Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.885,97 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 660,26 EUR USt und 924,39 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war seit 1. 3. 1967 bei der Beklagten zunächst im Rahmen eines unbefristeten Angestelltenverhältnisses beschäftigt. Am 1. 1. 1980 vereinbarte sie durch Heranziehung einer bei der Beklagten allgemein verwendeten „Vertragsschablone“ (Dienst‑ und Besoldungsordnung der Niederösterreichischen Landes‑Landwirtschaftskammer; in der Folge: DO) die erstmalige und einzige Befristung ihres Arbeitsverhältnisses, die mit einem Verzicht der Beklagten auf ein Kündigungsrecht verbunden war. Die als Bestandteil des Arbeitsvertrags zu qualifizierenden Bestimmungen der DO lauten wie folgt:
„ I. Abschnitt: DIENSTORDNUNG
[…]
§ 25 Auflösung von Dienstverhältnissen
1) Das Dienstverhältnis von pensionsberechtigten Dienstnehmern wird aufgelöst:
a) durch Versetzung in den zeitlichen oder dauernden Ruhestand (§ 26)
[…]
2) Das Dienstverhältnis von unkündbaren Dienstnehmern wird aufgelöst:
a) durch Erreichung der Altersgrenze
[…]
3) Das Dienstverhältnis eines unkündbaren Dienstnehmers kann ferner gegen seinen Willen aufgelöst werden, […]
c) wenn der Dienstnehmer im Zeitpunkt der Lösung des Dienstverhältnisses einen Anspruch auf eine Pensionsleistung aus eigener Versicherung nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften erworben hat.
[…]
§ 26 Versetzung in den Ruhestand
1) Die Versetzung des Dienstnehmers in den zeitlichen oder dauernden Ruhestand gegen seinen Willen ist dem Hauptausschuss der [Beklagten] nach den Bestimmungen der Pensionsbesoldungsordnung vorbehalten.
[…]
II. Abschnitt: BESOLDUNGSORDNUNG
[…]
3. Unterabschnitt: Pensionsbesoldungsordnung
§ 62 Geltungsbereich
Die Bestimmungen der Pensionsbesoldungsordnung gelten für die pensionsberechtigten Dienstnehmer der [Beklagten] und ihre Hinterbliebenen.
[…]
§ 65 Übertritt in den dauernden Ruhestand
Der männliche Dienstnehmer tritt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem er das 65., der weibliche Dienstnehmer mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem er das 60. Lebensjahr vollendet hat, in den dauernden Ruhestand.“
Die Klägerin vollendete ihr 60. Lebensjahr im Jahr 2008. Sie zählt nicht zu den pensionsberechtigten Dienstnehmern der Beklagten.
Die Klägerin wurde am 18. 7. 2008 telefonisch vom Leiter des Personalreferats der Beklagten davon in Kenntnis gesetzt, dass ihr Ansuchen auf Beschäftigung auch über das Pensionsantrittsalter hinaus in der Präsidialsitzung vom 14. 7. 2008 abschlägig beschieden worden war und die Beklagte davon ausgehe, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Jahres 2008 enden werde. In einem Schreiben vom 25. 7. 2008 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass einer Verlängerung ihres Arbeitsverhältnisses über den 31. 12. 2008 hinaus nicht zugestimmt werde und das Arbeitsverhältnis somit mit Ende des Jahres 2008 als aufgelöst gelte. Der Betriebsrat wurde vor Absendung dieses Schreibens nicht verständigt, sondern lediglich darüber informiert, dass das Präsidium eine Ausnahmeregelung für die Klägerin ablehne.
Mit Schreiben vom 23. 9. 2008, der Klägerin übergeben am 26. 9. 2008, teilte die Beklagte mit, sie gehe von einer automatischen Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zum 31. 12. 2008 aufgrund der Bestimmung des § 25 Abs 2 lit a DO aus, kündige jedoch aus juristischer Vorsicht das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung einer fünfmonatigen Kündigungsfrist zum 28. 2. 2009 auf. Der Betriebsrat stimmte der Kündigung im betrieblichen Vorverfahren zu.
Die Klägerin begehrt in den vom Erstgericht verbundenen Verfahren, „ihre Versetzung in den Ruhestand zum 31. 12. 2008 für rechtsunwirksam zu erklären“ (8 Cga 117/08h), sowie „ihre Versetzung in den dauernden Ruhestand zum 28. 2. 2009 für rechtsunwirksam zu erklären“ (8 Cga 149/08i). Die zwangsweise Versetzung in den Ruhestand sei in beiden Fällen als Kündigung zu qualifizieren. Diese Kündigungen seien trotz Erreichens des Regelpensionsalters sozial ungerechtfertigt iSd § 105 ArbVG. Die von der Beklagten herangezogene Regelung verstoße gegen das Gleichbehandlungsgesetz und insbesondere gegen § 3 Z 7 GlBG; sie stelle eine direkte Diskriminierung der Klägerin sowohl aufgrund ihres Alters, als auch aufgrund ihres Geschlechts dar. Darüber hinaus sei der verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt worden.
Die Beklagte wandte insbesondere ein, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht durch Versetzung in den Ruhestand oder Kündigung, sondern automatisch durch Zeitablauf geendet habe. Die im Jahr 1980, also vor dem Beitritt der Republik Österreich zur Europäischen Union, vereinbarte Befristungsregelung sei nach damaliger Rechtslage zulässig gewesen und auch durch den späteren Beitritt nicht unzulässig geworden. Eine Versetzung der Klägerin in den Ruhestand habe nicht stattgefunden. Für den Fall, dass das Gericht die Ablaufmitteilung vom 25. 7. 2008 als Kündigung werte, sei deren Anfechtung verspätet, überdies sei das betriebliche Vorverfahren nicht eingehalten worden, sodass eine Anfechtung jedenfalls ausscheide. Eine Beeinträchtigung sozialer Interessen liege nicht vor. Der zweiten Kündigung vom 23. 9. 2008 habe der Betriebsrat ausdrücklich zugestimmt, sodass eine Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit nicht möglich sei. Eine Diskriminierung liege nicht vor, weil die im Dienstrecht festgesetzte Altersgrenze der Rechtslage nach dem ASVG entspreche.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren, „die Versetzung der Klägerin in den dauernden Ruhestand zum 31. 12. 2008 für rechtsunwirksam zu erklären“, „zurück“, und das weitere Klagebegehren, „die Versetzung der Klägerin in den dauernden Ruhestand zum 28. 2. 2009 für rechtsunwirksam zu erklären“ ab.
Das Schreiben vom 25. 7. 2008 sei lediglich eine Auslaufmitteilung, mit der die Beklagte eine Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses abgelehnt habe. Außerdem sei die Klage insoweit verfristet. Demgegenüber liege mit dem Schreiben vom 23. 9. 2008 unzweifelhaft eine Kündigung vor. Da der Betriebsrat der Kündigung zugestimmt habe, sei eine Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit nicht zulässig. Die Regelung des § 25 Abs 2 lit a DO entspreche den Regelungen des ASVG und die Klägerin vollende im Jahr 2008 ihr 60. Lebensjahr. Die Kündigung sei daher weder unsachlich noch diskriminierend. Weder liege ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz noch eine Verletzung von Unionsrecht vor.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung über Berufung der Klägerin ab und stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin über den 31. 12. 2008 hinaus aufrecht fortbestehe. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom 26. 9. 2008 zum 28. 2. 2009 erklärte es für rechtsunwirksam.
Zu den Klagebegehren in den verbundenen Verfahren führte das Berufungsgericht aus, dass eine Versetzung in den Ruhestand gemäß § 62 DO nur für die pensionsberechtigten Dienstnehmer der Beklagten vorgesehen sei, zu denen die Klägerin jedoch nicht gehöre. Eine Versetzung in den Ruhestand sei von der Beklagten auch nicht ausgesprochen worden. Die Beklagte habe vielmehr mit den Schreiben erklärt, das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht über den 31. 12. 2008 hinaus verlängern zu wollen. Diese Erklärung sei wegen § 25 Abs 2 lit a DO als „Nichtverlängerungserklärung“, nicht aber als eine auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtete Willenserklärung zu verstehen. Im Zusammenhalt mit der Klageerzählung könne das Begehren daher nur dahin verstanden werden, dass es auf Feststellung des aufrechten Fortbestands des Arbeitsverhältnisses über den 31. 12. 2008 hinaus gerichtet ist. Mit dem Schreiben vom 23. 9. 2008 sei hingegen unzweifelhaft eine Kündigung ausgesprochen worden. Das auf Unwirksamerklärung der Ruhestandsversetzung zum 28. 2. 2009 gerichtete Begehren könne daher zwanglos als Begehren, die ausgesprochene Kündigung für unwirksam zu erklären, aufgefasst werden.
Gehe man nicht schon davon aus, dass die Beendigung zum 31. 12. 2008 mangels Einhaltung des betriebsverfassungsrechtlichen Vorverfahrens unwirksam ist, so erwiesen sich sowohl das Feststellungs‑, wie auch das Anfechtungsbegehren vor dem Hintergrund der Gleichbehandlungsgebote der §§ 3 Z 7, 17 Z 7 GlBG als berechtigt, gegen die § 25 Abs 2 lit a DO verstoße. Nach der Rechtsprechung des EuGH umfasse der Entlassungsbegriff der RL 2000/78/EG sämtliche Arten der Beendigung eines Arbeitsvertrags. Die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 25 Abs 2 lit a DO beruhe auf einer geschlechtsspezifischen Altersgrenze. Die Nichtverlängerungserklärung stelle daher eine unmittelbare Beendigungsdiskriminierung dar. Hinsichtlich der Kündigung zum 28. 2. 2009 liege eine mittelbare Diskriminierung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor. Ein Rechtfertigungsgrund für diese liege nicht vor.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil seine Entscheidung von der Entscheidung 9 ObA 163/08y abweiche.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die von der Klägerin beantwortete Revision der Beklagten.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
I. Die Beklagte macht in ihrer Revision primär geltend, dass eine rechtswirksam vereinbarte Höchstbefristung des Arbeitsverhältnisses vorliegt, sodass dieses nicht durch Willenserklärung, sondern durch Zeitablauf endete. Die Vereinbarung der Befristung sei im Jahr 1980, daher vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union getroffen worden, sodass ihre Wirksamkeit weder aufgrund der Diskriminierungstatbestände des GlBG noch der diesen zugrunde liegenden europäischen Richtlinien zu beurteilen sei. Die vereinbarte Höchstbefristung sei auch nicht willkürlich, sondern stelle einen sachlich begründeten Ausgleich für die mit der Befristungsvereinbarung verbundene Unkündbarstellung der Klägerin dar. Das System der DO, in dem Vor‑ und Nachteile ausgewogen werden, könne nicht ausschließlich zum Vorteil der Klägerin und zum Nachteil der Beklagten durch die Anwendung europarechtlicher Vorgaben im Nachhinein abgeändert werden. Würde man eine Diskriminierung wegen des Geschlechts bejahen, so wäre das daraus resultierende Ergebnis völlig unbillig, weil Frauen aufgrund der nationalen Bestimmungen eine Alterspension (Regelpension) beziehen und daneben uneingeschränkt dazuverdienen könnten. Eine Diskriminierung der Klägerin wegen des Alters liege schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin zum Zeitpunkt der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf einen Anspruch auf eine Regelalterspension hatte. Auch sei nicht einsichtig, warum ein ‑ wie hier seit Jahren planbares ‑ Auslaufen des Arbeitsverhältnisses, das sich an den Kriterien der tolerierten unterschiedlichen Altersgrenzen für das Regelpensionsalter orientiere und genau denselben Zweck ‑ Eintritt in den Ruhestand unter gleichzeitiger sozialer Absicherung ‑ verfolge, nicht zum „eng gezogenen Kreis“ von Leistungen im Sinn der RL 79/9/EWG zähle.
II. Aufgrund dieser Ausführungen hat der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 25. 10. 2011, 8 ObA 63/10p dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
„Steht Art 3 Abs 1 lit a und c der Richtlinie 76/207/EWG in der Fassung der Richtlinie 2002/73/EG einer nationalen Regelung entgegen, nach der die Frage einer Diskriminierung wegen des Geschlechts im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, die aufgrund eines vor Inkrafttreten der genannten Richtlinie (hier: vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union) geschlossenen befristeten Einzelarbeitsvertrags ausschließlich durch Zeitablauf erfolgt, nicht anhand der vor dem Beitritt getroffenen Vertragsvereinbarung über die Befristung als 'Entlassungsbedingung', sondern nur im Zusammenhang mit der Ablehnung des Antrags auf Vertragsverlängerung als 'Einstellungsbedingung' zu prüfen ist?“
Dieses Ersuchen um Vorabentscheidung wurde vom Obersten Gerichtshof zusammengefasst damit begründet, dass sich der hier zu beurteilende Sachverhalt von dem in der Rechtssache C‑356/09, Kleist, entschiedenen dadurch unterscheide, dass dem Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht ein Kollektivvertrag, sondern ein Einzelarbeitsvertrag zugrunde liege und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch Willenserklärung, sondern durch Zeitablauf erfolgt sei. Die Nichterneuerung eines befristeten Arbeitsvertrags könne nicht einer Kündigung gleichgestellt werden. Anders als in der Rechtssache Kleist sei daher einerseits zu beurteilen, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch bloßen Zeitablauf wirksam zum 31. 12. 2008 geendet habe und andererseits, wie die mangelnde Bereitschaft der Beklagten zur Verlängerung des Arbeitsvertrags zu beurteilen sei. Diese Unterscheidung sei deshalb von Bedeutung, weil die Vereinbarung der Befristung vor dem Beitritt der Republik Österreich zur Europäischen Union erfolgte, während das vereinbarte Ende des Arbeitsverhältnisses einerseits, aber auch die mangelnde Bereitschaft zur Verlängerung andererseits auf einen Zeitpunkt nach dem Beitritt falle. Der Beitritt der Republik Österreich zur Europäischen Union sei im Zeitpunkt der Vereinbarung der Befristung nicht absehbar gewesen. Nach dem Beitritt der Republik Österreich zur Europäischen Union habe allein der Zeitablauf ‑ nicht aber eine (weitere) Erklärung der Arbeitgeberin ‑ zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt. Nach österreichischem Recht liege der maßgebliche Tatbestand für die Annahme einer Befristung in der vertraglichen Vereinbarung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses; der Ablauf der Befristung sei nur noch „Auswirkung“. Anders stelle sich dies für die Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung des Arbeitsverhältnisses über den Ablauf der vereinbarten Befristung hinaus dar, die nach ihrem Inhalt nicht als Frage der „Entlassung“ sondern als Frage der „Einstellung“ zu qualifizieren sei. Im Hinblick auf die Bedeutung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes und auf die Ausformung des Gleichbehandlungsrechts und dessen Akzeptanz seien die hier aufgeworfenen Fragen noch nicht ausreichend durch die Rechtsprechung des EuGH geklärt.
III. Mit seinem Urteil vom 12. 9. 2013, C‑614/11, beantwortete der EuGH die ihm vom Obersten Gerichtshof vorgelegte Frage wie folgt:
„Art 3 Abs 1 Buchst c der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen in der durch die Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die in einer Dienstordnung besteht, die Bestandteil eines vor Beitritt des betreffenden Mitgliedstaats zur Europäischen Union geschlossenen Arbeitsvertrags ist und vorsieht, dass das Arbeitsverhältnis durch Erreichen des Pensionsantrittsalters endet, das nach dem Geschlecht des Arbeitnehmers unterschiedlich festgesetzt ist, eine nach der Richtlinie verbotene unmittelbare Diskriminierung begründet, wenn der betreffende Arbeitnehmer das Pensionsantrittsalter nach diesem Beitritt erreicht.“
In der Begründung seiner Entscheidung führte der EuGH aus, dass die RL 76/207/EWG mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am 1. 1. 1995 verbindlich wurde, sodass sie für zukünftige Auswirkungen vor dem Beitritt Österreichs zur Union entstandener Sachverhalte gelte. Ein befristeter Arbeitsvertrag erschöpfe seine Rechtswirkungen nicht mit der Unterzeichnung, sondern setze sie vielmehr fort und erzeuge sie regelmäßig während der gesamten Vertragsdauer. Der Anwendungsbereich des Grundsatzes des Vertrauensschutzes dürfe nicht so weit erstreckt werden, dass die Anwendung einer neuen Regelung auf die künftigen Auswirkungen von unter der Geltung der früheren Regelung entstandenen Sachverhalten schlechthin ausgeschlossen sei. Die Beklagte habe unter diesen Umständen nicht darauf vertrauen dürfen, dass die RL 76/207/EWG keinerlei Auswirkung auf die dem im Jahr 1980 abgeschlossenen Vertrag zugrunde liegenden Regeln haben werde, die erst bei Vertragsende relevant sein sollten.
Die Anwendung der RL 76/207/EWG betreffe ab dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union in Bezug auf die Anfechtung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin daher keinen abgeschlossenen Sachverhalt. Die Klägerin könne sich gegenüber der Beklagten unmittelbar auf die Anwendung der Richtlinie berufen. Die Nichterneuerung eines befristeten Arbeitsvertrags zum Zeitpunkt seiner regulären Beendigung könne zwar grundsätzlich einer Kündigung nicht gleichgestellt werden. Im Bereich der Gleichbehandlung sei jedoch der Begriff der Entlassung weit auszulegen. Daher sei die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin nach § 25 Abs 2 lit a DO einer Entlassung iSd Art 3 Abs 1 lit c RL 76/207/EWG gleichzusetzen.
Aus § 25 DO gehe hervor, dass das Arbeitsverhältnis der Dienstnehmer ende, wenn sie das Pensionsantrittsalter erreichen, das bei Männern 65 Jahre, bei Frauen hingegen 60 Jahre betrage. Dieses Kriterium stelle ausdrücklich auf das Geschlecht der Dienstnehmer ab, sodass die Regelung des § 25 DO eine unmittelbar auf das Geschlecht gestützte Ungleichbehandlung begründe. Die Bestimmungen der §§ 25, 26 und 65 DO verfolgten das Ziel, die Bedingungen zu regeln, unter denen das Arbeitsverhältnis der Beschäftigten beendet werden kann. Der den weiblichen Dienstnehmerinnen eingeräumte Vorteil ‑ die Möglichkeit, eine Alterspension fünf Jahre früher als männliche Dienstnehmer zu beanspruchen ‑ stehe in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Ziel der Regelung, die eine Ungleichbehandlung festsetze. Weibliche und männliche Dienstnehmer befänden sich daher hinsichtlich der Bedingungen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einer vergleichbaren Situation, sodass eine verbotene Diskriminierung nach der RL 76/207/EWG vorliege. Da § 25 DO eine unmittelbare Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts begründe, könne die Diskriminierung, die diese Bestimmung festsetze, auch nicht sachlich gerechtfertigt sein.
IV. Unter Berücksichtigung der Vorabent-scheidung des EuGH erweist sich die Entscheidung des Berufungsgerichts daher im Ergebnis als zutreffend. Dazu ist auszuführen:
IV.1 Wie bereits im Vorlagebeschluss ausgeführt, ist die beklagte Landes‑Landwirtschaftskammer eine staatliche Einrichtung im Sinn der Rechtsprechung des EuGH, sodass ihr gegenüber die ‑ hier noch anwendbare ‑ RL 76/207/EWG (idF der RL 2002/73/EG , C‑614/11, Rn 1 und 5) unmittelbar anwendbar ist. Die Richtlinie ist hinreichend genau, sodass sich ein Einzelner gegenüber dem Staat darauf berufen kann (C‑614/11, Rn 32 mwH).
IV.2 Zur Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit 31. 12. 2008:
IV.2.1 Ein Klagebegehren ist so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit der Klageerzählung vom Kläger gemeint ist. Ein nur versehentlich unrichtig formuliertes Klagebegehren ist daher von Amts wegen richtig zu fassen (RIS‑Justiz RS0037440; RS0041207 ua). Die Revisionswerberin rügt einen Verstoß gegen § 405 ZPO, weil die Klägerin in ihrer Klageerzählung nur die Anfechtungstatbestände der §§ 105 ArbVG sowie 12 und 26 GlBG geltend gemacht habe. Dazu kann auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen werden: §§ 12 Abs 7 und 26 Abs 7 GlBG sehen für den hier maßgebenden Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses durch Zeitablauf (unter bestimmten Voraussetzungen) (nur) das Begehren auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses vor, sodass das Begehren der Klägerin sinnvollerweise nur in diesem Sinn verstanden werden kann.
IV.2.2 Der zentralen Argumentation der Beklagten, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin durch Zeitablauf am 31. 12. 2008 infolge einer wirksam im Jahr 1980 vereinbarten Befristung erfolgt sei, kommt aufgrund der Vorabentscheidung des EuGH keine Berechtigung zu, dies auch nicht unter Berufung auf das Argument des Vertrauensschutzes. Die Erklärung der Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses über den 31. 12. 2008 hinaus ist danach als „Entlassung“ im Sinn des ‑ unmittelbar anwendbaren ‑ Art 3 Abs 1 lit c RL 76/207/EWG anzusehen. Diese „Entlassung“ unterliegt, da sie nach dem 1. 7. 2004 ausgesprochen wurde (§ 63 Abs 1 GlBG), dem Anwendungsbereich des Gleichbehandlungs-gesetzes, weil der befristete Arbeitsvertrag der Klägerin seine Rechtswirkungen nicht mit der ‑ im Jahr 1980 vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union erfolgten ‑ Unterzeichnung erschöpft hat, sondern diese regelmäßig während der gesamten Vertragsdauer neu erzeugt (C‑614/11 Rn 29).
IV.2.3 Die Berufung auf die Wirksamkeit der mit 31. 12. 2008 vereinbarten Befristung durch die Beklagte stellt aus den vom EuGH dargestellten Gründen eine verbotene unmittelbare Diskriminierung der Klägerin aufgrund des Geschlechts bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar (§§ 3 Z 7, 5 Abs 1 GlBG). Diese ist einer Rechtfertigung nicht zugänglich (C‑614/11 Rn 51; Hopf/Mayr/Eichinger, Gleichbehandlungsgesetz § 5 Rz 35). Aus diesem Grund liegt weder die von der Revisionswerberin in diesem Zusammenhang behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens vor, noch bedarf es eines näheren Eingehens auf die Argumente der Beklagten, wonach die Annahme einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts hier zu einem völlig unbilligen Ergebnis führen würde.
IV.2.4 Der unionsrechtliche Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes (Art 47 GRC; Art 19 Abs 1 EUV) besagt, dass die nationalen Regelungen die Durchsetzung der durch Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen. Dem Betroffenen muss danach eine
effiziente Durchsetzung der Ansprüche durch geeignete Rechtsbehelfe ermöglicht werden (8 Ob 29/13t; RIS‑Justiz RS0128689). Dies bedeutet angewandt auf den hier vorliegenden Fall, dass sich die Beklagte nicht auf die Wirksamkeit der vereinbarten Befristung zur Begründung der Beendigung des Dienstverhältnisses der Klägerin durch Zeitablauf zum 31. 12. 2008 gemäß § 25 Abs 2 lit a DO stützen kann, weil nur auf diese Weise eine diskriminierende „Entlassung“ der Klägerin wegen des Geschlechts iSd Art 3 Abs 1 lit c RL 76/207/EWG vermieden werden kann.
Zu Unrecht beruft sich die Revisionswerberin auch auf Art 7 Abs 1 lit a RL 79/7/EWG . Dazu wurde bereits im Vorlagebeschluss 8 ObA 63/10p darauf hingewiesen, dass der EuGH in der Rs C‑356/09, Kleist, mittlerweile ausgesprochen hat (Rn 40), dass die in dieser Bestimmung enthaltene Ausnahme vom Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts für den Bereich der sozialen Sicherheit („staatliche Sozialversicherung“) angesichts der grundlegenden Bedeutung des Grundsatzes der Gleichbehandlung eng auszulegen ist und grundsätzlich nicht für den hier relevanten Bereich der „Entlassungsbedingungen“ iSd Art 3 Abs 1 lit c RL 76/207/EWG gilt.
Bereits ausgehend davon erweist sich das Begehren auf Feststellung des aufrechten Fortbestands des Dienstverhältnisses über den 31. 12. 2008 hinaus als gerechtfertigt.
Einer Auseinandersetzung mit den Ausführungen der Revisionswerberin zur Frage der Diskriminierung der Klägerin wegen des Alters iSd RL 2000/78/EG und der in diesem Zusammenhang von ihr geltend gemachten Rechtfertigungsgründe bedarf es daher nicht.
IV.3 Zur Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit 28. 2. 2009:
Die Rechtsrüge ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, wenn nicht dargelegt wird, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht unrichtig erscheint, sondern sich darauf beschränkt, allgemein deren Unrichtigkeit zu behaupten, ohne dies zu konkretisieren (RIS‑Justiz RS0043603 [T12]). Die Revisionswerberin stellt im Zusammenhang mit der Anfechtung der ‑ aus juristischer Vorsicht ausgesprochenen ‑ Kündigung zum 28. 2. 2008 weder die Umdeutung des diesbezüglichen Klagebegehrens durch das Berufungsgericht in eine Kündigungsanfechtung noch dessen Rechtsansicht, dass die Frist des § 15 GlBG für die Anfechtung gemäß § 12 Abs 7 GlBG bei dieser Kündigung eingehalten wurde, in Frage. Ebenso wenig zieht sie die weitere Rechtsansicht des Berufungsgerichts in Zweifel, dass die ‑ aus juristischer Vorsicht ausgesprochene ‑ Kündigung der Klägerin offenkundig in Reaktion auf ihren Wunsch erfolgte, das Dienstverhältnis über den 31. 12. 2008 hinaus fortzusetzen, daher jedenfalls auch wegen der nicht offenbar unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Gleichbehandlungsgesetz (§ 12 Abs 7 Satz 1 zweiter Tatbestand GlBG). Mangels Vorliegens einer zu dieser selbständigen Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0043338) gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge ist dem Obersten Gerichtshof deren Nachprüfung verwehrt (RIS‑Justiz RS0043603 [T10]; RS0043605 [T1]).
Der Revision war daher keine Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens ‑ einschließlich des als Zwischenstreit anzusehenden Verfahrens vor dem EuGH (9 ObA 124/10s; RIS‑Justiz RS0109758) ‑ beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Ersatz der Kosten von Einwendungen der (in der Hauptsache obsiegenden) Klägerin gegen die von der Beklagten für das Zwischenverfahren vor dem EuGH geltend gemachten Kosten ist nicht vorgesehen.
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