Spruch:
Der Antrag der beklagten Partei, „diesen Fall für die Berufungsentscheidung aus dem Sprengel des Oberlandesgerichts Wien in den Sprengel des Oberlandesgerichts Linz“ zu delegieren, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt, gestützt auf § 3 Abs 1 AHG, mit ihrer beim Arbeits- und Sozialgericht Wien, *****, eingebrachten Klage vom Beklagten den Rückersatz eines Teilbetrags einer von ihr aus dem Titel der Amtshaftung geleisteten Zahlung. Gegen das klageabweisende Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien erhob sie Berufung, die vom Beklagten beantwortet wurde.
Verbunden mit seiner Berufungsbeantwortung stellte der Beklagte gemäß § 31 Abs 2 JN den aus dem Spruch ersichtlichen Antrag. Die Delegierung sei zweckmäßig, weil der Senat ***** des Oberlandesgerichts Wien die dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden Berufungsentscheidungen im Vorverfahren getroffen habe und daher „unmittelbar in dieses Regressverfahren“ verwickelt sei. „Zahlreiche Mitglieder“ des Oberlandesgerichts Wien seien einander freundschaftlich verbunden, sodass „zu befürchten stehe“, dass das Oberlandesgericht Wien in dieser Sache generell befangen sei.
Das Berufungsgericht legte die Akten zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor. Es äußerte sich lediglich dahin, dass von einer vorgängigen Behandlung des Antrags des Beklagten gemäß § 23 JN Abstand genommen worden sei, weil der Delegierungsantrag ausschließlich auf die behauptete Befangenheit aller Richter des Oberlandesgerichts Wien gestützt werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
1. Ein Antrag auf Delegierung kann nach ständiger Rechtsprechung nicht auf Ablehnungsgründe gestützt werden (RIS-Justiz RS0046074; RS0073042; RS0114309; Ballon in Fasching/Konecny² I § 31 JN Rz 8). Dies gilt auch für die Delegation nach § 31 JN (9 Nc 12/09b mwN). Die Beurteilung einer Delegierung nach § 31 JN hat sich auf die Frage der Zweckmäßigkeit aus den Gesichtspunkten der Verfahrensbeschleunigung, Kostenverringerung und Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu beschränken (RIS-Justiz RS0046333); derartige Zweckmäßigkeitsgründe wurden vom Beklagten nicht behauptet. Die Einholung einer Äußerung der Klägerin war daher nicht erforderlich, weil der Antrag keiner weiteren Aufklärung iSd § 31 Abs 3 JN bedurfte (ähnlich RIS-Justiz RS0113776).
2. Die Delegation ist nur zulässig, wenn das angerufene Gericht zuständig ist und tatsächlich so viele Richter ausgeschlossen oder befangen sind, dass eine vorschriftsmäßige Besetzung nicht mehr möglich ist (Mayr in Rechberger 3 § 30 JN Rz 1). Über Befangenheiten von Richtern und ihre Ablehnung ist jedoch allein auf dem in § 23 JN vorgeschriebenen Weg zu entscheiden. Erst nach erfolgreicher Ablehnung aller Richter des Oberlandesgerichts Wien hätte der Oberste Gerichtshof über eine Delegierung an ein außerhalb des Oberlandesgerichtssprengels Wien gelegenes Gericht zu entscheiden. Der Delegierungsantrag, in dem im Übrigen das Gericht, an das delegiert werden soll, stets genau zu bezeichnen ist (RIS-Justiz RS0118473; 5 Nc 1/11h mwN), ist daher abzuweisen.
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