OGH 8Ob19/00b

OGH8Ob19/00b13.7.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Manfred Dallago, Rechtsanwalt, 6330 Kufstein, Oberer Stadtplatz 5a, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der W***** GesmbH, ***** wider die beklagte Partei T*****, vertreten durch Dr. Hans-Peter Ullmann und Dr. Stefan Geiler, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 793.605,72 sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 30. November 1999, GZ 1 R 241/99x-19, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Beurteilung der Frage, ob dem Anfechtungsgegner verschuldete Unkenntnis von der Zahlungsunfähigkeit bzw von der Begünstigungs- oder Benachteiligungsabsicht der späteren Gemeinschuldnerin zum Vorwurf gemacht werden kann, ist grundsätzlich eine im Rahmen des § 502 Abs 1 ZPO revisible Rechtsfrage. Die Frage, ob dem befriedigten Gläubiger die Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners bekannt sein musste, ist zu bejahen, wenn dem Gläubiger genügend verdächtige Umstände bekannt waren oder bei gehöriger Sorgfalt bekannt sein mussten, die den Schluss auf eine Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners rechtfertigen (SZ 58/205; JBl 1990, 666; 7 Ob 2/99s ua). Eine Benachteiligungabsicht bzw Zahlungsunfähigkeit des späteren Gemeinschuldners müsste dann bekannt gewesen sein, wenn die Unkenntnis des Anfechtungsgegners auf einer Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt beruhte. Es genügt dabei leichte Fahrlässigkeit des Anfechtungsgegners (ÖBA 1987, 341; JBl 1990, 666 ua; König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung2 Rz 280). Ob eine solche dem Anfechtungsgegner vorzuwerfende Fahrlässigkeit vorliegt, bestimmt sich nach den dem Anfechtungsgegner im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung zur Verfügung stehenden Informationen, die er zumutbarerweise heranziehen konnte, und ihrer ordnungsgemäßen Auswertung (SZ 55/65 ua). In der jüngeren Rechtsprechung hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass die Verfolgung des Schuldners mit mehreren Befriedigungsexekutionen nur eines von mehreren Indizien für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ist (SZ 55/65; 7 Ob 563/95; JBl 1998, 186) und dass es einem Sozialversicherungsträger nicht in jedem Fall zuzumuten ist, die Liquidität eines Beitragsschuldners durch Prüfung seiner Geschäftsunterlagen zu erheben (6 Ob 622/95). Insbesondere wurde auch ausgesprochen, dass die Tatsache von Exekutionen zunächst nur den Schluss auf eine schlechte Zahlungsmoral des Schuldners erlaube, aber nicht unbedingt ein Anzeichen für das Fehlen liquider Mittel zur Schuldtilgung darstelle (1 Ob 632/88; JBl 1998, 186).

Von dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht nicht abgewichen. Es hat zutreffend darauf verwiesen, dass trotz der eingeleiteten Exekutionsverfahren in keinem einzigen Fall die Durchführung eines Verkaufes von gepfändeten Fahrnissen notwendig war, um Zahlung zu erhalten. Auch erfolgten - wenngleich schleppend - Zahlungen in nicht unbeträchtlicher Höhe durch die spätere Gemeinschuldnerin, sodass sich die Beklagte erst in einem Zeitraum von weniger als drei Monaten vor Konkurseröffnung zur Exekutionsführung genötigt sah. Eine derartige Zeitspanne erachtet selbst Schuhmacher in seiner kritischen Glosse zu 6 Ob 70/97f in JBl 1998, 186 ff als die Annahme einer bloßen Zahlungsstockung rechtfertigend.

Die stets von den Umständen des Einzelfalles abhängende Frage (7 Ob 1676/94; 7 Ob 563/95 ua), ob dem Anfechtungsgegner Fahrlässigkeit zur Last fällt, wurde vom Berufungsgericht auch unter Berücksichtigung der Höhe der aufgelaufenen Rückstände nicht offenbar unrichtig gelöst, weshalb seine Entscheidung einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof nicht bedarf.

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