Spruch:
Der Revisionsrekurs wird als verspätet zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Verlassenschaft nach A***** U***** wurde mit Einantwortungsbeschluss vom 11. 8. 2009 im zweiten Rechtsgang aufgrund des Testaments vom 29. 5. 2007 zur Gänze einem Neffen des Verstorbenen eingeantwortet. Dem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs dreier Geschwister des Erblassers, darunter des Revisionsrekurswerbers, gab das Rekursgericht nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig.
Diese Rekursentscheidung wurde dem Revisionsrekurswerber am 23. 10. 2009 durch Hinterlegung zugestellt. Innerhalb der Frist zur Erhebung eines außerordentlichen Revisionsrekurses brachte er beim Erstgericht zwei Telefaxeingaben vom 29. 10. 2009 und 5. 11. 2009 (ON 25 und 26) mit erkennbar gegen den Beschluss des Rekursgerichts gerichtetem Inhalt ein. Nachdem er über gerichtliche Aufforderung mit Schriftsatz vom 31. 8. 2010 erklärt hatte, dass diese Telefaxe als Revisionsrekurs zu verstehen seien, erteilte ihm das Erstgericht den Auftrag, seine Eingaben binnen der Frist von 14 Tagen durch anwaltliche Fertigung zu verbessern. Der Verbesserungsauftrag wurde dem mittlerweile ausgewiesenen anwaltlichen Vertreter des Rechtsmittelwerbers am 3. 9. 2010 zugestellt. Am 17. 9. 2010 stellte der Rechtsanwalt im elektronischen Rechtsverkehr einen Antrag auf Erstreckung der Verbesserungsfrist um weitere 14 Tage, weil die erforderliche Besprechung mit seinem Mandanten noch nicht möglich gewesen sei.
Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag mit Stampiglienbeschluss vom 20. 9. 2010 und legte den schließlich am 1. 10. 2010 vom Rechtsanwalt eingebrachten außerordentlichen Revisionsrekurs dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist verspätet.
Revisionsrekurse im Verfahren außer Streitsachen sind nach § 65 Abs 2 und 3 AußStrG durch Überreichung eines Schriftsatzes beim Gericht erster Instanz zu erheben und haben - neben den im Gesetz definierten Inhaltsvoraussetzungen - die Unterschrift eines Rechtsanwalts oder Notars zu tragen. Leidet ein fristgerecht eingelangter Schriftsatz an Mängeln, zu denen auch das Fehlen der Unterschrift eines gesetzlich qualifizierten Vertreters zählt, ist ein Verbesserungsverfahren nach § 10 Abs 4 und 5 AußStrG einzuleiten.
Dieser Vorgangsweise hat das Erstgericht entsprochen, als es den rechtzeitig eingebrachten, aber mit Form- und Inhaltsmängeln behafteten Revisionsrekurs zur Verbesserung durch Anwaltsunterschrift zurückstellte. Die Rechtsprechung lässt - unbeschadet des Grundsatzes der Einmaligkeit des Rechtsmittels - bei inhaltlich fehlerhaften Rechtsmitteln unvertretener Parteien die Verbesserung durch einen eigenen Schriftsatz des Rechtsanwalts zu (3 Ob 160/01b mwN; 6 Ob 124/04k; 3 Ob 187/09k ua). Es bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass ein solcher anwaltlicher Verbesserungsschriftsatz zu einer Telefaxeingabe der unvertretenen Partei gleichzeitig auch die Vorlage des gefaxten Originals substituieren kann, weil die Originalunterschrift der Partei bei Anwaltszwang entbehrlich ist und nach der Verbesserung auch die Identität des Absenders nicht mehr bezweifelt werden muss.
War für das ursprüngliche Anbringen eine Frist einzuhalten, dann ist der Partei für die Verbesserung des zu bezeichnenden Mangels ebenfalls eine Frist zu setzen, bei deren Einhaltung der Schriftsatz als zum ursprünglichen Zeitpunkt eingebracht gilt. Nur wenn die Partei die Verbesserungsfrist einhält, gilt der Schriftsatz als im ursprünglichen Zeitpunkt eingebracht. Die für eine Notfrist eingeräumte Verbesserungsfrist kann nicht verlängert werden (§ 10 Abs 5 AußStrG).
Hat das Gericht eine gesetzte Verbesserungsfrist entgegen § 10 Abs 5 AußStrG (vgl auch § 85 ZPO) unzulässig erstreckt, ist nach der Rechtsprechung dennoch auf den letztlich verbesserten Schriftsatz Bedacht zu nehmen, sofern die verlängerte Frist eingehalten wurde (RIS-Justiz RS0036251; Klauser/Kodek, ZPO16 § 85 E 18 mwN; kritisch G. Kodek in Fasching/Konecny II/2 §§ 84, 85 Rz 293).
Diese mit Vertrauensschutz und dem Vorrang einer Sachentscheidung begründbare Judikatur steht allerdings in einem Spannungsverhältnis zur Auffassung, die Bewilligung einer unzulässigen Wiedereinsetzung sei unwirksam, sowie zur Auffassung, dass unzulässige erstmalige Verbesserungsaufträge zu keiner Verlängerung der ursprünglichen Frist führen (G. Kodek aaO §§ 84, 85 ZPO Rz 293).
Den einschlägigen höchstgerichtlichen Entscheidungen liegt, soweit überblickbar, jeweils eine Entscheidung des Instanzgerichts über die gesetzwidrige Fristverlängerung (durch bewilligte Erstreckung, Erteilung eines weiteren Verbesserungsauftrags oder Ladung des Rechtsmittelwerbers zum Protokollaranbringen) zu Grunde, die noch vor Ablauf der ersten Verbesserungsfrist getroffen wurde (vgl 3 Ob 89/86; 3 Ob 551/89; 10 ObS 93/91; 5 Ob 516/92; 3 Ob 82/97y; 4 Ob 29/99i; 3 Ob 160/01b; 2 Ob 141/07k; 5 Ob 256/08w).
In diesen Fällen ist es aus Gründen des Vertrauensschutzes durchaus zu billigen, auch der unzulässigen Verlängerung Wirksamkeit zuzuerkennen (vgl Gitschthaler in Rechberger ZPO³, § 85 Rz 21). Gerichtsfehler und Verfahrensmängel sollen sich möglichst nicht zu Lasten einer Partei auswirken (vgl RIS-Justiz RS0000117; RS0107837; RS0036510). Durch eine Entscheidung über die Verlängerung einer Verbesserungsfrist noch innerhalb der ursprünglichen Frist wird noch nicht in die Rechtskraft einer Sachentscheidung eingegriffen. Die verfahrensrechtliche Position des Rechtsmittelgegners wird damit nicht in unvertretbarem Ausmaß beeinträchtigt, zumal er keinen Anspruch auf eine bestimmte Länge der Verbesserungsfrist hat, sondern schon die ursprüngliche Bemessung dem richterlichen Ermessen unterliegt.
Diese Überlegungen können jedoch nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Rechtsmittelfristen sind - unbeschadet des § 46 Abs 3 AußStrG - grundsätzlich nicht erstreckbar. Nach der ständigen Rechtsprechung können auch Gerichtsfehler nicht zur Verlängerung einer Rechtsmittelfrist führen (8 ObS 8/10z; vgl zur unrichtigen Rechtsmittelbelehrung RIS-Justiz RS0036701; zum Unterbleiben der Übersendung einer Rechtsmittelbelehrung RIS-Justiz RS0006992). Eine ursprünglich schon versäumte Rechtsmittelfrist wird auch nicht dadurch saniert, dass das Gericht versehentlich einen unzulässigen Verbesserungsauftrag erteilt und die Partei diesem nachkommt (RIS-Justiz RS0110935).
Die dem Revisionsrekurswerber gesetzte 14-tägige Verbesserungsfrist, die den Charakter der ursprünglichen Rechtsmittelfrist beibehalten hat, ist nach Zustellung des Beschlusses am 3. 9. 2010 am 17. 9. 2010 ungenützt abgelaufen. Sie wurde durch den an diesem Tag gestellten Antrag auf Fristerstreckung - im Unterschied zu einem Verfahrenshilfeantrag - nicht unterbrochen oder gehemmt. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Antragstellers, dass über seinen erst am letzten Tag der Frist zur elektronischen Post gegebenen Antrag noch am selben Tag entschieden werde, ist - unabhängig vom unzulässigen Inhalt, der ohnehin eine Zurückweisung erfordert hätte - zu verneinen. Erfolgt aber keine Beschlussfassung über einen entgegen § 10 Abs 5 AußStrG gestellten Fristverlängerungsantrag, wird die Entscheidung mit Ablauf der gesetzten Verbesserungsfrist rechtskräftig (3 Ob 106/09y).
Der vom Erstgericht am 20. 9. 2010 erteilte Bewilligungsbeschluss konnte keine Verlängerung der Verbesserungsfrist mehr bewirken, weil diese bereits abgelaufen war. Mit diesem Beschluss wurde dem Rechtsmittelwerber vielmehr gesetzwidrig eine neuerliche Verbesserungsfrist eingeräumt, wodurch sich aber an der bereits eingetretenen Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses nichts mehr ändern konnte (vgl RIS-Justiz RS0110935).
Bei einem Revisionsrekurs gegen einen Einantwortungsbeschluss fehlen auch die Voraussetzungen des § 46 Abs 3 AußStrG für eine Berücksichtigung verspäteter Rechtsmittel.
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