Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Die Klägerin steht in der außerordentlichen Revision auf dem Standpunkt, dass ein nach Stundensatz vereinbartes Rechtsanwaltshonorar (stundenabhängiges Zeithonorar) keiner nachfolgenden Angemessenheitskontrolle unterliege und selbst im Fall einer Angemessenheitsprüfung (außerhalb der Voraussetzungen des § 879 ABGB) eine Mäßigung unter den Tarif (RATG) nicht in Betracht komme.
Damit zeigt die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage auf.
2. In der Entscheidung 7 Ob 259/10d, ging es ‑ wie hier ‑ um den aus einer Stundensatzvereinbarung abgeleiteten Honoraranspruch einer Rechtsanwälte‑GmbH für zwei Causen, die eine arbeitsrechtliche Streitigkeit mit einem Streitwert von 3 Mio ATS und einen Honorarstreit betrafen. In dieser Entscheidung erblickte der Oberste Gerichtshof in der Beurteilung der Vorinstanzen, der zwischen den Parteien vereinbarte Stundensatz sei angemessen, keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung. Als Kriterien für die Angemessenheit der Anwaltsleistung wurden deren Umfang, deren Schwierigkeit und Komplexität, die Bedeutung der Angelegenheit für den Einzelnen, das Haftungsrisiko, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten und die Erfahrung des Anwalts bzw der Grad seiner Spezialisierung genannt.
Eine nachträgliche gerichtliche Angemessenheitsprüfung im Fall eines vereinbarten Stundensatzes entspricht somit der Rechtsprechung. Auch Thiele (Anwaltskosten³ 16 ff) vertritt die Ansicht, dass das Angemessenheitsgebot (nach § 1152 ABGB) für das frei vereinbarte Honorar und auch für eine zulässige Honorarvereinbarung des Stundensatzes (Zeithonorar) gelte.
3.1 Auf den Vertrag des Rechtsanwalts mit seinem Klienten ist zunächst die RAO anzuwenden; hilfsweise gelten die Bestimmungen über den Bevollmächtigungsvertrag (RIS‑Justiz RS0038703; RS0038942). § 16 Abs 1 RAO (vgl auch § 2 Abs 1 RATG und § 50 Abs 1 RL‑BA) sieht die Möglichkeit der freien Vereinbarung des Honorars für den Rechtsanwalt vor, stellt also die Privatautonomie zwischen Klient und Rechtsanwalt sicher. Die Rangfolge der Rechtsgrundlagen für das Anwaltshonorar bestimmt sich demnach wie folgt: 1) Parteienvereinbarung, 2) RATG und 3) angemessenes Entgelt nach § 1152 ABGB, wobei jede Rechtsgrundlage die nachfolgende ausschließt (RIS‑Justiz RS0071999; RS0038356).
3.2 Bei einem vereinbarten Zeithonorar bestimmt sich der Honoraranspruch einerseits nach dem (hier unstrittigen) vereinbarten Stundensatz und andererseits nach dem Zeitaufwand. Die zwischen Klient und Rechtsanwalt getroffene Vereinbarung bezieht sich nur auf den Stundensatz, konkret auf dessen Höhe. Selbst wenn man ‑ wie die Klägerin ‑ die nachträgliche gerichtliche Prüfung auf eine Sittenwidrigkeitskontrolle beschränken würde (vgl dazu RIS‑Justiz RS0038770; RS0038374), könnte dies jedenfalls nur für die Honorarkomponenten gelten, die konkret Gegenstand der Vereinbarung sind. Demgegenüber ist in Bezug auf den Zeitaufwand in jedem Fall eine Angemessenheitskontrolle zulässig, weil der Zeitaufwand ‑ anders als etwa der Honorarbetrag bei einem Pauschalhonorar (siehe dazu aber § 50 Abs 3 RL‑BA) ‑ außerhalb der getroffenen Vereinbarung gelegen ist.
Dies bedeutet zunächst nicht nur, dass nicht erbrachte Leistungen nicht zu honorieren sind, sondern auch, dass für unsachliche bzw unzweckmäßige Leistungen kein Honorar gebührt.
3.3 Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung keineswegs von der deutschen Rechtslage ausgegangen. Vielmehr hat es seine Ansicht, dass nur notwendige und nützliche Leistungen zu honorieren seien, aus der Interessenwahrungspflicht des Rechtsanwalts nach § 9 Abs 1 RAO abgeleitet. Ausdrücklich nur „unterstützend“ hat es in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des BGH zu IX ZR 18/09 Bezug genommen.
Den Überlegungen des BGH zum angemessenen Zeitaufwand bei einem vereinbarten Zeithonorar liegen allgemeine Überlegungen zugrunde, die durchaus auch auf die österreichische Rechtslage übertragbar sind. Demnach kann der von einem Rechtsanwalt nachzuweisende Zeitaufwand nur dann im vollen Umfang berücksichtigt werden, wenn er in einem angemessenen Verhältnis zu Schwierigkeit, Umfang und Dauer der zu bearbeitenden Angelegenheit steht. Dabei ist auch zu beachten, dass sich die Arbeitsweise von Rechtsanwälten individuell unterschiedlich gestaltet, weshalb auch Zeitdifferenzen bei der Dauer der Bearbeitung grundsätzlich hinzunehmen sind (IX ZR 18/09; IX ZR 37/10).
Im Sinn dieser Überlegungen geht das Berufungsgericht nicht von einem üblichen Zeitaufwand, sondern von einem nach den konkreten Umständen des Einzelfalls angemessenen Zeitaufwand aus. Wenn es daran anschließend zum Ergebnis gelangt, dass Leistungen, die aufgrund rein kanzleiinterner Gründe (rein kanzleiinterne Mitteilungen) erforderlich wurden, nicht zu honorieren seien, stellt dies keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar.
Den von den Vorinstanzen (auf Basis des eingeholten Sachverständigengutachtens) herangezogenen Kriterien für die Angemessenheitskontrolle zum Zeitaufwand tritt die Klägerin in der außerordentlichen Revision nicht entgegen.
4. Zur Ansicht der Klägerin, wonach ein nach RATG abgerechnetes Honorar jedenfalls als angemessen zu betrachten sei und sich der Rechtsanwalt eine Herabsetzung des Honorars unter das tarifmäßige Honorar nicht gefallen lassen müsse, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die „Angemessenheit des Entgelts nach RATG“ vor allem auf den Tarifansatz bezieht (vgl RIS‑Justiz RS0038942 [T5]). Hinsichtlich der erbrachten Leistungen hat eine Zweckmäßigkeitskontrolle stattzufinden. Außerdem vermag auch die Klägerin nicht schlüssig darzulegen, warum die Angemessenheit des tarifmäßigen Entgelts bei Fehlen einer Honorarvereinbarung (vgl RIS‑Justiz RS0038356) die Angemessenheitsprüfung zum Zeitaufwand bei einem vereinbarten Zeithonorar beschränken soll. Nimmt der Rechtsanwalt die Vorteile, die sich aus einer Honorarvereinbarung ergeben, für sich in Anspruch, so muss er sich auch die Angemessenheitskontrolle gefallen lassen. Auf eine (Parallel‑)Abrechnung nach RATG ist in diesem Fall nicht Bedacht zu nehmen.
Den Ausführungen der Klägerin zum Erfolg ihrer Tätigkeit für den Beklagten kommt im Anlassfall keine Bedeutung zu. Die behaupteten sekundären Feststellungsmängel liegen ebenfalls nicht vor.
5. Mangels erheblicher Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
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