OGH 7Ob282/01y

OGH7Ob282/01y7.12.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Peter P*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der C***** GmbH, *****, gegen die beklagte Partei Günther D*****, vertreten durch Mag. Martin Kranich und Mag. Andreas Fehringer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 187.200,-- (sA), über die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 31. Juli 2001, GZ 3 R 23/01a-11, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 31. Oktober 2000, GZ 30 Cg 41/00g-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Klägers auf Ersatz der Kosten seiner Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Über am 22. 7. 1998 beim Handelsgericht Wien eingelangten Konkurseröffnungsantrag wurde über das Vermögen der C***** GmbH (im Folgenden Gemeinschuldnerin genannt) am 11. 3. 1999 zu 2 S 161/99k das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Seit 1997 war eine Vielzahl von Exekutionen gegen die Gemeinschuldnerin geführt worden, die bereits 1994 bis 1996 im Betriebsvermögensvergleich jährliche Verluste von S 91.045,37, S 164.469,31 und S 448.936,11 erzielt hatte.

Der Beklagte ist mit einer Stammeinlage von S 125.000,-- Gesellschafter der Gemeinschuldnerin. Er hatte in Wien zwei Geschäftslokale (in der Heinestraße und in der Wagramerstraße) gemietet und sie der Gemeinschuldnerin untervermietet. Diese leistete ihm zu folgenden Zeiten und mit folgender Widmung nachstehende Zahlungen:

Zahlung vom Verwendungszweck Betrag in ATS

23. 6. 1998 länger als 1 Monat

rückständige Miete

Wagramerstraße 48.000,--

21. 7. 1998 Miete 08/98

(gemeint offenbar: 01/98)

Heinestraße 13.000,--

12. 10. 1998 Miete 11-12/96

01 + 02/97 48.000,--

27. 10. 1998 Prov.Akonto auf Rückstand

älter als ein Monat 20.000,--

27. 10. 1998 Miete Heinestraße 04/98 13.800,--

3. 12. 1998 Prov.Akonto 5/98 10.000,--

3. 12. 1998 Miete 05 + 06/98

Heinestraße 27.600,--

30. 12. 1998 Rest der länger als

1 Monat rückständigen

Miete Wagramerstraße 6.000,--

Insgesamt 187.200,--.

Der Kläger ficht diese Zahlungen unter Berufung auf die Bestimmungen der Konkursordnung an; er begehrte die Feststellung, dass die Zahlungen den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam seien sowie die Zahlung des Gesamtbetrages von S 187.200,-- an ihn als Masseverwalter. Die Gemeinschuldnerin sei zumindest bereits ein Jahr vor Konkurseröffnung objektiv zahlungsunfähig und überschuldet gewesen, was dem Beklagten als ihrem Gesellschafter jedenfalls wegen der Vielzahl von Exekutionsverfahren erkennbar gewesen sei. Auch über den Konkurseröffnungsantrag sei der Beklagte informiert gewesen. Ihm müsse ebenso bekannt gewesen sein, dass die Gemeinschuldnerin die angefochtenen Zahlungen leistete, um ihn vor anderen Gläubigern zu begünstigen, als auch dass die Zahlungen in der Absicht geleistet worden seien, andere Gläubiger zu benachteiligen.

Der Beklagte, der einräumte, über das Konkurseröffnungsverfahren unterrichtet gewesen zu sein, beantragte die Klage abzuweisen. Die angeführten Mietzinszahlungen hätten nur einen Bruchteil des tatsächlichen Mietzinsrückstandes betragen. Die Gemeinschuldnerin habe die Mietobjekte bis zur Konkurseröffnung benützt und er habe seinerseits als Hauptmieter Mietzinse bezahlen müssen. Eine Begünstigung liege ebensowenig vor wie eine Benachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin. Hätte diese nicht zumindest stockend Untermietzinszahlungen geleistet, hätte eine Räumungsklage eingebracht werden müssen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Den von ihm festgestellten, im Wesentlichen bereits eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte es dahin, dass der Anfechtungstatbestand nach § 30 Abs 1 Z 2 KO erfüllt sei. Das Berufungsgericht billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, bestätigte daher dessen Urteil und sprach aus, dass die Revision zulässig sei.

Entgegen diesem Ausspruch ist die Revision gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig:

Rechtliche Beurteilung

Vom Kläger werden insgesamt 8 Zahlungen der Gemeinschuldnerin an den Beklagten im Gesamtbetrag von S 187.200,-- angefochten, wobei aber keine Zahlung S 52.000,-- übersteigt. Im Hinblick auf die Revisionszulässigkeit stellt sich daher die Frage, ob die Zahlungen zusammenzurechnen sind, oder nicht. Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln. Diese Regelung ist gemäß Abs 5 leg cit auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgebend. Demnach sind für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision mehrere in einer Klage von einer einzelnen Partei erhobenen Ansprüche nur dann zusammenzurechnen, wenn sie iSd § 55 Abs 1 Z 1 JN in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen. Mehrere Ansprüche stehen in einem tatsächlichen Zusammenhang, wenn sie allesamt aus demselben Klagssachverhalt abgeleitet werden können, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne dass noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (RIS-Justiz RS0042766). Ein rechtlicher Zusammenhang liegt dagegen vor, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag oder aus derselben Rechtsnorm abgeleitet werden und miteinander in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0037648). Ein solcher Zusammenhang besteht jedoch dann nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein ganz verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann; in einem solchen Fall ist jeder Anspruch gesondert zu beurteilen, ohne

dass eine Zusammenrechnung stattfindet (1 Ob 673/90, SZ 63/188 = ÖBA

1991, 384; 6 Ob 540/92, WBl 1992, 335; 1 Ob 15/92, SZ 65/94 = JBl

1993, 399; 3 Ob 2084/96h, EvBl 1997/111 je mwN; 7 Ob 261/00h, ÖBA 2001/988; RIS-Justiz RS0037899 mit zahlreichen weiteren Entscheidungsnachweisen).

Bei der Prüfung der Frage, ob die geltend gemachten Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen, ist von den Klagsangaben auszugehen (1 Ob 2295/96y; 1 Ob 202/97f; 3 Ob 2084/96h; RIS-Justiz RS0106759, zuletzt etwa 7 Ob 261/00h und 3 Ob 91/01f). Dass für alle Rechtshandlungen der gleiche Anfechtungstatbestand behauptet wird, reicht nach stRsp zur Annahme eines rechtlichen Zusammenhanges nicht aus (5 Ob 596/82; 1 Ob 635/84; 1 Ob 523/85; 7 Ob 730/87, ÖBA 1988/108; 3 Ob 597/89; 7 Ob 2617/00h ua; König, Anfechtungsrecht2 Rz 437). Wiederholt hat der Oberste Gerichtshof auch bereits ausgesprochen, dass Zahlungen allein deshalb, weil sie der Abdeckung ein und derselben Kreditforderung gegen die Gemeinschuldnerin dienten und nach denselben Bestimmungen der Konkursordnung angefochten werden, zwecks Beurteilung der Revisionszulässigkeit mangels eines rechtlichen oder tatsächlichen Zusammenhanges iSd § 55 Abs 1 JN nicht zusammenzurechnen sind (SZ 55/65; JBl 1982/380; 1 Ob 523/85; 6 Ob 693/88, ÖBA 1989/154; 3 Ob 597/89; 7 Ob 261/00h ua; vgl König aaO).

Auch im vorliegenden Fall ist der Umstand, dass sich die angefochtenen Mietzinszahlungen auf ein und denselben Mietvertrag gründen, nicht maßgeblich. Wird doch nicht der Mietvertrag, sondern werden die einzelnen Mietzinsnachzahlungen der Gemeinschuldnerin angefochten, wobei jede dieser Anfechtungen - im Hinblick etwa auf die Erfordernisse der iSd § 30 Abs 1 KO fristgerechten Anspruchserhebung oder des Bekanntseins bzw Bekanntseinmüssens der Begünstigungsabsicht gemäß Z 2 der zitierten Bestimmung - ein verschiedenes Schicksal haben kann.

Mangels der Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN ist im vorliegenden Fall daher jede Zahlung betreffend die Zulässigkeit der Revision gesondert zu beurteilen (vgl ÖBA 1989/154 ua). Da aber jede der Zahlungen S 52.000,-- nicht überstieg und die Revision demnach gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 40 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der Revision ausschließlich mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO beantragt. Auf die absolute Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Beklagten gemäß § 502 Abs 2 ZPO hat er nicht hingewiesen. Seine Revisionsbeantwortung kann daher nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw -verteidigung notwendig angesehen werden.

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