbezüge an die in der Betriebsvereinbarung geregelten Bezüge der aktiven Angestellten gekoppelt worden, wodurch für die ab 1. 1. 1995 in Pension gehenden Personen die 15. Pensionszahlung weggefallen sei. In seiner eine Arbeitskollegin der Klägerin betreffenden Entscheidung 8 ObA 20/99w habe der Oberste Gerichtshof dargestellt, dass eine schematische Kürzung der Pensionsanwartschaft und Pensionsansprüche oder ein genereller und ersatzloser Entfall dieser Ansprüche dem Gleichheitsgebot widerspreche. Zwar habe die Beklagte auf Grund dieser Entscheidung ihren Arbeitnehmern mitgeteilt, dass bei Beendigung des Dienstverhältnisses in den Jahren 1996 bis 1999 die 15. Pensionszahlung sukzessive von anfänglich 80 % bis 20 % vermindert werde, doch habe die Klägerin, die am 1. 1. 2000 in Pension gegangen sei, auf Grund dieser Mitteilung überhaupt keinen Anspruch auf die 15. Pensionszahlung mehr.

Die Beklagte wendete dagegen ein, der Oberste Gerichtshof habe in seiner genannten Entscheidung keineswegs die gesamte Regelung der Betriebsvereinbarung 1994 als nichtig angesehen, sondern lediglich wegen fehlender Differenzierung als gleichheitswidrig gegenüber der dortigen Klägerin. Diese habe keine Möglichkeit gehabt, sich auf die neue Situation etwa durch Konsumverzicht einzustellen, weil sie bereits rund sechs Monate nach Inkraftreten der Änderung der Betriebsvereinbarung in Pension gegangen sei. Da die Änderung der Betriebsvereinbarung 1994 erfolgt und mit 1. 1. 1995 in Kraft getreten, die Klägerin aber erst mit 1. 1. 2000 in Pension gegangen sei, seien ihr letztendlich acht Jahre zur Verfügung gestanden, sich auf die geänderte Situation einzustellen. Von einer "plötzlichen Kürzung der Ruhegeldanwartschaft" könne daher keine Rede sein. Auch habe die Klägerin ein Angebot der Beklagten, als Übergangslösung die

15. Pensionszahlung in Höhe von 20 % zu leisten, abgelehnt. Die Beklagte habe diese 15. Pensionszahlung auch keineswegs einseitig entzogen, sondern habe es sich um den Entfall einer Anwartschaft auf Grund einer Betriebsvereinbarung in Übereinstimmung mit dem gesetzlich normierten Organ der Belegschaft gehandelt. Diese Vorgangsweise sei zulässig. Der Klägerin stünde derzeit eine Gesamtpension in Höhe von ATS 38.293 zu, worin eine ASVG-Pension von ATS 24.438,40 enthalten sei. Da die Höchstpension nach dem ASVG im Jahr 2000 ATS 30.548 betragen habe und die Gesamtpension der Klägerin diesen Grenzbetrag um ATS 8.000 übersteige, erscheine die Einbuße der

15. Pensionszahlung, die eine Kürzung um rund 6 % darstelle, bzw bei Annahme des Anbots der Beklagten von 4,8 %, als geringfügig. Die 15. Pensionszahlung wäre in Höhe von 91 % der monatlichen Pension geleistet worden und hätte ATS 34.846,63 betragen. Dieser maßvollen Änderung des Pensionsniveaus stünde der im Zusammenhang mit der stetig voranschreitenden Vergrößerung des Anteils der Pensionisten an der Bevölkerungszahl und der steigenden Lebenserwartung zunehmend schwieriger werdende Erhalt der Finanzierbarkeit der Pensionsleistung für alle Mitarbeiter der Beklagten gegenüber. Die Klägerin habe eine vorzeitige Alterspension angetreten, die ihr zustehende Übergangsfrist hätte durch späteren Pensionsantritt verlängert werden können, zumal die Intention des Gesetzgebers eindeutig in die Richtung gehe, den vorzeitigen Antritt von Alterspension möglichst zu unterbinden und das Pensionsantrittsalter zu erhöhen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Änderung des § 49 Betriebsvereinbarung sei dadurch "abgefedert" worden, dass bei Beendigung der Dienstverhältnisse in den Jahren 1995 bis 1999 zumindest noch ein geminderter 15. Pensionsbezug gewährt worden sei. Es sei davon auszugehen, dass eine solche Änderung zulässig sei, da Regelungen, die einer bestimmten Rechtsquelle zuzuordnen seien, durch spätere Bestimmungen derselben Rechtsquelle abgelöst werden könnten. Die sachliche Rechtfertigung für die Einschränkung bereits erworbener Anwartschaftsrechte sei in der sich ergebenden Vergrößerung des Anteils der Pensionisten an der Bevölkerungszahl und der steigenden Lebenserwartung zu sehen sowie in dem Umstand, dass die Finanzierbarkeit der nicht unter diesen Prämissen zugesagten Pensionsleistung in Frage gestellt sei. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit des sachlich gerechtfertigten Eingriffs sei davon auszugehen, dass die Interessen der Arbeitnehmer durch die Belegschaftsorgane ausreichend vertreten würden. Was die Beobachtung des Gleichheitsgrundsatzes betreffe, sei das gegenständliche Verfahren mit jenem, in dem die Entscheidung 8 ObA 20/99w ergangen ist, nicht vergleichbar. Eine maßvolle Verschlechterung sei unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Auf Grund der festgestellten wirtschaftlichen Situation und des drastischen Anstiegs der Zahl der Pensionisten sei es für die Beklagte notwendig geworden, eine maßvolle Verschlechterung in einem Übergangszeitraum von ca sieben Jahren vorzunehmen. Der Klägerin sei es möglich gewesen, sich auf die neue Situation, etwa durch Konsumverzicht, einzustellen. Bei Vorliegen einer Übergangszeit von ca sieben Jahren könne von einem plötzlichen Eingriff in Ansprüche auf Ruhegenuss nicht gesprochen werden. Der Einkommensverlust der Klägerin von ca 6 % des Nettoeinkommens oder bei Annahme des Anbots der Beklagten von lediglich 4,8 % sei als maßvoll zu bezeichnen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge. Der mehrfach zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 8 ObA 20/99w komme keine "erweiterte Rechtskraftwirkung" zu. Gerade der Hinweis auf die Unzulässigkeit einer schematischen Gleichbehandlung der Betroffenen ohne Rücksicht die Dauer der Berufsausübung und die unterschiedlichen Vertrauenspositionen zeige, dass die Frage, ob ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliege, im Einzelfall zu lösen sei. Die gegenständlichen Bestimmungen mögen sich daher für einzelne Dienstnehmer als zulässig, für andere als "sittenwidrig" herausstellen. Es sei Sache der Vertragspartner, bei Abschluss einer Betriebsvereinbarung darauf hinzuwirken, dass vorgenommene Einschränkungen maßvoll und unter Bedachtnahme auf die "abgeschwächte Grundrechtsbindung" nicht plötzlich erfolgten, sondern entsprechende Übergangsfristen festgelegt werden. Derartige Übergangsregelungen könnten aber auch durch vom Arbeitgeber direkt gewährte "einschleifende Regelungen" ersetzt werden. Das Angebot der Beklagten, das sachlich im Rahmen einer fünfjährigen Übergangsfrist eine Degression des 15. Pensionsbezugs bis zum gänzlichen Entfall im Jahr 2000 darstelle, entspreche inhaltlich einer Übergangsregelung in einer Betriebsvereinbarung. Im Hinblick auf die noch als maßvoll anzusehende Reduktion der Pensionsleistung der Klägerin um 6 % scheine die vom Arbeitgeber "gewährte" Übergangsfrist von mindestens fünf Jahren als ausreichend, sodass auch die Klägerin, die mit 34-jähriger Betriebszugehörigkeit in ihrem Vertrauen schützenswert sei, von der Neuregelung nicht überrascht werden konnte. Das Zuwarten mit eigenen Maßnahmen zur "Abfederung" der durch gänzlichen oder teilweisen Entfall der 15. Pensionsleistung bedingten Einkommenseinbuße zum Zeitpunkt des Pensionsantritts sei nicht schützenswert.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist berechtigt. Gegenüber aktiven Arbeitnehmern kann eine ablösende Betriebsvereinbarung gegenüber der früher geltenden eine dem Sachlichkeitsgebot und der Grundrechtsbindung genügende Verschlechterung der Entgelts- und der Pensionsanwartschaften wirksam vornehmen (ArbSlg 11.099; 8 ObA 2200/96d; DRdA 2000/22 [Runggaldier]; DRdA 2001/25 [Runggaldier]). Wenn es auch kein Grundrecht auf Wahrung wohlerworbener Rechte gibt (RIS-Justiz RS0008687), ist jedoch bei Minderung erworbener Rechte unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Vertrauensschutz zu berücksichtigen (VfSlg 11.309; ZAS 1995/21; DRdA 2000/22; DRdA 2001/25). Eine schematische Gleichbehandlung der von der plötzlichen Kürzung der Ruhegeldanwartschaften Betroffenen ohne Rücksicht auf die Dauer der Berufsausübung und die dadurch bedingten unterschiedlichen Vertrauenspositionen widerspricht schon grundsätzlich dem Gleichheitsgrundsatz. Es ist vielmehr eine Differenzierung nach der Dauer der erworbenen Beitragszeiten geboten (SZ 65/163; DRdA 2001/25). Gerade bei Einschnitten bei Versorgungsleistungen ist auf die Dauer der Zugehörigkeit zum Alterssicherungssystem Rücksicht zu nehmen. Je länger die Zugehörigkeit währte, desto maßvoller sollte der Eingriff sein. In diesem Zusammenhang sind auch Übergangsfristen zu fordern, damit nicht plötzlich und unerwartet in die Rechts- und Vertrauenspositionen eingegriffen wird (DRdA 2001/25 mwH). Entgegen der von den Vorinstanzen offenbar vertretenen Rechtsansicht kann aber die Gewährung von Übergangsfristen die differenzierte Behandlung nach Dauer der erworbenen Beitragszeiten nicht schlechthin ersetzen. In sinngemäßer Weiterführung der vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 11.309 entwickelten Grundsätze muss davon ausgegangen werden, dass die Aussicht auf eine bestimmte Betriebspension ein mitbestimmendes Moment für den Willensentschluss ist, im Unternehmen zu arbeiten und dort zu verbleiben. Dieses Vertrauen in die betriebliche Zusage hat aber darüber hinaus auf die Lebensgestaltung, beispielsweise für die Beurteilung der Notwendigkeit privater Pensionsvorsorge oder der Finanzierbarkeit fixer Kosten, wie etwa jene der Wohnung, im Alter besondere Bedeutung. Gerade das Beispiel privater Pensionsvorsorge zeigt deutlich, dass die Einräumung einer fünf- bis siebenjährigen Übergangsfrist gegen Ende des Erwerbslebens den Verlust durch eine nicht unerhebliche Reduzierung der Betriebspension nicht mehr auszugleichen in der Lage ist. Bedenkt man zudem, dass - wie in SZ 65/163 ausführlich dargelegt - Ruhegeldregelungen, soweit sie durch Arbeitgeberbeiträge finanziert werden, Entgeltcharakter haben, kann es für die Frage der Wirksamkeit einer derartigen, Bezüge verschlechternden Betriebsvereinbarung zumindest bei langjähriger Betriebszugehörigkeit nicht damit das Bewenden haben, dass der Arbeitnehmer in den ihm bis zum Pensionsantritt noch zur Verfügung stehenden wenigen Jahren sich durch Konsumverzicht auf die Reduzierung seines Pensionseinkommens einstellen könne. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen und dem Vorbringen der Beklagten ist deren wirtschaftliche Situation zwar wegen der sich vermehrenden Pensionslasten ernst, jedoch kann dem Akt kein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, es bedürfe einer erheblichen Einschränkung bereits erworbener Anwartschaften zur Abwendung einer sonst unausweichlichen Insolvenz (vgl SZ 65/163). Es hat also bei dem Grundsatz zu verbleiben, dass gerade bei Einschnitten in Versorgungsleistungen auf die Dauer der Zugehörigkeit zum Alterssicherungssystem Rücksicht zu nehmen ist. Je länger die Zugehörigkeit besteht, desto maßvoller sollte der Eingriff sein (DRdA 2001/25 mwH). Ungeachtet des Umstandes, dass bei der zu prüfenden Verhältnismäßigkeit des durch erhebliche Gründe sachlich gerechtfertigten Eingriffs grundsätzlich davon auszugehen ist, die generellen Interessen der Arbeitnehmer würden durch ihre Belegschaftsvertretung ausreichend gewahrt, bedarf es daher jedenfalls der Vereinbarung von Übergangsvorschriften in Form differenzierender Bedachtnahme auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit für Personen, die kurz vor der Verdichtung ihrer Anwartschaften zum Vollrecht stehen. Die konkrete Ausgestaltung dieses Schutzes ist dann Gegenstand der freien Entscheidung der kollektiven Normsetzer, die der nachprüfenden gerichtlichen Kontrolle nur bei grobem Überschreiten des ihnen eingeräumten Entscheidungsspielraums unterliegen (vgl Runggaldier in seinen Glossen zu DRdA 2000/22 und DRdA 2001/25 sowie SZ 65/163). Fehlt aber in einer die Pensionsanwartschaften einschränkenden Betriebsvereinbarung eine Differenzierung der Intensität des Eingriffs nach der Dauer der Zugehörigkeit zum Alterssicherungssystem, ohne dass dafür betriebswirtschaftlich zwingende Gründe, etwa im Sinne bestehender Insolvenzgefahr, ersichtlich wären und ist der Eingriff nicht bloß geringfügig, verstößt eine derartige Regelung gegen den Gleichheitssatz und ist daher nichtig, wie dies der erkennnende Senat bereits in seiner Entscheidung DRdA 2000/22 dargelegt hat.

Entgegen der von den Vorinstanzen vertretenen Ansicht ist bei Prüfung der Intensität des Eingriffs nicht die Gesamtpension heranzuziehen, weil der so ermittelte Kürzungsprozentsatz durch die von der Betriebspensionsregelung unabhängige Höhe der ASVG-Pension verfälschend beeinflusst wird (DRdA 2001/25). Bei Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Kürzung von Pensionsanwartschaften kann es nie um die durch Betriebsvereinbarung oder Kollektivvertrag nicht beeinflussbare gesetzliche Pension gehen, sondern immer nur darum, wie weit die auf Grund betrieblicher Zusage gewährte Pension in ihrem Bestand beeinflusst wird. Unterstellt man die Angaben der Beklagten in ihrem Schriftsatz ON 4 (AS 21) - das Erstgericht hat diesbezüglich keine Feststellungen getroffen - als richtig, ergibt sich eine monatliche Differenz zwischen ASVG-Pension und Gesamtpension von ATS

13.855. Von der weiteren Annahme ausgehend, dieser Differenzbetrag werde 14-mal jährlich ausbezahlt und der 15. Pensionsbezug von ATS

30.548 werde durch gesetzliche Leistungen nicht verringert, errechnet sich ein Jahresbezug aus der ungekürzten betrieblichen Pensionszusage von 228.816, welcher sich nach Wegfall des 15. Bezugs auf 193.970 vermindert, was auf 12 Monate umgelegt einen monatlichen Verlust von S 2.904 oder 14,7 % ergibt. Dass eine derartige Reduktion in Bezug zur absoluten Einkommenshöhe nicht mehr als geringfügig bezeichnet werden kann, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Wie bereits dargelegt, ist maßgebliches Kriterium für Umfang und Intensität des zulässigen Eingriffs in Pensionsanwartschaften die Dauer der Zugehörigkeit zum Altersssicherungssystem. Auch diesbezüglich mangelt es an Feststellungen, verwies doch das Erstgericht lediglich auf das Bestehen einer Betriebsvereinbarung "alter Fassung". Im fortgesetzten Verfahren wird daher nicht nur die Höhe der auf Grund der Betriebsvereinbarung zustehenden Zusatzpension udn deren Minderung durch die Neufassung der "Automatikklausel" festzustellen sein, sondern auch, ab wann ein Pensionssystem bei der Beklagten bestand und ab welchem Zeitpunkt die Klägerin diesem angehörte. Lediglich bei kurzer Bestanddauer des Systems oder im Wesentlichen gleich langer Zugehörigkeitsdauer aller Arbeitnehmer wäre eine Staffelung nach Zugehörigkeitsdauer nicht erforderlich gewesen und könnte es mangels bislang vorliegender substantiierter Gegenbehauptungen bei dem bereits dargestellten Rechtssatz bleiben, dass davon auszugehen ist, Belegschaftsvertreter würden keine weitergehenden Eingriffe in die Anwartschaften hinnehmen, als es das Wohl des Betriebes und der Arbeitnehmer unbedingt erfordere. Anderenfalls wäre die geänderte Betriebsvereinbarung infolge Verstoßes gegen den Gleichheitssatz auf die Klägerin nicht anzuwenden, weil den Gerichten ein Gestaltungsrecht nicht zukommt (DRdA 2001/25).

Der Revision ist Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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