OGH 3Ob91/01f

OGH3Ob91/01f20.6.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** S*****, vertreten durch Dr. Franz X. Berndorfer, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. Wolfgang L*****, und 2. Dr. Elisabeth L*****, beide vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen S 96.937,56 samt Anhang, über den Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 8. Jänner 2001, GZ 22 R 471/00x-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Grieskirchen vom 25. September 2000, GZ 2 C 881/99i-16, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei, die beklagten Parteien zum Ersatz der Kosten der Rekursbeantwortung zu verurteilen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Beklagten beauftragten die klagende Partei mit der Errichtung eines Rohbaus (offenbar für ein Wohnhaus) samt Schwimmbad und Senkgrube. Diesen Auftrag rechnete die klagende Partei mit Schlussrechnung vom 29. 7. 1996 ab.

Mit ihrer Klage begehrten die klagenden Parteien die Zahlung von S 96.937,56 samt Anhang und brachten dazu im Wesentlichen vor:

Nach Fertigstellung des Werkes und Legen der Schlussrechnung hätten die Beklagten weitere Aufträge erteilt, welche in einem Gesamtbetrag in Höhe des Klagsbetrags mit der klagsgegenständlichen Rechnung fakturiert worden seien.

Ergänzend behauptete die klagende Partei das Vorliegen von zumindest fünf Aufträgen, wobei die Positionen 1 und 2 der Rechnung das Aufbringen von Rollschotter auf ein Flachdach beträfen und unter Punkt 3 eine Dachbodentreppe verrechnet worden sei. Nach Auftragserteilung über den Hauptauftrag hätten sich die Beklagten zur Integrierung einer Gastherme entschlossen, was den Einbau eines Gastanks notwendig gemacht habe. Bei den Positionen 6 bis 12 handle es sich um nachträglich aufgetragene Stemm- und Einsandungsarbeiten für die Gasleitung. Nach Legung der Schlussrechnung hätten die Beklagten einen zweiten Sickerschacht haben wollen, der unter Position 5 zum vereinbarten Preis von S 9.000 fakturiert worden sei. Schließlich enthielten die Positionen 13 bis 16 der Rechnung Verputzarbeiten, zu denen sie (klagende Partei) auch erst nachträglich beauftragt worden sei. Sämtliche Leistungen seien nicht im ursprünglichen Hauptauftrag enthalten gewesen.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wandten im Wesentlichen ein, dass sie nach Abschluss der Arbeiten und Legen der Schlussrechnung keinerlei weitere Arbeiten in Auftrag gegeben hätten, insbesondere nicht solche, die nicht ohnehin bereits im Rahmen der vereinbarten Pauschalsumme zu erbringen gewesen seien. Da die nachträglich verrechneten Leistungen bereits vor dem 23. 7. 1996 getätigt worden seien, sei die Klagsforderung verjährt. Es sei Rechnungslegung jeweils am Ende eines jeden Monats der Leistungserbringung vereinbart worden. Nach der vereinbarten Ö-Norm habe die klagende Partei mangels Vorlage von Regiezetteln keinen Anspruch auf Entgelt für Regieleistungen. Deren Erbringung werde auch bestritten. Schon deshalb, weil die klagende Partei verpflichtet gewesen wäre, sämtliche Leistungen bei sonstigem Verlust in der Schlussrechnung geltend zu machen, stünden ihr keine weiteren Ansprüche zu.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Berufungsgericht der Berufung der klagenden Partei dahin Folge, dass es das Ersturteil aufhob und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftrug. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Mit ihrem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs begehren die Beklagten die Wiederherstellung des Ersturteils.

Die klagende Partei erstattete eine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist jedenfalls unzulässig.

Nach § 519 Abs 2 ZPO darf das Berufungsgericht bei einem Aufhebungsbeschluss nach Abs 1 Z 2 dieser Bestimmung die Zulässigkeit des Rekurses nur aussprechen, wenn es die Voraussetzungen für gegeben erachtet, unter denen nach § 502 ZPO die Revision zulässig ist. Der Rekurs bleibt jedoch nach ständiger Rechtsprechung unzulässig, soweit ein weitergehender Rechtsmittelausschluss (wie der nach § 528 Abs 2 Z 1 oder § 502 Abs 3 ZPO) besteht (Kodek in Rechberger, ZPO2 § 519 Rz 4 mwN). Sofern also nicht (was hier nicht der Fall ist) eine Streitigkeit nach § 502 Abs 4 und 5 ZPO vorliegt, ist der Rekurs an den Obersten Gerichtshof jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt S 52.000 nicht übersteigt.

Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln. Diese Regelung ist gemäß § 55 Abs 5 JN auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgebend. Demnach sind für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision oder eines Rekurses nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO mehrere in einer Klage von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhobenen Ansprüche nur dann zusammenzurechnen, wenn sie in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen. Mehrere Ansprüche stehen in einem tatsächlichen Zusammenhang, wenn sie allesamt aus demselben Klagssachverhalt abgeleitet werden können, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne dass also noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre. Ein rechtlicher Zusammenhang liegt dagegen vor, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag oder aus derselben Rechtsnorm abgeleitet werden und miteinander in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Ein solcher Zusammenhang besteht jedoch dann nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein ganz verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann; in einem solchen Fall ist jeder Anspruch gesondert zu beurteilen, ohne dass eine Zusammenrechnung stattfindet (EvBl 1997/111; 1 Ob 202/97f; 3 Ob 2084/96h; 7 Ob 261/00h je mwN).

Wie sich aus den ergänzten Klagsangaben ergibt, von denen nach der Rechtsprechung auszugehen ist (zuletzt etwa 7 Ob 261/00h), leitet die klagende Partei ihre Forderung aus mehreren verschiedenen, über den Hauptauftrag hinaus erteilten Werkaufträgen der Beklagten ab. Ein tatsächlicher Zusammenhang liegt somit nicht vor, musste doch für jeden Auftrag ein gesondertes Vorbringen erstattet werden. Ein tatsächlicher Zusammenhang wird auch keineswegs dadurch hergestellt, dass die klagende Partei über sämtliche Aufträge nur eine gemeinsame Rechnung legte. Wäre es anders, könnten die Rechtsmittelbeschränkungen der ZPO, die ja zwingenden Rechts sind, einfach durch gemeinsame Fakturierung nicht zusammengehörender Leistungen unterlaufen werden.

Es liegt aber auch kein rechtlicher Zusammenhang vor. Wie bereits dargelegt, stützt sich ja die klagende Partei auf verschiedene einzelne Aufträge. Es handelt sich zwar bei allen um Werkaufträge, weshalb an sich dieselbe Rechtsnormgrundlage der Forderungen ist. Die bloße Gleichartigkeit von Forderungen stellt aber den geforderten unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang nach der Rechtsprechung noch keineswegs her (2 Ob 171/74; 5 Ob 19/75; 7 Ob 611/76; JBl 1980, 430; 5 Ob 648/81; 1 Ob 687/89; betreffend mehrere Reparaturen am selben Fahrzeug SZ 43/185 = EvBl 1971/151; zum Honorar für verschiedene notarielle Beurkundungen für dieselbe GmbH WBl 1991, 335; zu Honoraransprüchen eines Rechtsanwalts MietSlg 50.680; wiederum betreffend Reparaturaufträge für dasselbe Fahrzeug 2 Ob 137/99g). Anders wäre es, würden die Ansprüche aus einem einheitlichen Lieferungsvertrag (SZ 14/188), aus einem Servicevertrag (SZ 53/14) oder sonst einem einheitlichen Vertrag abgeleitet werden (1 Ob 687/89 mwN). Solches wurde hier weder behauptet, noch ist es im Verfahren hervorgekommen. Auch in rechtlicher Hinsicht vermag die gemeinsame Fakturierung den erforderlichen Zusammenhang nicht herzustellen, weil sich dadurch an der rechtlichen Selbständigkeit der Forderungen nichts ändern kann.

Aus dem Vorbringen geht nun im Zusammenhang mit der vom Erstgericht verwerteten Rechnung, welche die Grundlage des Klagebegehrens darstellt, hervor, dass bei keinem der einzelnen Aufträge, soweit sie sich aus der Aufschlüsselung im Vorbringen der klagenden Partei ergeben, ein Entscheidungsgegenstand von auch nur annähernd S 52.000 vorliegt. Schon für die (offenbar im tatsächlichen Zusammenhang stehenden) Verputzarbeiten werden brutto S 39.691,20 in Rechnung gestellt; für den Sickerschacht aber brutto S 10.800. Für Erdarbeiten im Zusammenhang mit dem Gastank begehrt die klagende Partei brutto S

14.400. Selbst wenn man die Rechnungsbeträge für die Positionen 6 bis 12 dem Betrag für die Erdarbeiten im Zusammenhang mit dem Gastank in Position 4 hinzurechnen würde, ergäbe sich dafür brutto ein Betrag von weniger als S 32.000. Die anderen Einzelaufträge ergeben noch darunterliegende Bruttobeträge. Damit übersteigt aber der Wert des Entscheidungsgegenstandes in keinem einzelnen selbständigen Punkt S 52.000.

Der Rekurs ist damit zurückzuweisen, ohne dass auf die von den Rekurswerbern bzw vom Berufungsgericht als erheblich angesehenen Rechtsfragen eingegangen werden könnte.

Der klagenden Partei steht für ihre Rekursbeantwortung kein Kostenersatz zu, weil sie auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen hat. Die Kosten waren daher nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig. Die klagende Partei hat somit die Kosten ihrer Rekursbeantwortung gemäß §§ 50, 40 ZPO selbst zu tragen.

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