Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens jeweils selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die am 21. 1. 2009 verstorbene Erblasserin war mit dem Antragsgegner A***** K***** verheiratet und hinterlässt aus dieser Ehe die Antragstellerin I***** K***** und die Antragsgegnerin Mag. D***** K***** als eheliche Kinder. Antragstellerin ist auch ihre außereheliche Tochter Dr. P***** S*****.
Nach dem Testament vom 21. 07. 2005 ist der Witwer Alleinerbe und die Tochter Mag. D***** K***** Ersatzerbin, wobei die drei Töchter auf den Pflichtteil gesetzt wurden. Es liegt aber auch eine (weitere) letztwillige Anordnung vom 22. 4. 1998 vor, in der die drei Töchter zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt wurden und der Witwer auf den Pflichtteil gesetzt wurde.
Die Antragsteller sind der Ansicht, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamtserrichtung vom 21. 7. 2005 nicht geschäftsfähig war, sodass das Testament vom 22. 4. 1998 die letzte gültige Anordnung darstelle. Das Verfahren über das Erbrecht nach §§ 161 ff AußStrG wurde eingeleitet.
Am 23. 12. 2009 beantragten die Antragsteller die Öffnung verschiedener Konten (unter anderem vier bei der U***** AG in Zürich) mit dem Ersuchen um entsprechende Informationen „ab deren Eröffnung“. Nach Vorlage dieses Antrags durch den Gerichtskommissär (dem die Information unter Berufung auf das Bankengeheimnis verweigert worden war) ersuchte das Erstgericht das Bezirksgericht Zürich im Rechtshilfeweg, Informationen zu diesen Konten einzuholen und weiterzuleiten.
Die U***** AG teilte am 23. 5. 2011 mit, dass zum Todestag (21. 1. 2009) keine Beziehungen zur Erblasserin festzustellen gewesen seien; die bezeichneten Konten seien bereits vor dem Todeszeitpunkt „saldiert“ worden und hätten zu diesem Zeitpunkt „kein Vermögen mehr“ aufgewiesen.
Die Antragsteller begehrten daraufhin, sämtliche Kontoauszüge samt Einzahlungs- und Auszahlungsbelegen für die Zeit zwischen der jeweiligen Eröffnung der Konten und dem Todestag im Rechtshilfeweg zu beschaffen. Dieser Antrag der pflichtteilsberechtigten Töchter diene der Erforschung, ob weitere Vermögenswerte im Besitz der Erblasserin zum Todeszeitpunkt standen.
Das Erstgericht wies den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Konten bereits mehr als sechs Jahre vor dem Todeszeitpunkt von der Erblasserin saldiert worden seien. Deshalb sei nicht zu erwarten, dass sich daraus eine Aufklärung des in den Nachlass fallenden Vermögens (insbesondere über zum Todeszeitpunkt allenfalls vorhandenes weiteres Nachlassvermögen) ergeben könne. Außerdem hätten die Antragsteller auch keine konkreten Behauptungen aufgestellt.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge und änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass dem Antrag stattgegeben wurde. Die Entscheidung des Erstgerichts stehe nicht im Einklang mit der gesicherten Rechtsprechung, wonach Pflichtteilsberechtigten das Recht zukomme, Auskunft über Konten des Erblassers, die dem Verlassenschaftsgericht bereits bekannt gewesen seien, zu erhalten, und zwar nicht nur hinsichtlich der Kontostände zum Todeszeitpunkt, sondern auch über den Zeitraum rückwirkend vom Todestag. Ohne die entsprechenden Auskünfte sei eine weitere Konkretisierung nicht möglich. Gerade hier sei durch das nennenswerte Vermögen und die verschiedenen Konten der Erblasserin im In- und Ausland nicht auszuschließen, dass durch die Vorlage der Ein- und Auszahlungsbelege weitere Erkenntnisse hinsichtlich des Nachlassvermögens gewonnen werden könnten.
Da zur Frage, ob Kontoeröffnungen und die Vorlage der Kontoauszüge auch für bereits lange vor dem Todestag saldierte Konten zulässig seien, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle, sei der ordentliche Revisionsrekurs zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegner wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im antragsabweisenden Sinn abzuändern.
In ihrer Revisionsrekursbeantwortung beantragen die Antragsteller, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Die Rechtsmittelwerber führen im Wesentlichen aus, die Öffnung der lange vor dem Todestag „saldierten“ Konten würde zu erheblichen Rechtsunsicherheiten und Beweisschwierigkeiten führen. Vorweg ist jedoch auf die Rechtsmittelbefugnis der Antragsgegner einzugehen:
Auch in Außerstreit-(Verlassenschafts-)verfahren ist Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ein Eingriff in die geschützte Rechtssphäre (RIS-Justiz RS0006497; 3 Ob 185/10t); also nicht nur die formelle, sondern auch die materielle „Beschwer“ (RIS-Justiz RS0041868, RS0006497; 4 Ob 206/11i), die vorliegt, wenn der Rechtsmittelwerber in seinem Rechtsschutzbegehren durch die angefochtene Entscheidung beeinträchtigt wird, er also ein Bedürfnis auf Rechtsschutz gegenüber der angefochtenen Entscheidung hat (RIS-Justiz RS0041746, RS0043815). Ist das nicht der Fall, so ist das Rechtsmittel auch dann zurückzuweisen, wenn die Entscheidung formal vom Antrag (oder Gegenantrag) abweicht (RIS-Justiz RS0041868; 4 Ob 206/11i mwN).
Werden keine rechtlich anerkannten Interessen der Rechtsmittelwerber berührt, kommt ihnen auch keine Rechtsmittellegitimation zu (RIS-Justiz RS0006497 [T4]). Die Berührung bloß wirtschaftlicher, ideeller oder sonstiger Interessen genügt nicht (RIS-Justiz RS0006497 [T7; T28]). Die Sammlung des „Prozessstoffes“ kann aber nur dann die Rechtssphäre der Partei berühren, wenn zu wenig Beweise aufgenommen werden (diese also für eine verlässliche Beurteilung der Sache nicht ausreichen), nicht aber im gegenteiligen Fall eines „Zuviel“ an Beweismitteln, womit nur in die wirtschaftliche Sphäre der Partei unter dem Aspekt der Verfahrensökonomie eingegriffen wird. Eine unnötig verbreiterte Entscheidungsgrundlage begründet daher keine Beschwer der Partei (RIS-Justiz RS0006497 [T11]).
Nach dieser Rechtsprechung muss die Beschwer der Antragsgegner verneint werden; stellt doch die vom Rekursgericht bewilligte Kontoeröffnung lediglich eine Verbreiterung des „Prozessstoffes“ zur Entscheidung des Verlassenschaftsgerichts über das Inventar dar. Nach den dargelegten Grundsätzen kommt auch den Parteien des Verlassenschaftsverfahrens kein subjektives Recht zu, dass möglichst wenig Ermittlungen über den Vermögensstand getätigt werden. Dies ungeachtet evidenter, jedoch immer bloß „wirtschaftlicher“ Interessen wie beispielsweise an einer rascheren Abwicklung des Verlassenschaftsverfahrens.
Wenn das Verlassenschaftsgericht einem Antrag auf Kontoeröffnung stattgibt, sind andere Verfahrensparteien dadurch somit nicht beschwert, mögen sie sich auch dagegen ausgesprochen haben. Der Revisionsrekurs der Antragsgegner ist daher mangels materieller Beschwer zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 185 AußStrG, wonach im Verlassenschaftsverfahren - außer im (hier nicht betroffenen [§ 161 Abs 2 AußStrG]) Verfahren über das Erbrecht - kein Ersatz von Vertretungskosten stattfindet. Da ausdrücklich Kosten des Revisionsrekurses und seiner Beantwortung verzeichnet wurden, ist auszusprechen, dass die Parteien die Kosten ihrer Beteiligung am Revisionsrekursverfahren selbst zu tragen haben (6 Ob 121/12f mwN; 2 Ob 85/10d).
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