Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das Berufungsurteil wird, soweit darin über das Zahlungsbegehren der Klägerin abgesprochen wurde (Punkte 1., 2., 3.a und 4. des Spruchs), als Teilurteil bestätigt. Die Kostenentscheidung bleibt insoweit der Endentscheidung vorbehalten.
Im Übrigen, somit in den Aussprüchen über das Räumungsbegehren und in den Kostenentscheidungen (Punkte 3.b und 5. des Spruchs), werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Entscheidungsgründe:
Mit Mietvertrag vom 15. 11. 1999 mietete die Beklagte von der Rechtsvorgängerin der Klägerin die streitgegenständliche Liegenschaft mit einem Betriebsgebäude. Das Mietverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Der Mietzins sollte monatlich 20.000 ATS (= 1.453,48 EUR), ab 2. 1. 2001 25.000 ATS und ab 1. 10. 2004 51.750 ATS (= 3.760,82 EUR), jeweils zuzüglich USt und Betriebskosten betragen. Der Erhöhung des Mietzinses zum 1. 10. 2004 lag zugrunde, dass zum Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung Nettoinvestitionskosten des Vermieters mit 9,2 Mio ATS angenommen wurden. Würden die Nettoinvestitionskosten weniger betragen, so sollte sich der Mietzins ab 1. 10. 2004 auf Basis von 6,75 % der tatsächlichen Nettoinvestitionskosten reduzieren. In einem Sideletter zum Mietvertrag wurde seitens des Vermieters festgehalten, dass der Investitionsbetrag von 9,2 Mio ATS netto bereits ausgeschöpft sei. Dies konnte vom Geschäftsführer der Beklagten nicht näher überprüft werden, „weshalb“ er den Passus unterfertigte. Die Nebenvereinbarung wurde damit nicht schlagend. Im Mietvertrag wurde auch vereinbart: „Aufrechnungsverbot: Der Mieter ist nicht berechtigt, allfällige Gegenforderungen, aus welchem Titel immer, mit dem Mietentgelt zu kompensieren und aus diesem Grund den Mietzins ganz oder teilweise zurückzuhalten.“ Die Immobilie wurde mit 24. 5. 2004 von der Klägerin erworben.
Zwischen den Streitteilen bestand zum Teil Personalunion: Ing. H***** war seit 30. 12. 2003 bis zu seiner Abberufung per 19. 12. 2007 selbstständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Klägerin. Ing. Mag. M***** war seit 15. 6. 2004 ebenfalls selbstständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Klägerin und vertrat diese seit der Abberufung von Ing. H***** bis 7. 11. 2008 alleine. Die Beklagte, Ing. H***** und Ing. Mag. M***** sind je mit 20 % an der Klägerin beteiligt. Florian H*****, der seit 7. 11. 2008 selbstständiger vertretungsbefugter Geschäftsführer der Klägerin ist, ist an dieser ebenfalls mit 20 % beteiligt. Ing. A. H***** ist seit Errichtung der Beklagten deren selbständig vertretungsbefugte alleinige Geschäftsführerin und ist an der Beklagten mehrheitsbeteiligt (offenes Firmenbuch). Im Verfahren wurde aber Ing. H***** als Geschäftsführer der Beklagten angesehen. Ing. Mag. M***** war an der Beklagten von Juni 2004 bis Juni 2010 beteiligt.
Die Beklagte bezahlte bis Februar 2006 die Mieten an die Klägerin, danach wurden mangels Liquidität der Beklagten keine Mieten bezahlt.
Die Beklagte kaufte noch im Jahr 2000 in Deutschland eine ausgemusterte Unterflurradsatzdrehmaschine (UFD) um 1,00 DM, um sie nach Veränderungen einer Vermarktung am Weltmarkt zuzuführen. Die Maschine wurde vorerst werterhaltend zerlegt und in Chemnitz eingelagert. Im Neuzustand hätte sie etwas mehr als eine Million EUR gekostet, im gebrauchten Zustand hätte ein Interessent zwischen 200.000 EUR und 300.000 EUR dafür bezahlt. Im Jahr 2003 lag ihr Verkehrswert bei 150.000 EUR zuzüglich USt. Ein Gutachter schätzte sie im Zuge der Bewertung der stillen Reserven der Beklagten auf 580.000 EUR. Am 30. 12. 2003 verkaufte die Beklagte der Klägerin die Maschine um 300.000 EUR zuzüglich 20 % USt, die die Klägerin kreditfinanzieren wollte. Die USt in Höhe von 60.000 EUR wurde im Direktausgleich zwischen den Firmen kompensiert. 43.000 EUR wurden in mehreren Tranchen an die Beklagte bezahlt. Im Jahr 2007 einigten sich die Streitteile auf ein radikales Konsolidierungsprogramm und beschlossen eine ‑ nicht zustande gekommene ‑ Verwertung der Maschine für externe Interessenten. Am 12. 8. 2008 bot die Klägerin der Beklagten an, die Maschine zum seinerzeitigen Kaufpreis zurückzukaufen. Im Jahr 2009 wies diese einen Schrottwert von ca 2.000 EUR auf.
Da die Klägerin nicht über die finanziellen Mittel verfügte, die letzte Kaufpreisrate aus dem Kauf der Liegenschaft zu tilgen, entnahm Ing. Mag. M***** am 29. 6. 2006 vom Geschäftskonto der Beklagten einen aus der Verpfändung einer Maschine resultierenden Betrag von 70.000 EUR, zog ihn auf sein Gesellschafterkonto ein und überwies ihn an die Klägerin zur Erfüllung eines gerichtlichen Vergleichs über den restlichen Kaufpreis aus dem Liegenschaftserwerb.
Nach den Feststellungen des Erstgerichts vereinbarte Ing. H*****, als ihm dies im Nachhinein bekannt wurde, mit Ing. Mag. M***** mündlich, dass der Betrag als Mietzinsvorauszahlung gelten sollte.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erfolgte die Überweisung mit Wissen und Zustimmung der Geschäftsführerin der Beklagten. Eine Vereinbarung über eine Gegenverrechnung des Betrags mit den von der Beklagten zu leistenden Mieten und über eine Gegenverrechnung des noch offenen Restkaufpreises von 257.000 EUR aus dem Kauf der Maschine mit offenen Mietzinsforderungen der Klägerin wurde zwischen den Streitteilen nicht getroffen. Mündliche Nebenabreden zum Mietvertrag trafen die Parteien nicht. Insbesondere vereinbarten sie ein Abgehen vom vertraglichen Aufrechnungsverbot nicht.
Der Mietzinsrückstand für den Zeitraum März 2006 bis einschließlich August 2008 betrug 135.389,40 EUR. Die Klägerin schuldete der Beklagten aus dem Ankauf der Maschine restliche 77.000 EUR.
Die Klägerin machte erstmals am 5. 8. 2008 eine Mietzinsforderung gegenüber der Beklagten geltend und mahnte sie ein. Eine weitere Mahnung erfolgte am 26. 8. 2008. Mit den Mietzahlungen der Beklagten hätte die Klägerin offene Kreditforderungen bedienen wollen. Mit Schreiben vom 5. 9. 2008 erklärte die Klägerin die Auflösung des Mietvertrags gemäß § 1118 ABGB, weil auf den eingemahnten Mietzinsrückstand keine Zahlung geleistet worden sei. Dieses Schreiben wurde vorab per E-Mail vom selben Tag der Geschäftsführerin der Beklagten übermittelt.
Am 8. 9. 2008 sandte diese der Klägerin ein Telefax, in dem sie mitteilte, dass kein Mietzinsrückstand bestehe, weil mit der Zahlung von 70.000 EUR die abzuzinsende Miete für mehr als zwei Jahre im Voraus geleistet worden sei. Aus dem Kauf der Maschine bestehe noch eine offene Forderung gegen die Klägerin von 257.000 EUR exkl Zinsen, mit der für den Fall, dass überhaupt ein Mietzinsrückstand bestehen sollte, die Aufrechnung erklärt werde.
Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Zahlung des rückständigen monatlichen Mietzinses für den Zeitraum März 2006 bis August 2008 von insgesamt 140.622 EUR sA und Räumung und brachte, soweit noch relevant, vor, mit der Beklagten sei ein Aufrechnungsverbot vereinbart worden. Die Rechnung über die UFD sei aus buchhalterischen Gründen erfolgt, der kein verbindlicher Kaufvertrag zugrunde gelegen sei. Das Rechtsgeschäft sei als In-sich-Geschäft, wegen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr und wegen vorsätzlichem Vollmachtsmissbrauch durch den Geschäftsführer der Klägerin nichtig.
Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte, soweit revisionsgegenständlich, ein, auf das Aufrechnungsverbot sei zumindest schlüssig verzichtet worden. Es sei auch sittenwidrig, weil die Klägerin zahlungsunfähig sei. Da die Beklagte mit dem Mietvertrag ein Gründungsgeschäft getätigt habe, verstoße das Aufrechnungsverbot auch gegen § 6 Abs 1 Z 8 KSchG. Die Mietzinshöhe sei unangemessen, weil die Klägerin nicht die angenommenen Nettoinvestitionskosten von 9,2 Mio ATS gehabt habe, sodass die Bedingung für die Mieterhöhung nicht eingetreten sei. Der Verkauf der UFD sei nicht zum Schein erfolgt, sondern von den Streitteilen gewollt gewesen. Die Klägerin habe die offene Forderung aus dem Kauf der UFD von 257.000 EUR auch ausdrücklich anerkannt. Aufgrund der außergerichtlichen Aufrechnung mit der auf die Mietzinsforderung anzurechnenden Überweisung von 70.000 EUR und der offenen Kaufpreisforderung bestehe kein Mietzinsrückstand. Eventualiter werde beantragt, gemäß § 33 Abs 2 MRG die Höhe eines allenfalls geschuldeten Mietzinses festzustellen.
Das Erstgericht wies die Klage ab. In seiner rechtlichen Beurteilung führte es aus, die Streitteile seien einvernehmlich von dem im Vertrag festgehaltenen Aufrechnungsverbot abgegangen. Die Klägerin habe anerkannt, aus dem Ankauf der UFD den Kaufpreis von 300.000 EUR zu schulden. Die Klagsforderung bestehe im Umfang von 135.389,40 EUR zu Recht, die Gegenforderung jedenfalls bis zur Höhe der Klagsforderung zu Recht. Das Zahlungs- und das Räumungsbegehren seien daher abzuweisen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge, sprach aus, dass die Klagsforderung mit 135.389,40 EUR zu Recht bestehe, die Einwendung von Gegenforderungen bis zur Höhe der Klagsforderung abgewiesen werde und die Beklagte zur Zahlung von 135.389,40 EUR sA sowie zur Räumung des Bestandobjekts verpflichtet sei. Das Mehrbegehren der Klägerin von 5.232,60 EUR sA werde abgewiesen. Die Streitteile hätten weder ausdrücklich noch konkludent ein Abgehen vom vereinbarten Aufrechnungsverbot vereinbart. Da das Gründungsprivileg des § 1 Abs 3 KSchG nur natürlichen Personen zustehe, scheide eine direkte Anwendung des § 6 Abs 1 Z 8 KSchG aus. Bei dem Aufrechnungsverbot handle es sich nicht um ein einseitiges Aufrechnungsverbot in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in einem Vertragsformblatt der Klägerin. Anhaltspunkte dafür, dass bei Abschluss des Mietvertrags eine Ungleichgewichtslage geherrscht habe, die unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer analogen Anwendung des § 6 Abs 1 Z 8 KSchG führen könnte, lägen nicht vor. Das Aufrechnungsverbot sei somit rechtswirksam. Die Einwendung der Gegenforderungen sei abzuweisen.
Zum Räumungsbegehren führte das Berufungsgericht aus, es liege ein qualifizierter Mietzinsrückstand vor, weshalb der Aufhebungsgrund nach § 1118 zweiter Fall ABGB gegeben sei. Mangels Gleichartigkeit könne nicht mit einer Geldforderung gegen die auf § 1118 zweiter Fall ABGB gestützte Klage aufgerechnet werden. Zum Erlöschen einer rückständigen Bestandzinsforderung durch Kompensation bedürfe es neben dem Bestand der Gegenforderung der Abgabe einer unbedingten außergerichtlichen Aufrechnungserklärung unter Anerkennung der behaupteten Bestandzinsschuld. Nach der Rechtsprechung könne nur eine vor Vertragsauflösung erklärte Aufrechnung der endgültigen Wirksamkeit der Auflösungserklärung und somit einem Erfolg des Räumungsbegehrens entgegenstehen. Die Beklagte habe vor Vertragsauflösung nicht außergerichtlich aufgerechnet, die Auflösungserklärung der Klägerin sei daher wirksam. Es bedürfe deshalb auch keines Teilurteiles im Sinn des § 33 Abs 2 MRG.
In ihrer dagegen gerichteten außerordentlichen Revision beantragt die Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer Wiederherstellung des Ersturteils; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurück‑, in eventu abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und teilweise auch berechtigt .
1. Die Klägerin hat von sich aus noch vor der in § 508 Abs 2 Satz 1 ZPO vorgesehenen Mitteilung eine Revisionsbeantwortung eingebracht. Da es daher keiner gesonderten Beschlussfassung der Freistellung der Revisionsbeantwortung nach dieser Gesetzesstelle mehr bedarf (RIS‑Justiz RS0104882), kann bereits in der Sache selbst erkannt werden.
2. Die Beklagte macht mehrere Mängel des Berufungsverfahrens geltend, richtet sich gegen die Wirksamkeit des Aufrechnungsverbots und meint überdies, dass das Berufungsgericht zuerst mit Teilurteil über das Zahlungsbegehren zu entscheiden gehabt hätte.
2.1. Die Beklagte erachtet es als Verfahrensmangel, dass das Berufungsgericht nicht zuerst mit Teilurteil über das Zahlungsbegehren entschieden habe. Dazu wird auf die Ausführungen unter Punkt 7. verwiesen. Ein Eingehen auf den Vorwurf einer entsprechenden Verletzung der Manuduktionspflicht erübrigt sich damit.
2.2. Nach Ansicht der Beklagten habe das Berufungsgericht die „dislozierte Feststellung“ des Erstgerichts, wonach die Streitteile mündlich vom vertraglichen Aufrechnungsverbot abgegangen seien, abgeändert, weil es ergänzend festgestellt habe, ein Abgehen vom vertraglichen Aufrechnungsverbot sei nicht vereinbart worden. Das Berufungsgericht sei jedoch mangels Tatsachenrüge an die Feststellung des Erstgerichts gebunden gewesen.
Zutreffend hat das Berufungsgericht darin jedoch keine dislozierte Feststellung des Erstgerichts gesehen, sondern eine ‑ offenkundig gemeint: rechtliche ‑ Schlussfolgerung aus dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt, der für diese Beurteilung keine Grundlage geboten habe. Die dieser rechtlichen Schlussfolgerung zugrunde liegenden Feststellungen wurden in der Berufung auch gerügt (Berufung ON 112 S 3 ff). Ein Verfahrensmangel liegt insoweit nicht vor.
2.3. Dies gilt auch für das Vorbringen der Beklagten, dass das Berufungsgericht ohne entsprechende Rüge eine Verfahrensergänzung vorgenommen habe, ohne dies den Parteien zuvor bekannt zu geben und ohne einen Beschluss auf Verfahrensergänzung zu treffen, weshalb sie kein neues Vorbringen und keine Beweisanbote zur Fälligkeit der Miete erstatten habe können. Eine Berufungsverhandlung ist nur dann anzuberaumen, wenn der Berufungssenat dies im einzelnen Fall für erforderlich hält (§ 480 Abs 1 erster Satz ZPO idF BGBl I 2009/52). Einer entsprechenden Rüge durch die Streitteile bedurfte es somit nicht. Der Einwand, dass das Berufungsgericht den Parteien seine Absicht zur Verfahrensergänzung nicht bekannt gegeben habe, geht ins Leere, wurden die Parteien doch ordnungsgemäß und unter Bekanntgabe des Verhandlungsthemas geladen (Bd I ON 114a).
2.4. Das Vorbringen, die vom Berufungsgericht getroffene Feststellung einer monatlichen Fälligkeit der Mieten widerspreche § 1100 ABGB (halbjährlich fälliger Bestandzins), übersieht, dass das Berufungsgericht diese Feststellung aus den Beil ./A und ./C ableitete (Berufungsurteil S 10), eine Beweisrüge vor dem Obersten Gerichtshof jedoch nicht in Betracht kommt. Im Übrigen haben die Parteien den Vollanwendungsbereich des MRG und damit auch § 15 Abs 3 MRG vereinbart, der in der Fassung vor Inkrafttreten des BGBl I 2013/50 von einer monatlichen Fälligkeit des Mietzinses zum jeweils Monatsersten ausging.
3. In ihrer Rechtsrüge richtet sich die Beklagte gegen die Wirksamkeit des Aufrechnungsverbots. Zudem habe sie die Zahlungsunfähigkeit der Klägerin eingewandt, weshalb sich diese nicht auf das Kompensationsverbot berufen könne. Der entsprechende Feststellungsmangel sei auch im Berufungsverfahren geltend gemacht worden.
3.1. Die Beklagte brachte selbst vor, dass ein gegen die Klägerin eingeleitetes Insolvenzverfahren wieder eingestellt worden sei, weil das Gericht von einer bloßen Zahlungsstockung ausgegangen sei (Bd I ON 6 S 3 f). Unabhängig davon hat sich das Berufungsgericht ausführlich mit der Entscheidung 7 Ob 105/99p auseinandergesetzt, nach der bei einseitigen Aufrechnungsausschlussklauseln eine generelle Anwendung des Sittenwidrigkeitsverdikts des § 6 Abs 1 Z 8 KSchG zu weitgehend sei. Vielmehr sei für das beidseitige Unternehmergeschäft die Ansicht Dullingers (Handbuch der Aufrechnung 142f) beachtenswert, nach der § 6 Abs 1 Z 8 KSchG analog anzuwenden sei, wenn es sich um einseitige Aufrechnungsverbote in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder um eine Ungleichgewichtslage ähnlich der zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher handle (s auch RIS‑Justiz RS0033891). Eine vergleichbare Ungleichgewichtslage wurde vom Berufungsgericht jedoch zutreffend verneint.
3.2. Der von der Beklagten gewünschten Annahme eines schlüssigen Verzichts auf das Kompensationsverbot stehen die Feststellungen des Berufungsgerichts entgegen, dass die Streitteile kein Abgehen davon vereinbart hatten. Ein Sachverhalt, nach dem kein vernünftiger Grund zu zweifeln bliebe, dass die Streitteile schlüssig darauf verzichten wollten, steht nicht fest, zumal die Klägerin die Mieteinnahmen zur Bedienung offener Kreditraten benötigte (Ersturteil S 12).
3.3. Mit ihrem Vorbringen, dass in der EDV gespeicherte Vertragsklauseln den Tatbestand eines Vertragsformblattes im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB erfüllten, das Aufrechnungsverbot einer derartigen EDV-mäßigen gespeicherten Klausel entstamme und nach dieser Bestimmung gröblich benachteiligend sei, ist die Beklagte auf die Ausführung des Berufungsurteils (S 19 f) zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
4. Bezüglich des Räumungsbegehrens kann der Beklagten zugestanden werden, dass die vorliegenden Umstände gegen ein grobes Verschulden an den Mietzinsrückständen sprechen, weil die Komplexität der vertraglichen Beziehungen der Streitteile die Rechtsansicht der Beklagten, sie sei zur Aufrechnung berechtigt gewesen, nicht von vornherein ein besonderes Maß an Sorglosigkeit der Beklagten oder einen Grund für den Vorwurf indiziert, dass sie aus Rechthaberei, Willkür, Leichtsinn, Streitsucht oder Gleichgültigkeit (vgl RIS‑Justiz RS0069304; RS0070327) keine Mietzahlungen an die Klägerin veranlasst hatte. Auf die Bedeutung einer allfälligen Fehlberatung durch den Beklagtenvertreter kommt es danach nicht weiter an.
5. Die Beklagte meint, dass die Feststellung des Erstgerichts, wonach der Geschäftsführer der Beklagten mit jenem der Klägerin im Nachhinein vereinbart habe, dass die vom Konto der Beklagten überwiesenen 70.000 EUR eine Mitezinsvorauszahlung sein sollten, neben dem vom Berufungsgericht abändernd festgestellten Sachverhalt Bestand haben könne. Darin ist ihr jedoch nicht zu folgen, weil das Berufungsgericht im Gegenteil feststellte, dass eine Vereinbarung über eine Gegenverrechnung dieses Betrags gerade nicht getroffen wurde.
6. Die Beklagte bekämpft auch die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach die Höhe des Mietzinses aufgrund der Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG nicht mehr überprüfbar sei. Sie habe nicht die Unangemessenheit des erhöhten Mietzinses, sondern den Umstand geltend gemacht, dass mangels Investitionen durch die Klägerin die Bedingung für die Mietzinserhöhung nicht eingetreten sei. Dem steht aber entgegen, dass der Geschäftsführer der Beklagten in einem Sideletter zum Mietvertrag mit seiner Unterschrift die vermieterseitige Feststellung akzeptiert hatte, dass der Maximalinvestitionsbetrag von 9,2 Mio ATS netto schon ausgeschöpft worden sei. Dass dieser Umstand nicht näher geprüft wurde, muss er sich selbst zurechnen lassen.
7. Richtig ist allerdings das Vorbringen der Beklagten, dass das Berufungsgericht zu Unrecht kein Teilurteil gefällt habe.
7.1. In einem wegen Räumung und Zahlung des Mietzinsrückstands geführten Rechtsstreit ist über den behaupteten Zahlungsrückstand zwingend mit Teilurteil zu entscheiden (§ 33 Abs 3 iVm Abs 2 MRG; s RIS‑Justiz RS0111942). Eines Teilurteils bedarf es nur dann nicht, wenn grobes Verschulden vorliegt oder wenn der mit dem Beweis für das Fehlen groben Verschuldens an einem Mietzinsrückstand belastete Mieter nicht einmal entsprechende Behauptungen aufgestellt hat (RIS‑Justiz RS0111942 [T6]; RS0070349 [T4]; RS0069316).
7.2. Das Berufungsgericht erachtete ein Teilurteil für nicht erforderlich, weil die Beklagte vor Zugang der Auflösungserklärung eine unbedingte außergerichtliche Aufrechnungserklärung nicht abgegeben habe und nur eine solche das Räumungsbegehren nach § 1118 ABGB wegen rückständigen Bestandzinses abwehren könne.
Nach dem Rechtssatz RIS‑Justiz RS0119980 wird eine Vertragsauflösung nach § 1118 zweiter Fall ABGB durch eine erst nach Zugang der Auflösungserklärung ausgesprochene Aufrechnung nicht berührt. Die diesem Rechtssatz zugrunde liegenden vier Entscheidungen (1 Ob 30/05a; 6 Ob 42/08g; 8 Ob 42/13d; 1 Ob 198/13v) betrafen jedoch keine Konstellationen wie die vorliegende, in der im Vollanwendungsbereich des MRG die Mietzinsforderung strittig war und nur für den Fall ihrer Berechtigung eine außergerichtliche Aufrechnungserklärung abgegeben wurde.
§ 33 Abs 2 MRG ermöglicht es dem Mieter, dem aus dem Grund des § 30 Abs 2 Z 1 MRG gekündigt wurde und den an dem Zahlungsrückstand kein grobes Verschulden trifft, vor Schluss der der Entscheidung des Gerichts erster Instanz unmittelbar vorangehenden Verhandlung den geschuldeten Betrag zu entrichten und dadurch die Folgen der Kündigung zu vermeiden. Ist die Höhe des geschuldeten Betrags strittig, so hat das Gericht vor Schluss der Verhandlung darüber durch Beschluss und in einem wegen Räumung und Zahlung des Mietzinsrückstandes geführten Rechtsstreit durch Teilurteil zu entscheiden. Zweck dessen ist es, klarzustellen, welchen Betrag der Mieter dem Vermieter noch schuldet. Auch in diesem Fall soll daher der Mieter noch die Möglichkeit erhalten, durch nachträgliche Zahlung des Mietzinsrückstandes die Rechtswirksamkeit der Kündigung bzw die Räumungsklage abzuwenden (vgl Würth/Zingher/Kovanyi , Miet- und Wohnrecht I 22 § 33 MRG Rz 31 mwN). Ist aber, wie im vorliegenden Fall, die Höhe des geschuldeten Betrags wegen Uneinigkeit über die Wirksamkeit einer vom Mieter erklärten Aufrechnung strittig und würde man die Notwendigkeit der Fällung eines Teilurteils nur deshalb ablehnen, weil die außergerichtliche Aufrechnungserklärung nach Zugang der Kündigungs‑ oder Auflösungserklärung erfolgte, so würde der genannte Schutzzweck des § 33 Abs 2 MRG, dem Mieter auch bei einer der Höhe nach strittigen Mietzinsforderung die nachträgliche Zahlung des Mietzinsrückstandes zu ermöglichen, unterlaufen. Auch im vorliegenden Fall ist daher zunächst ein Teilurteil zu fällen.
8. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ist der Oberste Gerichtshof nicht gehindert, selbst mit Teilurteil zu entscheiden (2 Ob 149/06k; 9 Ob 65/13v).
Da sich die Revision der Beklagten im Hinblick auf das Zahlungsbegehren der Klägerin als nicht berechtigt erwiesen hat, ist ihr insoweit keine Folge zu geben und die Entscheidung des Berufungsgerichts als Teilurteil zu bestätigen. Hingegen kann über das Räumungsbegehren noch nicht entschieden werden. Insoweit sind die Entscheidungen der Vorinstanzen in teilweiser Stattgebung der Revision aufzuheben. Dem Erstgericht wird die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung über das Räumungsbegehren aufgetragen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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