OGH 6Ob71/17k

OGH6Ob71/17k29.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D* GmbH & Co KG, *, vertreten durch Längle Fussenegger Singer Rechtsanwälte Partnerschaft in Dornbirn, gegen die beklagte Partei b* AG, *, vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Aufkündigung über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 17. Jänner 2017, GZ 2 R 323/16i‑15, womit das Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom 10. Oktober 2016, GZ 3 C 744/14m‑11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E118622

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.223,54 EUR (darin 370,59 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Rechtsvorgänger der klagenden Partei im Eigentum der Liegenschaft GST‑NR * und * in EZ * bzw * GB *, A* und A* F*, haben diese mit dem von den Vertragsparteien am 10. 4./15. 4. 1981 unterfertigten schriftlichen Bestandvertrag an die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei, Firma A* GmbH, als Bestandnehmerin zur Errichtung eines Superädifikats zwecks Betriebs eines Büros, Lagers und Betriebsgebäudes vermietet. In der Folge hat die Firma A* (bzw unter ihrem späteren Namen C* GmbH) einen Baumarkt der Firma b* errichtet und die zuvor genannten Bestandrechte (samt Superädifikat) der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei, F* S* GmbH, übertragen.

Der Bestandvertrag aus dem Jahr 1981 lautet auszugsweise wie folgt:

 

... Vertragsdauer:

Dieses Bestandverhältnis beginnt mit der Unterzeichnung dieses Bestandvertrages und gilt auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Der Vertrag kann unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist jederzeit von beiden Vertragsparteien aufgekündigt werden. Die Bestandgeber verzichten jedoch ausdrücklich und unwiderruflich darauf, innerhalb der ersten 30 Jahre nach Vertragsabschluss von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen. ...

Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war bereits beabsichtigt und bekannt, dass vor Ort ein Baumarktgebäude (als Superädifikat) errichtet werden solle, was (durch eine Untermieterin) tatsächlich auch realisiert wurde.

Bereits vor 2008 hat die klagende Partei gegenüber der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei, F* S* GmbH, die rechtliche Ansicht vertreten, dass das gegenständliche Bestandverhältnis bis 30. 4. 2011 wirksam befristet sei.

Mit Entscheidung des Bezirksgerichts Dornbirn vom 10. 1. 2008 zu AZ 3 C 1041/07w wurde unter anderem nach Einvernahme des damaligen Geschäftsführers der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei Dir. E* W* unter Bejahung eines entsprechenden Feststellungsinteresses der Rechtsvorgängerin der hier beklagten Partei deren Feststellungsbegehren gegenüber der damals beklagten Partei M* KEG stattgegeben. Festgestellt wurde, dass das Bestandverhältnis bezüglich der Kündigungsmöglichkeiten den Bestimmungen der §§ 30 ff MRG unterliegt und dass auf jegliche Aufkündigung bis zum 15. 4. 2011 verzichtet wurde, und es nur aus den Gründen des § 1118 ABGB vorzeitig aufgelöst werden dürfe. Der hier klagenden Partei wurde ein Prozesskostenersatz in Höhe von 5.618,88 EUR auferlegt.

Dieses Urteil wurde in der Folge vom Landesgericht Feldkirch mit Urteil vom 18. 3. 2008, AZ 3 R 74/08t, vollinhaltlich – ebenfalls unter Bejahung eines Feststellungsinteresses – bestätigt.

Im Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom 10. 1. 2008 wurden ua folgende Feststellungen getroffen:

Im unmittelbaren Nahebereich zum derzeitigen Standort des b* Marktes entsteht derzeit gerade ein neuer M*‑Markt, dessen Eröffnung im Jahre 2008 (sichtlich) geplant ist. Für die klagende Partei stellt sich somit die Frage, was mit dem leer werdenden Gebäude am bisherigen Standort des b* Marktes geschehen soll. Die klagende Partei überlegt einen Umbau mit einem Investitionsvolumen von EUR 1.500.000,00.

Im Hinblick auf die anstehenden weitreichenden Investitionsentscheidungen wurde ein rechtliches Interesse der klagenden Partei an der begehrten Feststellung bejaht. Auch das Landesgericht Feldkirch als Berufungsgericht hielt zur Frage des rechtlichen Interesses der klagenden Partei an der begehrten Feststellung fest, dass dem Bestandnehmer das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung, ob ein bestimmtes Bestandverhältnis dem MRG unterliegt oder nicht, jedenfalls dann nicht abgesprochen werden könne, wenn er vor erheblichen Investitionsentscheidungen auf dem in Bestand genommenen Grundstück stehe, die bei einer freien Kündbarkeit des Bestandverhältnisses nicht zu rechtfertigen wären.

In jenem Verfahren wurde als Partei E* W* einvernommen und hat der dortige Klagsvertreter Dr. K* S* in der Tagsatzung vom 10. 9. 2007 ua vorgebracht:

Es steht deshalb für das Mietgrundstück spätestens im Frühjahr 2008 bis Sommer 2008 die neue Entscheidung über die Verwendung des Mietobjektes für Zwecke des Mieters an. Insbesondere kommt dabei die Neuerrichtung eines Gebäudes in Frage. Um abklären zu können, ob ein Gebäude wirtschaftlich auf einem Mietgrund neu gebaut werden kann, welches mehrere Millionen Euro kostet und deshalb nicht bis 2011 abgeschrieben werden kann, sondern zumindest 30 Jahre stehen muss, ist die Frage, ob das hier vorliegende Mietverhältnis dem MRG unterliegt, aus wirtschaftlicher und unternehmerischer Sicht besonders wichtig.

E* W* hat anlässlich seiner Rechtshilfeeinvernahme vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien, AZ 39 Hc 649/07v, am 19. 11. 2007 ua ausgesagt:

Im Jahr 2008 wird der Neubau fertig sein, das Objekt werden wir verlassen und am neuen Standort den Betrieb aufnehmen und wir müssen überlegen, welche Investitionen wir vornehmen müssen, um das Gebäude weiter nutzen zu können. … Das Gebäude bleibt sicher stehen, aber es wird ein Umbau nötig, da die technischen Voraussetzungen derzeit nicht mehr gegeben sind und es ist schwer, insoweit für uns, als wir mehr als 1,5 Millionen investieren müssen und daher wissen müssen, in welcher Rechtssituation wir uns befinden.

Die F* S* GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 22. 9. 1995 gegründet. Mit Generalversammlungsbeschluss vom 30. 5. 2012 erfolgte die Umwandlung der genannten GmbH in eine Aktiengesellschaft gemäß §§ 245 ff AktienG. Mit Generalversammlungsbeschluss vom 28. 6. 2012 wurde die genannte AG als übernehmende Gesellschaft mit der b* AG (FN *) als übertragender Gesellschaft verschmolzen. Mit Hauptversammlungsbeschluss vom 8. 2. 2016 erfolgte eine Änderung der Satzung in § 1 samt Namensänderung auf b* AG zu (FN *). Die F* S* GmbH wurde seit 10. 11. 1999 von E* W* gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Gesamtprokuristen vertreten, wobei seine Funktion im Vorstand im August 2014 endete. Die Firma M* KEG existiert (dagegen erst) seit 22. 12. 2004. Im Mai 2010 erfolgte eine Änderung auf eine KG, im September 2016 dann auf D* GmbH & Co KG.

Mit der am 5. 6. 2014 beim Erstgericht eingebrachten Aufkündigung kündigte die Klägerin der Beklagten das Bestandverhältnis auf und beantragte, es möge der Beklagten aufgetragen werden, die Liegenschaften GST‑NR * in EZ * sowie GST‑NR * in EZ * jeweils GB * binnen 14 Tagen nach dem 31. 12. 2014 geräumt von eigenen Fahrnissen an die Klägerin zu übergeben oder Einwendungen zu erheben. Sie machte den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 3 MRG geltend. Angesichts des am 31. 3. 2014 hervorgekommenen wahren Sachverhalts könne das seinerzeitige Prozessverhalten der Partei E* W*, aber auch des in sämtliche Vertragsverhandlungen involvierten dortigen Klagsvertreters Dr. K* S* nur als tatbestandsmäßig im Sinne der §§ 146 ff StGB beurteilt werden. Es liege im Hinblick auf das behauptete Feststellungsinteresse im Vorverfahren sowie in dem darauf aufbauenden Verfahren AZ 2 C 854/09y des Bezirksgerichts Dornbirn, wonach umfangreiche Investitionsentscheidungen bevorstünden, ein Prozessbetrug zum Nachteil der kündigenden Partei vor. Der damalige Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei Dir. E* W* habe bei seiner Aussage wissentlich die Unwahrheit gesagt, zumal das Superädifikat mittels Kaufvertrag vom 16. 2. 2000 von der Bestandnehmerin an die F* S* GmbH veräußert worden sei. Bei wahrheitsgemäßem Prozessvorbringen und bei wahrheitsgemäßer Aussage des als Partei vernommenen E* W* hätte das Erstgericht das Feststellungsinteresse in den Vorverfahren verneinen und daher die Feststellungsklage abweisen müssen. Insgesamt ergebe sich sohin in beiden Verfahren eine Gesamtschadenssumme von über 30.000 EUR zu Lasten der Klägerin. Unzutreffend sei die Ansicht, ein (Prozess‑)Betrug könne nur hinsichtlich der Hauptsache, nicht aber auch hinsichtlich der Prozesskosten begangen werden.

In seiner Stellungnahme vom 3. 6. 2014 im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft habe der nunmehrige Rechtsvertreter der beklagten Partei behauptet, dass die Zeugen Mag. B* R* und Mag. M* F* (im Verfahren AZ 2 C 854/09y des Bezirksgerichts Dornbirn) und der Zeuge M* F* (im Verfahren AZ 18 C 28/13a des Bezirksgerichts Dornbirn) falsche Zeugenaussagen abgelegt hätten. Der Beklagtenvertreter unterstelle den genannten Zeugen falsche Zeugenaussagen nach § 288 StGB und habe das Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB zu vertreten. Auch diese Verleumdung sei als unleidliches Verhalten im Sinne des angezogenen Kündigungsgrundes zu qualifizieren.

Die Beklagte erhob fristgerecht Einwendungen und brachte vor, weder die Beklagte bzw deren Rechtsvorgängerin noch deren damaliger Geschäftsführer Dir. E* W* noch deren damaliger und auch nunmehriger Rechtsvertreter Dr. K* S* hätten gelogen und betrogen. Die Weiterführung des Bestandverhältnisses sei für die Klägerin nicht unzumutbar. Ein Prozessbetrug liege nicht vor. Im Verfahren AZ 3 C 1041/07w sei lediglich eine zwischen den Vertragspartnern strittige Frage zum Bestandverhältnis (nämlich ob ein Kündigungsschutz gemäß § 30 MRG bestehe), geklärt worden. Dabei sei es nicht um eine (ungerechtfertigte) Vermögensverschiebung zu Gunsten der nunmehr Beklagten gegangen. Den angeblichen Schaden begründe die Klägerin ausschließlich mit den Prozesskosten der Vorverfahren. Diese Prozesskosten seien lediglich deshalb verursacht worden, da die Klägerin zu Unrecht Fragen bestritten habe, die durch die Feststellungsklage zu Gunsten der Rechtsvorgängerin der Beklagten geklärt worden sei. Wenn der Schutzzweck des § 146 StGB sogar auf die Prozesskostenentscheidung ausgedehnt würde, würde dies auch bedeuten, dass jede Unrichtigkeit des Vorbringens einer Partei, die für den Ausgang des Verfahrens irgendwie von Bedeutung sei, die Gefahr eines Prozesskostenbetrugs mit sich bringe, auch wenn es sich dabei überhaupt nicht um das eigentliche Ziel der Klage gehandelt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ein Prozessbetrug im Sinne des § 146 StGB sei schon in objektiver Hinsicht zu verneinen. Vom Schutzzweck des § 146 StGB seien nur die unmittelbar durch die Täuschung bewirkten Vermögensschäden erfasst und nicht auch mittelbar herbeigeführte Folgeschäden. Im Vorprozess habe die Mieterin mit ihrer Feststellungsklage nicht auf eine Vermögensverfügung zu ihren Gunsten abgezielt. Dass die Vermieterin wegen des verlorenen Prozesses entsprechend der Bestimmung des § 41 ZPO erhebliche Prozesskosten zu bezahlen habe, sei lediglich ein mittelbar herbeigeführter Folgeschaden. Überdies seien unwahre Parteibehauptungen gegenüber einer Behörde, die zur Überprüfung des Vorbringens vor ihrer Entscheidung verpflichtet sei, nur dann als Täuschungshandlungen im Sinne des § 146 StGB zu qualifizieren, wenn die Partei zur Stützung ihres bewusst unrichtigen Vorbringens zusätzliche Täuschungsmittel verwendet hätte. Selbst wenn man von einer Straftat im Sinne des § 146 StGB ausginge, stelle die Kündigung keine gerechte, dem Sachverhalt adäquate Maßnahme dar.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Das auf Tatsachen bezogene Täschungshandeln beim Betrug nach § 146 StGB erfordere ein Verhalten, das in der Abgabe einer unwahren Erklärung gegenüber einem anderen bestehe. Vorsätzlich falsche Angaben einer Partei gegenüber der Behörde zur Erlangung vermögensrechtlicher Leistungen seien auch dann als Täuschung über Tatsachen zu beurteilen, wenn die Behörde zur Überprüfung der Angaben verpflichtet sei und wenn keine falschen Beweismittel und Bescheinigungsmittel aufgeboten würden. Soweit im Vorverfahren die Veräußerung des Superädifikats nicht erwähnt worden war und gleichzeitig bevorstehende Millioneninvestitionen behauptet worden waren, sei dieses Verhalten als eine gegenüber dem Zivilgericht erfolgte Täuschung über Tatsachen zu qualifizieren. Die zivilprozessuale Wahrheits‑ und Vollständigkeitspflicht als Teilaspekt der prozessualen Sorgfaltspflicht diene zumindest auch dem Schutz der Gegenpartei.

In der Fällung eines Feststellungsurteils, das der vom Mieter erhobenen Klage stattgab, sei keine auf das Vermögen der nunmehrigen Klägerin einwirkende Verfügung zu erblicken. Dadurch sei keine Verminderung der Vermögenssubstanz eingetreten. Die Verpflichtung zum Prozesskostenersatz sei nicht unmittelbar, sondern mittelbar herbeigeführt worden. Die vom Täter gewollte Bereicherung müsse sich unmittelbar aus der Handlung, Duldung oder Unterlassung ergeben, durch die der Getäuschte sich oder einen Dritten schädige. Damit sei der Tatbestand des Betrugs nicht verwirklicht. Die Klägerin habe auch keine Tatsachenbehauptungen aufgestellt, aus denen auf den Vorsatz des Täuschenden geschlossen werden könne.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob in der Entscheidung über ein Feststellungsbegehren eine Vermögensverfügung erblickt werden kann, die unmittelbar durch die Täuschung einen Vermögensschaden im Sinne des § 146 StGB bewirkt, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

1. Die Klägerin stützt ihre Aufkündigung auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 dritter Fall MRG, mithin auf eine mit Strafe bedrohte Handlung der Beklagten (bzw ihr zurechenbarer Personen) gegen das Eigentum der Klägerin. Eine strafbare Handlung ist grundsätzlich ein Kündigungsgrund (RIS‑Justiz RS0067676, RS0067682 [T1, T4]), sodass der Kündigungsgrund der strafbaren Handlung bereits durch die strafbare Handlung an sich verwirklicht wird (RIS‑Justiz RS0070257 [T2]), sofern es sich nicht um nach den Umständen geringfügige Fälle handelt (RIS‑Justiz RS0067676 [T5]).

2.1. Vorsätzliche falsche Angaben einer Partei gegenüber der Behörde zur Erlangung vermögensrechtlicher Leistungen erfüllen nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung den Tatbestand des Betrugs im Sinne des § 146 StGB (RIS‑Justiz RS0115362, RS0094148; vgl noch RS0094133), zumal nach dem Vorbringen der klagenden Partei zusätzlich zu den unrichtigen Prozessbehauptungen im Vorprozess als zusätzliches Täuschungsmittel auch die behauptete wissentlich unwahre Aussage des damaligen Geschäftsführers der Beklagten hinzutritt.

2.2. Der Tatbestand des Betrugs umfasst nur den unmittelbar aus der infolge der Täuschung bewirkten Vermögensschaden und nicht bloß mittelbar bewirkte (Folge‑)Schäden (RIS‑Justiz RS0094410). Bei der – im vorliegenden Fall von der Klägerin behaupteten – Täuschung eines Entscheidungsorgans wird eine Schädigung durch Bejahung eines Kostenersatzanspruchs des Entscheidungsorgans aber unmittelbar und nicht bloß als Folgeschaden bewirkt. Soweit das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang allgemein auf „Prozess‑ oder Anwaltskosten“ Bezug nimmt, sind in den vom Berufungsgericht zitierten Belegstellen erkennbar solche (Standard‑)Fälle gemeint, in denen im Anschluss an eine (unmittelbar durch eine Täuschung erfolgte) Schädigung, etwa durch täuschungsbedingte Herauslockung von Sachen, weitere (Prozess‑ oder Anwalts‑)Kosten anfallen (vgl 13 Os 72/13g; Kirchbacher in Wiener Kommentar2 § 146 StGB Rz 71). Im Fall eines Prozessbetrugs besteht – das Vorliegen der sonstigen, insbesondere subjektiven Tatbestandselemente vorausgesetzt – der täuschungsbedingte Schaden gerade in einer für den Täter günstigen Entscheidung des Entscheidungsorgans, das (allenfalls auch) mit der Entscheidung über die Kostenersatzpflicht die Passiven des Geschädigten erhöht (vgl RIS‑Justiz RS0094373) und damit in diesem Sinne unmittelbar die gerade verpönte Schädigung durch die Kostenentscheidung vollzieht.

3. Gleichwohl ist die Revision nicht zulässig:

3.1. Die Beklagte brachte vor, dass die Klägerin bestritten habe, dass ein entsprechender Kündigungsschutz nach § 30 MRG bestehe. Diesem Tatsachenvorbringen der Beklagten wurden keine substanziierten Behauptungen entgegengesetzt, weshalb es das Erstgericht als unstrittig ansah, dass die Klägerin bereits vor dem Jahr 2008 gegenüber der Beklagten die rechtliche Ansicht vertreten habe, dass das gegenständliche Bestandverhältnis bis 30. 4. 2011 wirksam befristet sei. Bereits aus dieser Meinungsverschiedenheit ergibt sich aber ein Feststellungsinteresse der Beklagten, ob das Bestandverhältnis ab Mai 2011 frei kündbar sein würde oder nicht (vgl RIS‑Justiz RS0037422, RS0039007). Lag aber das Feststellungsinteresse unabhängig vom behauptetermaßen unrichtigen Prozessvorbringen des Vertreters der Beklagten und unabhängig von der behauptetermaßen unrichtigen Aussage des damaligen Geschäftsführers der Beklagten vor, weil die Klägerin das festzustellende Rechtsverhältnis bereits im Vorfeld bestritten hatte, ist ein (Betrugs‑)Schaden jedenfalls zu verneinen. Im Hinblick auf das sich schon aus der vorliegenden Meinungsverschiedenheit ergebende Feststellungsinteresse konnte eine unrichtige Angabe bzw Aussage über die geplanten Investitionen der Beklagten am Prozessausgang des Vorprozesses nichts ändern. Insoweit kann das behauptete Verhalten der Beklagten in den Vorprozessen daher jedenfalls keinen vollendeten (Prozess-)Betrug darstellen, entsprach das Ergebnis der Vorprozesse doch der wahren Sach- und Rechtslage. Ob es sich dabei allenfalls um einen – gleichfalls einen Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 3 MRG bildenden – strafbaren Versuch handelte, kann hier dahingestellt bleiben:

3.2. Eine strafbare Handlung im Sinne des § 30 Abs 2 Z 3 dritter Fall MRG liegt nämlich nur vor, wenn der Mieter einen Straftatbestand nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv erfüllt (RIS‑Justiz RS0070257). Auf der subjektiven Tatseite hat der bedingte Betrugsvorsatz das Bewusstsein zu umfassen (vgl RIS‑Justiz RS0094070), durch Täuschung über Tatsachen einen Irrtum hervorzurufen, gerade durch Verursachung des Irrtums eine Vermögensverfügung des Getäuschten und dadurch eine unmittelbare Vermögensschädigung hervorzurufen und durch das bewirkte Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern.

3.3. Der Vermieter muss daher, wenn er sich– wie im vorliegenden Fall die Klägerin – auf Betrug stützen will, den strafrechtlichen Grundtatbestand einschließlich Täuschungs‑, Schädigungs‑ und Bereicherungsvorsatz behaupten und beweisen (vgl 7 Ob 4/15m). Demgemäß reicht etwa die Behauptung von „Arglist“ nicht aus, weil sich daraus nicht die Erfüllung des Straftatbestands ergibt (vgl RIS‑Justiz RS0034352, RS0034436).

3.4. Die Klägerin behauptete in ihrer Klage lediglich eine Täuschungsabsicht bei der Prozessführung und die wissentlich unrichtige Aussage des damaligen Geschäftsführers der Beklagten und folgerte daraus, dass der Tatbestand des (Prozess‑)Betrugs nach §§ 146 f StGB erfüllt sei, ohne eine ungerechtfertigte Bereicherung auch nur zu erwähnen. Aus diesem Vorbringen ergibt sich nicht, ob die Klägerin der Beklagten bzw den ihr zurechenbaren Personen auch vorwirft, dass jemand um den Prozesskostenersatz (unrechtmäßig) bereichert werden sollte bzw dass die handelnden Personen dies in ihren – wenn auch bloß bedingten – Vorsatz aufgenommen hätten.

3.5. Wird die Entscheidung der zweiten Instanz aber auch auf eine selbständig tragfähige Hilfsbegründung gestützt, muss auch diese im außerordentlichen Rechtsmittel bekämpft werden (RIS‑Justiz RS0118709). Die außerordentliche Revision bekämpft die Ansicht des Berufungsgerichts, dass sich aus dem behaupteten Sachverhalt die subjektive Erfüllung des Straftatbestands des § 146 StGB nicht ergibt, nicht und vermag daher keine für die Entscheidung der Rechtssache erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen (RIS‑Justiz RS0118709 [T1]).

4. Damit hängt aber die Entscheidung im vorliegenden Fall nicht von der vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage ab, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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