OGH 5Ob586/82

OGH5Ob586/824.5.1982

SZ 55/65

Normen

KO §31 Abs1
KO §31 Abs1

 

Spruch:

Die Fahrlässigkeit der Unkenntnis des Anfechtungsgegners iS des § 31 Abs. 1 KO bestimmt sich nach den ihm im Zeitpunkt der Vornahme der anzufechtenden Rechtshandlung zu Gebote stehenden Auskunftsmitteln, dem Maß ihrer ihm vernunftgemäß zuzumutenden Heranziehung und der Ordnungsmäßigkeit ihrer Bewertung

OGH 4. Mai 1982, 5 Ob 586/82 (LG Klagenfurt 1 R 428/81; BG Klagenfurt 4 C 299/81)

Text

Winfried L, der ein Uhrenfachgeschäft führte, wurde seit dem Jahre 1971 von Exekutionen verfolgt. Im Jahre 1975 trat seine Überschuldung ein. Während im Jahre 1971 gegen ihn neun Exekutionsverfahren anhängig waren, belief sich die Zahl der gegen ihn anhängigen Exekutionsverfahren im Jahre 1977 auf 15 (Summe der betriebenen Forderungen: 170 000 S) und im Jahre 1978 auf 25 (Summe der betriebenen Forderungen: 160 000 S). Bereits in den Jahren 1977 und 1978 wurden gegen Winfried L auch Anträge auf Konkurseröffnung gestellt. Um zunächst die Abweisung der Anträge zu erreichen, denen jeweils nur kleinere Forderungen zugrunde lagen, bezahlte er diese Forderungen. Ab Mitte 1978 war Winfried L zahlungsunfähig. Am 30. 8. 1979 wurde vom Landesgericht Feldkirch zu S 27/79 über das Vermögen des Winfried L der Konkurs eröffnet und Rechtsanwalt Dr. Melchior B zum Masseverwalter bestellt.

Winfried L stand seit längerer Zeit mit der Leder- und Kunststoffwarenfabrik Hermann H in Geschäftsverbindung. Zunächst hatte er mit der Bezahlung der Rechnungen für gelieferte Waren keine Schwierigkeiten. In den letzten Jahren bezahlte er jedoch die Lieferungen des Hermann H zunehmend mit Wechselakzepten, bis diese schließlich nicht mehr angenommen wurden. Am 8. 9. 1878 erwirkte Hermann H gegen Winfried L zu 15 C 1002/78 des Bezirksgerichtes Klagenfurt ein Versäumungsurteil über 12 873.12 S samt Anhang, am 28. 12. 1978 zu 15 C 1308/78 dieses Gerichtes ein solches über 4 571.05 S samt Anhang. Zur Hereinbringung der genannten Forderungen wurde Hermann H, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Hugo S und Dr. Anton K, vom Bezirksgericht Bregenz am 10. 11. 1978 zu E 10 125/78 auf Grund des erstbezeichneten Versäumungsurteils und am 15. 3. 1979 zu E 2666/79 auf Grund des zweitangeführten Versäumungsurteils die Fahrnisexekution bewilligt. Die Pfändung wurde in Ansehung der Gegenstände Postzahl 2 bis 5 und 53 bis 62 am 12. 12. 1978 (zu E 10 125/78) bzw. am 26. 5. 1979 (zu E 2666/79) durch Anmerkung auf dem Pfändungsprotokoll E 3624/71 vollzogen, nachdem die letzte Anschlußpfändung (betreffend die Gegenstände PZ 54 bis 62) am 29. 12. 1977 vorgenommen und seither kein weiterer Pfandgegenstand mehr vorgefunden worden war. Die Gegenstände PZ 6, 7, 9, 10, 13, 14, 16, 17, 19, 20, 21, 22, 25, 28, 30, 31, 32, 35, 36, 37, 38, 40, 42, 44, 45, 48, 49, 50, 51 waren am 5. 4. 1978 bereits verkauft.

Am 21. 2. 1979 erhielten ua. auch die Vertreter des Hermann H zu E 10 125/78 die Verständigung des Bezirksgerichtes Bregenz vom 14. 2. 1979 (EForm 261), daß auf Betreiben eines anderen Gläubigers bezüglich der Gegenstände PZ 1, 2 bis 5 und 53 bis 62 für den 21. 3. 1979 der Verkauf aus freier Hand angeordnet worden sei. Aus dieser Verständigung waren außer Hermann H vier weitere betreibende Gläubiger mit betriebenen Forderungen von zusammen 55 256.12 S samt Anhang ersichtlich. Das Verkaufsverfahren wurde in der Folge am 19. 11. 1979 gemäß § 200 Z 3, § 282 Abs. 1 EO eingestellt.

Am 7. 1. 1980 wurden die unter PZ 2, 5, 53, 56 und 58 verzeichneten Pfandgegenstände versteigert. Von dem Verkaufserlös von 10 847.68 S wurden Hermann H zur teilweisen Befriedigung seiner zu E 2666/79 betriebenen Forderung, nämlich der Zinsen bis 7. 1. 1980 und eines Teiles der Kosten, 1310.05 S zugewiesen (Meistbotsverteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 5. 5. 1980). Zugleich wurde er davon verständigt (EForm 271/1), daß die Gegenstände PZ 3, 4, 54, 57 und 59 bis 62 nicht mehr vorgefunden worden seien.

Schon am 2. 2. 1978 hatte das Bezirksgericht Bregenz zu E 1155/78 auf Antrag des Hans H, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Hugo S und Dr. Anton K, auf Grund des Versäumungsurteils des Bezirksgerichtes Villach vom 30. 12. 1977, 3 C 630/77, zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von 11 839.72 S samt Anhang gegen Winfried L die Fahrnisexekution bewilligt, die am 15. 2. 1978 durch Anmerkung auf dem Pfändungsprotokoll E 3624/71 vollzogen worden war. In dieser Exekutionssache teilte das Bezirksgericht Bregenz den genannten Rechtsanwälten mit Schreiben vom 20. 10. 1978 mit, daß auf Grund eines Antrages "der führenden betreibenden Gläubiger" die Überstellung der Fahrnisgegenstände PZ 2 bis 5 und 53 bis 62 in die Versteigerungshalle beim Bezirksgericht Innsbruck vorgenommen worden sel.

Im Frühjahr 1979 sprach Winfried L einmal mit der Buchhalterin des Hermann H, weil er das Verkaufsverfahren hinsichtlich der gepfändeten Gegenstände etwas hinauszögern wollte. Die Buchhalterin verwies ihn an den Rechtsanwalt, dem die Angelegenheit bereits übergeben worden sei. Rechtsanwalt Dr. K bewilligte Winfried L sodann Ratenzahlung. Winfried L leistete auf die Rechnungen aus der Zeit vom 22. 8. 1977 bis 8. 8. 1978 - die Waren wurden in der Zeit vom 19. 10. 1977 bis 17. 8. 1978 ausgeliefert - von 27. 6. bis 1. 9. 1979 Zahlungen von insgesamt 13 487.25 S an Hermann H. Von der Zahlungsunfähigkeit des Winfried L und der Konkurseröffnung über dessen Vermögen erhielt Hermann H erst durch das Schreiben des Masseverwalters vom 28. 2. 1980 Kenntnis, in dem er aufgefordert wurde, zur Vermeidung eines Anfechtungsprozesses den vorgenannten Betrag von 13 487.25 S zurückzuzahlen. Dr. Anton K erfuhr von der Zahlungsunfähigkeit des Winfried L und der Konkurseröffnung über dessen Vermögen erst im März 1980, als ihm Hermann H das vorerwähnte Schreiben zur Verfügung stellte.

Im Juni 1980 zahlte Hermann H dem Masseverwalter die ihm von Winfried L nach Konkurseröffnung überwiesenen Beträge von 1400 S, 1391.29 S und 63.98 S (= 2855.27 S) zurück.

Mit der am 25. 4. 1980 beim Erstgericht eingelangten und in der Folge eingeschränkten Anfechtungsklage begehrte der klagende Masseverwalter vom Beklagten Hermann H unter Berufung auf § 31 Abs. 1 Z 2 KO die Zahlung des Betrages von 10 631.98 S (= 13 487.25 S minus 2855.27 S) samt 4% Zinsen seit 29. 2. 1980.

Der Beklagte bestritt das Vorliegen des geltend gemachten Anfechtungstatbestandes.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren aus der Erwägung ab, daß der Beklagte bei Verwertung sämtlicher zu seinen Gunsten gepfändeter Fahrnisse mit seiner Forderung im Meistbot Deckung gefunden hätte. Es komme nicht darauf an, daß im Meistbotsverteilungsbeschluß vom 5. 5. 1980 dem Beklagten nur ein Betrag von 1 310.05 S zugewiesen worden sei, sondern darauf, ob tatsächlich Deckung vorhanden gewesen sei. Dies müsse bejaht werden, weil weit mehr Fahrnisse gepfändet als verkauft worden seien. Bei Bedachtnahme auf den Wert dieser Fahrnisse wäre auch bei der im Pfändungsprotokoll aufscheinenden Zahl der betreibenden Gläubiger Deckung vorhanden gewesen. Es erübrigten sich daher Überlegungen über eine allenfalls vorhandene verschuldete Unkenntnis des Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit des Winfried L. Das Berufungsgericht erkannte iS des Klagebegehrens. Für die Anfechtung nach § 31 Abs. 1 Z 2 KO - die allein im vorliegenden Falle in Frage komme - seien zwei Voraussetzungen notwendig, nämlich 1. die objektive Voraussetzung der Gläubigerbenachteiligung, welche bei allen Anfechtungstatbeständen Tatbestandsmerkmal sei, obwohl sie im § 31 Abs. 1 Z 2 KO nicht ausdrücklich als Tatbestandsmerkmal angeführt sei, und 2. die subjektive Voraussetzung, daß dem anderen Teil die Zahlungsunfähigkeit bekannt gewesen sei oder zumindest habe bekannt sein müssen. Das Erfordernis der Gläubigerbenachteiligung werde von Lehre und Rechtsprechung dahin verstanden, daß die Anfechtung befriedigungstauglich sein müsse. Sie sei ausgeschlossen, wenn sie nicht zu einer Leistung an die Konkursmasse und damit zu einer Erhöhung der Befriedigungsaussicht der Gläubiger führen könnte (vgl. JBl. 1979, 325). Auch wenn der Gläubiger für seine Forderung ein exekutives Pfandrecht erworben habe, sei seine nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach dem Antrag auf Konkurseröffnung erfolgte Befriedigung aus dem übrigen Vermögen des späteren Gemeinschuldners gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 KO anfechtbar, wenn das Rechtsgeschäft für die Gläubiger nachteilig gewesen sei (objektive Voraussetzung) und dem anderen Teil die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder der Konkurseröffnungsantrag bekannt gewesen sei oder habe bekannt sein müssen (subjektive Voraussetzung; s. JBl. 1977, 651; SZ 38/116 ua.). Bei der Beurteilung der Gläubigerbenachteiligung sei zu prüfen, ob der Beklagte auch bei Realisierung seines Pfandrechtes mit seiner Forderung volle Deckung gefunden hätte.

Der Auffassung des Erstgerichtes, daß die objektive Voraussetzung des § 31 Abs. 1 Z 2 KO nicht vorliege, weil die Forderungen des Beklagten auf Grund dessen Pfandrechte in den gepfändeten Fahrnissen auf jeden Fall volle Deckung gefunden hätten, könne nicht gefolgt werden. Der Verkauf der gepfändeten Gegenstände habe einen Erlös erbracht, von welchem dem Beklagten 1 310.05 S zugewiesen worden seien; die Gegenstände PZ 3, 4, 54, 57, 59 bis 62 seien nicht mehr vorgefunden worden. Damit sei erwiesen, daß der Betrag von 10 631.98 S, den der Verpflichtete dem Beklagten bezahlt habe, (im Falle der Anfechtung) an die Konkursmasse fiele und damit zu einer Erhöhung der Befriedigungsaussichten der Gläubiger führen würde. Daß im Konkursverfahren über das Vermögen des Winfried L nicht der gesamte Betrag von 10 631.98 S zur Befriedigung der Gläubiger benötigt werde, sei im vorliegenden Verfahren gar nicht behauptet worden.

Da somit die objektive Anfechtungsvoraussetzung gegeben sei, aber weder der Beklagte noch sein Vertreter die Zahlungsunfähigkeit des Winfried L gekannt habe, sei die Rechtsfrage zu untersuchen, ob dem Beklagten oder seinem Vertreter die Zahlungsunfähigkeit des Winfried L hätte bekannt sein müssen.

Daß bei Exekutionen allenfalls die Kenntnis des Vertreters oder Prozeßbevollmächtigten der betreibenden Partei entscheide, habe seinen Grund darin, daß gegen eine Partei, für die in Exekutionssachen ausschließlich der Prozeßvertreter oder ihr gesetzlicher Vertreter handle, ein Anfechtungstatbestand kaum geltend gemacht werden könnte, weil sie über den Stand und den Fortgang der Exekutionsverfahren nicht entsprechend informiert sein werde. Es komme also auf das Kennenmüssen durch den Vertreter an, der die Möglichkeit habe, Einsicht in die Exekutionsakten, in das Pfändungsprotokoll und in sonstige für das Verfahren wesentliche Akten oder Gerichtsstücke zu nehmen. Im Falle einer Vertretung mehrerer betreibender Gläubiger durch denselben Rechtsanwalt könne nicht von einer Verletzung der Anwaltspflicht die Rede sein, wenn der Rechtsanwalt seine Kenntnis vom Verfahrensstand in einer Exekutionssache in der Exekutionssache eines anderen von ihm vertretenen betreibenden Gläubigers verwerte oder sie seinem Klienten mitteile. Gemäß § 73 EO könnten die Parteien und alle sonstigen Beteiligten Einsicht in die das Exekutionsverfahren betreffenden Akten begehren und auf ihre Kosten von einzelnen Aktenstücken Abschriften verlangen. Solche Einsicht- und Abschriftnahme könne auch dritten Personen, insoweit sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machten, vom Vorsteher des Exekutionsgerichtes gestattet werden. Überdies enthalte § 403 Geo. Vorschriften über das nach § 254 EO anzulegende Pfändungsregister. Es könnten Abschriften der Pfändungskarten oder der den Verpflichteten betreffenden Eintragungen im Pfändungsregister erteilt werden. Solche Abschriften könnten bei stark verschuldeten Verpflichteten nach Bedarf auch im voraus vervielfältigt werden. Worin also eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht durch einen Anwalt liegen solle, der in die obgenannten Akten, Register und sonstigen Geschäftsbehältnisse bei Gericht Einsicht nehmen dürfe und im Falle der Vertretung mehrerer betreibender Gläubiger auch beurteilen müsse, welcher Erfolg den von ihm behandelten Exekutionssachen mit Rücksicht auf die dem Exekutionsakt und dem Pfändungsprotokoll zu entnehmenden Pfandränge beschieden sein werde, sei nicht zu erkennen.

Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht eines betreibenden Gläubigers bzw. seines Vertreters oder Prozeßbevollmächtigten dürften nicht überspitzt werden. Im allgemeinen werde eine Einsichtnahme in das Pfändungsregister oder in das Pfändungsprotokoll vor der Annahme von Teilzahlungen oder Ratenvereinbarungen nicht verlangt und die Unterlassung der Einsichtnahme in diese Geschäftsbehelfe nicht als Verstoß gegen die kaufmännische Sorgfaltspflicht angesehen werden können (vgl. die von Schumacher in ÖJZ 1981, 35 angeführte nicht veröffentlichte Entscheidung des OGH vom 15. 12. 1964, 8 Ob 347/64). Im vorliegenden Falle seien nachstehende Umstände für die Beurteilung der verschuldeten Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit maßgeblich:

Beim Verpflichteten habe es zunächst keine Schwierigkeiten mit der Bezahlung der Rechnungen für die an ihn gelieferten Waren gegeben. Vor der Einleitung der Exekutionen gegen den Verpflichteten zugunsten der Forderungen des Beklagten als betreibenden Gläubigers habe der Verpflichtete jedoch Wechsel angeboten, die nicht angenommen worden seien. Im Frühjahr 1979 habe Winfried L das Verkaufsverfahren hinauszögern wollen. Spätestens am 21. 2. 1979 hätten die Vertreter des Beklagten Kenntnis davon erhalten, daß eine Reihe von Gläubigern Pfandrechte für Forderungen in der festgestellten Höhe von 68 129.24 S samt Anhang (einschließlich der Forderung des Beklagten von 12 873.12 S) habe, wozu noch die weiter festgestellten Forderungen des Hans H auf Grund der bereits am 2. 2. 1978 bewilligten Exekution und die weitere mit Versäumungsurteil vom 28. 12. 1978 zuerkannte Forderung des Beklagten kämen, sodaß sich ein Gesamtforderungsbetrag von 84 540.01 S zuzüglich Zinsen und Kosten ergeben habe. Aus der Benachrichtigung vom Beitritt zu einem Verkauf aus freier Hand habe sich für den Beklagten ergeben, daß bei der Versteigerung am 12. 10. 1978 die gepfändeten Gegenstände nicht hätten verkauft werden können, weil keine Käufer erschienen seien. Auch zu dem für 21. 3. 1979 anberaumten Freihandverkauf sei kein Käufer erschienen. Diese erfolglosen Versuche der Realisierung der zugunsten des Beklagten und anderer betreibender Gläubiger bestehenden Pfandrechte an den gepfändeten Gegenständen (wobei auch die hohe Zahl von gepfändeten Gegenständen - insgesamt 62 - besonders auffallend sei) habe für den Beklagten Anlaß zur Prüfung der gegen den Verpflichteten anhängigen Exekutionen sein müssen, um seine Zahlungsfähigkeit einschätzen zu können. Dazu hätte es der Einsichtnahme in das Pfändungsprotokoll bedurft, womit dem Beklagten (dessen Prozeßbevollmächtigtem) keine unzumutbare Sorgfaltspflicht auferlegt werde. Durch diese Einsichtnahme wäre festzustellen gewesen, daß an den gepfändeten Fahrnissen eine Reihe von Pfandrechten zugunsten anderer Gläubiger, die dem Beklagten im Rang vorgegangen seien, bestunden und daß seit dem 29. 12. 1977, als die Fahrnisse PZ 54 bis 62 des Pfändungsprotokolls durch Anschlußpfändung gepfändet worden seien, keine weiteren pfändbaren Gegenstände neu vorgefunden worden seien.

Da der Beklagte diese ihm zumutbare Sorgfaltspflicht nicht aufgewendet habe, müsse er in Kauf nehmen, daß die vom Verpflichteten an ihn auf Grund der Ratenvereinbarung geleisteten Teilzahlungen binnen Jahresfrist nach der Konkurseröffnung (§ 43 Abs. 2 KO) zu einer Anfechtungsklage führen könnten. Es sei daher auch die Voraussetzung der verschuldeten Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit gegeben.

Der Oberste Gerichtshof wies die Revision des Beklagten, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von 8 553.90 S samt Anhang richtete, zurück und gab der Revision im übrigen (Zahlung weiterer 2 078.08 S samt Anhang) nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Gegenstand der vorliegenden Anfechtung nach der Konkursordnung sind sechs vom nachmaligen Gemeinschuldner an den Beklagten geleistete Zahlungen, bei denen es sich um selbständige, voneinander unabhängige Rechtshandlungen im Sinne des Anfechtungsrechtes der §§ 27 ff. KO handelt, deren Anfechtbarkeit nach der Konkursordnung demnach gesondert zu beurteilen ist. Es ist daher mangels Vorliegens eines die Zusammenrechnung dieser Zahlungen rechtfertigenden tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhanges auch die Zulässigkeit der Anfechtung des Berufungsurteils hinsichtlich jeder einzelnen von der Anfechtung betroffenen Zahlung gesondert zu prüfen (ebenso zu § 502 Abs. 3 ZPO: 7 Ob 697/80; 5 Ob 312/81; 5 Ob 596/82). Dies führt - da von den angefochtenen sechs Zahlungen nur jene vom 10. 7. 1979 in der Höhe von 2 078.08 S die Bagatellgrenze von 2 000 S übersteigt - zu dem Ergebnis, daß die Revision in Ansehung der übrigen, die Bagatellgrenze nicht übersteigenden Zahlungen von insgesamt 8 553.90 S gemäß § 502 Abs. 2 Z 2 ZPO unzulässig und somit zurückzuweisen ist.

Soweit die Revision zulässig ist, also hinsichtlich der angefochtenen Zahlung von 2 078.08 S, kommt ihr keine Berechtigung zu.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr die Rechtsfrage (SZ 40/146 uva.; zuletzt etwa 5 Ob 503/81), ob die subjektive Anfechtungsvoraussetzung des § 31 Abs. 1 Z 2 KO gegeben ist, daß dem anderen Teil die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners bekannt sein mußte.

Ein Kennenmüssen der Zahlungsunfähigkeit iS des § 31 Abs. 1 Z 2 KO ist dann anzunehmen, wenn die Unkenntnis des Anfechtungsgegners hievon auf der Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt beruht, wobei schon leichte Fahrlässigkeit des Anfechtungsgegners genügt (Rsp 1930/479; 4 Ob 603/70; 7 Ob 151/72; 4 Ob 561/77; 5 Ob 750/80; 5 Ob 503/81). Ob dem Anfechtungsgegner Fahrlässigkeit zur Last fällt, bestimmt sich nach den ihm im Zeitpunkt der Vornahme der anzufechtenden Rechtshandlung zu Gebote stehenden Auskunftsmitteln, dem Maß ihrer ihm vernunftgemäß zuzumutenden Heranziehung und der Ordnungsmäßigkeit ihrer Bewertung (Petschek - Reimer - Schiemer, Insolvenzrecht 316; vgl. auch Schumacher in ÖJZ 1981, 35). Wird ein gewillkürter Vertreter des Anfechtungsgegners tätig, dann kommt es auf das Kennenmüssen des Anfechtungsgegners oder seines Vertreters an (Bartsch - Pollak[3] I 212 Anm. 11 und 12 zu § 31 KO; Petschek - Reimer - Schiemer, Insolvenzrecht 316; Lehmann, Kommentar zur österreichischen Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung I 281; 7 Ob 591/80; 5 Ob 750/80; 5 Ob 503/81 ua.; vgl. auch Mentzel - Kuhn - Uhlenbruck, dKO[9], 303 f., RZ 30 zu § 30 und Stanzl in Klang[2] IV/1, 860 f.) Zahlungsunfähigkeit ist zwar nicht schon bei einem bloß vorübergehenden Mangel parater Zahlungsmittel (Zahlungsstockung), sondern erst bei einem dauernden derartigen Mangel gegeben; sie setzt aber nicht voraus, daß überhaupt keine Zahlungen mehr geleistet werden; Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn ein auch nicht überschuldeter Schuldner fällige Schulden mangels bereiter Zahlungsmittel nicht zu zahlen vermag und sich die erforderlichen Zahlungsmittel auch nicht alsbald beschaffen kann (Bartsch - Pollak[3] II 60; Petschek - Reimer - Schiemer, Insolvenzrecht 31; Rintelen, Handbuch des österreichischen Konkurs- und Ausgleichsrechtes 107; Wegan, Österreichisches Insolvenzrecht 84; SZ 38/61; JBl. 1973, 47; EvBl. 1976/145 ua.; zuletzt etwa 5 Ob 750/80, 5 Ob 503/81). Zahlungsunfähigkeit kann schon dann angenommen werden, wenn der Schuldner mit mehreren Exekutionen zur Befriedigung verfolgt wird, selbst wenn diese bisweilen Erfolg haben, da man in der Regel annehmen darf, daß kein Schuldner die gerichtliche Zwangsvollstreckung ohne Not an sich herankommen läßt (5 Ob 750/80; 5 Ob 503/81; vgl. in diesem Zusammenhang auch den Hinweis Schumachers in RZ 1978, 209, daß Lehre und Rechtsprechung das Vorhandensein zweier andrängender Gläubiger als ein zur Annahme der Zahlungsunfähigkeit hinreichendes Indiz ansehen). Ein Hinweis auf die Zahlungsunfähigkeit ist auch darin zu erblicken, daß gegen einen Schuldner wiederholt - in nicht allzu langen Zwischenräumen und nicht allzu lange vor einem Gläubigerantrag auf Konkurseröffnung - Versäumungsurteile erwirkt oder Wechselzahlungsaufträge erlassen werden, gegen die er keine Einwendungen erhebt (Bartsch - Pollak[3] II 60 f., 220; 5 Ob 750/80).

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, dann erweist sich die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes als zutreffend, und zwar schon auf Grund der Umstände, die dem Rechtsvertreter des Beklagten in dieser Eigenschaft bekanntgeworden sind, sodaß die Frage, ob die Pflicht zu Nachforschungen über die Zahlungsfähigkeit des Schuldners (insbesondere zur Einsichtnahme in das Pfändungsprotokoll) auch durch Umstände ausgelöst wird, die dem Rechtsvertreter des Beklagten in seiner Eigenschaft als Vertreter anderer Gläubiger zur Kenntnis gelangten, auf sich beruhen kann. Insbesondere daß Winfried L dem Beklagten in letzter Zeit die Bezahlung relativ geringfügiger Rechnungen durch Wechsel anbot sowie daß er sich nach Ablehnung einer derartigen Bezahlung kontumazieren und es überdies dieser und anderer unbezahlter Rechnungen wegen zu zahlreichen Exekutionsverfahren kommen ließ, hätte den Beklagten bzw. den Rechtsvertreter bei Anwendung gehöriger und durchaus zumutbarer Sorgfalt vor Annahme der nunmehr angefochtenen Ratenzahlungen zu geeigneten Nachforschungen über die Zahlungsfähigkeit des Winfried L veranlassen müssen. Daran vermag es auch nichts zu ändern, daß dem Rechtsvertreter des Beklagten durch die Mitteilung des Bezirksgerichtes Bregenz vom 14. 2. 1979 (EForm 261) das Vorhandensein nicht nur mehrerer betreibender Gläubiger, sondern auch mehrerer Pfandgegenstände bekannt wurde, da letzteres in Anbetracht der Unklarheit des Pfandranges und der Ungewißheit der Verwertbarkeit der Pfandgegenstände (der genannten Mitteilung war zu entnehmen, daß die für den 12. 10. 1978 anberaumte Versteigerung der Pfandgegenstände wegen Nichterscheinens von Käufern nicht durchgeführt werden konnte) noch nichts Entscheidendes über die Deckung der betriebenen Forderungen und die Zahlungsfähigkeit des Winfried L aussagte.

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