European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0070OB00180.24G.1218.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Versicherungsvertragsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
I. Das Urteil des Berufungsgerichts wird in seiner Urschrift dahingehend berichtigt, dass im Spruchpunkt 1. der letzte Satz der Zinsstaffel richtig „aus EUR 477.916,58 seit 8. 7. 2023“lautet.
Die Durchführung der Berichtigung in der Urschrift und den Ausfertigungen obliegt dem Berufungsgericht.
II. Die Revision wird zurückgewiesen.
Dieklagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.788,08 EUR (darin enthalten 464,68 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Kläger und seine Gattin erwarben im April 2018 eine Liegenschaft samt Wohngebäude. Die Voreigentümerin hatte seit dem Jahr 2010 eine landwirtschaftliche Bündelversicherung. Sie kündigte diesen Versicherungsvertrag im Mai 2016. Die Beklagte bestätigte die Auflösung des Versicherungsvertrags mit 1. 1. 2017. In der Folge wollte die Voreigentümerin den Versicherungsvertrag reaktivieren, was aus nicht näher feststellbaren Gründen nicht möglich war. Sie stellte deshalb einen Neuantrag auf eine landwirtschaftliche Bündelversicherung. Die Beklagte stellte daraufhin eine Versicherungsurkunde aus, in der als Versicherungsbeginn der 24. 1. 2017 angegeben war und der Vermerk „Neuvertrag“ aufschien. In diesen Vertrag traten der Kläger und seine Ehegattin nach Erwerb der Liegenschaft ein.
[2] Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Landwirtschaftsversicherung (ABL 2014) zugrunde.
[3] Sie lauten auszugsweise:
„ Artikel 19 – Ersatzwert; Wiederherstellung; Wiederbeschaffung; Realgläubiger
[...]
1. Gebäude, landwirtschaftliches Inventar
Als Ersatzwert gelten bei Gebäuden der ortsübliche Neubauwert, bei landwirtschaftlichem Inventar die Wiederbeschaffungskosten (Neuwert), jeweils zurzeit des Eintritts des Schadenfalles als vereinbart. Bei versicherten Sachen, deren Zeitwert niedriger als 30 % des Neuwerts ist, erfolgt die Entschädigung lediglich zum Zeitwert. Unterbleibt die Wiederherstellung bzw. Wiederbeschaffung innerhalb einer Frist von 3 Jahren nach dem Versicherungsfall, gleich aus welchem Grund, oder erklärt der Versicherungsnehmer dem Versicherer vor Ablauf der Frist in geschriebener Form, dass er nicht wiederherstellen bzw. wiederbeschaffen wolle, so verbleibt es endgültig bei Gebäuden bei dem Anspruch auf Entschädigung nach dem Zeitwert, höchstens aber dem Verkehrswert.
[...]
Der Versicherungsnehmer erwirbt den Anspruch auf Zahlung des die Zeitwertentschädigung bzw. bei Gebäuden den Verkehrswert exklusive Grundstück übersteigenden Teils der Entschädigung nur insoweit, als dieser Teil zusammen mit der Zeitwertentschädigung und den Fremdleistungen [...], welche der Versicherungsnehmer aus Anlass des Schadenfalles erhält, den Wiederherstellungsaufwand nicht übersteigt und in dem Umfang, in dem die bestimmungsgemäße Verwendung der Entschädigung zur Wiederherstellung an der bisherigen Stelle gesichert ist.
Artikel 27 – Wertsicherung; Prämiengarantie für Neuverträge
1. Für Neuverträge erhöhen oder vermindern sich nach Ablauf des dritten Versicherungsjahres (dreijährige Prämiengarantie) die Höchsthaftungssumme und der Beitrag jährlich zur Hauptfälligkeit um den Prozentsatz, der den Veränderungen des von der Bundesanstalt Statistik Austria veröffentlichten Verbraucherpreisindex 2000 [...] entspricht.
Für alle anderen Verträge erfolgt diese Anpassung von Höchsthaftungssumme und Beitrag bereits nach Ablauf des ersten Versicherungsjahres; das betrifft z.B. durch einen Tarifwechsel zu Stande gekommene Verträge.
[...]“
[4] Am 26. 5. 2019 kam es zu einem Brand des Wohngebäudes des Klägers und seiner Gattin. Beim Brand verloren die Versicherungsnehmer ihr gesamtes Hab und Gut. Sie beabsichtigten stets, das Wohngebäude wieder zu errichten und teilten dies der zuständigen Sachbearbeiterin der Beklagten mit. Sie verfügten nicht über die finanziellen Mittel, um für die Wiedererrichtung in Vorleistung treten zu können. Ihnen war nicht bekannt, welche Leistungen die Beklagte erbringen wird, sodass auch unklar war, mit welchem Betrag sie für die Wiedererrichtung kalkulieren konnten. Der von der Beklagten beauftragte Schadensgutachter erstellte am 19. 9. 2019 seinen Schadensbericht. Die Versicherungsnehmer erhielten vor Klagseinbringung – neben Abbruch- und Entsorgungskosten und Akontierungen für Fahrnisse – Akontozahlungen in Höhe von insgesamt 40.000 EUR für das Gebäude und die Mietkosten der von ihnen angemieteten Wohnung ersetzt. Sie mussten ansonsten stets in Vorleistung treten. Die Beklagte ersetzte sodann die in den vorgelegten Rechnungen genannten Beträge. Die Beklagte bot den Versicherungsnehmern eine „Abschlagszahlung“ an, die die Versicherungsnehmer ablehnten, weil sie davon ausgingen, dass die Höchsthaftungssumme weit über diesem Betrag liegen werde. Die Beklagte bestätigte im September 2020 eine Fristverlängerung für die Wiederherstellung der Gebäude und der Inhaltsschäden bis zum 31. 12. 2022. Im Oktober 2022 suchten die Versicherungsnehmer erneut um eine Verlängerung der Wiederherstellungsfrist bis 31. 12. 2023 an, die sie damit begründeten, dass gerade die Einholung von Kostenvoranschlägen zu allen Gewerken erfolge. Bis zum Jahreswechsel würden im besten Fall verbindliche Bauverträge abgeschlossen sein. Fest stehe daher, dass trotz bester Bemühungen eine Wiederherstellung bis zum (bereits verlängerten) Zeitraum der Wiedererrichtungsfrist (31. 12. 2022) nicht möglich sei.
[5] Die Beklagte antwortete, sie könne sich „im Sinne der Kundenorientierung vorstellen, einer Verlängerung der Verjährungsfrist zur Wiederherstellung bis 1. 12. 2023 zuzustimmen, dies jedoch unter der Voraussetzung, dass auf eine Zinsforderung komplett und endgültig verzichtet wird“. Die Versicherungsnehmer erklärten sich damit einverstanden, weil sie unter starkem wirtschaftlichen Druck stünden. Sie verzichteten nur aus dem Grund auf ihren Zinsanspruch, um nicht um die Neuwertspitze „umzufallen".
[6] Die Beklagte leistete nach Klagseinbringung am 11. 11. 2022 erst am 16. 11. 2022 die Zahlung der Zeitwertentschädigung.
[7] DerKlägerbegehrte zuletzt697.929,18 EUR an Neuwertentschädigung und restliche Kosten für Inventar und Abbruch samt Zinsen. Der grundsätzliche Anspruch des Klägers auf die Neuwertentschädigung ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig.
[8] Die Beklagte wendet – soweit im Revisionsverfahren noch relevant – ein, es habe ein Neuvertrag vorgelegen, weshalb die dreijährige Frist für eine die Höchsthaftungssumme erhöhende Wertsicherung noch nicht abgelaufen sei, sowie weiters eine mit dem Kläger getroffene Vereinbarung, die den Verzicht auf Zinsforderungen enthalte.
[9] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren (unter Berücksichtigung der durch die Beklagte geleisteten Zahlungen) im Ausmaß von 569.308,58 EUR statt, sprach die vom Kläger begehrten Zinsen zu und wies das Mehrbegehren von 128.620,60 EUR (unbekämpft) ab.
Rechtliche Beurteilung
[10] Das – nur von der Beklagten im Ausmaß der Klagsstattgebung von 91.392 EUR und den zuerkannten Zinsen angerufene – Berufungsgericht gab der Berufung betreffend die Hauptforderung zur Gänze, betreffend das Zinsenbegehren teilweise Folge und ließ die ordentliche Revision zu.
Zu I.
[11] 1. Nach § 419 Abs 1 ZPO kann das erkennende Gericht jederzeit Schreib- und Rechnungsfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten einer Entscheidung berichtigen. Eine Berichtigung kann nach § 419 Abs 3 ZPO auch in höherer Instanz angeordnet werden. Unter einer solchen „Anordnung“ ist nicht eine Weisung an das ursprünglich erkennende Gericht zu verstehen, einen Berichtigungsbeschluss zu fassen, sondern die Berichtigung durch das Gericht höherer Instanz selbst; nur der Vollzug der Berichtigung obliegt dem ursprünglich erkennenden Gericht. Entscheidungen der Vorinstanzen können insbesondere auch aus Anlass der Zurückweisung einer Revision berichtigt werden (5 Ob 14/18x; 2 Ob 169/20x; je mwN).
[12] 2. Die Berichtigung ist zulässig, wenn das, was ausgesprochen wurde, offensichtlich nicht dem Willen des Gerichts zur Zeit der Fällung der Entscheidung entsprochen hat und sich dies aus dem ganzen Zusammenhang und insbesondere aus den Entscheidungsgründen ergibt (RS0041418). Durch die Berichtigung soll der wahre Entscheidungswille zum Ausdruck gebracht werden (RS0041519), der schon vor der Berichtigung den materiellen Gehalt der Entscheidung bestimmt (RS0041489). Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Spruch der zweitinstanzlichen Entscheidung hier insoweit zu berichtigen, als das Berufungsgericht in seinen Entscheidungsgründen mehrfach zum Ausdruck gebracht hat, dem Kläger Zinsen für die Neuwertspitze ab dem 8. 7. 2023 zusprechen zu wollen und es sich daher bei dem im Spruch genannten Jahr 2022 um ein offensichtlichen Schreibfehler handelt.
Zu II.
[13] Da der Kläger in seiner Revision das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu begründen vermag, ist die Revision entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):
1. Zur Fälligkeit der Leistung des Neuwerts (Neuwertspitze):
[14] Der Kläger steht auf dem Standpunkt, die Leistung des durch die strenge Wiederherstellungsklausel hinausgeschobenen Neuwerts hätte – weil die Wiederherstellung immer geplant gewesen wäre und der Beklagten auch kommuniziert worden sei – bereits mit der Schadensmeldung, spätestens aber mit 12. 12. 2022 erfolgen und deshalb auch bereits zu diesem Zeitpunkt verzinst werden müssen.
[15] 1.1. Art 19 der ABL 2014 enthält unstrittig eine sogenannte „strenge Wiederherstellungsklausel“. Ihr Zweck ist die Begrenzung des subjektiven Risikos, das entstünde, wenn der Versicherungsnehmer die Entschädigungssumme für frei bestimmbare Zwecke verwenden könnte (RS0120711 [T2, T4]). Die strenge Wiederherstellungsklausel bei der Neuwertversicherung stellt nach der Rechtsprechung eine Risikobegrenzung dar (vgl RS0081840 [T1]). Für die praktisch gängigen Klauseln (wie hier) bedeutet sie, dass zunächst im Versicherungsfall nur ein Anspruch auf den Zeitwert entsteht und der Restanspruch auf den Neuwert von der Wiederherstellung oder deren (fristgerechten) Sicherung abhängt (RS0120710). Durch die Wiederherstellungsklausel wird mittelbarer Zwang auf den Versicherungsnehmer ausgeübt, der erst bei Sicherung des Wiederaufbaus an die Neuwert-Versicherungssumme gelangt. Die Fälligkeit der Entschädigungsforderung ist bis dahin aufgeschoben (RS0111471).
[16] 1.2. Wann die Verwendung gesichert ist, ist nach Treu und Glauben zu entscheiden und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0081868; RS0112327; RS0119959). Eine 100%ige Sicherheit kann nicht verlangt werden. Es muss ausreichen, dass angesichts der getroffenen Vorkehrungen kein vernünftiger Zweifel an der Durchführung der Wiederherstellung besteht (RS0112327; RS0119959). Der Abschluss eines bindenden Vertrags über die Wiederherstellung ist grundsätzlich ausreichend (7 Ob 167/14f). Die Vorlage von Kostenvoranschlägen, Absichtserklärungen des Versicherungsnehmers, die bloße Bauplanung oder eine bloß behelfsmäßige Reparatur für die Sicherung der Wiederherstellung ist nicht ausreichend (RS0112327 [T5]).
[17] 1.3. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Sicherung der Wiederherstellung mit dem 8. 7. 2023 anzunehmen war, weil der Kläger davor selbst von einer noch nicht möglichen Beauftragung der Wiederherstellung ausgegangen sei und letztlich die Kapitalforderung mit Schriftsatz vom 7. 7. 2023 ausgedehnt habe. Die sich gegen diese Beurteilung richtende Ansicht des Klägers, die Wiederherstellung wäre bereits mit der Schadensmeldung gesichert gewesen, weil er diese Absicht ohnehin der Beklagten mitgeteilt habe, lässt sich mit der dargestellten Rechtsprechung, die eine Absichtserklärung oder bloße Planung als nicht ausreichend ansieht, nicht in Einklang bringen.
[18] 1.4. Da dem Akteninhalt lediglich die „nunmehrige“ Auftragserteilung zu entnehmen ist, ist das Berufungsgericht insgesamt vertretbar davon ausgegangen, dass die Neuwertspitze mit dem 8. 7. 2023 fällig und gemäß § 11 Abs 1 VersVG zu verzinsen war, was gemäß § 11 Abs 4 VersVG von der Verzichtserklärung nicht tangiert werden konnte.
[19] 1.5. Soweit der Kläger vorbringt, dass die Wiederherstellung mit der am 12. 12. 2022 erteilten Baubewilligung bereits gesichert gewesen wäre, ist er auf die dargelegte Rechtsprechung zu verweisen, wonach die bloße Bauplanung für die Sicherung der Wiederherstellung nicht ausreicht. Inwiefern sie im vorliegenden Einzelfall einer verbindlichen Auftragserteilung gleichgestellt werden könnte, zeigt der Kläger daher ebenso wenig auf wie einen Korrekturbedarf der berufungsgerichtlichen Entscheidung.
[20] 1.6. Die – ebenfalls unabdingbare – Verzinsung der Zeitwertentschädigung ab deren Feststellung durch den Gutachter am 19. 9. 2019 sowie die jeweilige Berücksichtigung von Akontierungen durch die Beklagte in der Zinsstaffel ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig.
2. Zur Verzichtsvereinbarung:
[21] 2.1. Zu beurteilen bleibt daher ausschließlich ein Zinsverzicht des Klägers für die Zeitwertentschädigung nach § 94 Abs 1 VersVG. Auf eine nach dieser Bestimmung fällige Verzinsung für die Neuwertspitze kommt der Kläger in der Revision nicht mehr zurück.
[22] 2.2. § 94 Abs 1 VersVG sieht für die Feuerversicherung eine Verzinsung von 4 % pa nach Ablauf eines Monats nach der Anzeige des Versicherungsfalls – ohne Rücksicht auf die Fälligkeit des Anspruchs – vor, es sei denn, dass nach § 94 Abs 2 VersVG die Ermittlungen zur Schadensfeststellung durch ein Verschulden des Versicherungsnehmers nicht erfolgen können. Nach der Absicht des Gesetzgebers soll dies dem Versicherungsnehmer einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Dauer der Ermittlungen häufig von Zufällen abhängig ist und die Fälligkeit der Entschädigungsleistung deshalb gelegentlich für einen langen Zeitraum aufgeschoben werden kann. § 94 VersVG bietet somit einen Ausgleich dafür, dass gemäß § 11 Abs 1 erster Satz VersVG grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs erst mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und Leistungsumfangs nötigen Erhebungen eintritt, auf die der Versicherungsnehmer nur begrenzten Einfluss hat. In pauschalierter Form sollen die Nachteile ausgeglichen werden, die dem Versicherungsnehmer dadurch entstehen, dass er die ihm zustehende Versicherungssumme nicht alsbald nach dem Versicherungsfall erhält. Die Zinspflicht nach § 94 Abs 1 VersVG ist nur an die Tatsache geknüpft, dass ein Versicherungsfall eingetreten, Anzeige erstattet worden und seitdem ein Monat verstrichen ist (7 Ob 202/12z mwN).
[23] 2.3. Der vom Kläger als sittenwidrig angefochtene Verzicht betrifft – wie das Berufungsgericht ausführt – den Zeitraum von 1. 7. 2019 bis 18. 9. 2019, in welchem unter Berücksichtigung einer Abschlagszahlung kapitalisierte Zinsen von rund 6.127 EUR angefallen wären. Diese Beurteilung des Berufungsgerichts stellt der Kläger in der Revision nicht in Frage.
[24] 2.4. Verträge sind nach ständiger Rechtsprechung dann sittenwidrig, wenn eine Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen ergibt oder wenn bei Interessenkollisionen ein grobes Missverhältnis zwischen den verletzten und den geförderten Interessen vorliegt (RS0113653). Dabei geht es im gegebenen Kontext um die Frage einer groben Äquivalenzstörung (vgl 10 Ob 52/15t mwN). Auch Wucher erfordert als objektives Merkmal eine grobe, leicht erkennbare Äquivalenzstörung, wobei die gesamten beiderseitigen Leistungswerte in ein Verhältnis zu setzen sind (RS0016947).
[25] 2.5. Dass die Verlängerung der Wiederherstellungsfrist um fast ein Jahr im Verhältnis zu den rund 6.127 EUR kein derart grobes Missverhältnis ergibt, ist ebenfalls vertretbar. Dies selbst ausgehend davon, einer Berufung der Beklagten in einem allfälligen Prozess darauf hätte der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden können, stünde doch dann die Abgeltung des Prozessrisikos für einen solchen – immer im Einzelfall zu prüfenden (RS0110900) – Einwand mit dem restlichen Zinsbetrag auch noch nicht in einem auffallenden Missverhältnis.
[26] 2.6. Die Rechtsfrage, ob sich die Beklagte auf den Ablauf der Wiederherstellungsfrist überhaupt berufen hätte können, stellt sich damit nicht (vgl RS0088931).
3. Zur Wertsicherungsklausel:
[27] 3.1. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein neuer Vertrag abgeschlossen oder lediglich ein alter modifiziert werden sollte, kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an (7 Ob 14/90; 7 Ob 214/03a). Maßgebend ist, ob die Identität des Versicherungsverhältnisses gewahrt oder aber das bestehende Versicherungsverhältnis aufgehoben und ein neues begründet wird (RS0080369 [T1]).
[28] 3.2. Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht die Umstände gewürdigt, dass die Voreigentümerin von sich aus den damaligen Versicherungsvertrag gekündigt hatte, dieser mit 1. 1. 2017 beendet war und in der Folge ein neuer Vertrag – der auch ausdrücklich so bezeichnet wurde – erst mit 24. 1. 2017 zu laufen begann, sowie eine von der Beklagten nur bei Neuverträgen gewährte Prämiengarantie für die ersten drei Jahre zur Anwendung kam. Es kam daher zum Ergebnis, dass ein neuer Vertrag abgeschlossen worden sei, für den die Wertsicherung der Versicherungssumme – korrespondierend zur Prämiengarantie – ebenso erst nach drei Jahren zur Anwendung komme. Das ist nicht korrekturbedürftig.
[29] 3.3. Die vom Kläger in der Revision thematisierte „Reaktivierung“ des von seiner Rechtsvorgängerin gekündigten Vertragsverhältnisses war nach den Feststellungen nicht möglich, wobei die Gründe dafür nicht festgestellt werden konnten. Es steht damit aber auch gerade nicht fest, dass nach dem Willen beider Parteien das Versicherungsverhältnis etwa nur aktualisiert hätte werden sollen (vgl 7 Ob 112/16w).
[30] 4. Die Revision ist daher insgesamt mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
[31] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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