OGH 7Ob563/95

OGH7Ob563/9520.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Michael Waldbauer, Rechtsanwalt, 6330 Kufstein, Josef Eggerstraße 3, als Masserverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma ***** GesmbH, *****wider die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, 1101 Wien, Wienerbergstraße 15-19, vertreten durch Dr.Amhof und Dr.Damian, Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, wegen S 468.870,98 sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 4.April 1995, GZ 1 R 78/95-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 29.Dezember 1994, GZ 14 Cg 103/94f-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

20.610 (darin enthalten S 3.435 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Beurteilung der Frage, ob dem Anfechtungsgegner verschuldete Unkenntnis von der Zahlungsunfähigkeit bzw von der Begünstigungs- oder Benachteiligungsabsicht der späteren Gemeinschuldnerin zum Vorwurf gemacht werden kann, ist grundsätzlich eine im Rahmen des § 502 Abs 1 ZPO revisible Rechtsfrage. Die Frage, ob dem befriedigten Gläubiger die Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners bekannt sein mußte, ist zu bejahen, wenn dem Gläubiger genügend verdächtige Umstände bekannt waren oder bei gehöriger Sorgfalt bekannt sein mußten, die den Schluß auf eine Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners rechtfertigen (SZ 58/205; SZ 40/96). Eine Benachteiligungsabsicht bzw Zahlungsunfähigkeit des späteren Gemeinschuldners müßte dann bekannt gewesen sein, wenn die Unkenntnis des Anfechtungsgegners auf einer Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt beruhte. Es genügt dabei leichte Fahrlässigkeit des Anfechtungsgegners (ÖBA 1987, 341; JBl 1983, 654; SZ 55/65 ua; König,

Die Anfechtung nach der Konkursordnung2 Rz 280). Ob eine solche dem Anfechtungsgegner vorzuwerfende Fahrlässigkeit vorliegt, bestimmt sich nach den dem Anfechtungsgegner im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung zur Verfügung stehenden Informationen, die er zumutbarerweise heranziehen konnte, und ihrer ordnungsgemäßen Auswertung (SZ 55/65; JBl 1983, 654; BankArch 1987, 341; 1 Ob 632/88). In der jüngeren Rechtsprechung hat sich die Ansicht durchgesetzt, daß die Verfolgung des Schuldners mit mehreren Befriedigungsexekutionen nur eines von mehreren Indizien für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ist (1 Ob 632/88; SZ 55/65) und daß es einem Sozialversicherungsträger nicht in jedem Fall zuzumuten ist, die Liquidität eines Beitragsschuldners durch Prüfung seiner Geschäftsunterlagen zu erheben (6 Ob 622/95). Insbesondere wurde auch ausgesprochen, daß die Tatsache häufiger Exekutionen zunächst nur den Schluß auf eine schlechte Zahlungsmoral des Schuldners erlaube, aber nicht unbedingt ein Anzeichen für das Fehlen liquider Mittel zur Schuldtilgung darstelle (6 Ob 524/84; 1 Ob 632/88).

Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht zutreffend darauf verwiesen, daß trotz der eingeleiteten Exekutionsverfahren in keinem einzigen Fall die Durchführung eines Verkaufes von gepfändeten Fahrnissen notwendig war, um Zahlung zu erhalten, und daß aus der Tatsache, daß immer wieder dieselben Gegenstände laut Versteigerungsedikt zum Verkauf angeboten worden seien, mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf zu schließen gewesen sei, daß eine Befriedigung, zumindest Stundungsvereinbarung hinsichtlich der anderen andrängenden und betreibenden Gläubiger, erfolgt sei. Auch die in der Berufung geforderten Erhebungen seien durchgeführt worden, wobei diese keinen Hinweis auf wirtschaftliche Schwierigkeiten der Gemeinschuldnerin erbracht hätten.

Da jedenfalls die Beurteilung der Frage, welche Nachforschungen im einzelnen notwendig und zweckmäßig gewesen wären, um beim Anfechtungsgegner die Vermutung einer Zahlungsunfähigkeit der späteren Gemeinschuldnerin entstehen zu lassen, ausschließlich von den Umständen des Einzelfalles abhängt, liegt keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vor (7 Ob 1676/94).

Die Revision war daher ungeachtet des nicht bindenden Ausspruches des Berufungsgerichtes als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

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