OGH 7Ob99/99f

OGH7Ob99/99f28.5.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin und gefährdeten Partei Ilona W*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wider den Antragsgegner und Gegner der gefährdeten Partei Heinz W*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Rechtsanwältin in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Vermögens gemäß §§ 81 ff EheG, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 11. Februar 1999, GZ 43 R 103/99m-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 23. Dezember 1998, GZ 4 F 111/98p-6, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragstellerin und gefährdete Partei hat ihre Kosten des Revisionsrekursverfahrens vorläufig selbst zu tragen.

Der Antragsgegner und Gegner der gefährdeten Partei hat seine Kosten des Revisionsrekursverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Ehe der Antragstellerin und gefährdeten Partei (im folgenden nur mehr Antragstellerin genannt) und des Antragsgegners und Gegners der gefährdeten Partei (in der Folge kurz Antragsgegner) wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 26. 11. 1998, GZ 4 C 46/98b-33, rechtskräftig geschieden. Zu Beginn des Scheidungsverfahrens war dem Antragsgegner über Antrag der Antragstellerin mit einstweiliger Verfügung gemäß § 382 Z 8 lit c EO bis zur rechtskräftigen Beendigung des Scheidungsverfahrens verboten worden, seine während der Ehe erworbene Liegenschaft EZ ***** BG ***** mit dem Haus Wien, ***** zu veräußern und zu belasten; das Veräußerungs- und Belastungsverbot war im Grundbuch angemerkt worden.

Am 14. 12. 1998 brachte die Antragstellerin beim Erstgericht zunächst den Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß §§ 81 ff EheG ein. Am 15. 12. 1998 stellte die Antragstellerin sodann erneut betreffend die Ehewohnung Wien, Hüttelbergstraße 81 einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382 Z 8 lit c EO. Neben einem Belastungs- und Veräußerungsverbot beantragte sie nun auch, dem Antragsgegner bis zur rechtskräftigen Beendigung des Aufteilungsverfahrens zu verbieten, "sonst in irgendwelcher Weise" über die Liegenschaft derart zu verfügen, daß eine andere Person Eigentümer der Liegenschaft werde oder Rechte bezüglich der Liegenschaft erwerbe.

Das Erstgericht hat mit Beschluß vom 20. 3. 1998 die im Zuge des Scheidungsverfahrens erlassene einstweilige Verfügung dahin "ausgedehnt", daß dem Antragsgegner die von der Antragstellerin angestrebten Verbote antragsgemäß erteilt wurden. Das Belastungs-, Veräußerungs- und Verfügungsverbot wurde im Grundbuch angemerkt. Das Erstgericht, das im ersten Provisorialverfahren die Anspruchsgefährdung bejaht hatte, weil der Antragsgegner mehrfach gegenüber der Antragstellerin Verkaufs- und Belastungsabsichten angedeutet hatte, erachtete die Anspruchsgefährdung insbesondere im Hinblick auf die derzeitige Arbeitslosigkeit des Antragsgegners (weiterhin) als bescheinigt. Weiters habe der Antragsgegner am 7. 4. 1995 ohne Wissen der Antragstellerin für die B*****AG ein Pfandrecht in Höhe von S 1,105.000 eintragen lassen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem gegen den Beschluß des Erstgerichts erhobenen Rekurs des Antragsgegners keine Folge. Das Erstgericht habe die einstweilige Verfügung vom 20. 3. 1998 nicht verlängern können, da deren Geltungsdauer am 15. 12. 1998 bereits abgelaufen gewesen sei. Demnach sei zu prüfen gewesen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung einer neuen einstweiligen Verfügung gegeben seien. Ausgehend von dem vom Erstgericht für bescheinigt erachteten Sachverhalt sei sowohl der Aufteilungsanspruch als auch eine konkrete Anspruchsgefährdung bescheinigt. Der Antragsgegner releviere in seiner Rechtsrüge lediglich, daß keinesfalls ein Rechtsschutz- bzw Sicherungsbedürfnis der Antragstellerin bestehe, weil die einstweilige Verfügung vom 20. 3. 1998 mangels eines diesbezüglichen Aufhebungsantrages nach wie vor in Kraft sei. Dem sei dahin beizutreten, daß eine einstweilige Verfügung durch den Ablauf der darin genannten Frist nicht von selbst erlösche, sondern aufrecht bleibe, bis sie nach § 399 Abs 1 Z 2 EO über Antrag aufgehoben werde. Wenn auch ein derartiger Antrag bisher nicht gestellt worden sei, so sei das rechtliche Interesse der Antragstellerin an der angefochtenen Entscheidung doch gegeben, weil einem solchen Aufhebungsantrag unter Bedachtnahme auf den längst eingetretenen Zeitablauf - wenn auch erst nach einer vorausgehenden mündlichen Verhandlung - zu entsprechen wäre.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Gericht zweiter Instanz für nicht zulässig, weil Rechtsfragen der in § 128 Abs 1 ZPO genannten Qualifikation nicht vorlägen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar entgegen diesem, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz zulässig; wie der Antragsgegner richtig bemerkt, hatte der Oberste Gerichtshof die über den Einzelfall hinaus bedeutsame Frage der Anspruchsgefährdung trotz Vorliegens einer einstweiligen Verfügung, deren Frist zwar bereits abgelaufen, die aber (noch) nicht aufgehoben ist, noch nicht zu entscheiden; er ist aber nicht berechtigt.

Der Revisionsrekurswerber hält daran fest, daß der Aufteilungsanspruch der Antragstellerin nicht gefährdet sei. Er begründet seine Ansicht weiter damit, daß die einstweilige Verfügung vom 20. 3. 1998 mangels eines Aufhebungsantrags nach wie vor aufrecht sei. Die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung müsse auch nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ausdrücklich ausgesprochen werden, wobei zuvor über den Aufhebungsantrag - bei sonstiger Nichtigkeit des Aufhebungsbeschlusses - zu verhandeln sei. Im Zeitraum zwischen einer allfälligen Antragstellung auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung, der Verhandlung und der Entscheidung darüber wäre noch ausreichend Zeit, eine neue einstweilige Verfügung zu erwirken.

Dem kann nicht beigepflichtet werden.

Wenn eine einstweilige Verfügung auch nach herrschender Auffassung durch den Ablauf der Verfügungsfrist nicht von selbst erlischt (vgl Heller/Berger/Stix 2842 f mwN; Angst/Jakusch/Pimmer EO13 E 10 zu § 399 mwN, so ist sie diesfalls doch auf Antrag des Gegners der gefährdeten Partei jedenfalls aufzuheben (vgl Heller/Berger/Stix 2887; MietSlg 30.887; MietSlg 33.780 uva). Die nach hM (Heller/Berger/Stix 2843 f; SZ 21/78; EvBl 1965/10 uva) grundsätzlich mögliche Verlängerung einer einstweiligen Verfügung ist nach Ablauf der Verfügungsfrist unzulässig (vgl ZBl 1932/190; MietSlg 33.780 ua); analog § 128 Abs 3 ZPO muß nämlich der Verlängerungsantrag auch innerhalb der Verfügungsfrist gestellt werden (vgl 1 Ob 586/76 ua). Nach Ablauf der ursprünglich bestimmten oder in der Folge verlängerten Verfügungsfrist kann allerdings eine neue einstweilige Verfügung beantragt und erlassen werden, wenn und insoweit dann die hiefür erforderlichen Voraussetzungen, deren Vorliegen neuerlich zu prüfen ist, gegeben sind (3 Ob 10/56; MietSlg 33.780 ua).

Unzweifelhaft gilt dies in Fällen, in denen die "alte" einstweilige Verfügung bereits aufgehoben wurde. Trifft dies, wie hier, nicht zu, so ist dem Antragsgegner einzuräumen, daß - weil bei sonstiger Nichtigkeit des Aufhebungsbeschlusses über den Aufhebungsantrag mündlich verhandelt werden muß - die gefährdete Partei von der Aufhebung der einstweiligen Verfügung nicht völlig überrascht werden kann. Auch kann die Löschung eines aufgrund einer einstweiligen Verfügung erlassenen und im Grundbuch eingetragenen Veräußerungs- und Belastungsverbotes nicht im Wege des Grundbuchsverfahrens, sondern nur durch das zur Aufhebung einer einstweiligen Verfügung zuständige Gericht bewirkt werden; die Aufhebung eines gemäß § 382 EO angeordneten Veräußerungs- und Belastungsverbotes durch das Grundbuchsgericht hat also die Vorlage einer Beschlußausfertigung über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung zur Voraussetzung (vgl RIS-Justiz RS0005207). Die gefährdete Partei hat demnach die Möglichkeit, sich noch vor Aufhebung einer einstweiligen Verfügung vor Fristablauf um die Erlassung einer "neuen" einstweiligen Verfügung zu bemühen.

Ob solche - berechtigte - Bemühungen auch rechtzeitig, also vor Aufhebung der befristeten einstweiligen Verfügung, erfolgreich sind, kann nach den Wechselfällen des Lebens jedoch keineswegs ohne weiteres gesagt werden. Es erscheint unbillig, die gefährdete Partei in einem solchen Fall der Gefahr auszusetzen, eine Anspruchssicherung nicht mehr rechtzeitig erwirken zu können. Dieselbe Situation ergibt sich ja auch in den Fällen, in denen vor Ablauf der Verfügungsfrist eine Verlängerung beantragt wird. Wollte man das hier vom Antragsgegner verwendete Argument als stichhältig ansehen, müßte auch in den Verlängerungsfällen die Anspruchsgefährdung im Hinblick auf den Umstand, daß eine einstweilige Verfügung durch den Ablauf der Verfügungsfrist nicht von selbst erlischt, verneint werden. Ausgehend von dem vom Erstgericht als bescheinigt festgestellten Sachverhalt haben die Vorinstanzen daher ungeachtet des Umstandes, daß die einstweilige Verfügung vom 20. 3. 1998 (noch) nicht aufgehoben ist, eine Anspruchsgefährdung zutreffend für gegeben erachtet.

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht hinsichtlich der Antragstellerin auf § 393 Abs 1 EO, hinsichtlich des Antragsgegners auf den §§ 41 und 50 ZPO iVm §§ 78 und 402 EO.

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