Spruch:
Der Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben.
Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Das angefochtene Berufungsurteil wird nur hinsichtlich der Zinsen dahin abgeändert, dass es insgesamt - einschließlich des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teils des Ersturteils - zu lauten hat:
„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 34.752,50 EUR brutto zuzüglich 10,67 % Zinsen aus 59.162,72 EUR vom 27. 6. 2007 bis 30. 6. 2007, 11,19 % Zinsen aus 59.162,72 EUR vom 1. 7. 2007 bis 15. 1. 2008 sowie 11,19 % Zinsen aus 34.752,50 EUR seit 16. 1. 2008 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Das Mehrbegehren der klagenden Partei, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 56.907,02 EUR samt 10,67 % Zinsen aus 54.507,03 EUR vom 27. 6. 2007 bis 30. 6. 2007, 11,19 % Zinsen aus 54.507,03 EUR vom 1. 7. 2007 bis 15. 1. 2008 und 11,19 % Zinsen aus 56.907,02 EUR seit 16. 1. 2008 zu bezahlen, wird abgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 23.729,43 EUR (darin 3.756,40 EUR USt und 11.615 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.602,66 EUR (darin 521,49 EUR USt und 793,90 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.680,44 EUR (darin 280,07 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger betrieb aufgrund eines im Juni 1996 abgeschlossenen Tankstellenvertrags ab 1. 7. 1996 eine Tankstelle der Beklagten. Er vertrieb in deren Namen und auf deren Rechnung Treibstoffe unter dem Markennamen „Jet“ und erbrachte Dienstleistungen der Autowäsche. Daneben betrieb er auf der Tankstelle auf eigene Rechnung und im eigenen Namen auch noch einen Tankstellenshop. Mit Schreiben vom 24. 7. 2006 kündigte die Beklagte nach zehnjähriger Tätigkeit das bestehende Vertragsverhältnis zum 31. 1. 2007. Der Kläger bezog in den letzten 12 Monaten vor der Vertragsauflösung Provisionen von 30.427,19 EUR netto für Treibstoffe bzw 24.243 EUR netto für Autowäschen. In den letzten 60 Monaten vor der Vertragsauflösung bezog er neben einem Betriebskostenzuschuss der Beklagten von 230.146 EUR Provisionen aus dem Treibstoffverkauf in der Höhe von 178.279 EUR sowie Provisionen für Autowäschen von 117.666,85 EUR.
Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage von der Beklagten für den Vertrieb von Treibstoffen und für den Betrieb der Autowaschanlage einen Ausgleichsanspruch gemäß § 24 HVertrG 1993 in der Höhe von zuletzt 91.659,52 EUR sA. Das Zinsenbegehren beruhe auf § 352 UGB. Der Betrieb der Tankstelle sei sowohl für den Kläger als auch für die Beklagte ein unternehmensbezogenes Geschäft gewesen. Der Kläger sei zwar aufgrund seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Beklagten arbeitnehmerähnlich gewesen, dies habe aber seine Unternehmereigenschaft nicht berührt.
Die Beklagte bestritt das Klagevorbringen, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass der vom Kläger begehrte Ausgleichsanspruch überhöht sei. Auf das Zinsenbegehren des Klägers sei nicht § 352 UGB, sondern § 49a ASGG anzuwenden. Danach stünden aber bei vertretbarer Rechtsauffassung des Schuldners nur 4 % Zinsen zu.
Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger den Betrag von 65.540,82 EUR brutto samt 10,67 % Zinsen aus 89.951,04 EUR vom 27. 6. 2007 bis 30. 6. 2007, 11,19 % Zinsen aus 89.951,04 EUR vom 1. 7. 2007 bis 15. 1. 2008 und 11,19 % Zinsen aus 65.540,82 EUR seit 16. 1. 2008 zu bezahlen, wohingegen es das Mehrbegehren des Klägers von weiteren 26.118,70 EUR sA brutto abwies. Dabei ging das Erstgericht von einem Ausgleichsanspruch des Klägers sowohl für den Treibstoffverkauf als auch für das Autowaschgeschäft in der Höhe von insgesamt 89.951,04 EUR inkl USt aus, von dem eine bereits erfolgte Teilzahlung der Beklagten von 24.410,22 EUR in Abzug zu bringen sei. Die dem Kläger zugesprochenen Verzugszinsen beruhten auf § 352 UGB. Beide Parteien seien Unternehmer im Sinne des UGB. Die vom Kläger geführte Tankstelle sei trotz ihrer Bindung an die Beklagte als Unternehmen iSd § 1 Abs 2 UGB anzusehen. Dass der Kläger arbeitnehmerähnlich iSd §§ 50 Abs 1 Z 1, 51 Abs 2 Z 2 ASGG sei, stehe dieser Qualifikation nicht entgegen.
Gegen das Ersturteil erhoben beide Parteien Berufung. Das Berufungsgericht gab nur der Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es änderte das Ersturteil dahin ab, dass die Beklagte insgesamt schuldig sei, dem Kläger lediglich 34.752,50 EUR brutto zuzüglich 10,67 % Zinsen aus 59.162,72 EUR vom 27. 6. 2007 bis 15. 1. 2008 sowie aus 34.752,50 EUR seit 16. 1. 2008 zu bezahlen. Das Mehrbegehren des Klägers von 56.907,02 EUR samt gestaffelten Zinsen sowie höheren Zinsen als 10,67 % aus dem zugesprochenen Betrag wurde abgewiesen. Die ordentliche Revision sei zulässig.
Das Berufungsgericht ermittelte einen geringeren Ausgleichsanspruch als vom Erstgericht angenommen, vor allem durch die Annahme einer linearen Abwanderungsquote. Zu den Verzugszinsen führte das Berufungsgericht aus, dass sich der Kläger gegenüber der Beklagten in arbeitnehmerähnlicher Stellung befunden habe. Dennoch resultiere der Ausgleichsanspruch aus einem unternehmensbezogenen Geschäft der Parteien. Dem Wortlaut nach fänden daher im vorliegenden Fall sowohl § 49a ASGG als auch - je nach Auslegung der Übergangsregelung des Art XXXII Abs 1 Handelsrechts-Änderungsgesetz, BGBl I 2005/120 - § 1333 Abs 2 ABGB aF oder § 352 UGB Anwendung. Da keine Norm gegenüber der anderen die speziellere sei, sei durch Auslegung zu ermitteln, welche Regelung im vorliegenden Fall gelte. Vor diesem Hintergrund gebe die in der Regierungsvorlage zum Zinsenrechts-Änderungsgesetz ausgedrückte Absicht, wonach die mittlerweile bewährte und eingelebte Regelung des § 49a ASGG nicht angetastet werden solle, den Ausschlag dafür, dass der Anwendungsbereich des § 49a ASGG durch die Verzugszinsenregelung des § 1333 Abs 2 ABGB aF bzw nachfolgend durch § 352 UGB nicht eingeschränkt werden sollte. § 49a ASGG gelte daher in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren auch dann, wenn es sich wie hier um die Geltendmachung einer Geldforderung zwischen Unternehmern aus einem unternehmensbezogenen Geschäft handle. Die Bestimmung der Höhe des Ausgleichsanspruchs sei eine nach dem jeweiligen Einzelfall zu treffende Billigkeitsentscheidung und begründe daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Der Auslegung der konkurrierenden Verzugszinsenregelungen des § 49a ASGG und des § 1333 Abs 2 ABGB aF bzw § 352 UGB komme hingegen eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, weshalb die ordentliche Revision zuzulassen gewesen sei.
Gegen die Abweisung des Betrags von 56.907,02 EUR und die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens durch das Berufungsgericht richtet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Berufungsentscheidung im Sinn der Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Gegen den Zuspruch von 4 % übersteigenden Zinsen aus dem dem Kläger zustehenden Nettobetrag richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Berufungsentscheidung im Zinsenpunkt dahin abzuändern, dass dem Kläger lediglich 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag zuerkannt werden; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Beide Parteien bekräftigen in ihren Revisionen den Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts und stützen sich ebenfalls darauf, dass es sich bei der Beurteilung des klägerischen Zinsenbegehrens um eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO handle. Gleichzeitig sprechen die Parteien aber in ihren Revisionsbeantwortungen der jeweils gegnerischen Revision die Zulässigkeit ab und beantragen deren Zurückweisung, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionen sind zulässig (§ 502 Abs 1 ZPO), nur die Revision des Klägers ist teilweise berechtigt.
In rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass der Kläger in der Zeit vom 1. 7. 1996 bis 31. 1. 2007 eine Tankstelle der Beklagten betrieben hat. In dieser Eigenschaft verkaufte der Kläger im Namen und auf Rechnung der Beklagten Treibstoffe und betrieb auch eine Autowaschanlage. Daneben führte er auch noch einen eigenen Tankstellenshop. Dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl als arbeitnehmerähnliche Person iSd § 51 Abs 3 Z 2 ASGG zu qualifizieren war (siehe zur Arbeitnehmerähnlichkeit im Allgemeinen RIS-Justiz RS0086121 ua, zum Tankstellenbetreiber im Besonderen RIS‑Justiz RS0017999, RS0020910 ua), als auch als Unternehmer ein Unternehmen als eine auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit betrieb (vgl § 1 Abs 1 und 2 UGB), war zwischen den Parteien in erster Instanz nicht strittig. Es bedarf daher keiner weiteren Feststellungen aufgrund erstmaliger Zweifel der Beklagten an der Arbeitnehmerähnlichkeit des Klägers.
Die Bestimmung des § 49a ASGG, die mit ASGG‑Nov 1994, BGBl 1994/624, eingeführt wurde und die die Beklagte in erster Instanz ausdrücklich auf das Zinsenbegehren des Klägers angewendet wissen wollte, normiert in ihrem ersten Satz, dass die gesetzlichen Zinsen für Forderungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis (§ 50 Abs 1 ASGG) acht von Hundert pro Jahr über dem am Tag nach Eintritt der Fälligkeit geltenden Basiszinssatz betragen. Mit dieser Bestimmung sollte durch Anhebung des Jahreszinssatzes (ursprünglich um zwei von Hundert) ein zusätzlicher Anstoß zur pünktlichen Erfüllung von Forderungen aus Arbeitsverhältnissen geschaffen werden (RV 1654 BlgNR 18. GP 34). Der Begriff „Arbeitsverhältnis“ wird im ASGG nicht definiert, sondern vorausgesetzt (Kuderna, ASGG² 296). Fraglich ist, ob § 49a ASGG nur im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder auch zwischen einem allfälligen Auftraggeber und einer arbeitnehmerähnlichen Person gilt. Kuderna (ASGG² 296) und ihm folgend Neumayr (in ZellKomm § 49a ASGG Rz 1) bejahen dies. Diese Beurteilung lasse sich aus der durch die ASGG-Nov 1994 eingefügten Bestimmung des § 61 Abs 7 ASGG erschließen, die die Anwendung des § 61 Abs 1 bis 6 ASGG auch auf arbeitnehmerähnliche Personen normiere. Diese Schlussfolgerung erscheint allerdings nach Auffassung des Senats nicht zwingend, weil für § 49a ASGG - anders als in § 61 Abs 7 ASGG - eine ausdrückliche Erstreckung auf arbeitnehmerähnliche Personen fehlt. Es wird nicht verkannt, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 61 Abs 7 ASGG auf die ständige Rechtsprechung, wonach die Gleichstellung von Arbeitnehmern und arbeitnehmerähnlichen Personen nach § 51 Abs 3 Z 2 ASGG nicht bereits per se auch die arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisse mitumfasse (vgl 3 Ob 163/88, SZ 61/255; 3 Ob 63/92, DRdA 1993/10 [Kuderna] ua), reagiert hat. Durch die Gesetzesänderung wurde aber auch unterstrichen, dass es einer ausdrücklichen Ausnahmeregelung bedarf (vgl RV 1654 BlgNR 18. GP 24). Es mag daher schon sein, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 61 Abs 7 ASGG der früheren Rechtsprechung zu § 61 ASGG die Grundlage entziehen wollte (Fink, ASGG 121 f). Dies ändert aber nichts daran, dass dem § 49a ASGG eine dem § 61 Abs 7 ASGG vergleichbare Regelung fehlt. Eine solche wäre aber aus systematischen Gründen zu erwarten gewesen, zumal § 49a ASGG und § 61 Abs 7 ASGG mit demselben Gesetz, der ASGG-Nov 1994, eingeführt wurden. Richtig ist, dass § 49a ASGG immerhin auf § 50 Abs 1 ASGG verweist (Fink, ASGG, 122). Das hilft aber nur wenig. Anders als in § 61 Abs 7 ASGG, der ausdrücklich die Anwendung des § 61 Abs 1 bis 6 ASGG auf den Arbeitnehmern gleichgestellte Personen betont und dies auch noch durch einen Verweis auf § 51 Abs 3 ASGG unterstreicht, ergibt sich durch den bloßen Verweis in § 49a ASGG auf § 50 Abs 1 ASGG - soweit hier relevant - nur die Anwendung des § 49a ASGG auf bürgerliche Rechtsstreitigkeiten „im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis“. Aus § 51 Abs 3 Z 2 ASGG folgt, dass arbeitnehmerähnliche Personen im Hinblick auf die sachliche Zuständigkeit (Besetzung) der Arbeits- und Sozialgerichte den Arbeitnehmern gleichgestellt sind (Kuderna, ASGG² 51; ders in DRdA 1993/10, 112 ua). Eine Lückenhaftigkeit des § 49a ASGG in Bezug auf arbeitnehmerähnliche Personen wurde im Revisionsverfahren nicht geltend gemacht. Die Annahme einer planwidrigen Unvollständigkeit drängt sich jedenfalls in Bezug auf Unternehmer auch nicht auf, weil für diesen Personenkreis eine besondere Zinsenregelung besteht.
Zu § 49a ASGG, der nach dem Vorgesagten als Anspruchsgrundlage des klägerischen Zinsenbegehrens ausscheidet, ist noch abschließend festzuhalten, dass sich im Revisionsverfahren keine Partei mehr auf diese Bestimmung gestützt hat. Der Kläger hat ohnehin stets den § 352 UGB forciert. Aber auch die Beklagte, die noch in erster Instanz von der Anwendung des § 49a ASGG ausgegangen ist, distanziert sich in ihrer Revision - offenbar nach Verneinung des Vorliegens eines vertretbaren Zahlungsverzugs der Beklagten durch das Berufungsgericht - von der Anwendung dieser Bestimmung. Dies wäre zwar, soweit es auch den Tatsachenbereich betrifft, als Neuerung unbeachtlich (§ 504 Abs 2 ZPO), deckt sich aber im Ergebnis mit dem vorstehenden Zwischenresümee dieser Entscheidung.
Soweit der Kläger in der Revision an der Anwendung des § 352 UGB festhält, übergeht er, dass diese mit dem Handelsrechts-Änderungsgesetz (HaRÄG), BGBl I 2005/120, ab 1. 1. 2007 eingeführte Regelung zufolge der Übergangsvorschriften auf das gegenständliche Vertragsverhältnis noch nicht Anwendung findet. Gemäß Art XXXII Abs 1 HaRÄG ist nämlich auf vor dem 1. 1. 2007 abgeschlossene Rechtsgeschäfte noch § 1333 Abs 2 ABGB idF vor dem HaRÄG - und demzufolge noch nicht die Bestimmung des § 352 UGB - weiter anzuwenden. Für den vorliegenden Fall ändert sich dadurch allerdings nichts, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausführte, weil § 352 UGB und § 1333 Abs 2 ABGB idF vor dem HaRÄG dem Wortlaut nach im Wesentlichen einander entsprechen.
§ 1333 Abs 2 ABGB wurde mit dem Zinsenrechts-Änderungsgesetz (ZinsRÄG), BGBl I 2002/118, eingeführt. Mit diesem Gesetz wurde die Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. 6. 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr im österreichischen Recht umgesetzt (RV 1167 BlgNR 21. GP 4 ff). § 1333 Abs 2 ABGB normierte bei seiner Einführung durch das ZinsRÄG, dass bei der Verzögerung von Geldforderungen zwischen Unternehmern aus unternehmerischen Geschäften der gesetzliche Zinssatz acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz beträgt. Dabei soll jener Basiszinssatz, der am letzten Kalendertag eines Halbjahres gilt, für das nächste Halbjahr maßgebend sein. Während somit bei § 49a ASGG der errechnete Zinssatz für die gesamte Dauer der Verzinsung gilt, berücksichtigt § 1333 Abs 2 ABGB idF vor dem HaRÄG auch nachträgliche Änderungen des Zinssatzes (RV 1167 BlgNR 21. GP 11, 17; Neumayr in ZellKomm § 49a ASGG Rz 4 ua). Insofern geht es daher dem Kläger im vorliegenden Verfahren darum, dass der Zinssatz nicht mit 10,67 % „eingefroren“ wird, sondern ab 1. 7. 2007 11,19 % beträgt.
Die Voraussetzungen des § 1333 Abs 2 ABGB idF vor dem HaRÄG sind hier erfüllt. Es handelt sich im vorliegenden Fall um die Verzögerung einer Geldforderung zwischen Unternehmern aus einem unternehmerischen Geschäft. Die Überlegungen der Beklagten, es mangle hier an letzterem, weil es sich um ein bloßes „Vorbereitungsgeschäft“ gehandelt habe, überzeugen nicht. Dass der Ausgleichsanspruch aus der Vorbereitung des Tankstellenbetreibungsvertrags resultiert, kann wohl nicht angenommen werden. Der erhöhte Zinssatz soll nach den Gesetzesmaterialien nicht nur für Entgeltforderungen von Unternehmern aus der Lieferung von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen gelten, sondern allgemein für die Verzögerung der Zahlung von Geldforderungen aus dem unternehmerischen Geschäft (RV 1167 BlgNR 21. GP 10). Dieser Begriff wird zwar im Gesetz nicht näher definiert, ist aber offensichtlich weit zu verstehen. Die Zinsen sollen im geschäftlichen Verkehr erhöht werden (RV 1167 BlgNR 21. GP 4). Entscheidend ist die „Geschäftsbezogenheit“ (Dehn, Das Zinsrechts-Änderungsgesetz, RdW 2002, 514 [515]), von der beim Ausgleichsanspruch auszugehen ist. Aus dem Hinweis der Beklagten, es handle sich beim Ausgleichsanspruch um einen „Anspruch sui generis“, ist in diesem Zusammenhang nichts zu gewinnen. Vom Vorliegen eines unternehmerischen Geschäfts zwischen Unternehmern ist hier auszugehen.
Auf die Frage, ob die Verzögerung der Zahlung auf einer vertretbaren Rechtsansicht des Schuldners beruht, kommt es nach § 1333 Abs 2 ABGB idF vor dem HaRÄG (und auch nach § 352 UGB) - anders als nach § 49a Satz 2 ASGG - nicht an. Die diesbezüglichen Überlegungen der Beklagten können daher auf sich beruhen.
Soweit die Beklagte den Zuspruch von Zinsen aus einem Bruttobetrag beanstandet, ist sie darauf zu verweisen, dass der Arbeitnehmer - für eine arbeitnehmerähnliche Person gilt nichts anderes - nach ständiger Rechtsprechung berechtigt ist, den Bruttolohn einzuklagen. Das auf den Bruttolohn gerichtete Klagebegehren ist hinreichend bestimmt und exequierbar. Erst bei der Zahlung oder der exekutiven Hereinbringung kommt das Recht des Arbeitgebers auf Abzug der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge zum Tragen und es ergibt sich ein entsprechender, dem Arbeitnehmer tatsächlich auszuzahlender Nettobetrag. Sieht man mit Klicka (Bestimmtheit des Begehrens bei Leistungsklagen 83) den „Bruttozusatz“ im Urteil lediglich als unverbindliche Rechtsbelehrung an, mit der das Gericht auf allfällige, nach dem Gesetz bestehende, aber erst künftig existent werdende Abzugsmöglichkeiten hinweist, erscheint es auch im Hinblick auf die Vorschrift des § 235 Abs 4 ZPO vertretbar, das Brutto- und das diesem entsprechende Nettobegehren als ident anzusehen. Es kann daher auch bei Zuspruch der Zinsen aus dem Bruttobetrag nicht zweifelhaft sein, dass die Berechnung der Zinsen vom Nettobetrag auszugehen hat. Weder die Entscheidungen der Vorinstanzen noch die vorliegende Entscheidung kann in einem anderen Sinn verstanden werden (vgl 9 ObA 5/07m; RIS-Justiz RS0108916 ua). Der diesbezügliche Einwand der Beklagten geht daher ins Leere.
Abgesehen von den im Revisionsverfahren strittigen Zinsen hat sich das Berufungsgericht vor allem mit der Bemessung des Ausgleichsanspruchs des Klägers gemäß § 24 HVertrG 1993 befasst. Dabei hat es in Anwendung oberstgerichtlicher Rechtsprechung ausführlich dargelegt, weshalb der Anspruch geringer anzusetzen ist als dies nach dem Ersturteil der Fall war. Zutreffend wies das Berufungsgericht darauf hin, dass die Beurteilung des Ausgleichsanspruchs von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängt (RIS-Justiz RS0116276 ua). Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach die Anwendbarkeit des § 24 HVertrG 1993 auf Tankstellenbetreibungsverträge bejaht. Die nach dieser Bestimmung festzusetzende angemessene Ausgleichszahlung gilt nach ständiger Rechtsprechung als „Musterbeispiel“ für eine im jeweiligen Einzelfall zu treffende Billigkeitsentscheidung, die regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufwirft. In aller Regel ist wegen der Komplexität der Materie und der äußerst aufwändigen Beweisführung nur eine Festsetzung nach § 273 Abs 1 ZPO möglich (vgl 2 Ob 252/08k; 9 ObA 35/09a; RIS-Justiz RS0112590 ua). Der Kläger räumt in seiner Revision ein, dass hinsichtlich der Beurteilung des Ausgleichsanspruchs keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vorliegt. Dennoch will er - trotz der Zulassung der Revision nur hinsichtlich der Zinsen - die Ermittlung des Ausgleichsanspruchs nochmals aufrollen. Da aber die einzelfallbezogene Beurteilung des Ausgleichsanspruchs durch das Berufungsgericht insbesondere auch hinsichtlich des berücksichtigten Verwaltungsanteils, der Abwanderungsquote, der Abzinsung und eines Billigkeitsabschlags nicht zu beanstanden ist, genügt es, den Kläger auf die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zu verweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Der vom Berufungsgericht ermittelte Ausgleichsanspruch ist angemessen. Für dem Kläger vorschwebende feste Formeln besteht bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs kein Raum (vgl RIS-Justiz RS0116276 ua). Es ist daher auch nicht zielführend, auf die Höhe einzelner Zu- und Abschläge in anderen Entscheidungen zu verweisen. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
Zusammenfassend ist somit die Revision des Klägers hinsichtlich der Beurteilung des Zinsenbegehrens berechtigt. Insoweit ist daher das Ersturteil, das bei der Beurteilung der Zinsen zwar nicht § 1330 Abs 2 ABGB idF vor dem HaRÄG, aber den im Wesentlichen inhaltsgleichen § 352 UGB zugrundelegte, wiederherzustellen. Hinsichtlich der Ausmittlung des Kapitals bleibt es dagegen bei der Berufungsentscheidung.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 41, 43, 50 ZPO. Bezüglich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens (in dem es nicht nur um die Zinsen ging) ergibt sich durch die bloße Abänderung des Urteils im Zinsenpunkt keine Änderung (§ 43 Abs 2 ZPO iVm § 54 Abs 2 JN). Hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens ist der Kläger - ungeachtet seines Erfolgs im Zinsenpunkt - gemäß § 43 Abs 2 ZPO iVm § 54 Abs 2 JN als zur Gänze unterliegend anzusehen, weil er bezüglich der Anfechtung des Kapitals ohne Erfolg bleibt. Er hat daher der Beklagten die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu ersetzen. Die Beklagte wiederum bleibt mit ihrer Revision, die sich nur gegen die Zinsenentscheidung des Berufungsgerichts richtet, ohne Erfolg. Insoweit hat daher der Kläger Anspruch auf Ersatz der Kosten seiner Revisionsbeantwortung. Der höhere Ersatzanspruch der Beklagten ist gegen den niedrigeren Ersatzanspruch des Klägers aufzurechnen (vgl Fucik in Rechberger, ZPO² § 43 Rz 2 mwN ua).
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