European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:008OBA00064.13I.0526.000
Spruch:
Die Anträge, der Oberste Gerichtshof möge feststellen,
dass bei der Berechnung des Urlaubsentgelts für alle jene ArbeitnehmerInnen der ÖBB Holding AG sowie deren in die Zuständigkeit des Antragsgegners fallenden Tochterunternehmungen, auf deren Dienstverhältnisse die Allgemeinen Vertragsbedingungen der Angestellten bei den Österreichischen Bundesbahnen (AVB) zur Anwendung gelangen und die nach dem 31. 12. 1995 und vor dem 1. 1. 2004 in die Dienste der Österreichischen Bundesbahnen getreten sind, die von den ArbeitnehmerInnen regelmäßig geleisteten Mehr‑ und Überstunden nach dem Durchschnitt der letzten 13 Wochen zu berücksichtigen sind;
hilfsweise, dass bei all jenen ArbeitnehmerInnen der genannten Unternehmungen, auf deren Dienstverhältnis die AVB zur Anwendung gelangen, und die nach dem 31. 12. 1995 und vor dem 1. 1. 2004 in die Dienste der Österreichischen Bundesbahnen eingetreten sind, das Urlaubsgesetz zur Anwendung gelangt, und daher gemäß § 6 UrlG die regelmäßig geleisteten Mehr‑ und Überstunden nach dem Durchschnitt der letzten 13 Wochen vor Antritt des Urlaubs zu berücksichtigen sind,
werden abgewiesen.
Text
Begründung
Der Antragsteller ist eine kollektivvertragsfähige freiwillige Berufsvereinigung der Arbeitnehmer gemäß § 4 Abs 2 ArbVG und für die in Rede stehenden Arbeitsverhältnisse zuständig (RIS‑Justiz RS0051126). Der Antragsgegner ist eine kollektivvertragsfähige Körperschaft der Arbeitgeber nach § 4 Abs 1 ArbVG. Für den Bereich der Wirtschaftskammer ist zu beachten, dass die Kollektivvertragsfähigkeit auch deren Unterorganisationen wie Fachgruppen und Fachverbänden zukommt (8 ObA 17/12a). Zwischen den Parteien ist nicht strittig, dass die vom Antrag berührte Rechtsfrage für mehr als drei Arbeitnehmer von Bedeutung ist.
Gegenstand des Antrags ist die Frage nach der Berechnung des Urlaubsentgelts für die von den AVB erfassten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (in weiterer Folge: Bedienstete) der ÖBB Holding AG und deren Konzerngesellschaften.
Der Antragsteller begehrt die aus dem Spruch ersichtliche Feststellung und bringt dazu ‑ zusammengefasst ‑ vor: Der Oberste Gerichtshof habe in den Entscheidungen 9 ObA 181/07v und 8 ObA 20/08m unter Berufung auf § 22 Abs 5 Bundesbahngesetz 1992 ausgeführt, dass das Urlaubsgesetz auf bestimmte Dienstverhältnisse von Beschäftigten zu den ÖBB nicht anwendbar sei. Diese Entscheidungen, auf die sich die Dienstgeberseite berufe, hätten sich allerdings nur auf solche Fälle bezogen, in denen die betroffenen Beschäftigten vor dem 1. 1. 1996 in die Dienste der ÖBB eingetreten seien. Für die nach dem 31. 12. 1995 und vor dem 1. 1. 2004 eingetretenen Arbeitnehmer könne diese Ansicht nicht aufrecht erhalten werden: Arbeitnehmer, die nach dem 31. 12. 1992 in ein Dienstverhältnis zu den ÖBB eingetreten seien, seien niemals Arbeitnehmer des Bundes gewesen. Infolge des gesetzlichen Auftrags in § 22 BBG 1992 seien die AVB 1996, die seit 1. 1. 1996 in Geltung stehen, geschaffen worden. Für Arbeitnehmer, die nach dem 31. 12. 1995 bei den ÖBB eingetreten seien, hätten daher von Beginn des Dienstverhältnisses an rein privatrechtliche Regelungen gegolten. Die §§ 66 Abs 2, 67 AVB hätten sämtliche Bezüge zum zuvor gegebenen öffentlich‑rechtlichen Charakter der Dienstverhältnisse der ÖBB‑Beschäftigten endgültig und umfassend beseitigt, sodass der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 4 UrlG für diese Dienstverhältnisse nicht mehr zur Anwendung komme. Auch mit der Bestimmung des § 53 Abs 5 Bundesbahnstrukturgesetz 2003 sei nicht gemeint, dass für die privatrechtlichen Regelungen für ÖBB‑Beschäftigte, die nach dem 31. 12. 1995 eingetreten sind, Ausnahmetatbestände wie § 1 Abs 2 Z 4 UrlG aufrecht erhalten bleiben sollen. Auf die Dienstverhältnisse der nach dem 31. 12. 1995 und vor dem 1. 1. 2004 eingetretenen Arbeitnehmer sei daher das UrlG anzuwenden, sodass nach Punkt 14 der einen Teil der AVB bildenden Urlaubsdienstanweisung bei der Berechnung des Urlaubsentgelts die von den Bediensteten regelmäßig geleisteten Mehr‑ und Überstunden nach dem Durchschnitt der letzten 13 Wochen vor Antritt des Urlaubs zu berücksichtigen seien.
Zu diesem Ergebnis führe überdies auch ‑ gemeint offenbar: unabhängig von der Anwendbarkeit des UrlG ‑ die richtige Auslegung des Pkt 14.1 der Urlaubsdienstanweisung, wonach Bedienstete während des Erholungsurlaubs den Anspruch auf das Entgelt in der ständigen Verwendung behalten. Der in Pkt 14.1 der Urlaubsdienstanweisung verwendete Entgeltbegriff sei weiter als der in § 24 AVB definierte und umfasse auch Mehr‑ und Überstunden. Die Dienstgeberseite lege die Urlaubsdienstanweisung unrichtig aus und berufe sich dabei auf die Entscheidung 9 ObA 320/89. Diese Entscheidung sei aber vor der Ausgliederung der ÖBB durch das Bundesbahngesetz 1992 (BBG 1992) ergangen und stelle auf den damals noch bestehenden öffentlich‑rechtlichen Einschlag der Eisenbahnerdienstverhältnisse ab, von dem aber nunmehr nicht mehr ausgegangen werden könne.
Die Antragsgegnerin tritt dem entgegen. Aus § 53 Abs 5 iVm § 22 Abs 5 BBG ergebe sich, dass das Urlaubsgesetz gemäß § 1 Abs 2 Z 4 UrlG für jene Arbeitsverhältnisse, deren Beginn vor dem 1. 1. 2004 liegt, nicht anwendbar sei. Die Anwendung des Urlaubsgesetzes ergebe sich weder aus Gesetz noch aus einem Kollektivvertrag. Die AVB enthielten einen eindeutig bestimmten Entgeltbegriff, der sich vom allgemeinen arbeitsrechtlichen Entgeltbegriff unterscheide. Der Entgeltbegriff der AVB sei auch für die in ihrem Wortlaut seit der Urfassung unveränderte Bestimmung des Pkt 14 der Urlaubsdienstanweisung maßgeblich. Danach seien für die Berechnung des Urlaubsentgelts weder Mehr‑ noch Überstunden zu berücksichtigen. Unabhängig vom unstrittigen Abgehen vom öffentlich‑rechtlichen Einschlag der Arbeitsverhältnisse und der Streichung des Verweises auf das Gehaltsgesetz in den Vertragsschablonen seien die in 9 ObA 320/89 aufgestellten Grundsätze daher nach wie vor für jene Arbeitsverhältnisse, die vor dem 1. 1. 2004 begonnen haben, heranzuziehen.
Rechtliche Beurteilung
Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:
Gemäß § 54 Abs 2 ASGG können kollektivvertragsfähige Körperschaften der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer im Rahmen ihres Wirkungsbereichs gegen eine kollektivvertragsfähige Körperschaft der Arbeitnehmer bzw der Arbeitgeber beim Obersten Gerichtshof einen Antrag auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechten oder Rechtsverhältnissen anbringen, die einen von namentlich bestimmten Personen unabhängigen Sachverhalt betreffen. Der Antrag muss eine Rechtsfrage des materiellen Rechts auf dem Gebiet der Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG zum Gegenstand haben, die für mindestens drei Arbeitgeber oder Arbeitnehmer von Bedeutung ist. Gemäß § 54 Abs 4 ASGG hat der Oberste Gerichtshof über den Feststellungsantrag auf der Grundlage des darin angegebenen Sachverhalts zu entscheiden (RIS‑Justiz RS0085712).
Da sämtliche der angeführten Voraussetzungen gegeben sind, ist der vorliegende Feststellungsantrag zulässig. Er ist aber aus folgenden Überlegungen nicht berechtigt.
I. Zur Auslegung des Antrags
Aus dem gesamten Vorbringen des Antragstellers ergibt sich, dass er die begehrten Feststellungen (nur) für jene Bediensteten der ÖBB Holding AG bzw deren in die Zuständigkeit des Antragsgegners fallenden Tochtergesellschaften wünscht, die nach dem 31. 12. 1995 und vor dem 1. 1. 2004 eingetreten sind (vgl Pkt 3.1 des Antrags), die also niemals Bedienstete des Bundes waren und auf deren Dienstverhältnis von Anfang an die AVB im Rahmen einer privatrechtlichen Vereinbarung ohne öffentlich-rechtlichen Einschlag gegolten haben (siehe ausdrücklich etwa S 4 zum Eventualbegehren; soweit das Begehren unabhängig von der Anwendbarkeit des UrlG auf die Auslegung der Urlaubsdienstanweisung gestützt wird s überdies S 7 f). Es sind dies jene Bediensteten, für die die Übergangsvorschriften des § 22 Abs 5 BBG in der Stammfassung BGBl 1992/825 (in weiterer Folge: BBG aF) bzw § 53 Abs 5 BBG in der Fassung des Bundesbahnstrukturgesetzes 2003, BGBl I 2003/138 (in weiterer Folge BBG nF) zur Anwendung gelangen. In diesem Sinn hat auch die Antragsgegnerin den Antrag verstanden, die sich in ihrer Stellungnahme mehrfach auf jene Dienstverhältnisse bezieht, deren vertraglich vereinbarter Beginn vor dem 1. 1. 2004 liegt. Entsprechend diesem Verständnis des Antrags haben beide Parteien zur Rechtslage für Dienstverhältnisse, die nach dem 1. 1. 2004 begründet wurden, keinerlei Vorbringen erstattet. Dieses Verständnis des Antrags war daher auch im Spruch der Entscheidung zum Ausdruck zu bringen, um die Reichweite der darin enthaltenen Aussagen unmissverständlich klarzustellen.
II. Zur Anwendbarkeit des UrlG
II.1. Gemäß § 1 Abs 2 Z 4 UrlG sind solche Arbeitsverhältnisse zum Bund vom Anwendungsbereich des UrlG ausgenommen, auf die dienstrechtliche Vorschriften anzuwenden sind, die den Urlaubsanspruch zwingend regeln. Als solche den Urlaubsanspruch zwingend regelnde Dienstvorschriften kommen auch Dienstordnungen, wie sie etwa für das Dienstrecht der Bediensteten der ÖBB als lex contractus (Vertragsschablone) gelten, in Betracht (RIS‑Justiz RS0052622). Auch die hier zu behandelnden AVB werden von der Rechtsprechung als „zwingend“ iSd § 1 Abs 2 Z 4 UrlG angesehen (9 ObA 28/09x; RIS-Justiz RS0052622 [T4, T7]; RS0054759 [T2]; RS0071251 [T6]). Dementsprechend hat der Oberste Gerichtshof auch bereits mehrfach ausgesprochen, dass gemäß § 22 Abs 5 BBG aF und § 53 Abs 5 BBG nF für vor dem 1. 1. 2004 begründete privatrechtliche Dienstverhältnisse der Nachfolgegesellschaften der ÖBB § 1 Abs 2 Z 4 UrlG weiter gilt, sodass diese von der Anwendung des UrlG ausgenommen sind (9 ObA 181/07y mwH; 8 ObA 20/08m; 9 ObA 28/09x; RIS‑Justiz RS0123205).
II.2. Dies gilt auch für die hier zu behandelnden Dienstverhältnisse von Bediensteten, die vor dem 1. 1. 2004 eingetreten sind, aber niemals Bedienstete des Bundes waren. Daran ändert auch der vom Antragsteller hervorgehobene Umstand nichts, dass der früher gegebene öffentlich‑rechtliche Einschlag bei den (auch früher) auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhenden (RIS‑Justiz RS0052701) ÖBB‑Dienstverhältnissen durch die Ausgliederung weggefallen ist, sodass die Dienstverträge zu den ÖBB nunmehr als rein privatrechtlich zu beurteilen sind (8 ObA 110/01m ua).
§ 22 Abs 1 BBG aF ordnet an, dass die Bestimmungen über das Dienst‑, Besoldungs‑ und Pensionsverhältnis der Bediensteten der ÖBB bis zu ihrer Neuregelung unberührt bleiben. Nach § 22 Abs 5 BBG aF bleibt der Anwendungsbereich von Rechtsvorschriften des Bundes (in ihrer jeweils geltenden Fassung), die auf Regelungsinhalte gemäß Abs 1 und die diesen Regelungsinhalten bis zum 31. 12. 1992 zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse abstellen, unberührt. Damit sollte sichergestellt sein, dass die geltenden Dienstvertragsnormen der ÖBB in den Bereichen des Dienst‑, Besoldungs‑ und Pensionsrechts durch die Übernahme der Bediensteten in ein Dienstverhältnis zum neuen, mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Wirtschaftskörper „Österreichische Bundesbahnen“ unverändert weitergelten (9 ObA 181/07v, 8 ObA 20/08m). § 53 Abs 5 BBG nF setzte die Regelung des § 22 Abs 5 BBG aF fort: Nach dieser Bestimmung bleibt der Anwendungsbereich von arbeitsvertragsrechtlichen Rechtsvorschriften des Bundes (in ihrer jeweils geltenden Fassung), die auf dienst- und besoldungsrechtliche Regelungsinhalte des ÖBB-Dienstrechts und die diesen Regelungsinhalten bis zum 31. Dezember 2003 zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse abstellen, für Arbeitsverhältnisse zu den ÖBB, deren vertraglich vereinbarter Beginn vor dem 1. Jänner 2004 liegt und die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen, unberührt, auch wenn sie infolge eines Betriebsübergangs nach dem 31. Dezember 2003 auf ein anderes Unternehmen (Erwerber) übergehen.
Mit diesen Bestimmungen, die nach ihrem klaren Wortlaut alle Dienstverhältnisse erfassen, deren vertraglich vereinbarter Beginn vor dem 1. Jänner 2004 liegt (9 ObA 28/09x), wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass die geltenden Dienstvertragsnormen der ÖBB in den Bereichen des Dienst‑, Besoldungs‑ und Pensionsrechts trotz der Ausgliederung in einen neuen, mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Wirtschaftskörper unverändert weitergelten und dass daher auch jene Regelungen, die bisher nicht anzuwenden waren, auch in Zukunft nicht anzuwenden sind (9 ObA 181/07v, 8 ObA 20/08m; ErlRV 652 BlgNR 18. GP 16).
Ausgehend vom klaren Wortlaut der genannten Bestimmungen ist daher das UrlG für vor dem 1. 1. 2004 begründete Dienstverhältnisse zu den Österreichischen Bundesbahnen bzw deren Nachfolgegesellschaften nicht anzuwenden, weshalb die vom Antragsteller begehrte Berechnung des Urlaubsentgelts gemäß § 6 UrlG nicht in Frage kommt. Der Umstand, dass es sich sowohl bei den ÖBB nach der Ausgliederung als auch bei deren Konzerngesellschaften nach der Umstrukturierung um Kapitalgesellschaften handelt, steht der Nichtanwendung des Urlaubsgesetzes nicht entgegen (8 ObA 20/08m; Cerny, Anm zu 9 ObA 28/09x, DRdA 2011/26, 327 [328f]).
III. Zur Auslegung von Pkt 14 der Urlaubsdienstanweisung
Der Antragsteller vertritt überdies die Auffassung, dass (gemeint offenbar: selbst wenn das UrlG nicht anwendbar ist) die das Urlaubsentgelt regelnde Bestimmungen des Pkt 14 der Urlaubsdienstanweisung im Sinne seines Standpunkts auszulegen seien.
III.1. Nach Pkt 14.1 der Urlaubsdienstanweisung behalten ÖBB‑Bedienstete während ihres Erholungsurlaubs ihren Anspruch auf Entgelt in der ständigen Verwendung. Gemäß Pkt 14.2 werden Mehraufwandsentschädigungen während des Urlaubs nicht gezahlt (Pkt 14.2.1), während Mehrleistungsentschädigungen nach dem Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen, unter Ausscheidung der Verdienste für ausnahmsweise geleistete Arbeiten, bemessen werden (Pkt 14.2.2). Daraus leitet der Antragsteller ab, dass das Entgelt für Mehr- und Überstundenleistungen als Teil des „Entgelts in der ständigen Verwendung“ bei der Berechnung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen sei.
Auch diesen Ausführungen ist nicht zu folgen:
III.2. Zur Auslegung der Regelung der Bezüge während des Erholungsurlaubs hat der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 9 ObA 320/89 Stellung genommen. Er verwies dabei auf den Umstand, dass das Monatsentgelt im Sinne des § 6 Abs 2 der damals als Vertragsschablone maßgebenden BBO (9 ObA 320/89) ein eindeutig bestimmter Begriff sei und nicht ‑ wie sonst im Arbeitsrecht ‑ ein die gesamte Entlohnung umfassender Oberbegriff. Hinsichtlich der Nebenbezüge verweise § 27 Abs 1 BBO auf die sinngemäße Anwendung der §§ 15 bis 18 und 19a bis 20b des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG). § 15 Abs 1 GehG zähle an Nebengebühren ua die Überstundenvergütung (§ 16) und die Mehrleistungszulage (§ 18) auf. § 16 GehG regle die Abgeltung von Dienstleistungen, die zeitlich über die Normaldienstzeit hinausgehen, während § 18 GehG eine Regelung für quantitative und qualitative Mehrleistungen, bezogen auf eine Zeiteinheit gegenüber der Normalleistung, treffe. Inhaltlich seien daher beide Bestimmungen auf Mehrleistungen bezogen; während es bei der Überstundenvergütung vor allem auf die zeitliche Mehrleistung ankomme, werden bei der Mehrleistungszulage die Arbeitsleistungen selbst gezählt oder sonst gemessen. Es treffe daher nicht zu, dass der in der Urlaubsdienstanweisung verwendete Ausdruck „Mehrleistungsentschädigung“ sowohl die Überstundenvergütung nach § 16 GehG als auch die Mehrleistungszulage nach § 18 GehG entspreche. Diese Bezüge seien ex definitione nicht als (ständige) Monatsbezüge gemäß § 6 Abs 2 BBO anzusehen. Es handle sich dabei vielmehr um spezifische Nebenbezüge, die gemäß § 27 Abs 1 BBO nach den Normen des GehG zuzuordnen seien. Soweit das GehG zwischen der Überstundenvergütung und der Mehrleistungszulage unterscheide, sei dies auch für das Besoldungsrecht der ÖBB von grundsätzlicher Bedeutung. Die Überstundenvergütung finde zeitliche Mehrleistungen ab, während die Mehrleistungszulage (Mehrleistungsent-schädigung) leistungsbezogen sei. Dafür spreche auch Pkt 14.2.2. der Dienstanweisung, nach dem die Mehrleistungsentschädigungen nicht unter Ausscheidung der Verdienste für ausnahmsweise geleistete Überstunden, sondern für ausnahmsweise geleistete „Arbeiten“ bemessen werden. Die Überstundenvergütung sei daher in die Bezüge während des Erholungsurlaubs nicht einzubeziehen.
III.3. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Die Bestimmung des Pkt 14 der Urlaubsdienstanweisung wurde seit damals inhaltlich nicht verändert. Der Begriff des Monatsentgelts ist auch im Anwendungsbereich der AVB eindeutig bestimmt und nicht ‑ wie sonst im Arbeitsrecht ‑ ein die gesamte Entlohnung umfassender Oberbegriff (8 ObA 16/03s; RIS‑Justiz RS0052762). Ebenso wie bereits nach § 27 Abs 1 BBO sind die Überstundenvergütung und die Mehrleistungszulage gemäß § 40 AVB Nebenbezüge und gehören daher nicht zu dem für die Berechnung des Urlaubsentgelts gemäß Pkt 14 der Urlaubsdienstanweisung maßgeblichen Monatsentgelt iSd § 24 AVB. Dass der früher vorhandene öffentlich‑rechtliche Einschlag der privat-rechtlichen Dienstverhältnisse der Bundesbahnbediensteten seit der Ausgliederung der ÖBB und der Neuregelung der Dienstverhältnisse durch die AVB weggefallen ist, vermag daher keine andere Auslegung der hier maßgebenden, insoweit unveränderten Regelungen herbeizuführen.
III.4. Die vom Antragsteller für seinen Standpunkt zitierte Entscheidung 9 ObA 98/07p, die ebenfalls auf die Entscheidung 8 ObA 16/03s verweist, steht in dieser Rechtsprechungslinie. Allerdings gelangte der Oberste Gerichtshof in 9 ObA 98/07p vor dem Hintergrund einer nicht vergleichbaren Rechtslage zu dem Ergebnis, dass der allgemeine Entgeltbegriff des § 9 ARG für die ÖBB‑Bediensteten zur Anwendung zu gelangen hat: Denn anders als § 1 Abs 2 Z 4 UrlG wurde die für Arbeitnehmer des Wirtschaftskörpers Österreichische Bundesbahnen geltende Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 2 Z 2 ARG mit BGBl I 2004/30, welches mit 1. 5. 2004 in Kraft trat, gestrichen.
IV. Am dargestellten Ergebnis ändert sich ausgehend vom vorgetragenen Sachverhalt auch durch unionsrechtliche Überlegungen nichts.
Der EuGH hat jüngst in seiner Entscheidung C‑539/12, Lock, den Grundsatz betont, dass das hinsichtlich des Urlaubs gezahlte Arbeitsentgelt grundsätzlich so bemessen sein muss, dass es mit dem gewöhnlichen Entgelt des Arbeitnehmers übereinstimmt. Setze sich das vom Arbeitnehmer bezogene Entgelt aus mehreren Bestandteilen zusammen, so erfordere die Bestimmung des gewöhnlichen Entgelts, auf das der Arbeitnehmer während des Jahresurlaubs Anspruch habe, eine spezifische Prüfung. Aus diesen Erwägungen lässt sich ein unbedingter Anspruch auf Fortzahlung jedenfalls des in den letzten Wochen vor Urlaubsantritt bezogenen Überstundenentgelts nicht ableiten. Ob und in welchem Ausmaß für die betroffenen Arbeitnehmer Überstunden regelmäßig angefallen sind und auch im Urlaubszeitraum angefallen wären, wenn sie in dieser Zeit gearbeitet hätten, bedürfte einer gesonderten Prüfung, die den Rahmen des vorliegenden Antrags überschreitet.
V. Aus all diesen Gründen war daher sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren des Antragstellers abzuweisen.
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