OGH 1Ob30/05a

OGH1Ob30/05a12.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Elisabeth Constanze Schaller, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Nikolaus Weselik, Rechtsanwalt in Wien, wegen Abgabe einer Willenserklärung, Räumung und Zahlung (Gesamtstreitwert EUR 25.000,- -), über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. November 2004, GZ 15 R 197/04g-14, mit dem das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 10. August 2004, GZ 18 Cg 22/04v-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.189,44 (darin EUR 198,24 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei erwarb von der beklagten Partei Miteigentumsanteile an einer Liegenschaft, mit denen das obligatorische Nutzungsrecht an der neu geschaffenen Garage verbunden war. Da sich die beklagte Partei ein dingliches Nutzungsrecht an insgesamt vier Stellplätzen in der Garage vorbehielt und die Einverleibung einer entsprechenden Dienstbarkeit im Grundbuch vor der Begründung von Wohnungseigentum nicht durchgeführt werden konnte, räumte ihr die klagende Partei ein Fruchtgenussrecht am gesamten Liegenschaftsanteil mit der (internen) Abrede ein, dass sich das Nutzungsrecht nur auf vier Stellplätze beziehe. Es wurde vereinbart, dass die anteilsmäßigen Vorschreibungen der Betriebskosten sowie die Salden aus den Abrechnungen, die sich auf diese vier Stellplätze beziehen, von der beklagten Partei direkt an die Hausverwaltung zu bezahlen sind und die klagende Partei schad- und klaglos zu halten ist. In diesem Zusammenhang wurde folgende Vereinbarung getroffen:

„Im Fall des Verzugs mit der Zahlung der anteilsmäßigen Kosten ............ von fünf Monaten ist die Käuferin berechtigt, das Nutzungsrecht, hinsichtlich dessen der Rückstand besteht, unter Setzung einer Nachfrist von zwei Wochen aufzulösen. § 1118 ABGB ist diesbezüglich sinngemäß anzuwenden. Außer diesem Fall des qualifizierten Zahlungsverzuges kann das Nutzungsrecht nicht aufgekündigt oder sonst aufgelöst werden."

Mit Telefax vom 15. 4. 2003 forderte die klagende Partei die beklagte Partei auf, die Vorschreibungen für den Zeitraum vom 1. 4. 2002 bis 1. 4. 2003 von EUR 1.510,88 und der Sonderabrechnung für März 2003 von EUR 269,55, insgesamt EUR 1.810,43, an die Hausverwalterin zu bezahlen. Dieser Aufforderung kam die beklagte Partei nicht nach. Mit Schreiben vom 28. 4. 2003 wies die klagende Partei die beklagte Partei ua darauf hin, dass eine künftige Nichtbefolgung der vertraglichen Pflichten im Hinblick auf die Zahlung der Betriebskosten als Vertragsverletzung mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen betrachtet werde. Die mit Schreiben vom 11. 6. 2003 seitens der Hausverwaltung an die beklagte Partei übermittelte Vorschreibung für die Monate ab Juli 2003 wurde von der beklagten Partei mit dem Hinweis retourniert, dass sich die Hausverwaltung an die klagende Partei wenden möge. Mit Schreiben vom 11. 12. 2003 erklärte die klagende Partei daraufhin, das Nutzungsrecht mit sofortiger Wirkung „aufzulösen". Mit Schreiben vom 7. 1. 2004 gab der Beklagtenvertreter namens der beklagten Partei eine Aufrechnungserklärung ab.

Mit ihrer am 20. 1. 2004 eingelangten Klage begehrte die klagende Partei, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, in die Einverleibung der Löschung des Fruchtgenussrechts einzuwilligen, die vier Kfz-Stellplätze geräumt zu übergeben und Betriebskostenrückstände in Höhe von EUR 2.197,21 samt Zinsen zu zahlen. Die Vereinbarung über die Nutzung der Abstellplätze sei auf Grund des Zahlungsverzugs wirksam aufgelöst worden; die Aufrechnungserklärung sei verspätet. Darüber hinaus sei auch von einem impliziten Aufrechnungsverbot auszugehen, weshalb eine Aufrechnung unzulässig sei.

Die beklagte Partei wandte im Wesentlichen ein, ein Aufrechnungsverbot bestehe nicht. Die Erklärung der Aufrechnung mit berechtigten Gegenforderungen sei nicht verspätet abgegeben worden. Zum Zeitpunkt der Einbringung der Räumungsklage habe wegen der Aufrechnung kein Zahlungsrückstand bestanden. Außerdem sei von einer Rückwirkung der Aufrechnungserklärung auszugehen.

Das Erstgericht wies mit Teilurteil das Begehren auf Einwilligung in die Einverleibung der Löschung des Fruchtgenussrechts sowie das Räumungsbegehren ab. Die Auflösungserklärung vom 11. 12. 2003 sei nicht wirksam gewesen, weil der beklagten Partei die vertraglich eingeräumte Nachfrist nicht gewährt worden sei. Die klagende Partei habe vielmehr erklärt, das Nutzungsrecht mit sofortiger Wirkung aufzulösen.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinne einer (teilweisen) Klagestattgebung ab, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 20.000,-- übersteige und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Ungeachtet des Wortlauts der fraglichen Vertragsklausel sei die Setzung einer Nachfrist nicht erforderlich gewesen. Durch die Verknüpfung des sonstigen Regelungsinhalts mit der Bestimmung des § 1118 ABGB durch das Wort „diesbezüglich" werde klargestellt, dass sich die inhaltlichen Voraussetzungen für die vorzeitige Vertragsauflösung, nämlich der Zahlungsverzug sowie die Notwendigkeit einer Nachfristsetzung, nach den Grundsätzen des § 1118 ABGB richteten. Dies werde durch die Verwendung des Begriffs „qualifizierter Zahlungsverzug" bekräftigt, der dem „qualifizierten Zinsrückstand" im Sinn des § 1118 ABGB entspreche. Daraus ergebe sich, dass die in der Vertragsbestimmung festgelegte Nachfristsetzung der gehörigen Mahnung im Sinn des § 1118 ABGB entspreche. Eine bestimmte Form der Mahnung sei nicht vorgeschrieben; dem Schuldner müsse nur der Ernst der Lage ins Bewusstsein gerufen werden. Eine Nachfrist müsse nicht formell gesetzt, aber doch tatsächlich eingeräumt sein. Da die Vertragsbestimmung die Setzung einer zweiwöchigen Nachfrist ausdrücklich vorsehe, wäre es zwar im Allgemeinen nicht ausreichend, diese Nachfrist zur Zahlung des Rückstands lediglich faktisch zu gewähren. Im Sinn des § 1118 ABGB bedürfe es allerdings einer Mahnung dann nicht, wenn sich der Schuldner ausdrücklich geweigert habe, den Zinsrückstand zu bezahlen. Von einer Mahnung und somit auch von der Nachfristsetzung könne somit gänzlich abgesehen werden, wenn zweifelsfrei feststehe, dass der Schuldner nicht gewillt ist, einen ziffernmäßig bekanntgegebenen Rückstand zu zahlen. Mit dem Zurücksenden der Vorschreibung und der Erklärung, die Hausverwaltung möge sich an die klagende Partei wenden, habe die beklagte Partei klar zum Ausdruck gebracht, dass sie die vereinbarte Direktzahlung der Betriebskosten bzw Liegenschaftsaufwendungen und auch eine Ersatzleistung gegenüber der klagenden Partei verweigere. Eine Mahnung im Sinne des § 1118 ABGB und damit eine Nachfristsetzung gemäß der einschlägigen Vertragsbestimmung sei daher nicht mehr erforderlich gewesen. Auf Grund der beharrlichen Zahlungsverweigerung sei die klagende Partei nicht gehalten gewesen, eine allfällige Reaktion des Rechtsfreunds der beklagten Partei, an den sie mit Telefax vom 12. 12. 2003 verwiesen worden sei, abzuwarten.

Ein Zinsrückstand werde nicht schon durch das Bestehen einer aufrechenbaren Gegenforderung, sondern erst mit dem Vollzug der Aufrechnung durch Abgabe einer Aufrechnungserklärung beseitigt. Die erst am 7. 1. 2004 abgegebene Aufrechnungserklärung sei damit in Bezug auf die Auflösungserklärung verspätet gewesen und könne dem Löschungs- und Räumungsbegehren nicht entgegenstehen. Eine Auflösung wäre nur dann nicht in Betracht gekommen, wenn eine (wirksame) Aufrechnung bereits vor (Zugang) der Auflösungserklärung erfolgt wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der beklagten Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin wendet sich gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, sie habe sich ausdrücklich bzw beharrlich geweigert, den Zahlungsrückstand zu begleichen, und zweifelsfrei zu erkennen gegeben, die Zahlung nicht leisten zu wollen. Vielmehr sei ihr Verhalten bloß so zu verstehen, dass sie auf Grund ihrer Forderung an die klagende Partei von mehr als EUR 300.000,-- nunmehr nicht mehr die im Vertrag vorgesehene Direktzahlung praktizieren, sondern vielmehr eine direkte Verrechnung mit ihrem Vertragspartner - entweder durch Zahlung oder Aufrechnung - vornehmen wolle.

Damit entfernt sich die Revisionswerberin vom festgestellten Sachverhalt, nach dem die beklagte Partei die Hausverwaltung mit ihrem Zahlungsbegehren an die klagende Partei verwiesen hat, ohne einen sachlichen Grund für die Zahlungsverweigerung zu nennen. Nachdem die Revisionswerberin selbst nicht behauptet, die klagende Partei auf andere Weise über ihr Motiv für die beharrliche Vertragsverletzung in Kenntnis gesetzt zu haben, erscheint die Auffassung des Berufungsgerichts unbedenklich, das Verhalten der beklagten Partei sei als dauerhafte Zahlungsverweigerung zu verstehen, zumal die klagende Partei bereits mit Schreiben vom 28. 4. 2003 auf Konsequenzen aus der Vertragsverletzung hingewiesen hatte. Ohne Belang ist es für die Wirksamkeit der Auflösungserklärung, wie sich die beklagte Partei nach deren Zugang verhalten hat.

Warum es für die vertraglich vorgesehene Auflösungsmöglichkeit von Bedeutung sein sollte, ob die beklagte Partei mit der vereinbarten Zahlung an die Hausverwaltung säumig ist oder mit Zahlungen unmittelbar an die klagende Partei, die wegen des Zahlungsverzugs die Verbindlichkeiten gegenüber der Miteigentümergemeinschaft selbst beglichen hat, ist nicht nachvollziehbar. In beiden Fällen hat die beklagte Partei Zahlungen zu leisten, die wirtschaftlich der klagenden Partei zugute kommen sollen. Die innere Rechtfertigung der entsprechenden Vertragsklausel besteht darin, dass sich die klagende Partei von einem Vertragspartner lösen können soll, der in qualifizierter Weise seine Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt. Dabei kann es nun aber keinen Unterschied machen, ob der Zahlungsrückstand gegenüber der Miteigentümergemeinschaft noch offen ist oder von der klagenden Partei bereits abgedeckt wurde, wozu sie ja im Verhältnis zu den übrigen Miteigentümern verpflichtet war. Entscheidend ist, dass die beklagte Partei die übernommene Verpflichtung, Zahlungen an die Hausverwaltung zu leisten, nicht erfüllt hat. Das vertragliche Auflösungsrecht der klagenden Partei kann nicht dadurch verloren gehen, dass sie die Rückstände (zumindest teilweise) selbst begleicht. Auch dann ist die beklagte Partei weiterhin im Sinne der Vertragsklausel mit der Zahlung der anteilsmäßigen Kosten im Rückstand.

Zutreffend weist die Revisionswerberin allerdings auf (ältere) höchstgerichtliche Judikatur hin, der allenfalls die Rückwirkung einer Aufrechnungserklärung auch insoweit entnommen werden könnte, als damit nachträglich eine bereits wirksam gewordene Vertragsauflösung wieder wegfiele. So wird etwa in SZ 50/35 (1 Ob 538/77) ausgeführt, der beklagte Bestandnehmer habe nicht die Möglichkeit, zwischen außergerichtlicher und prozessualer Aufrechnung zu wählen, wenn eine Räumungsklage erhoben worden sei. Er könne nur unter Anerkennung der behaupteten Bestandzinsschuld eine unbedingte außergerichtliche Aufrechnungserklärung abgeben und sodann im Räumungsprozess behaupten, dass keine Bestandzinsschuldigkeit bestehe, da infolge außergerichtlicher Aufrechnungserklärung der Zins als entrichtet zu gelten habe. Dann werde der Anspruch mit der Behauptung bestritten, dass die geltend gemachte Voraussetzung für die Erhebung der Räumungsklage nach § 1118 ABGB nicht bestehe. Hätte die Klägerin eine außergerichtliche Aufrechnung behauptet, könnte dem Klagebegehren nicht ohne Prüfung der Gegenansprüche stattgegeben werden. Aus dem Vorbringen der Beklagten sei allerdings nicht erkennbar, dass sie im Prozess behauptet hätten, sie hätten jemals eine außergerichtliche Aufrechnungserklärung abgegeben. Eine „außergerichtliche" Aufrechnungserklärung könne darüber hinaus auch in der Form abgegeben werden, dass der Beklagte während der Gerichtsverhandlung, wenn auch nicht in Form einer Prozesseinwendung, eine solche Erklärung abgibt und damit Schuldtilgung in einem (zurückbezogenen) Zeitpunkt vor Anbringung der Räumungsklage behauptet. Das Vorbringen der Beklagten könnte auch dahin verstanden werden, dass sie die Höhe des Anspruchs teilweise bestreiten und im Übrigen mit einer Schadenersatzforderung aufrechneten. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sie auch außergerichtlich aufrechnen wollten und (oder) nur im Hinblick auf die frühere Rechtsprechung glaubten, sich mit einer prozessualen Aufrechnungseinrede begnügen zu können.

Diese Ausführungen lassen nicht mit ausreichender Deutlichkeit erkennen, ob nur eine vor der (häufig in Gestalt einer Klage erfolgenden) Auflösungserklärung erklärte Aufrechnung, die zur Tilgung des Zahlungsrückstands führt, einem Erfolg des Räumungsbegehrens entgegenstehen soll, oder ob eine erst im Laufe des Räumungsprozesses, also nach Abgabe und Zugang der Auflösungserklärung, ausgesprochene Aufrechnungserklärung ausreicht.

Wenn dem gegenüber in 1 Ob 537/80 formuliert wird, der Bestandnehmer könne zur Abwehr eines Räumungsbegehrens nach § 1118 ABGB behaupten und unter Beweis stellen, die rückständige Bestandzinsforderung sei durch Kompensation erloschen, und er müsse in einem solchen Fall unter Anerkennung der behaupteten Bestandzinsschuld eine unbedingte (außergerichtliche) Aufrechnungserklärung abgeben und im Räumungsstreit die Abgabe der Erklärung und das Bestehen der Gegenforderung nachweisen, so wird damit offenbar (nur) an eine Aufrechnung vor Erklärung der Vertragsauflösung gedacht. In 1 Ob 578/82 kommt hingegen eher die Auffassung zum Ausdruck, auch eine erst im Zuge des Räumungsprozesses vor Gericht erklärte „außergerichtliche" Aufrechnungserklärung sei geeignet, einen Erfolg der Räumungsklage zu verhindern.

Den dargelegten (älteren) höchstgerichtlichen Entscheidungen steht jedoch die jüngere Judikatur des Obersten Gerichtshofs gegenüber, nach der nur eine vor der Vertragsauflösung erklärte Aufrechnung einer (endgültigen) Wirksamkeit der Auflösungserklärung und somit einem Erfolg des Räumungsbegehrens entgegenstehen kann. So wird in 6 Ob 704/87 klargestellt, dass es zur Beseitigung eines Zinsrückstands einer Aufrechnungserklärung bedarf. Eine erst „nach dem zur Beurteilung der Wirksamkeit einer Vertragsaufhebung entscheidenden Zeitpunkt" erklärte Aufrechnung wirke zwar auf den Zeitpunkt zurück, in dem die Aufrechnungslage eingetreten ist, vermöge aber im Nachhinein an der Rechtfertigung einer sonst den gesetzlichen oder vertraglichen Voraussetzungen entsprechenden Rechtsgestaltungserklärung nichts mehr zu ändern. Auch in 8 Ob 304/99k hat der Oberste Gerichtshof - wenn auch im Zusammenhang mit einer prozessualen Aufrechnungseinrede gegen das mit einem Räumungsbegehren verbundene Zahlungsbegehren - die Auffassung vertreten, durch eine nachträgliche Aufrechnung könne die Wirksamkeit der auf den Zinsrückstand gestützten rechtsgestaltenden Aufhebungserklärung nach § 1118 ABGB nicht rückwirkend beseitigt werden.

Der erkennende Senat schließt sich den zuletzt dargestellten Entscheidungen an. Auch wenn die Aufrechnungserklärung in gewisser Weise auf jenen Zeitpunkt zurückwirkt, in dem Forderung und Gegenforderung einander erstmals aufrechenbar gegenübergestanden sind, kann dies die bereits eingetretene Wirksamkeit einer auf qualifizierten Zahlungsrückstand gestützten Auflösungserklärung nicht mehr beseitigen. Die rückwirkende Beseitigung einer bereits wirksam erfolgten Vertragsauflösung wäre nicht nur der Rechtssicherheit in höchstem Maße abträglich, vielmehr hätte es der Schuldner in der Hand, letztlich alleine darüber zu entscheiden, ob der Vertrag aufgelöst bleibt oder - bei rechtzeitiger Aufrechnung - wieder in Wirksamkeit tritt. Darüber hinaus erscheint es nicht vertretbar, der Aufrechnung in diesem Zusammenhang eine Wirkung beizumessen, die über die einer gewöhnlichen Zahlung weit hinausgeht, zumal (§ 1118 ABGB) ersichtlich bezweckt, dass sich der Bestandgeber von einem unverlässlichen Vertragspartner lösen kann. Selbst im Anwendungsbereich des MRG kann eine Nachzahlung der offenen Verbindlichkeiten während des Kündigungs- oder Räumungsprozesses nur unter der Voraussetzung des Fehlens groben Verschuldens am Zahlungsrückstand zu einer Klageabweisung führen (§ 33 Abs 2 MRG). Die von der Revisionswerberin in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage nach einer sinngemäßen Anwendung des § 33 Abs 2 und 3 MRG ist im vorliegenden Fall nicht zu erörtern, da sie nicht einmal behauptet hat, dass der Zahlungsrückstand auf einem bloß leichten Verschulden beruht hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Die Voraussetzungen des § 21 Abs 1 RATG für eine Einholung des Honorars sind nicht erfüllt; die Bemessungsgrundlage beträgt (nur) 22.802,79 EUR.

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