European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E132341
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
[1] Zwischen der Schuldnerin und dem beklagten Versicherer bestand ab 11. 12. 2017 ein Vertrag über eine „Vermögensschaden‑Haftpflichtversicherung für die Prospekthaftung (POSI)“ (in der Folge „POSI“) in Bezug auf von der Schuldnerin ausgegebene Unternehmensanleihen. Dem Versicherungsvertrag lagen die „Allgemeinen Bedingungen für die Prospekt‑Versicherung der W* AG“ (in der Folge „ABPV“), die „Besondere Bedingung Nr 1 Maklerklausel“ (in der Folge „BB1“) und die „Besondere Bedingung Nr 2 Versicherter Prospekt“ (in der Folge „BB2“) zugrunde.
[2] Die BB2 lautet auszugsweise:
„[...]
Versicherter Prospekt
Versicherungsschutz besteht für alle Zeichnungen des max. EUR 20m Anleihe-Emissionsprogramms der W* AG, soweit diese Zeichnungen auf Basis ab dem 3. Nachtrag vom 29. 8. 2017 zum Basisprospekt vom 11. 5. 2017 erfolg(t)en; soweit Zeichnungen der Anleihe auf Basis vorangehender Prospekte / Nachträge zum Basisprospekt vom 11. 5. 2017 erfolgte, besteht kein Versicherungsschutz.
[...]“
[3] Die ABPV lauten auszugsweise wie folgt:
„ Hinweis:
Bei der Prospekt-Versicherung handelt es sich um eine auf dem Claims-Made-Prinzip basierende Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, d.h. der Versicherungsfall ist die erstmalige Anspruchserhebung. Dadurch wird auch eine volle Rückwärtsdeckung im Rahmen der Bedingungen gewährt.
[...]
I. Allgemeine Bestimmungen
1. Gegenstand der Versicherung
Der Versicherer gewährt weltweit Versicherungsschutz für den Fall, dass Versicherte während der Laufzeit des Versicherungsvertrages wegen einer Pflichtverletzung
a) im Zusammenhang mit der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des im Versicherungs- schein unter Angaben genannten Wertpapierprospekts, der mittels Verweis in den Wertpapierprospekt aufgenommenen Informationen ('Information Incorporated By Reference'), der für die Emission und / oder das Angebot der Wertpapiere geltenden Bedingungen einschließlich etwaiger Wertpapierprospektnachträge sowie der dort aufgeführten, an den Versicherer eingereichten ergänzenden Informationen, oder
b) basierend auf mündlichen oder schriftlichen Äußerungen, Verhandlungen, Diskussionen, Entscheidungen, Präsentationen, Presse -erklärungen oder Interviews, welche im Zusammenhang mit der hier versicherten Wertpapieremission vor dem Tag der erstmaligen Notierung der Wertpapiere getätigt werden, oder
c) im unmittelbar zeitlichen und sachlichen, direkten Zusammenhang mit der Vorbereitung und der Durchführung der im Versicherungsschein benannten Wertpapier -emission bis zum Tag der erstmaligen Notierung der Wertpapiere
aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen für einen Vermögensschaden erstmals schriftlich in Anspruch genommen werden (Versicherungsfall).
[…]
Versicherungsschutz besteht auch für Ansprüche nach § 11 KMG oder vergleichbarer Rechtsvorschriften wegen einer Pflichtverletzung i.S.d. Vorschrift. […]
[...]
II. Umfang der Versicherung
1. Abwehr- und Entschädigungsfunktion
Der Versicherungsschutz umfa sst die gerichtliche und außergerichtliche Abwehr von Ansprüchen und die Befriedigung begründeter Ansprüche, einschließlich der Prüfung der Haftpflichtfrage.
[…]
III. Ausschlüsse
1. Wissentliche unrichtige oder unvollständige Angaben
Der Versicherungsschutz erstreckt sich nicht auf Ansprüche wegen wissentlicher unrichtiger oder unvollständiger Angaben im Sinne der Ziffer I.1 oder wegen einer wissentlichen Pflichtverletzung. Deckung besteht jedoch für Ansprüche wegen bedingt vorsätzlicher unrichtiger oder unvollständiger Angaben im Sinne der Ziffer I.1 oder infolge bedingt vorsätzlicher Pflichtverletzungen. […]
[...]
2. Bekannte Pflichtverletzungen
Der Versicherungsschutz erstreckt sich nicht auf Ansprüche, bei denen die in Anspruch genommenen Versicherten oder die Versicherungsnehmerin in Person des Vorsitzenden des Vorstandes / der Geschäftsführung, Finanzvorstands / Geschäftsführers Ressort Finanzen oder des Leiters der Rechtsabteilung bereits zum Abschluss des Versicherungsvertrages Kenntnis von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben oder von der Pflichtverletzung hatten.
[…]
IV. Wissenszurechnung / Vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung
[…]
Der Versicherer verzichtet auf die ihm aufgrund einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung gemäß § 16 Ver sVG zustehenden Rechte. Der Versicherungsschutz beschränkt sich in den Fällen, die den Versicherer zur Ausübung der Rechte gemäß § 16 VersVG berechtigen würden, ausschließlich auf diejenigen Versicherten, die die vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung nicht kannten, nicht begangen haben und nicht daran mitgewirkt haben.
[…]
VIII. Anzeigen und Willenserklärungen
[…]
Ist die M* GmbH [= 11.‑Nebenintervenientin] eingeschaltet, so ist diese berechtigt, Anzeigen, Willenserklärungen und Zahlungen der Versicherungsnehmerin entgegenzunehmen und verpflichtet, diese unverzüglich an den Versicherer weiterzuleiten. Alle Anzeigen und Willenserklärungen gelten dem Versicherer gegenüber als zugegangen und alle Obliegenheiten dem Versicherer gegenüber als erfüllt, sobald sie gegenüber der M* GmbH erfüllt sind.
[...]“
[4] In BB1 vereinbarten die Parteien:
„Maklerklausel
Der gesamte Geschäftsverkehr läuft über die Versicherungsmaklerfirma
M* GmbH [= 11.‑Nebenintervenientin]
[...]
Der Makler ist berechtigt, vertraglich obliegende Anzeigen, Willenserklärungen und Zahlungen des Versicherungsnehmers für den Versicherer in Empfang zu nehmen. Diese Verpflichtungen gelten als erfüllt, wenn sie bei der genannten Maklerfirma eingegangen sind. Diese ist zur unverzüglichen Weitergabe an den Versicherer verpflichtet.
Des Weiteren ist der Makler berechtigt, alle Anzeigen und Willenserklärungen des führenden Versicherers entgegenzunehmen und verpflichtet, sie unverzüglich an den Versicherungsnehmer weiterzuleiten.
[…]“
[5] Die Schuldnerin wurde von 31. 12. 2016 bis 31. 7. 2017 durch den einzigen Vorstand S* G* [= 10.‑Nebenintervenient] allein und ab 1. 8. 2017 durch diesen und MMag. R* W* [= 12.‑Nebenintervenient] gemeinsam vertreten.
[6] Über das Vermögen der Schuldnerin wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 16. 3. 2018 zu AZ * das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Er wird von Anleihegläubigern außergerichtlich und gerichtlich in Anspruch genommen und hat jeweils Schadensmeldungen an die Beklagte erstattet.
[7] Kurz vor der Schuldnerin, am 2. 2. 2018, war deren Alleinaktionärin, die „W* Holding AG“ (in der Folge „Holding“) in Insolvenz verfallen.
[8] Schon am 8. 6. 2016 hatte die Wirtschaftsprüferin S* zum unter anderem ein negatives Eigenkapital – mehr als ‑ 9,8 Mio EUR – ausweisenden Jahresabschluss der Holding per 31. 12. 2015 ausgeführt, dass wesentliche Schwächen bei der internen Kontrolle des Rechnungslegungsprozesses im Bereich der Konzernliquiditätsplanung festgestellt worden seien, die den Bestand der Gesellschaft gefährden oder ihre Entwicklung wesentlich beeinträchtigen könnten. Die Eigenmittelquote sei negativ, die Schuldentilgungsdauer nicht berechenbar. Der Bestätigungsvermerk wurde jedoch nicht eingeschränkt. Eine insolvenzrechtliche Überschuldung liege aufgrund der stillen Reserven in unmittelbar und mittelbar gehaltenem Liegenschaftsvermögen nicht vor, doch bestehe aufgrund Fristeninkongruenz ein wesentliches Liquiditätsrisiko.
[9] Die Schuldnerin emittierte im Jahr 2017 die Anleihen ISIN AT* und ISIN AT* mit einem Nominale von insgesamt etwa 8 Mio EUR.
[10] Nachdem der Aufsichtsrat der Holding den Auftrag zur Kontaktaufnahme mit der 11.‑Nebenintervenientin als Versicherungsmaklerin (in der Folge „Maklerin“) wegen einer D&O‑Versicherung erteilt hatte, sprach der 10.‑Nebenintervenient als Vorstand der Schuldnerin die Maklerin an, welche zusätzlich eine POSI [Public Offering of Securities Insurance] ins Spiel brachte. Die W*-Gruppe beauftragte die Maklerin mit der Ausschreibung für beide Versicherungen.
[11] Am 5. 4. 2017 informierte der Vorstand der Schuldnerin die Maklerin, dass jene sich in den finalen Zügen der Fortbestehensprognose und des Jahresabschlusses befinde und beide in den nächsten Tagen übermittelt werden könnten.
[12] Im mit 9. 5. 2017 datierten Jahresabschluss der Schuldnerin zum 31. 12. 2016 schienen als immaterielle Vermögensgegenstände gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte mit 2.964.000 EUR auf. Laut Erläuterung hatte die Alleingesellschafterin (Holding) im Berichtsjahr immaterielle Vermögensgegenstände von 3,12 Mio EUR als Sacheinlage eingebracht. Im Lagebericht wurde offengelegt, dass es sich dabei um die Wortmarke „W*“ und die Wortbildmarke „W* Immobilien“ handelte.
[13] Am 9. 5. 2017 bestätigte die Wirtschaftsprüferin, dass der Jahresabschluss der Schuldnerin 2016 ein möglichst getreues Bild der Vermögens‑ und Finanzlage zum 31. 12. 2016 vermittelt habe. Die in der Eröffnungsbilanz übernommenen Wertansätze entsprächen den gesetzlichen Vorschriften und den Grundsätzen ordnungsgemäßer Bilanzierung. Die Voraussetzungen für die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs wären nicht gegeben.
[14] Am 11. 5. 2017 veröffentlichte die Schuldnerin eine Pressemeldung, dass der Jahresabschluss 2016 auf ihrer Website abgerufen werden könne.
[15] Der mit 11. 5. 2017 datierte Basisprospekt der klagsgegenständlichen Anleihen enthielt mehr als 30 Seiten Risikohinweise. Hingewiesen wurde unter anderem darauf, dass die Holding am 31. 1. 2017 eine Ad‑hoc‑Meldung veröffentlicht hätte, nach der sie zum 31. 12. 2016 ein negatives Eigenkapital zwischen 20 und 22 Mio EUR erwarte; weitere negative Entwicklungen der Bilanz‑ und Liquiditätssituation der Holding könnten die Aussichten der Schuldnerin sowie den Wert der im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung im Dezember 2016 von der Holding in die Schuldnerin eingelegten Marke W* erheblich nachteilig beeinflussen. Die Strategie der Schuldnerin sehe die Umsetzung künftiger Neubauprojekte mit Joint‑Venture‑Partnern im Verhältnis 50 : 50 im Wege von GmbH & Co KG- oder GmbH-Modellen vor, wobei das Risiko bestehe, dass der Partner nur den Ankauf einer Liegenschaft oder Liegenschaftsbesitzgesellschaft mitfinanziere oder ein Projekt überhaupt ablehne. Sollten Dividendenausschüttungen oder Zins‑ oder Rückzahlungen nicht termingerecht erfolgen, bestehe ein erhebliches Risiko, dass die Schuldnerin Kuponzahlungen und Rückzahlungen bei Fälligkeit nicht leisten könnte. Zur Finanzierung ihres Wachstums in Form von Neubau‑Projekten plane die Schuldnerin in wesentlichem Ausmaß die Emission von Schuldverschreibungen, ohne die es zu einem Liquiditätsengpass kommen könnte. Vereinnahmte Mittel würden an W*-Beteiligungen insbesondere als Eigenkapital und gegebenenfalls als Gesellschafterdarlehen weitergegeben. Es sei geplant, die Investition der W*‑Beteiligungen aus Mitteln des Joint‑Venture‑Partners im Weg einer Kapitalerhöhung, durch Eigenkapital der Schuldnerin, durch Gesellschafterdarlehen des Joint‑Venture-Partners und Umwandlung bestehender Gesellschafterdarlehen der Schuldnerin sowie projektspezifisch Aufnahme von Fremdkapital von Banken zu finanzieren.
[16] Am 6. 6. 2017 veröffentlichte die Holding eine Ad‑hoc‑Mitteilung, dass ihr Vorstand für 2016 von einem negativen Eigenkapital von nunmehr ca 27,5 Mio EUR ausgehe.
[17] Im 1. Nachtrag vom 9. 6. 2017 zum Basisprospekt wurde ausgeführt, dass die Holding laut Bekanntgabe vom 6. 6. 2017 auf Basis des vorläufigen Jahresabschlusses 2016 von einem negativen Eigenkapital von 27,5 Mio EUR ausgehe.
[18] Die Maklerin übersandte am 19. 7. 2017 an den 10.‑Nebenintervenienten als CEO der Schuldnerin und am 29. 8. 2017 an den 12.‑Nebenintervenienten als deren CFO Fragebögen der Beklagten unter anderem zur POSI. Darin bejahten die beiden Vorstände die Frage 8 (a), ob es Ansprüche gegen einen Direktor, leitenden Angestellten oder Mitarbeiter, der in seiner Eigenschaft als Direktor, leitender Angestellter oder Angestellter der Gesellschaft oder einer ihrer Tochtergesellschaften zur Versicherung vorgeschlagen worden sei, gebe oder gegeben habe. Sie verneinten die Frage 8 (b), ob es anhängige Ansprüche gegen die Gesellschaft oder eine ihrer Tochtergesellschaften in Bezug auf die Wertpapiere der Gesellschaft oder einer ihrer Tochtergesellschaften gebe oder gegeben habe. Sie verneinten weiters die Frage 8 (c), ob das Unternehmen oder eine seiner Tochtergesellschaften über Kenntnisse oder Informationen über Handlungen, Fehler oder Unterlassungen verfüge, die zu einem Wertpapieranspruch gemäß der vorgeschlagenen Polizze führen könnten. Sie unterfertigten die Erklärung in Pkt 10, wonach nach bestem Wissen und Gewissen und nach eingehender Prüfung die im Angebotsformular enthaltenen und beigefügten Aussagen und Informationen wahrheitsgemäß und keine wesentlichen Tatsachen zurückgehalten worden seien, und sie verstanden hätten, dass eine wesentliche Tatsache die Akzeptanz oder Bewertung des Risikos durch den Versicherer beeinflussen könne.
[19] Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P* GmbH erstattete über Auftrag der Holding eine mit 26. 7. 2017 datierte Fortbestehensprognose für Holding und Schuldnerin. Darin ging sie für beide vom Vorliegen einer positiven Fortbestehensprognose mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus. Die Fortbestehensprognose wurde vom 10.‑Nebenintervenienten G* einmal für die Holding als alleinige Auftraggeberin der Prognose und einmal für die Schuldnerin unterfertigt. Er war überzeugt, dass die Schuldnerin die Fortbestehensprognose nicht notwendig hätte, weil sie noch über ein Eigenkapital von ca 2,5 Mio EUR verfüge, doch hatte die P* GmbH zur Abbildung des künftigen Geschäftsmodells zur Einbeziehung der relevanten Tochtergesellschaften geraten. Noch im Zeitpunkt des Abschlusses der POSI war der 10.‑Nebenintervenient „überzeugt, dass es kein negatives Eigenkapital“ gebe.
[20] Ende Juli 2017 berichteten Medien, dass es bei W* und dem 10.‑Nebenintervenienten Probleme gebe.
[21] Am 14. 8. 2017 berichtete die Wiener Zeitung, dass laut dem 10.‑Nebenintervenienten die Holding nur noch als Abbaugesellschaft fungiere. Von den 5 Mio EUR Eigenkapital der Schuldnerin würden 3,2 Mio EUR aus dem Markenwert stammen.
[22] Im 3. Nachtrag vom 29. 8. 2017 zum Basisprospekt wurde dargelegt, dass die Verschuldung der Schuldnerin aufgrund der Anleiheemission gestiegen sei, erhebliche Periodenverluste eingetreten seien und bis zur Fertigstellung von Immobilienprojekten mit weiteren Periodenverlusten zu rechnen sei. Insbesondere in den kommenden vier Geschäftsjahren wären keine Fertigstellungen und keine Dividendenzahlungen zu erwarten. Die Schuldnerin sei als Management‑ und Beteiligungs-Holding auf die Zuführung von Liquidität insbesondere durch Gewinnausschüttungen seitens ihrer W*-Beteiligungen, Zahlungen der Holding für Managementleistungen und Fremdkapitalaufnahme angewiesen. Gewinnausschüttungen an Syndikatsmitglieder wären erst nach Rückführung der Gesellschafterdarlehen für Tranche I‑ und II‑Finanzierungen möglich.
[23] Am 29. 8. 2017 gab die Wirtschaftsprüferin S* GmbH in ihrem Bestätigungsvermerk zum ein negatives Eigenkapital von inzwischen mehr als 28,6 Mio EUR ausweisenden Jahresabschluss der Holding per 31. 12. 2016 ein „eingeschränktes Prüfungsurteil“ ab, weil die vom Vorstand erstellte und von externen Experten plausibilisierte Fortbestehensprognose unter mit wesentlicher Unsicherheit behafteten Annahmen stehe. Zu Letzteren gehörte, dass die Schuldnerin ein neues Geschäftsmodell mit Schwerpunkt auf Neubauprojekten umsetzen könnte. Die Annahmen seien zwar nicht in hohem Maß unwahrscheinlich, doch fehlten noch aussagekräftige Erfahrungswerte.
[24] Am 30. 8. 2017 veröffentlichte die Holding eine Ad-hoc-Mitteilung über den Jahresabschluss 2016 samt Bilanzverlust und negativem Eigenkapital von rund 28,7 Mio EUR. Erklärt wurde, dass die Wirtschaftsprüferin einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt habe, weil insbesondere die überwiegende Wahrscheinlichkeit der wesentlichen Annahmen der Fortbestehensprognose aufgrund noch zu wenig aussagekräftiger Erfahrungswerte noch nicht abschließend beurteilt werden könnte. Die Gesellschaft verfüge über eine positive Fortbestehensprognose, die durch externe Experten der P* GmbH plausibilisiert und bestätigt worden sei. Ein drittes Mal wurde die Fortbestehensprognose erwähnt, weil die Gesellschaft erste wesentliche der dortigen Annahmen bereits erfolgreich umsetzen hätte können.
[25] Am 31. 8. 2017 übermittelte die Maklerin an die zuständige Mitarbeiterin der Beklagten eine Stellungnahme des 10.‑Nebenintervenienten als beschuldigter Vorstand der Schuldnerin und Emittentin zu von der Finanzmarktaufsicht (in der Folge „FMA“) erhobenen Vorwürfen. Auf Seite 11 dieser Stellungnahme findet sich Folgendes:
„Die Zahlungen von 1.200.000 EUR für die Ablöse der beiden Projekte 1 und 2 an [die Holding] entsprechen rund 10 % des gesamten Gewinns aus beiden Projekten, sind fremdüblich, stehen im Einklang mit der von P* GmbH durchgeführten Gutachtenserstellung zur Fortbestehensprognose [der Holding] und der Emittentin (Auszüge aus dem Gutachten [...]).“
[26] In den Vorwürfen der FMA ging es um Werbung für eine Anleihe und explizit unter anderem um eine betont positive Information über die Finanzlage der Schuldnerin.
[27] Am 4. 9. 2017 übermittelte die Schuldnerin an die Maklerin neben der Vertraulichkeitserklärung, einem Risikofragebogen, dem Fragebogen der Beklagten und einem der Maklerin sowie einem Teilorganigramm auch die ungeprüfte Bilanz und GuV der Schuldnerin per 30. 6. 2017 sowie den ungeprüften Konzernabschluss per 30. 6. 2017.
[28] Am 6. 9. 2017 fand ein Underwriting Call, eine Telefonkonferenz, statt, an dem der 10.‑ und der 12.‑Nebenintervenient, zwei Mitarbeiter der Beklagten und ein Mitarbeiter der Maklerin teilnahmen. Die Telefonkonferenz war wegen des FMA‑Verfahrens notwendig geworden. In der Telefonkonferenz kam die Idee auf, über den zweiten oder dritten Prospektnachtrag einen „Cut“ zu machen, um abzugrenzen, welche Zeichnungen es bewusst trotz der medienwirksamen Darstellung (von Ende Juli) gebe.
[29] Der 10.‑Nebenintervenient „enthielt [der Beklagten] keine Informationen vor, sondern legte das wirtschaftliche Bild der W*-Gruppe, die Fortbestehensprognose – auch unter Verwendung dieses Worts – sowie insbesondere das FMA-Strafverfahren und seine Stellungnahme dazu offen. Die Beklagte fragte zum Thema FMA nach, wohingegen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die POSI – anders als für die D&O‑Versicherung – nicht relevant waren“. Auch der 12.‑Nebenintervenient enthielt der Beklagten keine Information vor. Er hatte die Fragebögen ausgefüllt. Einzig offen war schließlich nur, für die D&O‑Versicherung Ergänzungen zum Businessplan vorzulegen. Zur Vorlage weiterer Unterlagen forderte die Beklagte ihn nicht auf. Auch der 12.‑Nebenintervenient ging von einem positiven Eigenkapital der Schuldnerin per 30. 6. 2017 und ebenso per 30. 9. 2017 aus. Die Schuldnerin hätte sich finanzieren sollen, wie das im Prospekt ausformuliert war. Primäre Finanzierungsform wäre die Emission von Anleihen gewesen.
[30] Am 7. 9. 2017 leitete die Maklerin an die Beklagte neben der Maklervollmacht das aktuelle Organigramm, den D&O‑Fragebogen, den Strafrechtsschutzfragebogen, aber auch den Geschäftsbericht 2016 und den Entwurf zum Halbjahresbericht 2017 weiter. Nach diesem Entwurf waren die immateriellen Vermögenswerte auf 4.688.553 EUR gewachsen und ein Periodenergebnis von ‑ 2.384.308 EUR entstanden. Das Eigenkapital war demnach von 4.854.561 EUR auf 2.470.253 EUR gefallen.
„Überhaupt leitete [die Maklerin] alles an die Beklagte weiter, was gefordert wurde. Zwar mag es etwas gegeben haben, was [sie] von der Schuldnerin erhielt und nicht weiterleitete, doch lag das einzig daran, dass [sie] als Makler[in] auch zur Sichtung der Unterlagen aufgefordert war.“
[31] Auf der Website der Schuldnerin waren neben dem Basisprospekt samt den Nachträgen auch der Jahresabschluss sowie die relevanten und gesetzlich verpflichtenden Ad-hoc-Mitteilungen zugänglich.
[32] Die zuständige Mitarbeiterin der Beklagten rief zumindest den 3. Nachtrag zum Basisprospekt ab. Auch den Geschäftsbericht 2016 hatte sie vorliegen. Am 26. 9. 2017 sandte sie an die Maklerin ein Anbot an die Schuldnerin für die POSI ab dem 3. Nachtrag. Die zuständige Mitarbeiterin der Beklagten lobte ausdrücklich das Underwriting‑Telefonat vom 6. 9. 2017 als sehr konstruktiv, erklärte, den 3. Nachtrag geprüft zu haben, und forderte keine weiteren Unterlagen oder Informationen.
[33] Am 29. 9. 2017 veröffentlichte die Schuldnerin eine Ad-hoc-Mitteilung zu den Halbjahreszahlen zum 30. 6. 2017 auf Basis eines ungeprüften UGB‑Einzelabschlusses. Der Bilanzverlust betrage 2.815.245,36 EUR und das Eigenkapital noch 2.214.754,64 EUR.
[34] Am 9. 10. 2017 unterbreitete die Mitarbeiterin der Beklagten der Maklerin unter dem Betreff „W* AG - Hier: D&O Angebot“ ein Anbot für ebendiese. Als besondere Bedingung wurde die Rückwärtsdeckung bis zum Eintritt des 10.‑Nebenintervenienten etwa im März 2016 aufgenommen. Als Vorbehalte wurden ein aussagekräftiger Businessplan mit Erklärung, ob die Halbjahreszahlen 2017 im Plan liegen bzw warum nicht, sowie ein Warranty Statement vorgesehen. Der einzige Bezug zur POSI war, dass das D&O‑Angebot nur in Zusammenhang mit dem POSI Angebot gelten sollte.
[35] Im 4. Nachtrag vom 10. 10. 2017 zum Basisprospekt wurde informiert, dass die Schuldnerin am 2. 10. 2017 die ungeprüften Finanzzahlen für das erste Halbjahr 2017 mit einem Ergebnis vor Steuern von ‑ 2.525.786,35 EUR, einem Bilanzverlust von 2.815.245,36 EUR und einer auf 31,7 % gesunkenen Eigenkapitalquote veröffentlicht hätte.
„Nicht festgestellt werden kann, dass, sofern der Basisprospekt, der 3. oder der 4. Nachtrag überhaupt unvollständig oder unrichtig ist, zumindest S* G* oder MMag. R* W* [10.‑ oder 12.‑Nebenintervenient] davon wussten. Nicht festgestellt werden kann, dass zumindest einer der beiden die Marke W* als wertlos ansah.“
[36] Am 19. 10. 2017 antwortete der zuständige Mitarbeiter der Maklerin auf das Schreiben der Beklagten vom 9. 10. 2017 zum selben Betreff D&O, dass er eine Formulierung für eine Insolvenzklausel gefunden habe. Auch am 20. 10. 2017 ging es um die Insolvenzklausel nur im Zusammenhang mit der D&O‑Versicherung, in welchem die Maklerin am 23. 10. 2017 den Businessplan in Aussicht stellte und am 15. 11. 2017 schließlich die Warranty Statements übermittelte.
[37] Am 20. 10. 2017 diskutierte der 12.‑Nebenintervenient als CFO der Schuldnerin mit dem zuständigen Mitarbeiter der Maklerin Details zur D&O und legte offen, dass die Schuldnerin auch ein Update zur Fortbestehensprognose durchführte.
[38] Noch im Entwurf zum Update der Fortbestehensprognose war „ein positives Eigenkapital für 2022 geplant“.
[39] Am 1. 12. 2017 besprachen der 12.‑Nebenintervenient und der Mitarbeiter der Maklerin wieder die Fortbestehensprognose, weil sich im November ergeben hatte, dass ein Finanzierungspartner ein Projekt nicht weiter verfolgen wollte. Der Mitarbeiter der Maklerin sagte, dass er an die Beklagte herantreten würde. Für den 12.‑Nebenintervenienten „war klar, dass die Informationen, die an [die Maklerin] gingen, auch an die Beklagte weitergingen“.
[40] Am 11. 12. 2017 übermittelte die Maklerin unter dem Betreff „Beauftragung W* POSI und vorläufiger Deckung D&O“ den Deckungsauftrag der Schuldnerin an die zuständige Mitarbeiterin der Beklagten mit der Anmerkung, dass das Angebot der Beklagten zur D&O‑Versicherung noch unter dem Vorbehalt der positiven Prüfung „der Financials“ stünde, wozu er eine Abstimmung durch schriftliche Übermittlung von Unterlagen und eine telefonische Besprechung von Zahlen vorschlug.
[41] Die Beklagte antwortete am 14. 12. 2017, dass sie gerne die Deckung unter den Bedingungen und Vorbehalten wie aus der bisherigen Korrespondenz ersichtlich bestätige. Sie schlug vor, dass der Mitarbeiter der Maklerin zur Ausräumung der Vorbehalte zur D&O die verfügbaren Unterlagen übermittle, offene Punkte könnten in einem Underwriting Call geklärt werden.
[42] Nach der Insolvenz der Holding am 2. 2. 2018 und der Schuldnerin am 16. 3. 2018 bestätigte die Mitarbeiterin der Beklagten G* S* gegenüber einem Mitarbeiter der Maklerin am 5. 4. 2018, dass die POSI bestehe. Nur die D&O‑Versicherung stand unter dem Vorbehalt eines aussagekräftigen Businessplans samt Erklärung, ob die Halbjahreszahlen 2017 im Plan lagen oder warum nicht, sowie eines Warranty Statement, „weil insbesondere aus D&O-Sicht die Risikosituation der Schuldnerin schwierig gewesen war“.
[43] Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 1. 2. 2019 die Deckung ab und erklärte den „Widerruf der vorläufigen Deckungszusage“ (unstrittig zu einem Anleger).
[44] Der Kläger begehrte die Feststellung, die Beklagte habe ihm aufgrund und im Umfang des zwischen ihnen abgeschlossenen Prospekthaftpflicht-Versicherungsvertrags für die Schadensfälle von zehn Anleihezeichnern (nämlich der 1.‑ bis 9.‑Nebenintervenienten sowie einer weiteren nicht am Verfahren beteiligten Person) Deckungsschutz in vollem Umfang zu gewähren. Die Zeichnungen seien nach dem 3. Nachtrag vom 29. 8. 2017 zum Basisprospekt vom 11. 5. 2017 erfolgt. Sofern die Anleihegläubiger mit den Klagen durchdringen würden, stehe ihnen ein Anspruch gegen die Schuldnerin bei sonstiger Exekution in den Deckungsfonds der Prospekt‑Versicherung gemäß § 157 VersVG zu. Die Beklagte habe für die gegenständlichen Haftpflichtfälle einzustehen und begründete Ansprüche zu befriedigen. Sie habe zu allen Schadensmeldungen bestätigt, dass in den gegenständlichen Klagen die „unrichtige bzw unvollständige Darstellung der Finanzlage der Schuldnerin im Basisprospekt und den Nachträgen, gestützt auf § 11 Abs 1 Z 1 KMG“ geltend gemacht werde und dass es sich hierbei um grundsätzlich in der Prospekt‑Versicherung versicherte Ansprüche handle. Die Beklagte habe zu Unrecht die Deckung abgelehnt. Eine Verletzung der Anzeigepflichten liege nicht vor. Die Schuldnerin habe die Beklagte umfangreich aufgeklärt und Urkunden vorgelegt. Die angespannte finanzielle Lage habe die Beklagte schon aufgrund des Basisprospekts gekannt. Über die – für Schuldnerin und Holding kombinierte – Fortbestehensprognose, auf die der Vorstand vertraut habe, sei die Beklagte über die Maklerin informiert worden. Auch aus dem im September 2017 veröffentlichten Jahresabschluss der Holding seien die Erstellung einer Fortbestehensprognose und die geplante Finanzierungsstruktur ersichtlich gewesen. Die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin sei nur für die D&O-Versicherung, nicht aber die POSI relevant gewesen. Eine allfällige Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit des Basisprospekts bzw des 3. und 4. Nachtrags sei dem Vorstand nicht bewusst gewesen. Der Verzicht der Beklagten auf § 16 VersVG sei gegenüber den geschädigten Anleihegläubigern anzuwenden.
[45] 1.‑, 2.‑, 6.‑ und 8.‑Nebenintervenient brachten vor, angesichts des uneingeschränkten Bestätigungsvermerks wäre für die Schuldnerin die Einholung einer gesonderten Fortführungsprognose gar nicht notwendig gewesen; deren Nichtübermittlung sei daher kein für die Übernahme der Gefahr erheblicher Umstand. Er wäre auch nicht geeignet gewesen, einen Entschluss der Beklagten zur Ablehnung der Versicherung oder ihres Abschlusses zu anderen Bedingungen zu motivieren.
[46] Der 7.‑Nebenintervenient brachte vor, die Schuldnerin habe keine Obliegenheiten verletzt; Vorsatz der Schuldnerin sei im Hinblick auf die Bestätigung des Going‑Concern‑Ansatzes durch die Wirtschaftsprüfer auszuschließen.
[47] Die 11.‑Nebenintervenientin (Maklerin) brachte ergänzend vor, sie sei aufgrund einer Vereinbarung mit der Schuldnerin tätig geworden und habe alle ihr von dieser übermittelten und relevanten Informationen an die Beklagte weitergeleitet. Aus der Maklerklausel in der BB1 und aus Pkt VIII. ABPV ergebe sich, dass eine Zurechnung des Wissens der Maklerin an die Beklagte erfolge. Davon habe die Schuldnerin bereits vor Vertragsabschluss ausgehen dürfen, sodass sie an einer allfälligen Nichtweiterleitung von Informationen durch die Maklerin jedenfalls kein Verschulden treffe. Nach den nun relevierten Informationen habe die Beklagte nicht ausdrücklich gefragt. In einer ausführlichen Telefonkonferenz sei die angespannte Situation der Schuldnerin behandelt worden. Daraufhin habe die Beklagte einen Businessplan im Hinblick auf die D&O‑Versicherung gefordert; für die POSI sei die finanzielle Situation der Schuldnerin irrelevant gewesen. Der Beklagten sei die Existenz einer Fortbestehensprognose spätestens seit Ende August 2017 bekannt gewesen. Die § 16 VersVG betreffende Klausel in ABPV sei gemäß § 34a VersVG unwirksam, weil sie es dem Versicherer ermögliche, die Prämie zu behalten, dennoch aber nicht leisten zu müssen. Die Voraussetzungen für einen Rücktritt der Beklagten nach § 16 VersVG lägen nicht vor.
[48] Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, die Schuldnerin sei ihren (konkret genannten) vorvertraglichen Anzeigeobliegenheiten nicht nachgekommen, weil sie vor Abschluss des Versicherungsvertrags nicht über ihre finanzielle Lage ausreichend informiert und notwendige Nachträge zum Prospekt nicht veröffentlicht habe. Die Verletzung der Anzeigeobliegenheiten, die durch den Vorstand gesetzt worden seien, berechtige die Beklagte zum Rücktritt nach §§ 16 ff VersVG. Die Maklerin sei der Beklagten vor Beginn des Versicherungsverhältnisses am 11. 12. 2017 nicht zurechenbar.
[49] Das Erstgericht gab der Klage statt. Zwar rückten die Anleihegläubiger in die Position der Versicherungsnehmerin ein. Jedoch gehe der Vorwurf der Beklagten, die Schuldnerin hätte sie nicht informiert, ins Leere, weil die zwischen den beiden Vertragsparteien vermittelnde Maklerin bereits am 31. 8. 2017 und damit deutlich vor Abschluss der POSI der Beklagten die Stellungnahme des Vorstands gegenüber der FMA übermittelt habe. Gerade weil die Vorwürfe der FMA sich auf eine der beiden im Fokus der Versicherung stehenden Anleihen bezogen habe und solch ein Verwaltungsstrafverfahren keineswegs zu einer automatischen Begleiterscheinung einer Emission gehöre, dürfe vom Versicherer erwartet werden, dass er derartige Unterlagen tatsächlich lese. Die Erwähnung der Fortbestehensprognose sowohl für die Holding als auch für die Schuldnerin in der Stellungnahme sei daher nicht versteckt, sondern reiche zur Unterrichtung der Beklagten aus, umso mehr als sie nicht extra nach dem Vorliegen einer Fortbestehensprognose gefragt habe. Wenn die Beklagte zur konkreten Ausgestaltung der Finanzierung der Schuldnerin mehr hätte wissen wollen, als sich ohnedies im Basisprospekt und in den Nachträgen gefunden habe, so hätte sie fragen müssen; dies habe sie jedoch unterlassen. Nicht zu prüfen sei die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Wertpapierprospekts, weil das den Kern des Haftungsprozesses bilde, der gerade nicht verdoppelt werden solle.
[50] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und verneinte ebenfalls eine schuldhafte Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht. Dass (auch) für die Schuldnerin eine Fortbestehensprognose erstellt worden sei, sei der Beklagten nach den Feststellungen einerseits durch Übermittlung der Stellungnahme im FMA‑Verfahren und andererseits aufgrund der ausdrücklichen Mitteilung in der Telefonkonferenz vom 6. 9. 2017 bekannt gewesen. Nach den Feststellungen habe sich das beim Telefonat verwendete Wort „Fortbestehensprognose“ auf die „W*-Gruppe“ und damit auch auf die Schuldnerin selbst bezogen, zumal die Fortbestehensprognosen für die Holding einerseits und die Schuldnerin andererseits in einem erstellt worden seien. Wegen der festgestellten Erwähnung der Existenz einer Fortbestehensprognose bei der Telefonkonferenz komme der Argumentation der Beklagten, sie müsse Dokumente nicht auf „versteckte“ Hinweise zu Gefahrenumständen durchforsten, keine entscheidende Bedeutung zu. Sekundäre Feststellungsmängel lägen nicht vor, stehe doch fest, dass S* G* im Rahmen der Telefonkonferenz die „Fortbestehensprognose“ erwähnt habe. Nach den unbekämpften Feststellungen habe es sich bei den „wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ um für die vorliegende POSI „nicht relevante“ Umstände gehandelt, woraus der Schluss zu ziehen sei, dass die wirtschaftliche Lage der Schuldnerin für den Versicherer nicht gefahrerheblich gewesen sei. Die Beklagte habe nach der wirtschaftlichen Lage der Schuldnerin in ihrem Fragebogen auch nicht so (hinreichend konkret) gefragt, dass ein verständiger Versicherungsnehmer daraus ableiten hätte können, dass die Beklagte im Rahmen der POSI näheres Interesse an seiner finanziellen Situation haben könnte. Dass die Schuldnerin die Beklagte nicht über das in Auftrag gegebene Update zur Fortbestehensprognose informiert habe, habe diese in erster Instanz nicht konkret behauptet. Die Relevanz eines solchen Updates für die Schuldnerin für die Beklagte sei schon angesichts der vor Anbotslegung erfolgten Erwähnung des Bestehens einer Fortbestehensprognose (ohne entsprechende Nachfrage der Beklagten) keineswegs selbstverständlich. Vor der Gefahr des Wegfalls eines Finanzierungspartners habe die Schuldnerin bereits im Basisprospekt gewarnt. Dass die für die Schuldnerin erstellte Fortbestehensprognose im (3. Nachtrag zum) Prospekt keine Erwähnung finde, sei der Beklagten bekannt gewesen. Dass den Organen der Schuldnerin die Wertlosigkeit der „W*“-Marken bekannt gewesen wäre, habe das Erstgericht (unbekämpft) nicht feststellen können, sodass die Beklagte insoweit die Kenntnis der Versicherungsnehmerin vom (nach ihren Behauptungen) anzuzeigenden Umstand nicht habe nachweisen können; es komme nicht auf das Kennenmüssen, sondern die Kenntnis vom (zumindest nach dem Vorbringen der Beklagten) gefahrerheblichen Umstand an. Zwar habe das Erstgericht keine Feststellung zur (angeblich) unterbliebenen Übermittlung des 4. Nachtrags zum Prospekt (und eine inhaltlich korrespondierende Ad‑hoc‑Meldung) getroffen. Allerdings habe sich der Kläger bereits in erster Instanz darauf berufen, dass dieser Prospektnachtrag keine gefahrerheblichen Umstände enthalten habe. Die Beklagte habe sich im erstinstanzlichen Verfahren konkret nur auf die im Nachtrag ersichtliche „Änderung der Halbjahreszahl“ berufen. Da die „wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ für die vorliegende POSI „nicht relevant“ gewesen seien, sei insgesamt von fehlender Gefahrerheblichkeit des 4. Nachtrags auszugehen. Selbst wenn man eine Aufklärungspflicht der Schuldnerin über ihre wirtschaftliche Lage bejahen wollte, wäre dem Kläger auf Basis der Feststellungen der Nachweis gelungen, dass die Schuldnerin an der Verletzung dieser Verpflichtung kein Verschulden getroffen habe. Auch wenn diese vertraglichen Regelungen nicht auf den Zeitpunkt vor Vertragsabschluss zurückwirkten, so hätten die Organe der Schuldnerin doch insgesamt auch bereits vor der Vertragsperfektion davon ausgehen dürfen, ihre Verpflichtungen gegenüber der Beklagten durch Mitteilung an den Makler erfüllen zu können.
[51] Die Beklagte habe die geforderte Kenntnis unrichtiger Angaben auf Basis der getroffenen Feststellungen nicht nachzuweisen vermocht.
[52] Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand als 30.000 EUR übersteigend und ließ die ordentliche Revision nicht zu.
[53] In ihrer außerordentlichen Revision beantragt die Beklagte, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[54] In den ihnen vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortungen beantragen die 5.‑ und 7.‑Nebenintervenienten, der Revision nicht Folge zu geben, der Kläger sowie die 1.‑, 2.‑, 6.‑, 8.‑, 10.‑ und 12.‑Nebenintervenienten beantragen, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben. Die übrigen Nebenintervenienten beteiligten sich am Revisionsverfahren nicht.
[55] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage im Zusammenhang mit einer Prospekthaftpflichtversicherung (POSI) zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[56] 1.1. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 f ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RS0050063 [insb T71]; RS0112256 [T10]). Es findet deshalb auch die Unklarheitenregelung des § 915 ABGB Anwendung. Unklarheiten gehen daher zu Lasten der Partei, von der die diesbezüglichen Formulierungen stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RS0050063 [T3]). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen (RS0008901).
[57] 1.2. Die allgemeine Umschreibung des versicherten Risikos erfolgt durch die primäre Risikobegrenzung. Durch sie wird in grundsätzlicher Weise festgelegt, welche Interessen gegen welche Gefahren und für welchen Bedarf versichert sind. Auf der zweiten Ebene (sekundäre Risikobegrenzung) kann durch einen Risikoausschluss ein Stück des von der primären Risikoabgrenzung erfassten Deckungsumfangs ausgenommen und für nicht versichert erklärt werden (RS0080166 [insb T10]; RS0080068).
[58] 1.3. Zunächst ist der Deckungsumfang zu klären. Versicherungsschutz besteht für Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des versicherten Wertpapierprospekts, der mittels Verweis dort aufgenommenen Informationen, der geltenden Bedingungen einschließlich etwaiger Wertpapierprospektnachträge sowie der dort aufgeführten, an den Versicherer eingereichten ergänzenden Informationen, sowie für Ansprüche nach § 11 KMG oder vergleichbarer Rechtsvorschriften wegen einer Pflichtverletzung im Sinn der Vorschrift. Dies versteht der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer aus dem angesprochenen Verkehrskreis so, dass sich der Deckungsumfang an den gesetzlichen Haftungsgründen orientiert.
[59] 2.1. Nach § 2 Abs 1 KMG (in der bis 2. 1. 2018 geltenden Fassung) darf ein öffentliches Angebot im Inland nur erfolgen, wenn spätestens einen Bankarbeitstag davor ein nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erstellter und gebilligter Prospekt veröffentlicht wurde.
[60] 2.2. Ein öffentliches Angebot ist nach § 1 Abs 1 Z 1 KMG (in der bis 2. 1. 2018 geltenden Fassung) eine Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Bedingungen eines Angebots (oder einer Einladung zur Zeichnung) von Wertpapieren oder Veranlagungen und über die anzubietenden Wertpapiere oder Veranlagungen enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere oder Veranlagungen zu entscheiden.
[61] 2.3. Ein Basisprospekt ist nach § 1 Abs 1 Z 17 KMG (in der bis 2. 1. 2018 geltenden Fassung) ein Prospekt, der alle in § 7 Abs 1 bis 4 KMG und den Bestimmungen der (bis 20. 7. 2019 geltenden) VO (EG) Nr 809/2004 der Kommission vom 29. 4. 2004 (zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Angaben sowie die Aufmachung, die Aufnahme von Angaben in Form eines Verweises und die Veröffentlichung solcher Prospekte sowie die Verbreitung von Werbung) und – im Falle eines Nachtrags – auch in § 6 KMG bezeichneten ändernden und ergänzenden Angaben zum Emittenten und zu den öffentlich anzubietenden oder zum Handel zuzulassenden Wertpapieren sowie, nach Wahl des Emittenten, die endgültigen Bedingungen des Angebots enthält.
[62] Der Prospekt hat nach § 7 Abs 1 und 2 KMG (in der bis 20. 7. 2018 geltenden Fassung) sämtliche Angaben zu enthalten, die entsprechend den Merkmalen des Emittenten und der öffentlich angebotenen Wertpapiere oder Veranlagungen bzw zum Handel an dem geregelten Markt zugelassenen Wertpapiere erforderlich sind, damit die Anleger sich ein fundiertes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten und jedes Garantiegebers sowie über die mit diesen Wertpapieren oder Veranlagungen verbundenen Rechte bilden können. Der Prospekt hat weiters Angaben zum Emittenten und zu den Wertpapieren zu enthalten, die öffentlich angeboten oder zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen werden sollen. Er hat ferner eine Zusammenfassung zu beinhalten, die in knapper Form und in allgemein verständlicher Sprache grundlegende und angemessen strukturierte „Schlüsselinformationen“ iSd § 1 Abs 1 Z 18 KMG (in der bis 2. 1. 2018 geltenden Fassung; vgl Art 2 Abs 1 lit s der bis 20. 7. 2019 geltenden Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. 11. 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist) enthalten muss, die den Anlegern ermöglichen, Art und Risiken des Emittenten, des Garantiegebers und der angebotenen Wertpapiere zu verstehen und zu entscheiden, welchen Wertpapierangeboten sie weiter nachgehen sollten; auch hier ist unter anderem eine kurze Beschreibung der Risiken und wesentlichen Merkmale, die auf den Emittenten und einen etwaigen Garantiegeber zutreffen, einschließlich der Vermögenswerte, Verbindlichkeiten und der Finanzlage sowie der mit der Anlage in das betreffende Wertpapier verbundenen Risiken und der wesentlichen Merkmale dieser Anlage einschließlich der mit den Wertpapieren verbundenen Rechte zu geben.
[63] 2.4. Nach § 6 Abs 1 KMG („Nachtrag zum Prospekt“; in der bis 2. 1. 2018 geltenden Fassung) müssen jeder wichtige neue Umstand oder jede wesentliche Unrichtigkeit oder Ungenauigkeit in Bezug auf die im Prospekt enthaltenen Angaben, die die Bewertung der Wertpapiere oder Veranlagungen beeinflussen könnten und die zwischen der Billigung des Prospekts und dem endgültigen Schluss des öffentlichen Angebots oder, falls später, der Eröffnung des Handels an einem geregelten Markt auftreten oder festgestellt werden, in einem Nachtrag (ändernde oder ergänzende Angaben) zum Prospekt genannt werden. Dieser Nachtrag (ändernde oder ergänzende Angaben) ist vom Antragsteller unverzüglich zumindest gemäß denselben Regeln zu veröffentlichen und zu hinterlegen, wie sie für die Veröffentlichung und Hinterlegung des ursprünglichen Prospekts galten. „Unverzüglich“ bedeutet, dass Nachträge ohne schuldhaftes Verzögern so rasch wie möglich zu veröffentlichen sind (Zivny, KMGhttps://rdb.manz.at/document/1204_1_kmg_p0006?execution=e1s2&source=72646223323032313036323523313230345f315f6b6d675f7030303035234e41562332313036313434333232 [2016] § 6 Rz 28 mwN). Nachtragspflicht und Ad‑hoc‑Publizitätspflicht nach § 48d BörseG bestehen nebeneinander und sind parallel zu erfüllen (Zivny, KMG2 § 6 Rz 58; Russ in Zib/Russ/Lorenz, KMG [2008] § 6 Rz 20 ff).
[64] 2.5. Die genannten Bestimmungen sind insgesamt Ausdruck der für Kapitalmarktprospekte geltenden Gebote der Prospektwahrheit, ‑klarheit, ‑vollständigkeit, -verständlichkeit sowie ‑aktualität und ‑berichtigung (vgl 3 Ob 97/16k mit in 4.3. dargestellten Nachweisen; Zivny, KMGhttps://rdb.manz.at/document/1204_1_kmg_p0007?execution=e1s2&source=72646223323032313036323523313230345f315f6b6d675f703030303761234e41562332323535313733323835 § 7 Rz 10 mwN).
[65] 3.1. Nach § 11 Abs 1 Z 1 KMG (in der bis 20. 7. 2019 geltenden Fassung) haftet der Emittent für durch eigenes Verschulden oder durch Verschulden seiner Leute oder sonstiger Personen erfolgte unrichtige oder unvollständige Angaben, deren Tätigkeit zur Prospekterstellung herangezogen wurde, jedem Anleger für den Schaden, der diesem im Vertrauen auf die Prospektangaben oder die sonstigen nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Angaben (§ 6 KMG), die für die Beurteilung der Wertpapiere oder Veranlagungen erheblich sind, entstanden ist.
[66] 3.2. Die im KMG normierte Prospektpflicht für öffentliche Angebote über den Kauf oder die Zeichnung von Wertpapieren im Inland (§ 2 KMG iVm § 1 Abs 1 Z 1 KMG), die Haftung des Emittenten oder des Vermittlers für unrichtige oder unvollständige Prospektangaben (Prospekthaftung gemäß § 11 KMG) sind die gesetzgeberische besondere Ausprägung der allgemeinen Grundsätze über die schadenersatzrechtliche Haftung für Vertrauensschäden wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung. Es geht um die Sanktionierung irreführender Anlegerinformationen. Gehaftet wird für die Verletzung von Aufklärungspflichten und Sorgfaltspflichten, die schon vor Geschäftsabschluss bestehen (RS0108218 [T3]); es handelt sich dabei um eine typisierte Vertrauenshaftung aus Verschulden bei Vertragsabschluss (vgl RS0107352). Dem potenziellen Anleger soll eine umfassende und objektive Grundlage für seine Erwerbsentscheidung geboten werden; ein Prospekt, der die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht richtig wiedergibt oder in einer für die Anlageentscheidung relevanten Weise missverständlich formuliert ist, entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben (vgl RS0107352 [T16, T17]).
[67] 3.3. Prospekthaftungsansprüche bestehen also, wenn ein Anleger durch falsche, unvollständige oder irreführende Prospektangaben zur Zeichnung einer Kapitalanlage bewegt wird. Der potenzielle Kapitalanleger muss sich grundsätzlich auf die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit der im Prospekt enthaltenen Angaben verlassen dürfen (vgl RS0107352).
[68] 4.1. Aus der Gesetzeslage ergibt sich sohin klar und eindeutig, dass es für die Frage, ob gedeckte Prospekthaftungsansprüche bestehen können, sehr wohl auf die richtige oder unrichtige Information der Anleger über die Vermögenswerte, Verbindlichkeiten, Finanzlage, die Gewinne und Verluste und die Zukunftsaussichten des Emittenten ankommt. Es müssen jeder wichtige neue Umstand oder jede wesentliche Unrichtigkeit oder Ungenauigkeit in Bezug auf die im Prospekt enthaltenen Angaben, die die Bewertung der Wertpapiere oder Veranlagungen beeinflussen könnten und die zwischen der Billigung des Prospekts und dem endgültigen Schluss des öffentlichen Angebots auftreten oder festgestellt werden, in einem unverzüglich zu veröffentlichenden Nachtrag zum Prospekt genannt werden. Die Ansicht der Vorinstanzen, es komme bei der POSI auf die finanzielle Lage der Emittentin nicht an, verkennt diese Rechtslage.
[69] 4.2. Die Einwände der Beklagten beziehen sich auf den Zeitraum 6. 9. 2017–11. 12. 2017, sohin vor Versicherungsbeginn. Die Revision macht nur mehr die Frage der Verletzung der Anzeigeobliegenheit nach § 16 VersVG geltend.
[70] 5.1. Der Versicherungsnehmer hat nach § 16 Abs 1 VersVG beim Abschluss des Vertrags alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Erheblich sind jene Gefahrumstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Bestimmungen abzuschließen, einen Einfluss auszuüben. Im Allgemeinen gilt, dass ein Umstand, nach dem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, im Zweifel erheblich ist (RS0080628). Nicht ausdrücklich nachgefragte Umstände sind aber nicht schon wegen ihrer objektiven Gefahrerheblichkeit mitzuteilen, sondern nur dann, wenn sich eine Frage konkludent auch auf sie bezieht, oder wenn ihre Mitteilung als selbstverständlich erscheint (RS0119955 [T3]).
[71] 5.2. Die vorvertragliche Anzeigeobliegenheit ist „beim Abschluss des Vertrages“ zu erfüllen, das heißt vom Beginn der Vertragsverhandlungen bis zum formellen Versicherungsbeginn, das ist in der Regel der Zugang der Annahme des Antrags. Infolgedessen muss der Versicherungsnehmer noch alle gefahrerheblichen Umstände anzeigen, von denen er erst nach Antragstellung Kenntnis erlangt oder die erst nach diesem Zeitpunkt eintreten (vgl RS0080807). Die vorvertragliche Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers entfällt nur insoweit, als der Versicherer die Umstände bereits kennt; ein bloßes Kennenmüssen genügt nicht (RS0080719). Es besteht keine Nachforschungspflicht des Versicherers (RS0080719 [T2]).
[72] 5.3. An die vom Versicherten bzw Versicherungsnehmer bei Erfüllung seiner vorvertraglichen Anzeigepflicht anzuwendende Sorgfalt sind ganz erhebliche Anforderungen zu stellen (RS0080641). Für eine schuldhafte Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht genügt bereits leichte Fahrlässigkeit (RS0080572). Die Beweislast für das mangelnde Verschulden an der Verletzung einer vorvertraglichen Anzeigepflicht trifft grundsätzlich den Versicherungsnehmer (RS0080809).
[73] 5.4. Zur Bejahung der Gefahrerheblichkeit von Umständen ist es nicht erforderlich, dass der Versicherer bei Kenntnis des wahren Sachverhalts den Vertrag tatsächlich abgelehnt oder nicht zu den bestimmten Bedingungen geschlossen hätte. Es reicht aus, dass der vom Versicherer nachgewiesene Umstand bei objektiver Betrachtung geeignet ist, einen solchen Entschluss des Versicherers zu motivieren (RS0080637). Der Versicherte ist dafür beweispflichtig, dass auch die richtige Beantwortung der an ihn gestellten Frage nicht geeignet gewesen wäre, den Entschluss des Versicherers zum Vertragsabschluss in irgendeiner Weise zu beeinflussen (RS0080787). Der Versicherer kann sich auch ohne Vertragsauflösung auf Leistungsfreiheit berufen, wenn er von der Verletzung der Anzeigeobliegenheit erst nach dem Versicherungsfall erfahren hat (7 Ob 117/18h mwN).
[74] 5.5. Eine juristische Person hat für das Verhalten und die Kenntnis ihrer Vertretungsorgane einzustehen (vgl RS0080502, RS0081066), hier die Schuldnerin für ihre beiden Vorstände (10.‑ und 12.‑Nebenintervenienten).
[75] 6.1. Nach Pkt IV. ABPV verzichtet zwar der Versicherer grundsätzlich auf die ihm aufgrund einer vorvertraglichen Anzeigeobliegenheitsverletzung gemäß § 16 VersVG zustehenden Rechte, doch nicht gegenüber Versicherten, die die vorvertragliche Anzeigeobliegenheitsverletzung kannten, begangen haben und daran mitgewirkt haben. Die Klausel ist, entgegen der Ansicht der Nebenintervenienten, nicht als ein für den Versicherungsnehmer nachteiliges Abweichen vom Gesetz zu verstehen, sondern entspricht dem gesetzlichen Regelfall.
[76] 6.2. Es sind zwar nach Pkt III.1 ABPVnur Ansprüche wegen wissentlicher (zusammengefasst) Fehlleistungen ausgeschlossen, nicht jedoch für bedingt vorsätzliche. Diese (für den Versicherungsnehmer günstige) Risikoabgrenzung hat aber keinen Einfluss auf die Beurteilung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit nach § 16 VersVG. Mit der Anzeigeobliegenheit soll der Versicherer vor Vertragsabschluss das zu übernehmende Risiko nach Vertragsabschluss abschätzen können, hier im Hinblick auf das Claims‑Made‑Prinzip.
[77] 6.3. Entgegen der Ansicht des Klägers und der Nebenintervenienten führt dies auch nicht dazu, dass die Prämie „umsonst“ zu zahlen wäre, zumal die Versicherungsdeckung für im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannte (zusammengefasst) Fehlleistungen ohnehin von vornherein nicht besteht. Die Deckungszusage bezieht sich zudem auf einen Zeitraum ab dem 3. Nachtrag.
[78] 6.4. Voraussetzung für die Anwendung des § 16 VersVG nach Pkt IV. ABPV ist einerseits die Verletzung der vorvertraglichen Verletzung der Anzeigeobliegenheit und andererseits, dass die (Vorstände der) Schuldnerin Kenntnis davon haben. Da es im vorliegenden Fall nur um den Deckungsschutz der Versicherungsnehmerin selbst geht und für sie nur ihre beiden Vorstände handelten, deren Verhalten ihr als ihre Organe ohnehin unmittelbar zuzurechnen ist, kommt es auf ihr Verhalten und ihren Kenntnisstand an.
[79] 7.1. Die Nebenintervenienten erheben den Einwand, dass der relevante Zeitpunkt für die Frage der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit der 29. 8. 2017 sei. Es sei vorläufige Deckung ab diesem Zeitpunkt gewährt worden.
[80] 7.2. Für eine vorläufige Deckungszusage fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Der festgestellte „Widerruf der vorläufigen Deckungszusage“ betraf nur – auch nach dem in erster Instanz unstrittigen Vorbringen – einen Anleger. Es steht vielmehr fest, dass die Maklerin überhaupt erst am 11. 12. 2017 einen „Deckungsauftrag“ der Schuldnerin für die POSI an die Beklagte erteilte. Dem entsprechen auch die Polizze und die Prämienrechnung (unstrittig), in denen jeweils die Versicherungsdauer von 11. 12. 2017 bis 11. 12. 2028 angeführt ist.
[81] 7.3. Es liegt aber eine Rückwärtsdeckung für Anleihezeichnungen „auf Basis ab dem 3. Nachtrag vom 29. 8. 2017 zum Basisprospekt vom 11. 5. 2017“ vor. Darunter ist ein Versicherungsschutz zu verstehen, der nach Versicherungsbeginn eintretende Versicherungsfälle, die auch auf vor Versicherungsbeginn gesetzten Pflichtverletzungen beruhen, erfasst (vgl 7 Ob 127/20g [zur D&O‑Versicherung] mwN). Damit ist im vorliegenden Fall der entscheidende Zeitpunkt, in dem die Anzeigeobliegenheit erfüllt werden muss, der Versicherungsbeginn, das ist der 11. 12. 2017.
[82] 8.1. Die Beklagte hat im Fragebogen an die Schuldnerin die ausdrückliche Frage 8 (c) gerichtet, nämlich ob das Unternehmen oder eine seiner Tochtergesellschaften über Kenntnisse oder Informationen über Handlungen, Fehler oder Unterlassungen verfüge, die zu einem Prospekthaftungsanspruch führen könnten. Diese Frage haben die Vorstände der Schuldnerin (10.‑ und 12.‑Nebenintervenient) verneint. Nachgefragt wurde also die Information (Kenntnis) von einer möglichen Verdachtslage (arg: könnte) zum Vorliegen eines Prospekthaftungsanspruchs. Eine solche könnte im vorliegenden Fall gegeben sein, wenn sich die finanzielle Lage der Emittentin bis zum Versicherungsbeginn so verschlechtert hätte, dass ein Nachtrag hätte gemacht werden müssen und dies unterlassen wurde, oder ein Nachtrag gemacht wurde, der aber nicht richtig und wahr im Sinn des KMG war.
[83] 8.2. Die Beklagte hat, soweit noch in der Revision relevant, als vorvertragliche Anzeigeobliegenheitsverletzungen zwischen dem 6. 9. 2017–11. 12. 2017 zahlreiche Umstände geltend gemacht, die die Kenntnis einer Verdachtslage begründen sollen, und zwar in Richtung einerseits Unrichtigkeit der (ab dem 3.) versicherten Nachträge und andererseits haftungsbegründendes Nichtverfassen von Nachträgen, und zwar insbesondere: Änderung der wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin; Nichtübermittlung der Fortbestandsprognosen für die Schuldnerin und Nichterwähnung derselben im 4. Nachtrag; Nichtübermittlung des 4. Nachtrags; Überschuldung der Schuldnerin bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses 3 Monate vor Konkurseröffnung; unterlassene, aber notwendige Anpassung der Fortbestehensprognose bzw Verfassung eines Nachtrags wegen Wegfalls eines Finanzierungspartners; Nichtübermitteln von bestehenden Ad‑hoc‑Mitteilungen und Unterlassen von Updates solcher Mitteilungen; Vorenthalten von Informationen zur finanziellen Situation der Holding (es wurde im 3. Nachtrag darauf hingewiesen, dass die Schuldnerin [auch] von Geldern der Holding abhängig ist); Wertlosigkeit der Marke „W*“.
[84] 8.3. Entscheidungswesentlich ist somit die Frage, ob aufgrund der von der Beklagten ins Treffen geführten Umstände für die Vorstände der Schuldnerin vor Vertragsbeginn eine Verdachtslage auf das Bestehen von Prospekthaftungsansprüchen dahin bestand, dass der 3. und 4. Nachtrag wegen Verschlechterung der finanziellen Lage der Schuldnerin und der Holding gemäß den dargelegten gesetzlichen Bestimmungen des KMG unrichtig oder unvollständig (geworden) sein könnten, sodass die (Vorstände der) Schuldnerin verpflichtet gewesen wären, dies im Sinn der an sie gestellten Frage 8 (c) der Beklagten vor Versicherungsbeginn bekannt zu geben. Der Beklagten obliegt dann die Einschätzung, inwiefern eine Haftung tatsächlich schlagend werden könnte bzw ob sie dieses Risiko auf sich nehmen will. Haben die Vorstände der Schuldnerin die Beklagte von einer ihnen bekannten Verdachtslage vor Versicherungsbeginn nicht informiert, haben sie eine Anzeigeobliegenheitsverletzung zu verantworten. Da die Vorstände der Schuldnerin ohnehin zuzurechnen sind, hatte diese dann gleichzeitig auch davon Kenntnis. Nur in diesem Fall könnte sich die Beklagte auf § 16 VersVG berufen.
[85] Nicht zu teilen ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe sich in erster Instanz nicht auf diese Obliegenheitsverletzungen berufen. Sie hat wiederholt konkret ins Treffen geführt, dass die Schuldnerin ihr vor Vertragsabschluss nicht vollständig ihre finanzielle Situation angezeigt habe.
[86] 9.1. Ob die und welche von der Beklagten behaupteten Anzeigeobliegenheitsverstöße vorliegen, kann aber derzeit mangels geeigneter Feststellungen nicht beurteilt werden. Es ist im fortzusetzenden Verfahren im Rahmen des Vorbringens der Beklagten zu prüfen und festzustellen, ob die Vorstände der Schuldnerin der Beklagten Informationen vorenthielten, bejahendenfalls ob sich daraus ein Hinweis auf eine haftungsrelevante Unrichtigkeit der Nachträge oder eine Vermögensverschlechterung der Schuldnerin, die im Sinn des KMG zur Verfassung und Veröffentlichung von weiteren Nachträgen hätten führen müssen, ergeben. Zu berücksichtigen ist dabei natürlich der Kenntnisstand, den die Beklagte tatsächlich ohnehin hatte.
[87] 9.2. Es ist zwar richtig, dass grundsätzlich das Trennungsprinzip herrscht. Einen Sonderfall bilden aber Tatsachen, die für die Beurteilung sowohl der Berechtigung des Deckungsanspruchs des Versicherungsnehmers als auch für dessen Haftung entscheidungsrelevant sind. Zu entscheidungsrelevanten Tatsachen des Deckungsprozesses sind daher die dafür notwendigen Feststellungen zu treffen (7 Ob 142/18k = RS0081927 [T8]). Es sind daher im fortzusetzenden Verfahren wie oben dargestellt Feststellungen zu treffen.
[88] 9.3. Die Feststellung, dass die Vorstände die Marke nicht als wertlos ansahen, bedarf einer Präzisierung. Es kommt darauf an, ob sie einen Verdacht hatten, dass die Marke allenfalls nicht wie angesetzt werthaltig sein könnte.
[89] 10.1. Entgegen der Rechtsmeinung der Vorinstanzen erfüllte die Schuldnerin ihre Anzeigeobliegenheit aber nicht dadurch, dass sie Informationen an die Maklerin gab, wenn diese sie nicht an die Beklagte weiterleitete:
[90] 10.2. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl 7 Ob 166/19s mwN) ist der Versicherungsmakler zwar regelmäßig ein Doppelmakler, wird aber trotzdem als Hilfsperson des Versicherungsnehmers dessen Sphäre zugerechnet und hat primär als „Bundesgenosse“ des Versicherten dessen Interessen zu wahren (RS0114041). Zwar kann es sein, dass der Versicherungsmakler nicht nur Vertreter des Versicherungsnehmers, sondern auch Versicherungsagent ist (vgl RS0080382). Daraus allein folgt aber noch nicht, dass dessen Wissen (jedenfalls) dem Versicherer zuzurechnen ist. Entscheidend ist, in welcher Funktion der Versicherungsmakler aufgetreten ist. Die Kenntnisse des Versicherungsmaklers sind nämlich dann nicht dem Versicherer zuzurechnen, wenn der Versicherungsmakler gerade in seiner Funktion als Vertreter des Versicherungsnehmers auftritt, also gleichsam im Lager des Antragstellers und nicht in dem des Versicherers steht (RS0080382 [T2] = 7 Ob 130/18w).
[91] 10.3. Im vorliegenden Fall sind keine Umstände erkennbar, dass die Maklerin vor Vertragsabschluss in anderer Rolle denn als Vertreterin der Schuldnerin fungierte. Die Maklerklauseln in BB1 und ABPV galten erst ab 11. 12. 2017, sodass das Handeln und Unterlassen der Maklerin bis zu diesem Zeitpunkt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht der Beklagten zugerechnet werden können. Aus dem klaren Wortlaut von Pkt 10 des Fragebogens, man möge gefahrerhebliche Umstände im Zweifel anzeigen oder sich (erkennbar: um Rat) an den Makler wenden, ist nicht ableitbar, dass die Maklerin hier das Lager des Versicherungsnehmers verlassen hätte oder die Beklagte sich das Wissen der Maklerin und ihr gegenüber gemachte Erklärungen vor Vertragsabschluss zurechnen lassen müsste.
[92] 10.4. Die Schuldnerin entlasten können daher nur die Informationen, die, wie bereits oben ausgeführt, von der Maklerin dem Versicherer weitergeleitet wurden oder die der Versicherer tatsächlich hatte. Die Feststellungslage dazu ist teilweise unpräzise und teilweise lückenhaft. Es ist nochmals hervorzuheben, dass ein bloßes Kennenmüssen der Informationen nicht genügt, und es besteht auch keine Nachforschungspflicht des Versicherers.
[93] 11. Zum Thema Fortbestehensprognose ist noch Folgendes auszuführen:
[94] 12.1. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl 6 Ob 19/15k mwN) ist bei einer Kapitalgesellschaft die rein rechnerische Überschuldungsprüfung durch eine Fortbestehensprognose zu ergänzen, in deren Rahmen mit Hilfe sorgfältiger Analysen von Verlustursachen, eines Finanzierungsplans sowie der Zukunftsaussichten der Gesellschaft die Wahrscheinlichkeit der künftigen Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zu prüfen ist. Geplante Sanierungsmaßnahmen sind in diese Überlegungen einzubeziehen (RS0064962). Der Überschuldungstatbestand ist auf jene Fälle zu reduzieren, in denen die Lebensfähigkeit der Gesellschaft unter Bedachtnahme auf eingeleitete Sanierungsmaßnahmen nicht hinreichend, das heißt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, gesichert ist, eine rechnerische Unterbilanz daher nicht durch eine geschätzte zukünftige positive Entwicklung ausgeglichen werden kann (RS0064962). Der Fortbestehensprognose ist eine realistische Einschätzung der künftigen Erträge und Aufwendungen zu Grunde zu legen; aufgrund einer solchen realistischen Zukunftserwartung muss für eine positive Fortbestandsprognose die Zahlungsfähigkeit und Lebensfähigkeit des Unternehmens mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein (RS0064962).
[95] 12.2. Einer Fortbestehensprognose kann grundsätzlich für die Beurteilung der (Veränderungen der) finanziellen Lage eines Unternehmens eine zentrale Bedeutung zukommen und ist daher im Rahmen der POSI dem Versicherer zu übergeben, außer die dort dokumentierten Umstände sind diesem ohnehin schon bekannt.
[96] 13. Die von den Tatsacheninstanzen getroffenen Feststellungen sind wie aufgezeigt ergänzungsbedürftig, zumal sie von einer vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht ausgingen. Abschließend ist darauf zu verweisen, dass (sollte dies relevant sein) die Feststellung der Unkenntnis der Vorstände von Umständen (zur Fehlerhaftigkeit des 3. und 4. Nachtrags), die von den Vorinstanzen nicht einmal benannt werden, einer Präzisierung bedürfen, ist doch nicht erkennbar, auf welche Tatsachen sich diese Unkenntnis beziehen soll. Es kommt im Übrigen nur, wie dargelegt, auf die Kenntnis der von der Beklagten behaupteten Verdachtslage an.
[97] 14. Sollte die Schuldnerin ihrer vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit nicht nachgekommen sein, so obliegt, wie oben dargestellt, dem Kläger der Beweis sowohl des mangelnden Verschuldens als auch, dass eine richtige bzw vollständige Anzeige nicht geeignet gewesen wäre, den Entschluss des Versicherers zum Vertragsabschluss zu beeinflussen.
[98] 15. Die Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen ist daher unvermeidlich.
[99] Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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