OGH 7Ob190/18v

OGH7Ob190/18v21.11.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei M* A*, vertreten durch die Korn & Gärtner Rechtsanwälte OG in Salzburg, gegen die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei J* A*, vertreten durch Dr. Wolfgang Lang, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Ehescheidung, hier: wegen einstweiliger Verfügung nach §§ 382b, 382e EO, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 12. September 2018, GZ 21 R 244/18f‑58, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Thalgau vom 20. Juni 2018, GZ 1 C 9/17x‑52, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E123252

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„Die einstweilige Verfügung vom 7. Juni 2017, GZ 1 C 9/17x‑7, abgeändert mit Beschluss vom 1. September 2017, GZ 1 C 9/17x‑26, wird dahin ergänzt, dass sie in Ansehung des Verbotes nach § 382b EO, in die Ehewohnung und deren unmittelbare Umgebung zurückzukehren (Pkt 1.), jedenfalls bis zum 7. Dezember 2018, und in Ansehung des Auftrags nach § 382e EO, das Zusammentreffen sowie die Kontaktaufnahme mit der gefährdeten Partei zu vermeiden (Pkt 2.), jedenfalls bis zum 7. Juni 2019 gilt.

Das darüber hinausgehende Mehrbegehren der gefährdeten Partei, die Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung gemäß § 391 EO auf die Dauer von drei Monaten ab Rechtskraft der Ehescheidung 1 C 9/17x des Bezirksgerichtes Thalgau und, sofern innerhalb dieser 3-Monatsfrist ein Verfahren auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach § 81 EheG eingeleitet wird, bis zur rechtskräftigen Erledigung dieses Aufteilungsverfahrens zu verlängern, wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens über die Verlängerung der einstweiligen Verfügung einschließlich des Rechtsmittelverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.“

 

Begründung:

Aufgrund eines mit der Ehescheidungsklage verbundenen Sicherungsantrags der Klägerin vom 24. Mai 2017 erließ das Erstgericht am 7. Juni 2017, GZ 1 C 9/17x‑7, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b, 382e EO, mit der es dem Beklagten die Rückkehr in die Ehewohnung und deren unmittelbare Umgebung, und zwar den eingezäunten Vorgarten der Liegenschaft, sowie den Aufenthalt im Stallgebäude der Liegenschaft mit Ausnahme des Zutritts zum Pferdestall, zum Heuboden und zum Heizungsraum jeweils im Zeitraum zwischen 13:00 Uhr bis 16:00 Uhr zur Verrichtung der notwendigen Arbeiten, verbot (Pkt 1.). Weiters trug es dem Beklagten auf, das Zusammentreffen sowie die Kontaktaufnahme mit der Klägerin zu vermeiden (Pkt 2.). Die Verfügung wurde für die Dauer bis zur rechtskräftigen Erledigung des zu 1 C 9/17x des Erstgerichts anhängigen Ehescheidungsverfahrens erlassen (Pkt 4.).

Aufgrund des Widerspruchs des Beklagten wurde die einstweilige Verfügung mit Beschluss des Erstgerichts vom 1. September 2017, GZ 1 C 9/17x‑26, nur in ihrem Pkt 1. insofern abgeändert, als dem Beklagten die Rückkehr in die Ehewohnung und deren unmittelbare Umgebung, und zwar den eingezäunten Vorgarten der Liegenschaft, sowie der Aufenthalt im Stallgebäude der Liegenschaft – mit Ausnahme des Zutritts zum Stallgebäude und Heizungsraum jeweils im Zeitraum zwischen 08:30 Uhr bis 11:15 Uhr, 12:30 Uhr bis 16:30 Uhr sowie 20:00 Uhr bis 20:30 Uhr zur Verrichtung der notwendigen Arbeiten sowie im Falle eines technischen Gebrechens der Heizungsanlage nach einer 5-minütig vorangehenden Benachrichtigung mittels SMS an die Klägerin  – verboten wurde. Im Übrigen blieb die einstweilige Verfügung vom 7. Juni 2017, GZ 1 C 9/17x‑7, aufrecht.

Nach Erlassung der einstweiligen Verfügung beantragte die Klägerin am 3. Juli 2017 gegen den Beklagten zu AZ 5 E 1324/17i des Erstgerichts die Exekution zur Erwirkung unvertretbarer Handlungen; am 26. Juli 2017 wurde zu GZ 5 E 1324/17i‑9 die Exekution zur Erwirkung von Unterlassungen gemäß § 355 EO unter Verhängung einer Geldstrafe von 750 EUR bewilligt. Am 16. März 2018 beantragte die Klägerin aufgrund dieser Exekutionsbewilligung die neuerliche Verhängung einer Geldstrafe gegen den Beklagten.

Nach diesem Zeitpunkt ist der Beklagte verbotswidrig in den Stallbereich gekommen, hat die Klägerin ordinärst beschimpft und ihr gegenüber geäußert, sie könne ihn ruhig anzeigen, ihr werde sowieso niemand mehr glauben und er werde hereingehen, wann es ihm passe.

Mit Urteil des Erstgerichts vom 16. Mai 2018, GZ 1 C 9/17x‑47, wurde die Ehe der Parteien nach § 49 EheG geschieden, wobei das Erstgericht dem Beklagten das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe zuwies.

Der dagegen vom Beklagten erhobenen Berufung gab das Landesgericht Salzburg mit Urteil vom 15. Oktober 2018, AZ 21 R 248/18v, nicht Folge und ließ die ordentliche Revision nicht zu; die Frist zur Erstattung einer außerordentlichen Revision ist offen.

Die Klägerin beantragte am 24. Mai 2018 – nach Zustellung des erstinstanzlichen Scheidungsurteils, während offener Berufungsfrist –, die Wirksamkeit der bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung im Ehescheidungsverfahren erlassenen einstweiligen Verfügung auf die Dauer von drei Monaten ab Rechtskraft des Scheidungsurteils, und, sofern innerhalb dieser Dreimonatsfrist ein Aufteilungsverfahren nach § 81 EheG eingeleitet wird, bis zu dessen rechtskräftiger Erledigung zu verlängern.

Der Beklagte sprach sich gegen eine Verlängerung aus, weil das Ende des Scheidungsverfahrens nicht absehbar sei. Ob der Zweck der Sicherungsmaßnahme ohne Verlängerung nicht erreicht werde, könne noch nicht beurteilt werden. Nach Verhängung der Beugestrafe habe er gegen die einstweilige Verfügung nicht verstoßen.

Das Erstgericht wies den Verlängerungsantrag ab. Der von ihm zwar als bescheinigt festgestellte Verstoß des Beklagten gegen die einstweilige Verfügung nach dem neuerlichen Exekutionsantrag lege noch kein Fortbestehen der Gefahrenlage nahe, die aktuell eine Verlängerung der einstweiligen Maßnahme über den ohnehin bis zur rechtskräftigen Erledigung des Ehescheidungsverfahrens festgesetzten Zeitpunkt hinaus rechtfertige. Im Übrigen dürfe die Geltungsdauer nicht mit dem Abschluss eines Hauptverfahrens festgelegt werden, das im Zeitpunkt der Entscheidung noch gar nicht gerichtsanhängig sei, sodass derzeit eine Verlängerung um die Dauer eines an das Ehescheidungsverfahren anschließenden Aufteilungsverfahrens jedenfalls unzulässig sei.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss. Sei – wie hier – ein Scheidungsverfahren bereits anhängig, könne die einstweilige Verfügung nach ständiger Rechtsprechung nur bis zu dessen Beendigung und nicht auch noch bis zum Ende des innerhalb einer vom Gericht bestimmten Frist danach einzuleitenden Aufteilungsverfahrens bewilligt werden; vielmehr müsste die gefährdete Partei nach (Rechtskraft) der Scheidung und der Einleitung des Aufteilungsverfahrens eine Verlängerung der einstweiligen Verfügung beantragen.

Der Revisionsrekurs der Klägerin beantragt die Abänderung im Sinne einer Antragsstattgebung.

Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist auch teilweise berechtigt.

Die Revisionsrekurswerberin weist auf das Fortbestehen von Gefährdungssituation und Sicherungsinteresse sowie darauf hin, dass sie einen Verlängerungsantrag vor Ablauf der einstweiligen Verfügung und somit vor Beendigung des Scheidungsverfahrens stellen müsse. Nach diesem Zeitpunkt wäre die einstweilige Verfügung abgelaufen und eine Verlängerung nach der Rechtsprechung nicht mehr zulässig. Eine Kombination einer absoluten Zeitbestimmung der Verlängerung mit dem Zeitablauf zufolge rechtskräftiger Erledigung des Scheidungsverfahrens sei möglich und stehe nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung, wonach eine Befristung bis zum Abschluss eines noch nicht anhängigen Hauptverfahrens nicht zulässig sei. Zumindest wäre die dreimonatige Verlängerung über die Rechtskraft des Scheidungsverfahrens hinaus zu bewilligen gewesen, um der Klägerin zu erlauben, unter dem Schutz der einstweiligen Verfügung das Aufteilungsverfahren vorzubereiten und einzuleiten.

Dazu wurde erwogen:

1.1. Eine einstweilige Verfügung zum Schutz vor Gewalt in Wohnungen kann nach § 382b Abs 1 EO gegen eine Person erlassen werden, die einer anderen Person durch einen körperlichen Angriff, eine Drohung mit einem solchen oder ein die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten das weitere Zusammenleben unzumutbar macht.

Eine einstweilige Verfügung zum allgemeinen Schutz vor Gewalt nach § 382e Abs 1 EO kann gegen eine Person erlassen werden, die einer anderen Person durch einen körperlichen Angriff, eine Drohung mit einem solchen oder ein die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten das weitere Zusammentreffen unzumutbar macht.

1.2. Bei einstweiligen Verfügungen nach § 382b Abs 1 EO ist keine Frist zur Einbringung der Klage nach § 391 Abs 2 EO zu bestimmen, wenn die einstweilige Verfügung für längstens sechs Monate getroffen wird (§ 382b Abs 2 EO).

Bei einstweiligen Verfügungen nach § 382e Abs 1 EO ist ebenfalls keine Frist zur Einbringung der Klage nach § 391 Abs 2 EO zu bestimmen, wenn die einstweilige Verfügung für längstens ein Jahr getroffen wird. Gleiches gilt für eine Verlängerung der einstweiligen Verfügung nach Zuwiderhandeln durch den Antragsgegner (§ 382e Abs 2 EO).

1.3. Bei Gewalt in der Wohnung steht es der gefährdeten Person frei, ob sie den Gewaltschutz nach § 382b EO (mit Nachweis des dringenden Wohnbedürfnisses) oder nach § 382e EO (mit Interessenabwägung) geltend machen will (RIS‑Justiz RS0127363).

2. § 382b Abs 3 EO (der nach § 382e Abs 3 EO bei gemeinsamer Erlassung einer Verfügung nach § 382b EO mit einer solchen nach § 382e EO auch auf Letztere sinngemäß anzuwenden ist) sieht vor, dass „Verfahren in der Hauptsache“ iSd § 391 Abs 2 EO Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe, Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse und Verfahren zur Klärung der Benützungsberechtigung an der Wohnung sein können.

3.1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass eine einstweilige Verfügung gemäß § 382b Abs 1 und Abs 2 EO nicht bis zum Abschluss eines im Zeitpunkt der Entscheidung über den Sicherungsantrag noch nicht anhängigen Hauptverfahrens erlassen werden kann (RIS‑Justiz RS0116471), sondern nur für die Dauer des jeweils anhängigen Verfahrens zu erlassen ist (vgl RIS‑Justiz RS0116471 [T5]). Ob die Einleitung eines Aufteilungsverfahrens nach den Umständen des Einzelfalls Anlass zur Befürchtung weiterer Gewalttätigkeiten oder Drohungen des ausgewiesenen Ehegatten sein kann, ist nicht schon vorweg bei der Entscheidung über einen vor oder im Scheidungsverfahren gestellten Sicherungsantrag zu klären (vgl RIS‑Justiz RS0116471 [T2, T3]).

3.2. Die Frist, für welche eine einstweilige Verfügung bewilligt worden ist, kann auf Antrag verlängert werden, wenn der angestrebte Zweck innerhalb des betreffenden Zeitraums nicht erreicht werden konnte (RIS‑Justiz RS0005534). Analog zu § 128 Abs 3 ZPO ist eine Verlängerung nur möglich, wenn der Verlängerungsantrag noch innerhalb der Verfügungsfrist gestellt wird. Nach Ablauf der Verfügungsfrist kann nur mehr eine neue einstweilige Verfügung beantragt und erlassen werden, wenn und soweit die hierfür erforderlichen Voraussetzungen, deren Vorliegen neuerlich zu prüfen ist, gegeben sind (RIS‑Justiz RS0005534 [T7]); unter den selben Voraussetzungen kann die einstweilige Verfügung nach Ablauf der ursprünglich bewilligten Verfügung auch nochmals erlassen werden (vgl 7 Ob 95/13s ua). Eine Verlängerung der Geltungsdauer der bewilligten einstweiligen Verfügung nach deren Ablauf ist jedoch unzulässig (RIS‑Justiz RS0005566); dies gilt auch für die einstweilige Verfügung gemäß § 382b EO (7 Ob 133/17k mwN) sowie die nach § 382e EO.

3.3. Nach ständiger Rechtsprechung erlischt eine einstweilige Verfügung nicht schon mit dem Ablauf der Frist, für die sie bewilligt wurde, sondern es bedarf einer ausdrücklichen Aufhebung durch das Gericht (RIS‑Justiz RS0005543; vgl RS0113303); nach Ablauf der Verfügungsfrist ist sie auf Antrag des Gegners aufzuheben (9 Ob 32/09k; 7 Ob 99/99f). Solange die einstweilige Verfügung nicht aufgehoben wurde, kann aufgrund von Zuwiderhandlungen vor Ablauf des Endtermins auch danach noch die Exekution bewilligt werden (7 Ob 157/07z).

4. Wird einer gefährdeten Partei somit eine einstweilige Verfügung nach den §§ 382b, 382e EO bewilligt, ohne ihr eine Rechtfertigung aufzutragen, dann kann diese auf die Dauer von sechs Monaten (§ 382b Abs 3 EO) bzw einem Jahr (§ 382e Abs 3 EO) befristet werden; dieselben (neuerlichen) Maximalfristen gelten, wenn die Verfügungsfrist aufgrund des Verhaltens des Gegners verlängert wird.

Wird die einstweilige Verfügung jedoch – wie hier – gleichzeitig mit der Klage beantragt, dann wird diese bis zur Entscheidung in der Hauptsache bewilligt. Liegen in einem solchen Fall auch die Voraussetzungen für eine Verfügung vor, die ohne Klage für sechs Monate bzw ein Jahr zu gewähren bzw zu verlängern wäre, so stellt es einen Wertungswiderspruch dar, der gefährdeten Person die Verlängerung über die Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache zu versagen, obwohl die Voraussetzungen für eine bis zu einem späteren Zeitpunkt befristete Gewährung (oder Verlängerung, weil der Gegner verbotswidrig handelt) ohne „Hauptverfahren“ erfüllt wären. Während die gefährdete Person ohne Klage lückenlosen Schutz genießt, ist sie, wenn sie auch in der Hauptsache gegen ihren Gegner vorgeht, einer Rechtsschutzlücke ausgesetzt und insofern schlechter gestellt, als nach Zeitablauf der Verfügung ein Neuantrag erforderlich ist und bis zu dessen Bewilligung kein Schutz besteht.

5.1. Im Schrifttum wird in diesem Zusammenhang vertreten, dass neben die zeitliche Bindung an das Hauptverfahren zusätzlich eine kalendermäßige Frist treten könne, weil das Hauptverfahren hier kein Rechtfertigungsprozess sei und es darin nicht um jenen Anspruch gehe, welcher der einstweiligen Verfügung zugrundeliege (Beck in Gitschthaler/Höllwerth, Kommentar zum Ehe- und Partnerschaftsrecht [2011] §§ 382b–382e EO Rz 74 [unter Berufung auf Mohr, Neuerungen bei den einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und Stalking, ÖJZ 2009/56, 489; zust Smutny in Deixler‑Hübner/Fucik/Mayrhofer, Gewaltschutz und familiäre Krisen [2018] § 391 EO Rz 10; Bauer in Bauer/Keplinger, Gewaltschutzgesetz4 [2016] § 382b EO Anm 21a; Hopf/Kathrein, Eherecht3 [2014] § 382b EO Rz 16).

5.2. Diese Ansicht steht mit der Rechtsprechung im Einklang, wonach allgemein die Bestimmung der Zeit, für welche die einstweilige Verfügung getroffen wird, durch die Bezeichnung eines Kalendertags, mit welchem die angeordneten Sicherungsmittel ihre Wirksamkeit verlieren oder durch Bestimmung eines Ereignisses, Vorfalls oder Umstands angegeben werden kann, bis zu dessen Eintritt die Sicherung der Partei zugutekommen soll, etwa bis zur Rechtskraft eines Urteils in einem für die einstweilige Verfügung maßgeblichen Verfahren. Es kann auch eine alternative Festsetzung des Zeitpunkts erfolgen, indem als äußerster Endpunkt ein kalendermäßig bezeichneter Tag genannt wird, falls nicht ein gewisses maßgebendes Ereignis schon früher eintritt (RIS‑Justiz RS0004925).

Das Gericht hat generell gemäß § 391 Abs 1 Satz 1 EO die Zeit, für welche es die einstweilige Verfügung bewilligt, von Amts wegen zu bestimmen, ohne dabei an die Anträge der Parteien gebunden zu sein; es hat deshalb die Fristbestimmung erforderlichenfalls auch ohne Antrag der gefährdeten Partei beizusetzen (vgl RIS‑Justiz RS0005363).

6. Aus dem Gesagten folgt, dass auch bei mit der Entscheidung in der Hauptsache befristeten einstweiligen Verfügungen nach § 382b EO und/oder § 382e EO zur Herstellung des Gleichklangs mit einer einstweiligen Verfügung ohne Klage eine Verlängerung über diesen Zeitraum hinaus zulässig ist, wenn und soweit nach einem Verlängerungsantrag die Voraussetzungen für die Verlängerung einer ohne Klage gewährten Verfügung nach den genannten Bestimmungen auch im Zeitpunkt der Entscheidung noch vorliegen.

In einem solchen Fall kann die Verlängerung im zeitlichen Gleichlauf mit einer solchen Verfügung ohne Klage bis zu dem kalendermäßig bestimmten Termin verlängert werden, der sich aus § 382b Abs 2 EO bzw aus § 382e Abs 2 EO ergibt, auch wenn das Hauptverfahren vor diesen Zeitpunkten enden sollte.

Die Befristung hat dabei im Spruch (hier durch dessen Ergänzung) zum Ausdruck zu bringen, dass der spätere dieser alternativen Beendigungszeitpunkte (kalendermäßiger Endtermin oder rechtskräftige Beendigung des Hauptverfahrens) maßgeblich ist. Die Verlängerung um längstens sechs Monate bzw ein Jahr hat dabei nach der Rechtsprechung des Fachsenats zeitlich an die ursprüngliche Geltungsdauer der zu verlängernden einstweiligen Verfügung anzuschließen (vgl 7 Ob 179/17z = RIS‑Justiz RS0005534 [T12]).

7. Auf den vorliegenden Fall bezogen folgt daraus für die Fristberechnung:

7.1. Die ursprüngliche Verfügung wurde am 7. Juni 2017 erlassen; der Verlängerungsantrag wurde am 24. Mai 2018 gestellt. Die Maximalfrist für die (mehrfache) Verlängerung einer ohne Klage gewährten Verfügung würde daher am 7. Dezember 2018 (§ 382b EO) bzw am 7. Juni 2019 (§ 382e EO) enden. Eine Beendigung des Hauptverfahrens vor diesen Terminen ist nach den vorliegenden Umständen des Falls möglich, aber nicht sicher.

7.2. Die materiellen Voraussetzungen für eine Verlängerung liegen entgegen der Ansicht des Erstgerichts vor. Von der antragstellenden Partei ist nämlich nur zu behaupten und zu bescheinigen, dass sie innerhalb der ihr gesetzten Frist den durch die einstweilige Verfügung intendierten Zweck nicht erreichen konnte (RIS‑Justiz RS0005534). Nur wenn sich aus der Aktenlage ergäbe, dass die Voraussetzungen der Anspruchsbescheinigung und der Gefährdungsbescheinigung nicht mehr vorliegen, wäre der Antrag auf Verlängerung abzuweisen. Ob die Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung zur Zeit ihrer Erlassung vorlagen, ist nicht mehr zu prüfen (RIS‑Justiz RS0005613 [insb T3, T4]).

Das Erstgericht hat von der Klägerin behauptete Verstöße als bescheinigt angenommen; bereits ein solcher Verstoß genügt, eine Erheblichkeitsschwelle sieht das Gesetz nicht vor (vgl Kathrein, Zweites Gewaltschutzgesetz – Die wichtigsten Neuerungen bei den einstweiligen Verfügungen, in FS Koziol [2011] 1157 [1176]). Bereits mit diesem bescheinigten Verstoß gegen die einstweilige Verfügung ist das Fortbestehen der Gefährdungslage hinreichend aufgezeigt (vgl Beck aaO Rz 86), was nach den Umständen des Einzelfalls für beide Anspruchsgrundlagen (§ 382b und § 382e EO) gilt.

7.3. Im Licht des oben Gesagten wären die Voraussetzungen für die Verlängerung der ursprünglichen einstweiligen Verfügung vorgelegen, wenn es sich um eine solche ohne Klage gehandelt hätte. Das Fortbestehen der Gefährdungslage und der Umstand, dass eine mögliche Beendigung des Hauptverfahrens vor dem Ablauf der jeweiligen Maximalfristen nach § 382b Abs 2 und nach § 382e Abs 2 EO eine Rechtsschutzlücke bewirken könnte, führen hier dazu, dass die einstweilige Verfügung in teilweiser Stattgebung des Antrags der Klägerin über den bisherigen Beendigungstermin hinaus wie aus dem Spruch ersichtlich zu verlängern ist.

8. Das darüber hinausgehende Begehren der Klägerin wurde von den Vorinstanzen hingegen zu Recht abgewiesen.

8.1. Mit einer Verlängerung der Verfügung um eine bestimmte Frist nach dem – zeitlich ungewissen – Eintritt der Rechtskraft im Hauptverfahren strebt die Klägerin Rechtsschutz an, der über den hinausgeht, den sie auch im Fall der Bewilligung einer Verfügung ohne Klage erreichen hätte können. Überdies kann derzeit nicht beurteilt werden, ob die Gefährdungslage zu jenem ungewissen Zeitpunkt in der Zukunft das Aufrechterhalten der einstweiligen Verfügung rechtfertigen wird.

8.2. Zum Begehren, die einstweilige Verfügung bis zur Beendigung eines noch nicht anhängigen Hauptverfahrens zu verlängern, sieht sich der Senat nicht veranlasst, von der zu oben Punkt 3.1. dargelegten ständigen Rechtsprechung abzugehen (RIS‑Justiz RS0116471; vgl E. Kodek in Angst/Oberhammer, EO3 [2015] § 382b Rz 18; Sailer in Burgstaller/Deixler‑Hübner, EO § 382b [2015] Rz 17; Beck, Geltungsdauer der Gewaltschutz‑EV, EF‑Z 2010/100, 147).

9. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf § 393 Abs 2 EO iVm §§ 50 Abs 1, 43 Abs 1 ZPO. Die Klägerin ist mit ihrem Verlängerungsbegehren nur teilweise durchgedrungen, was mangels Anhaltspunkten für eine unterschiedliche Gewichtung der Obsiegensanteile und mangels jeweils besonderem Verfahrensaufwand für diese als gleichteiliges Obsiegen bzw Unterliegen zu werten ist.

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