OGH 8ObA87/15z

OGH8ObA87/15z15.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhold Hohengartner und ADir. Angelika Neuhauser in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** U*****, vertreten durch Dr. Bertram Grass, Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagte Partei V*****, vertreten durch Achammer & Mennel Rechtsanwälte OG in Feldkirch, wegen 45.478,86 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. Oktober 2015, GZ 13 Ra 16/15y‑42, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBA00087.15Z.1215.000

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 2 ASGG, § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 23 Abs 7 AngG gebührt die nach Abs 1 leg cit bei Beendigung des Dienstverhältnisses zustehende Abfertigung dann nicht, wenn der Angestellte selbst kündigt, ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt oder verschuldet entlassen wird. Die Selbstkündigung des Angestellten steht dem Abfertigungsanspruch nicht entgegen, wenn aus dem Inhalt der Auflösungserklärung klar erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer einen wichtigen Lösungsgrund für sich in Anspruch nimmt (RIS-Justiz RS0060132; RS0031717; RS0028469; Wachter in Reissner AngG² § 23 Rz 113).

2. Der Austrittsgrund der (dauerhaften) Gesundheitsgefährdung gemäß § 26 Z 1 zweiter Fall AngG ist nach der Rechtsprechung verwirklicht, wenn durch die Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit für den Dienstnehmer eine aktuelle Gefahr für seine Gesundheit besteht und ihm aus diesem Grund die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (RIS-Justiz RS0028723; RS0060144; Friedrich in Marhold/Burgstaller/Preyer § 26 AngG Rz 5 und 10).

Auf diesen Austrittsgrund kann sich ein Arbeitnehmer, der zunächst ohne Hinweis darauf gekündigt hatte, auch noch in der Kündigungsfrist berufen, sofern dem Arbeitgeber nicht durch die späte Bekanntgabe die Möglichkeit genommen wurde, statt dessen die belastenden Arbeitsbedingungen zu ändern (RIS-Justiz RS0060132 [T3] = 9 ObA 85/03w = infas 2004, 62/A29 = wbl 2004, 289 = ARD 5517/2/04 = Arb 12.375).

3. Zwischen der Dienstleistung und der Gesundheitsgefährdung muss ein kausaler Zusammenhang bestehen (8 ObA 78/10v). Die Frage, ob den betrieblichen Bedingungen und ihren gesundheitlichen Auswirkungen ein solches Gewicht zukommt, dass sie zum Austritt berechtigen, lässt sich immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilen (vgl RIS-Justiz RS0106298).

4. Die Klägerin begründete ihre im November 2012 ausgesprochene Kündigung zunächst mit fehlenden Führungsqualitäten der Geschäftsleitung; erst während der Kündigungsfrist berief sie sich auf eine krankheitswertige psychische Belastungsreaktion, die durch Spannungen am Arbeitsplatz und Arbeitsüberlastung verursacht worden sei.

Das Berufungsgericht wertete das Vorbringen der Klägerin als insgesamt nicht ausreichend, um den Austrittsgrund schlüssig zu begründen.

Die akute Arbeitsüberlastung der Klägerin sei Folge einer vorübergehenden Krankenstandsvertretung; es stehe nicht fest, dass sich eine solche Situation in absehbarer Zukunft wiederholt hätte. Welche anderen „Spannungen und Friktionen“ im Betrieb geherrscht hätten, die sie belastet und ihr im Zeitpunkt der Kündigung die weitere Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses gesundheitlich nicht mehr zumutbar gemacht hätten (RIS-Justiz RS0029312 [T7]), habe die Klägerin trotz Erörterung auch im zweiten Rechtsgang nicht deutlich machen können.

Diese Rechtsansicht des Berufungsgerichts ist nach den hier maßgeblichen Tatsachenfeststellungen jedenfalls nicht unvertretbar und begründet keine über den Einzelfall hinaus wesentliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0116144).

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